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Silbermanipulation: JP Morgan vor Gericht

12.02.2013  |  Przemyslaw Radomski

Von Zeit zu Zeit bekommen wir auch Fragen bezüglich JP Morgan und den Anschuldigungen, die Bank würde den Silberpreis drücken, gestellt. In unserer Rubrik "Fragen und Antworten" (Q&A) hatten wir uns schon mit einigen Sachverhalten zum Thema JP Morgan und die Manipulation des Silbermarktes beschäftigt. Wir schrieben:

“Trotz einer Klage, in der JP Morgan und der HBSC vorgeworfen wird, zusammen ‘insgesamt 85% der Short-Positionen der Commercials‘ zu kontrollieren (eine Position, die hauptsächlich aus der Liquidationsmasse Bear Stearns übernommen wurde), lässt die CFTC aus Mangel an Beweisennun schon zum dritten Mal in Folge Untersuchungen gegen JP Morgan wegen unerlaubter Aktivitäten fallen.“

Gegen Ende letzten Jahres konnte die CFTC erneut keine stichhaltigen Beweise für Gesetzesübertretungen seitens JP Morgan finden, die HSBC blieb von diesen Untersuchungen ausgenommen.

44 Kläger reichten zudem eine Sammelklagebeim Amtsgericht Süd-New-York ein, in der JP Morgan die Manipulation des Silbermarktes vorgeworfen wurde. Die Klage wurde am 21.Dezember 2012 von Richter Robert P. Patterson Jr. abgewiesen.

In der Klage heißt es, JP Morgan, habe “gemeinsam, unter Absprache und vorsätzlich versucht, den Handel mit Silber-Futures und Optionskontrakten zu hemmen, deren Preise festzusetzen und zu manipulieren”; die Bank habe zudem “absichtlich versucht, die Kurse für COMEX-Silber-Futures und COMEX-Silber-Optionen zu manipulieren.“ (www.scribd.com/doc/65207178/11-09-12-FINAL-Consolidated-Class-Action-Complaint) Dies sei hauptsächlich mithilfe der enormen Short-Position geschehen, die von Bear Stearns übernommen wurde."Beim Handel mit Futures-Kontrakten war JP Morgan häufig”, so der Vorwurf, “mit insgesamt 24% bis 32% des Open Interest auf der Leerverkäuferseite engagiert […]”.

Die Kläger erwähnten zahlreiche Fälle, in denen JP Morgan ihrer Meinung nach den Silberkurs vorsätzlich beeinflusst hatte, hier vor allen durch die Verursachung starker Kursverluste am Markt.Diese angebliche Manipulation habe deutliche Verluste bei den Klägern verursacht, hauptsächlich aufgrund deutlich sinkender Silberkurse und Nachschussforderungen für Terminmarktkonten, die bei Investoren zu Zwangsglattstellungen ihrer Long-Positionen geführt hatten.

Die angeblichen Manipulationen sollen "am 26.Juni 2007 und zwischen dem 17.März 2008 und dem 27.Oktober 2010" stattgefunden haben. Im Verfahren wurden detailliertTage angeführt, an denen es zu plötzlichen Preiseinbrüchen kam - so am 19.Juni 2008, am 24.-25.Juni 2008, am 17.-18. Mai 2009 sowie am 9.-10. Juni 2009 - und viele mehr.

Trotz der detaillierten Darlegung und einer ganzen Liste vermeintlichmanipulativer Aktionen wies Richter Patterson den Fall ab, da nur "Pauschalverurteilungen“ vorgebracht wurden.Das bedeutet also, dass die Kläger mögliche Manipulationsgelegenheiten am Silbermarkt präsentiert hatten, allerdings keine ausreichenden Beweise für das tatsächliche Stattfinden einer Manipulation vorbringen konnten.

Da es im US-Rechtssystem keine präzise Definition für den Tatbestand der Kursmanipulation gibt, greifen die Gerichte normalerweise auf einen vierstufigen Test zurück, um zu entscheiden, ob tatsächlich manipuliert wurde. In den folgenden vier Schritten prüft das Gericht:

• ob der Angeklagte in der Lage war, die Kurse zu beeinflussen
• ob er die Absicht gezeigt hat, dies auch zu tun - also vorsätzlich handelte
• ob es im Vergleich zu einem manipulationsfreien Kurs soetwas wie einen “künstlich” herbeigeführten Kurs gegeben hat.
• ob der Angeklagte der Verursacher oder einer der Verursacher dieses “künstlichen“ herbeigeführtenKurses gewesen ist.

In unserem vorliegenden Fall würde Richter Patterson verschiedene unstrittige Fakten benötigen, um JP Morgan als Manipulator am Silbermarkt in Betracht zu ziehen. Der erste Punkt - also die Fähigkeit, die Kurse in die eine oder andere Richtung zu bewegen - ist relativ einfach zu beweisen.Mit dem oben erwähnten Marktanteil von 24% bis 32% im Bereich der Silber-Short-Kontrakte scheint es durchaus möglich, dass JP Morgan in der Lage wäre, jederzeit Druck auf die Silberkurse auszuüben. Dieser Punkt wurde auch von den Vertretern der Bank nicht in Abrede gestellt; sie bestritten nicht die Tatsache, dass JP Morgan über eine ausreichend große Position verfüge, um deutliche Marktbewegungen zu verursachen.





