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Meine schlimmste Befürchtung

19.12.2012  |  Theodore Butler

In der letzten Zeit habe ich eine ganze Anzahl von Emails mit Schriftwechseln zwischen Lesern und dem CFTC-Kommissar Bart Chilton erhalten, in denen es um die vermeintliche Manipulation der Silberkurse durch die große konzentrierte Short-Position geht, die JP Morgan an der COMEX hält. Chilton war damals führend an der Initiierung der seit September 2008 laufenden Untersuchung des Silbersektors mitbeteiligt; und er antwortete allen, die ihm schrieben, immer zeitnah - eine Seltenheit bei leitenden Funktionären.

In letzter Zeit musste ich aber feststellen, dass Kommissar Chilton Sachen sagte, die darauf hindeuteten, dass er die Vorwürfe bezüglich einer Manipulation der Silberkurse wegdiskutieren möchte, was seiner früheren Haltung - also seinen Versprechen, sich um die Vorwürfe zu kümmern - deutlich widerspricht. Seine Einstellungsänderung verunsicherte mich und hat meine Haltung dahingehend beeinflusst, dass die CFTC wohlmöglich nie etwas gegen die Silbermanipulation unternehmen wird. Ein Antwortschreiben Chiltons an einen Leser veranlasste mich aber schließlich, dem Kommissar persönlich zu schreiben (abgesehen von allen Artikeln, die ich ihm persönlich schicke).

Sehr geehrter Kommissar Chilton,

Ein Leser schickte mir das folgende Antwortschreiben, dass Sie ihm bezüglich der Konzentration am COMEX-Silbermarkt geschickt hatten.

> Hi Tom,

> der Commitment of Traders Report weist keine Netto-Positionen aus. Wenn man also die größten Longs zusammenaddiert, oder nur einen betrachtet, dann bekommt man nur einen kleinen Teil aus einer Unzahl von Portfolios. Diese Berichte weisen zudem keine außerbörslichen OTC-Positionen aus. All das schauen wir uns für die einzelnen Trader an. Auch wenn es (manchmal) einige Trader gibt, die über den Limits liegen, die unsere nachträglichen Positionsobergrenzen setzen würden, so haben die Positionen heute aber nicht mehr den Umfang wie noch vor einigen Jahren. Vor einer ganzen Weile habe ich einen Trade gesehen, der unterm Strich mit 22% short war. Natürlich schauen wir uns dann an, was dieser Trader in volatilen Zeiten gemacht hat. Zudem ist es mir nicht erklärlich, auf welcher Grundlage einige Leute behaupten können, sie würden die Identität der Trader kennen. Mit Sicherheit nicht auf Grundlage unserer Berichte!

> Beste Grüße
> B

Bei allem Respekt, aber ein großer Teil ihrer Antwort ist sachlich falsch. Jede ausführliche Version des Commitment of Traders weist für jeden Rohstoff durchaus die Netto-Positionen (und die Brutto-Positionen) der 4 und 8 größten Trader auf der Long- wie auch auf der Short-Seite eines jeden Marktes aus. Ihre Behörde erhebt die Konzentrationsdaten letztendlich nur deshalb, um an einem regulierten Markt dafür zu sorgen, dass kein Trader oder kleinere Gruppe von Trader eine so große Netto-Position hält, dass diese den Kurs manipuliert. Alles andere zu behaupten, wäre falsch.

Die Tatsache, dass außerbörslich gehandelte Positionen (OTC-Positionen) nicht in die COT-Daten eingehen, ist im Grunde nebensächlich. Ich behaupte nicht, dass der Silberkurs an den OTC-Märkten manipuliert wird; die Manipulation geht von der konzentrierten Position an der COMEX aus - einem Markt, der untern Ihren Aufsichtsbereich fällt. Eine konzentrierte Position an der COMEX (am weltweit führenden Silbermarkt), die den Kurs manipuliert, lässt sich überhaupt nicht mit OTC-Positionen entschuldigen, da diese möglicherweise (vom Manipulator selbst) etabliert wurden, um von den manipulierten Kursen zu profitieren. Genauso illegitim wäre es, wenn eine Institution physisches Silber aufkaufen würde, nachdem sie den Kurs mithilfe einer konzentrierten Short-Position in die Tiefe manipuliert hat. Es kommt also nicht darauf an, welche Positionen im außerbörslichen Handel noch existieren könnten, wenn schon die Position an der Börse derart konzentriert ist, dass es sich dabei faktisch um Manipulation handelt.

