Goldmarkt: Kurz vor dem Tief
11.06.2013 | Clive Maund
Gold und Silber stehen jetzt ganz kurz vor einer großen Talsohle, oder haben diese schon erreicht - auch wenn die Möglichkeit einer weiteren Abwärtsbewegung bei beiden Metallen gegeben ist. All das geht ganz deutlich aus den Charts hervor, die wir uns in diesem Update anschauen werden. COT und Sentiment-Indikatoren haben jetzt außergewöhnliche Extremstände erreicht, die es in diesem Bullenmarkt bislang noch nicht gegeben hatte. Das bedeutet auch: Wenn es zur Wende am Markt kommt, dann werden wir wahrscheinlich eine glühend heiße Aufholbewegung sehen, angeheizt durch massive Glattstellungen von Short-Positionen; die meisten Investoren werden dann nur noch mit offenen Mündern staunen.
Auf den 6-Monate-Chart sehen wir, wie der sinkende 50-Tage-Durchschnitt nach einer schwachen Erholungsbewegung wieder Druck auf den Goldkurs ausübte. Auch wenn es den Eindruck macht, als ob Gold auf kurze Sicht weiter in Richtung seines Widerstands im Bereich der April-Panik-Tiefs sinken könnte (auf die Gründe kommen wir gleich noch zu sprechen), so stehen die Chancen unserer Meinung nach nicht schlecht, dass diese Tiefs halten werden. Sollte der Kurs trotzdem neue Tiefs ausloten, so dürfte es trotzdem nicht weit nach unten gehen, bevor Gold - nach dem Auslegen dieser "Bärenfalle" - wieder nach oben abdreht. Die Position des MACD-Indikators - der die überverkauften Extreme inzwischen größtenteils neutralisiert hat - ließe jedenfalls weitere Kursverluste zu. Doch mit Abstand betrachtet, zeigt sich, wie stark überverkauft Gold eigentlich ist: Es klaffen große Lücken zwischen dem Kurs, dem 50-Tage-Durchschnitt und, weit abgeschlagen, dem 200-Tage-Durchschnitt.

Interessant ist auch der 20-Jahre-Gold-Chart; er zeigt, dass hier eine sehr langfristige Trendlinie im Spiel ist, die den aktuellen Kursen Unterstützung bietet. Mit Blick auf die jetzt stark positiven COT- und Stimmungsindikatoren stehen die Chancen unserer Meinung nach gut, dass diese Trendlinie sehr bald schon für eine positive Kurswende sorgen wird. Sollte Gold aber diesen Aufwärtstrend durchbrechen, besteht schließlich das Risiko eines Einbruchs zur starken Unterstützung im Bereich von 1.000 $; ein solcher Rücksetzer dürfte aber aufgrund der eben erwähnten positiven Ausrichtung der COTs und Stimmungsindikatoren als unwahrscheinlich gelten.

Die Gold-COT-Struktur hat sich seit letzter Woche wenig geändert. Sie ist immer noch stark positiv - die Commercials haben ihre Short-Positionen auf sehr niedrige Stände zurückgefahren und die Long-Positionen der großen Spekulanten haben ebenfalls wieder niedrige Stände erreicht, während die kleinen Spekulanten (Small Specs) insgesamt als Gruppe aus dem Rennen sind, und das ist ein sehr positives Zeichen. Ein leichter Anstieg bei den Short-Positionen der Commercials letzte Woche zeugte von einer Positionierung im Vorfeld der Freitagsverluste.

Der langfristige COT-Chart macht in der Tat einen sehr positiven Eindruck: Die Commercials haben ihr Short-Positionen jetzt auf die niedrigsten Stände seit Beginn des Bullenmarktes zurückgefahren. Die großen Spekulanten haben ihre Long-Positionen unterdessen auf die niedrigsten Stände seit 2008 zurückgefahren, was auf allgemeine Niedergeschlagenheit hindeutet, die für Markttiefs typisch ist; die kleinen Spekulanten haben unterdessen auch die letzten Hoffnungen aufgegeben - die Long-Positionen dieser Gruppe sind komplett verschwunden. Diese alles durchdringende Negativität der Trader ist der Stoff, aus dem die großen Talsohlen gemacht sind.

