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Der 100-jährige Weg zur Knechtschaft: eine graphische Illustration

11.03.2013  |  Peter Boehringer

Dieser Artikel ist zuerst in der Rubrik "Österreichische Schule" der Ausgabe 1-2013 des "Smart Investor"-Magazins erschienen. Eine druckerfreundliche Version kann hier abgerufen werden.


Hayeks Analyse zur Degeneration der Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme ist aktueller denn je


Marktwirtschaft und Geldmonopol

Kann eine Wirtschaftsordnung mit einem monopolistischen Geldsystem überhaupt eine Marktwirtschaft sein? Der Markt ist ein Ort, an dem menschliche Willensentscheidungen, Produkte und Bedürfnisse freiwillig zusammengeführt werden. Freie Marktwirtschaft erfordert darum zwingend freie Willensentscheidung des Menschen auch in der Geldfrage. Dies ist aber seit 1913 nicht mehr gegeben. Und nach 1971 (Ende der Goldbindung der Währungen) wurde die von Menschen gewollte Funktion guten Geldes auch als Wertspeicher über von den Monopolbanken künstlich niedrig gesetzte Zinsen Zug um Zug abgeschafft - speziell seit 1981 und ganz extrem seit "QE1“ (2007).

Mit diesem Artikel soll ein Schema für Wirtschafts- und Geldsysteme vorgeschlagen werden, das ohne wissenschaftlichen Anspruch auf 100%ige Quantifizierbarkeit der Illustration dessen dient, was Hayek schon 1943 in seinem gleichnamigen Buch als "Weg zur Knechtschaft“ bezeichnet hat. Gemeint ist der schleichende Allmachtsanspruch des Staates, der mit immer mehr Auflagen und Umverteilung die Bürger in die Knechtschaft führt. Die planwirtschaftliche Bevormundung also, welche zugleich unausweichlich in individuelle Unfreiheit bzw. in den Unrechtsstaat mündet. Hayek sah zwar den in der Abbildung seit 1913 aufgezeigten Trend nicht als unumkehrbar an. 70 Jahre später müssen wir aber ernüchtert feststellen, dass es allerhöchste Zeit für die im Bild grün dargestellte Umkehr hin zum Minimalstaat mit freiem Markt und freiem Marktgeld ist. Die Alternative ist der weitere fatale Fortlauf der Wirtschafts- und Gesellschaftsgeschichte auf der 2013 dann seit 100 Jahren fehlleitenden Trendlinie.

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Freiheit und Wettbewerb - auch beim Geld

Man erkennt schnell, dass die orangerote Trendlinie eine reine Korrelationsgerade ist, hinter der sich eigentlich eine Trivialität verbirgt, welche aber leider bei 80% der Bevölkerung, bei 90% der "führenden“ Ökonomen und bei fast 100% der Politiker in Vergessenheit geraten ist: Der (Un)Freiheitsgrad eines Wirtschaftssystems (x-Achse) ist hoch korreliert mit dem Freiheitsgrad der Menschen bei der Geldwahl (y-Achse). Die grau schattierten Bereiche sind logisch undenkbar: Es kann keine wohlfahrtsstiftende Marktwirtschaft geben ohne ein Minimum an Geldwettbewerb. Und umgekehrt wird es keine totale Planwirtschaft in einem System geben, das den Menschen die freie Geldwahl lässt.

Der umfassende System-Totalitarismus wird zwingend, sobald der Geldmarkt oder eben die anderen Märkte einer signifikanten staatlichen Einmischung anheimfallen. Im aus Österreichischer Sicht anzustrebenden Minimalstaat sind lediglich geringe Staatsquoten (10%) durch die m.E. naturgegebenen Aufgaben des Staates begründbar: Verteidigung nach Außen zur Vermeidung des gewaltsamen Endes der Gesellschaft durch externe Eroberer. Und Verteidigung des Rechts und Rechtsfriedens nach Innen zur Vermeidung von Bürgerkriegen mit Privat-Oligopolisten als "Staat“ im Staate, die versuchen, ihr "Recht des Stärkeren“ durchzusetzen.





Die Grundsatzentscheidung(en)

Jede Gesellschaft steht darum vor zwei Grundsatzentscheidungen, die sich jedoch so bedingen, dass eigentlich nur eine Einzelentscheidung zu treffen ist: die zur generellen Wirtschaftsfreiheit und damit unabdingbar zugleich zur freien Geldwahl. Die Entscheidung über den Geldwettbewerb ist damit zentral für Wohlstand durch Arbeitsteilung in einem funktionierenden Markt; ja für die gedeihliche Entwicklung des Gemeinwesens insgesamt! Eine "Schicksalsentscheidung" ist es nur deshalb nicht, weil wir aus Österreichischer Sicht natürlich nicht in einer deterministischen Welt leben, sondern jederzeit die freie Wahl zum Weitergehen auf dem falschen Weg oder eben zur Umkehr hin zur natürlichen Wirtschaftsordnung des Minimalstaats haben, die man nicht mit den nur vorgeblich "Natürlichen" oder "Humanen" Wirtschaftsordnungen der diversen Freigeldschulen verwechseln sollte.