Ich weiß nicht, wie Sie an diese inkorrekten Informationen gelangt sind, es hat Sie jedoch ganz offensichtlich davon abgehalten, ihre Pflichten als Mitglied der Aufsichtsbehörde zu erfüllen. Im aktuellen COT (mit Daten bis zum Handelsschluss vom 4.Dezember) wird die konzentrierte Short-Position der 4 größten Trader mit 38,1% angegeben (gegenüber 11,3% auf der Long-Seite). www.cftc.gov/files/dea/cotarchives/2012/futures/other_lf120412.htm

Umgerechnet sind das 54.002 Netto-Short-Kontrakte, die von den 4 größten Tradern am COMEX-Markt für Silber-Futures gehalten wurden. Übrigens werden in der nach präziseren Händlergruppen aufgeschlüsselten Version des COT-Reports zudem 36.000 Positionen als Spread-Positionen gelistet. Hier zeigt sich also, dass die wahre Netto-Position der 4 größten Comex-Shorts einen Marktanteil von 51,1% ausmacht - und nicht 38,1%. Das ist die größte konzentrierte Netto-Short-Position beim COMEX-Silber seit mehr als zweieinhalb Jahren.





Ich hatte schon zuvor in zahlreichen Artikeln (die ich Ihnen und den anderen Kommissaren zukommen ließ) Folgendes erklärt: Ihre Behörde hat (eher unabsichtlich) JP Morgan als den größten COMEX-Leerverkäufer offenbart; ihre Behörde erklärte gegenüber verschiedenen Gesetzgebern, dass der starke und plötzliche Anstieg von COMEX-Silber-Futures in der Kategorie "US-Banken“ des Bank Participation Reports von August 2008 das Ergebnis einer im Jahresverlauf erfolgten Fusion war. Und diese Fusion konnte schließlich nur die Übernahme Bear Stearns durch JP Morgan gewesen sein. Auf Anfrage schicke ich Ihnen gerne ein Beispiel zu.

Aktuell scheint JP Morgan auf Netto-Basis 36.500 Kontrakte (von jenen 54.002 Kontrakten der 4 größten Trader) zu halten. Zieht man die Spread-Positionen nun vom gesamten Open Interest ab, dann beläuft sich JP Morgans Netto-Short-Position auf mehr als 34,5% der Short-Seites des Marktes - viel mehr also als jene 22%, auf die sie in ihrem Antwortschreiben verwiesen haben.

Aus Ihrer Antwort geht deutlich hervor, dass Sie mit falschen Informationen arbeiten, was auch erklären könnte, warum ihre Behörde nicht in die laufende Silbermanipulation eingriff. Obwohl dies im aktuellen Stadium der Manipulation überraschend und enttäuschend ist, so ergibt sich daraus dennoch die Möglichkeit, das Versäumte nachzuholen, falls das Ihr Bestreben ist. Viele Bürger und Marktbeobachter haben den Eindruck, dass Ihre Behörde mit der Beendigung der Silbermanipulation gescheitert ist. Ich denke, Sie werden mir zustimmen, dass es nicht zuträglich ist, wenn so viele Menschen an unserer wichtigen öffentlichen Aufsichtsbehörde zweifeln; dies könnte also als Chance begriffen werden, jene wachsenden Zweifel aus dem Weg zu räumen.

Ted Butler

Auf den Punkt gebracht: Kommissar Chiltons Antwort an den Leser bestätigt meine schlimmste Befürchtung - die CFTC geht nicht gegen die Silbermanipulation vor, da sie sie wohl nicht versteht. Obgleich die Behörde in ihren wöchentlich erscheinenden COT-Berichten bemerkenswert detaillierte und akkurate Daten zur Konzentration herausgibt, versteht sie offenbar selbst nicht, was sie da veröffentlicht. Ich bin fest vom Grundsatz überzeugt, dass das Erkennen des Problems schon 50% der letztendlichen Lösung sind; ich glaube aber auch, dass wahrscheinlich kein Problem behoben werden kann, wenn es nicht erkannt wird. Da ich Chilton immer für einen der “Guten” in der Kommission gehalten habe, ist es jetzt ziemlich entmutigend, zu sehen, dass er die Daten seiner eigenen Behörde fehlinterpretiert.