Der Hulbert Gold Sentiment befindet sich unterdessen im Keller - und das ist positiv!

Die Öffentlichkeit hat eine geringe Meinung vom Gold; das ist nochmal positiv, weil man immer dann kaufen sollte, wenn die meisten Investoren eben nicht interessiert sind!

Die Edelmetallpositionen der Rydex-Trader sind jetzt sehr niedrig; das ist ein gutes Zeichen, weil die Rydex-Trader eine Wissenschaft daraus machen, falsch zu liegen.

Der Chart zur Gold-Saisonalität (unten) zeigt zwar, dass der Monat Juni für Gold ein insgesamt negativer ist, dass die beste Jahreszeit aus saisonaler Sicht aber gleich um die Ecke wartet - August und September sind die besten Monate. Das Skript für dieses Jahr könnte also wie folgt lauten: ein kurzfristiger Selloff mit anschließender Ausbildung des finalen Markttiefs, dem eine Wende und ein große Rally in den kommenden Monaten folgt.

Wie im letzten Update vorhergesagt wurde, machte die Dollar-Rally wieder kehrt. Nachdem sich beim Dollar eine unruhige Top-Zone ausgebildet hatte, kam es zu einem steilen Rücksetzer, der Dienstag abrupt an der wichtigen Unterstützung in der Nähe des 200-Tage-Durchschnitts zum Stehen kam. Angesichts der Stärke der Dollarverluste muss es eigentlich überraschen, dass Gold nicht besser abschnitt, und das verheißt auf kurze Sicht nichts Gutes für den Goldkurs - denn der Dollar könnte wieder auf dem Weg zu einem kurzfristigen Kurzsprung sein, obgleich die längerfristigen Aussichten für den Dollar düster bleiben.

Man möchte unterdessen fast schon fröhlich glucksen, wenn man Japans lächerliche Gelddruck-Nachahmungsversuche beobachtet (Japan ahmt die Fed hinsichtlich aggressiver Geldschöpfung nach und das ist deshalb lächerlich, weil Japan eben nicht über das Ruhepolster einer Weltreservewährung verfügt) - wie man sehen kann fährt Japan laut und deutlich gegen die Wand. Was in Japan mit dem Yen und dann mit den Aktienmarkt passierte, sollte der Fed als ernste Warnung dafür dienen, was passieren kann, wenn sie die den Dollar weiterhin wie gehabt missbraucht. Der Dollar-Chart macht jetzt einen sehr grusligen Eindruck. Auch wenn der Dollar aufgrund der aktuell überverkauften Bedingungen kurzfristig zurückspringen könnte (das könnte das letzte Mal Prügel für Gold und Silber bedeuten), so besteht durchaus die Möglichkeit, dass sich bei dieser Aufwärtsbewegung die rechte Schulter des potentiellen Kopf-Schulter-Tops ausbildet, wie es im 6-Monate-Chart für den Dollar-Index unten dargestellt ist.
Nutzen Sie diese Entwicklung als zeitlichen Indikator für die Umkehr von Positionen - verkaufen Sie den Dollar, falls er an der sich voraussichtlich ausbildenden rechten Schulter austoppt; in diesem Fall werden wir unsere “Versicherungs“-Puts für den Edelmetallsektor mit guten Gewinnen abstoßen und im gesamten EM-Sektor long gehen: ETFs, Gold- und Silberbergbauunternehmen mit guten Produktionsergebnissen und keinen oder geringen Schulden sowie Calls. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass der Dollar auf dem Weg zur rechten Schulter unseres voraussichtlichen K-S-Tops vielleicht gar nicht so weit steigen muss, wie wir es im Chart dargestellt haben; es könnte sich dabei auch um eine verkümmerte rechte Schulter handeln. Die COTs für den Dollar sind immer noch extrem negativ: Die kleinen Spekulanten sind irrsinnig optimistisch, was gewaltig negativ ist.

Die öffentliche Stimmung gegenüber dem US-Dollar hat sich seit den jüngst erreichten positiven Extremen (die förmlich nach dem jüngsten Rückzug riefen) etwas gemildert. Diese Abschwächung hat jetzt auch den Raum für eine kurzfristige Aufholbewegung geschafft.