Sie bestritten jedoch, dass die Bank jemals die Absicht gehabt hätte, die Kurse zu drücken.Die Kläger konnten jedoch keine Fakten vorbringen, die das Gegenteil bewiesen hätten.Die Frage der Absicht lässt sich in der Tat nur schwer beweisen.In der Klage hieß es, JP Morgans Trader hätten sich damit gebrüstet, dass sie in der Lage seien, Marktkontrolle auszuüben und damit auch schon Erfolg gehabt hätten. Das Hauptproblem dabei ist, dass diese Anschuldigung sehr generell formuliert wurde und keine konkreten Umstände schilderte, denen man entnehmen könnte, dass beispielsweise Person X von JP Morgan eine Person Y von JP Morgan anrief und sagte: "Hi, X, ich habe gerade den Markt manipuliert." Das ist zwar ein wenig übertrieben dargestellt, aber ohne einen solchen “schlagenden Beweis" (oder zumindest einen schlagkräftigen Beweis) lassen sich die Behauptungen, JP-Morgan-Trader würden sich brüsten, die Kurse am Markt manipulieren zu können, auf ein Schlüsselwort reduzieren:Hörensagen.Und das ist vor Gericht nicht zulässig.

Brechen wir diese Angelegenheit jetzt auf zwei Sichten herunter:Die der Kläger und die des Gerichtes. Die Kläger hatten Situationen ausgemacht, in denen sich die Silberkurse "eigenartig" verhielten, meist Situationen, in denen Silber ohne ersichtliche Gründe deutlich sank.Sie suchten anschließend unter den Marktakteuren und stellten fest, dass JP Morgan der größte Akteur auf der Short-Seite des Marktes ist.Bis dahin ist die Analyse noch korrekt, der nächste Schritt ist aus rechtlicher Sicht aber nicht mehr korrekt.Die Kläger kamen zu dem Schluss, dass JP Morgan in diesen “eigenartigen“ Kursrückgängen involviert sein müsse, aber hauptsächlich auf Grundlage von Gerüchten, die unter Edelmetallinvestoren zirkulierten.

Auch das Gericht sah diese“eigenartigen" Kursmuster, welche jedoch noch kein Beweis für Marktmanipulation sind - Märkte können auch ohne manipulative Aktivitäten kräftig steigen oder fallen.Richter Patterson erkannte an, dass JP Morgan in der Lage sei, den Markt zu beeinflussen, der wichtigste Teil - d.h. der Vorsatz - sei aber vollkommen unbegründet geblieben.

Um den Ausgang dieses Prozesses zu ändern, bräuchte man also einen wichtigen Zeugen.Einen Zeugen, der tatsächlich den Hergang der Manipulation beobachtete (gesetzt den Fall, es kam zur Manipulation), und nicht nur eine Person, die bruchstückhaft Gespräche innerhalb einer anderen Abteilung der Bank mitgehört hatte.

Falls also am Silbermarkt manipuliert wird, dann müsste wahrscheinlich schon ein Insider aus jenen Institutionen aussagen, denen manipulative Aktivitäten vorgeworfen werden.Ein sehr wichtiger Punkt ist ebenfalls, dass auch Aussagen von Menschen, die mit dem Silbermarkt in Verbindung stehen, aber eventuelles Fehverhalten nicht direkt bezeugen können, keine Gültigkeit haben.Behauptungen sogenannter “whistleblowers”, die aufgrund ihrer Marktkenntnisse und Erfahrung glauben, der Markt sei manipuliert - wie im Fall Andrew Maguire - haben vor Gericht kein großes Gewicht.

Da die CFTC und das Gericht ihre Ermittlungen gegen JP Morgan fallen gelassen haben, wurde das Unternehmen aus rechtlicher Sicht von allen Anschuldigungen freigesprochen.Es gibt keinen zwingenden Beweis, der JP Morgans Verhalten mit den Preisentwicklungen am Markt in Verbindung bringen kann, egal wie regelmäßig die zu Kursrückgängen führenden Preismuster auch scheinen mögen.

Wird der Silberkurs manipuliert? Möglicherweise. Da sich das aber so schwer beweisen lässt, ist diese Frageaus unserer Sicht aber nicht die richtige.Die bessere Frage wäre, ob man etwas tun kann, damit die eigenen Silberinvestitionen Gewinne abwerfen, ob der Silbermarkt nun manipuliert ist oder nicht.Die Antwort auf diese wichtige Frage lautet “Ja”. Das ließe sich mit einer Diversifikation Ihrer Strategien gewährleisten (Details finden Sie zum Beispiel in unserem Gold Portfolio Report) und auch dadurch, dass man seine Silberinvestitionen zumindest teilweise in physischer Form hält.

Wenn viele Gerüchte die Runde machen aber keine zwingenden Beweise verfügbar sind, dann sollte man vielleicht am besten die Daten selbst analysieren. Wir hatten das zum Beispiel in der Entwicklungsphase unseres bald zur Verfügung stehenden Investment-Tools "True Seasonal" gemacht.Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass in zeitlicher Nähe zu den Ablaufdaten von Derivatepositionen kurssenkenden Preismuster auftauchen.Aus diesem Grund (ganz gleich ob nun Marktmanipulation im Spiel ist oder nicht) sollte man beim Auslaufen von Gold- und Silber-Futures und -Optionen besonders vorsichtig mit seinen Handelsaktivitäten sein.


© P. Radomski
Herausgeber von Sunshine Profits


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Dieser Artikel wurde am 096.02.2013 auf www.silverseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.