Das ist keine Kleinigkeit. Die Hauptmission der CFTC ist die Abwehr von Kursmanipulation - des schwersten Marktverbrechens. Kursmanipulation ist das schwerste Marktverbrechen, weil es den freien Markt stört und somit Folgen für alle hat - nicht allein für aktive Marktteilnehmer, sondern auch für Verbraucher und Produzenten. Eine Manipulationsursache kann als sicher gelten: die große konzentrierte Position, die von einem oder einigen wenigen Tradern in Abstimmung gehalten wird. Sinn und Zweck von Positionsobergrenzen ist letztendlich nur folgender: Sie sollen Konzentration auflösen und verhindern.

Ob es nun die Hunt Brothers auf den Long-Seite des Silbermarktes im Jahr 1980 waren, oder der Sumitomo-Kupfer-Trader bekannt als "Mr. 5%“ auf der Long-Seite des Kupfermarktes, oder JR Simplot auf der Short-Seite bei den Maine Potatoes im Jahr 1976 - der gemeinsame Nenner aller Marktmanipulationen waren die konzentrierten Positionsbestände eines oder einiger weniger Trader. So ist es auch heute wieder mit JP Morgan auf der Short-Seite des COMEX-Silbermarktes. Schockierend ist allerdings, dass unsere wichtigste Aufsichtsbehörde für Rohstoffe, die CFTC, dies allem Anschein nach noch nicht erkannt hat.

Gut, vielleicht ist es ja tatsächlich nicht so, dass die Behörde nicht versteht, was am Silbermarkt vor sich geht, sondern dass sie es nicht verstehen möchte. Vielleicht hat es ja bei der Übernahme von Bear Stearns bestimmte Garantien gegeben, die JP Morgan von Folgestrafen ausnehmen. Vielleicht sind aber JP Morgan und die CME so mächtig und so weit über dem Gesetz, dass die CFTC gar nicht erst daran denken braucht, sie mit dem schwarz-auf-weiß vorliegenden Problem exzessiv konzentrierter Marktanteile zu konfrontieren. Am überhaupt bemerkenswertesten ist die Tatsache, dass mehr Marktbeobachter der Kommission im Zusammenhang mit Silber geschrieben haben, als zu allen anderen Themen insgesamt. Die Behörde kapiert es aber immer noch nicht (oder will es nicht kapieren).

Wie geht es jetzt aber weiter? Ich denke, die Antwort könnte von keinem anderen als dem Chef von JP Morgan, Jamie Dimon, kommen. Gäbe es das Silberproblem nicht, ich würde Mr. Dimon ehrlich gesagt weit oben auf meiner Liste der erfolgreichen Geschäftsmänner führen. Mit Bewunderung verfolge ich seit vielen Jahren seine Karriere. Das Beste an ihm ist, dass er dabei als sachbezogener Mensch abschneidet, einer, der es auf den Punkt bringt. Heute Morgen trat Dimon in einer Sondersendung des CNBC als Hauptgast einer Talkrunde auf. Er redete über die Größe Amerikas in so vielen Hinsichten und er sträubte sich gegen eine Andeutung, JP Morgan wäre zu energisch und direkt im Umgang mit den Marktaufsichtsbehörden.

Mr. Dimon entgegnete, dass die Bill of Rights jedem, auch JP Morgan, Redefreiheit und das Recht, der Regierung öffentliche Kritik zukommen zu lassen, zugestehe. Ich stimme Mr. Dimon zu; das ist größtenteils auch meine Einstellung gewesen, als ich JP Morgan der Manipulation der Silberkurse beschuldigte. Als Bürger haben wir alle das Recht, die Marktaufsichtsbehörden aufzufordern, gegen erkannte Marktverbrechen vorzugehen. Ich möchte weiter von diesem Recht Gebrauch machen und schlage Ihnen vor, dasselbe zu tun. Ich möchte auch gerne zur Fortbildung der Aufsichtsbehörden beitragen, was das Verständnis der von ihnen veröffentlichten Berichte angeht. Wer weiß, vielleicht bewirkt es ja was.

ggensler@cftc.gov Vorstand Gensler
bchilton@cftc.gov Kommissar Chilton
jsommers@cftc.gov Kommissar Sommers
somalia@cftc.gov Kommissar O’Malia
mwetjen@cftc.gov Kommissar Wetjen


© Theodore Butler


(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 17.12.2012 auf der Website www.silverseek.com veröffentlicht.

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