Obgleich Edelmetallaktien im Vergleich zum letzten Jahr auf jeden Fall sehr günstig sind, so mag es trotzdem noch ein wenig früh für aggressive Käufe von EM-Aktien sein. Sie könnten einem erneuten kurzfristigen Abwärtstrend zum Opfer fallen. Die Gründe dafür sieht man ganz deutlich im 8-Jahre-Chart des HUI-Index unten. Nach Ausbildung eines Kopf-Schulter-Musters war der Index im Jahresverlauf eingebrochen, das minimale Abwärtsziel liegt immer noch bei ca. 210. Sollten Gold und Silber nun in Reaktion auf eine Dollar-Rally kurzzeitig sinken, dann würden auch die EM-Aktien erneut in die Tiefe geprügelt werden (was vor allem auch daran liegt, dass sich die überverkauften Bedingungen inzwischen aufgelöst und neutralisiert haben, wie man im MACD-Indikator unten im Chart sehen kann.). Es besteht auch das Risiko, dass sie sogar bis in den Bereich der 2008er Hochs absacken könnten. Einer der wichtigen fundamentalen Gründe für die schreckliche Performance der Minenaktien im Vergleich zum Gold ist der enorme Anstieg der Produktionskosten. Wenn die Marktwende dann aber tatsächlich kommt, darf auch von einer drastischen Erholung ausgegangen werden, die dann wahrscheinlich durch Glattstellungen von Leerverkäufen verstärkt wird.

Auch wenn die Minenwerte immer noch anfällig für weiter kurzzeitige Verluste sind, so gibt es doch zahlreiche Hinweise darauf, dass sie kurz vor der Ausbildung einer großen Talsohle stehen. Dazu zählen natürlich auch die schon angesprochenen positiven Anzeichen für Gold und Silber, aber genauso auch die verschiedenen Hinweise darauf, dass der gesamte Sektor schon jetzt zu stark überverkauft ist und Extremstände anpeilt, die nach Ausgleich und einer Rückkehr zu angemessenen Verhältnissen rufen.
Ein gewichtiger Hinweis darauf, dass der gesamte Sektor kurz vor einer Wende steht, ist auch der folgende Chart für das HUI-Gold-Verhältnis. Wenn dieses Verhältnis sehr niedrige Stände erreicht, so wie jetzt, dann ist das ein Hinweis auf Über-Pessimismus: Wenn Investoren verängstigt und sehr negativ gegenüber dem Sektor eingestellt sind, dann bevorzugen sie physische Metalle und meiden eher Aktien - und je mehr das der Fall ist, desto positiver ist es. Die Situation ist schon jetzt wirklich extrem, das Verhältnis liegt schon deutlich unter dem Tiefständen, die am Tiefpunkt des 2008er-Crashs erreicht wurden, und verblüffenderweise geht es sogar schon in den trostlosen Bereich, der Ende der 2000er ausgelotet wurde - als der Edelmetallbullenmarkt noch nicht einmal begonnen hatte. Das ist mit Sicherheit ein Zeichen dafür, dass wir nah am Tief stehen.

Die abgrundtief schlechten Entwicklungen im Edelmetallsektor zeigen sich deutlich im folgenden Chart, der das Verhältnis des HUI-Index zum S&P 500 Index über den Zeitraum von 18 Jahren darstellt. Der Chart zeigt, dass der EM-Sektor von Ende 2000 bis 2011 fast die ganze Zeit über besser abgeschnitten hatte, erst mit den Höchstständen von Ende 2011 zeichnete sich eine Wende ab. Die schreckliche Performance der letzten Monate ließ das Verhältnis aber auf ein wichtiges relatives Unterstützungsniveau sinken, und hier ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass das Verhältnis wieder nach oben abdreht - und die Minenwerte erneut besser abschneiden als der allgemeine Markt.

Fazit: Alle Indizien deuten darauf hin, dass die große Wende im EM-Sektor unmittelbar bevorsteht, es könnte jedoch noch einen letzten Rücksetzer geben, gerade bei den Bergbauaktien. Jeder dieser Rücksetzer wird von uns als seltene Gelegenheit betrachtet, um sich in diesem Sektor saugünstig zu positionieren.
© Clive Maund
www.clivemaund.com
Der Artikel wurde am 10.06.13 auf www.clivemaund.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.