Unproblematisch sind dabei die heutigen rein regionalen, freiwilligen "Freigeld-Systeme", die im freien Geldwettbewerb sogar erwünscht sind. Wer Gesell allerdings genau liest, wird erkennen, dass seine Vision eine nur weltweit durchsetzbare Utopie ist. Global oder auch nur überregional verfügtes "Freigeld“ setzt unweigerlich ein Monopol voraus. Die "Monetative“ als "moderne“ Extremform dieser Schrumpfgeld-Doktrin leugnet den Zwang zum staatlichen Monopolgeld gar nicht erst; dort ist er sogar zentral.


Facetten von Freiheit und Knechtschaft

Derzeit sind dies aber akademische Debatten um Alternativen, die man ebenso wie die Debatte am anderen Ende des Schaubilds (die zwischen Minimalstaat und Privatstaats-Utopie) erst dann führen sollte, wenn wir den so fatalen Trend hin zu dem Zustand erfolgreich gebrochen haben, den man wahlweise als Weg zur "Vollpolitisierten Ökonomie", zum "ESM-Albtraum", zum "Banken-Monopol-Kapitalismus der Zentralbanken" (BaMoKap) oder zur "Welt-Plutokratie der BIZ" bezeichnen kann. Oder eben wie Hayek als "Weg zur Knechtschaft“. Wir haben noch immer die Wahl: Der Trend zum ungedeckten Zwangsgeld seit 1913 ist kein Naturgesetz; und hier wird auch nicht die Hoppe´scheThese vertreten, Hayek sei letztlich bereits Sozialist gewesen und der im Schaubild gezeigte Weg sei - einmal betreten - eben doch ein Naturgesetz hin zum Desaster. Schon 10% Staatsquote seien ein fataler Irrweg - ebenso wie die Demokratie selbst.


100 Jahre Irrweg sind genug

Dies sind komplexe inner-Österreichische Debatten, die an anderer Stelle ausführlich zu führen sind. 100 Jahre Irrweg sind in jedem Fall zu viel: Wir stehen definitiv an der Grenze zur Unumkehrbarkeit des Trends, weil die heute wieder einmal erreichte 50%-Staatsquote (und damit fast 50% "Kollektiver Korrumpierbarkeit" ) wohl endgültig das Limit darstellt, bis zu dem man eine Mehrheit des Volkes noch von den volkswirtschaftlich-objektiv gesehen überragenden Vorteilen der freien Marktwirtschaft überzeugen kann. In der nun fast erreichten System-Endphase wird dies bei einer Mehrheit an Empfängern staatlicher Fürsorge dann nicht mehr möglich sein. EU und EZB haben mit dem ESM und der grenzenlosen Monetisierung von Staatsschulden bereits das souveräne Recht der parlamentarisch vertretenen Menschen auf Budgethoheit abgeschafft.

Inzwischen werden von der Kommission gar die Kapitalfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit von Unternehmen in Frage gestellt! Totalitärer Verfassungsbruch - ebenso wie das glasklar ins Eigentumsrecht der Unternehmer eingreifende eben vorgeschlagene "Recht auf Arbeit“, das uns natürlich fatal an den real existierenden Sozialismus erinnert, der im Schaubild nicht zufällig neben dem heutigen ESM-Europa steht. Die Erfahrungen des Sozialismus sollten uns gelehrt haben, was passiert, wenn man derart exzessiv alle wichtigen Preis- und Kostenfaktoren politisch manipuliert und damit massenhaft totalitär in Willensentscheidungen der Menschen eingreift - auch und vor allem durch das Zwangsmonopolgeld.

Die Folgen sind immer Unterproduktion und Fehlallokation von Ressourcen sowie suboptimale Bedienung der menschengewollten Nachfrage nach Gütern! Die Parallelen zu totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts und früher sind unübersehbar. Die scheinbar zwingende Logik des in der Abbildung gezeigten Weges der Eliten muss endlich gebrochen werden. Sonst gehen wir wieder einmal den ganzen Weg in die Knechtschaft. Diesmal global und ohne geographische Alternative.


Fazit

Dieser Artikel kann keine umfassende Analyse der historischen Hintergründe der genannten Wirtschaftssysteme leisten. Es geht auch nicht um Details dieser Systeme, die natürlich nach mehr als nur zwei Kriterien zu klassifizieren wären. Es geht jedoch um die durchaus immer vergleichbaren Folgen jeder Marktausschaltung - und damit jeder Ausprägung des Sozialismus - ob rot, grün, braun oder monetär: Das Resultat sind eben langfristig immer Massenverarmung und letztlich der Systemkollaps, unter dem vor allem die "Kleinen Leute“ leiden. Erst der Geldwettbewerb ermöglicht den wirklich freien Markt - und der ist die Voraussetzung für den nachhaltigen Wohlstand der Menschen.


© Peter Boehringer
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