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Euroland & Gold-Erholung

18.10.2011  |  Jim Willie CB

Ein bedeutender Betrachtung-, Erwartungs- und Richtungswechsel hat in und in Bezug auf Europa stattgefunden - abgesehen davon, dass das Staatsschuldenchaos nicht verschwinden wird. Es kann nicht behoben werden, trotz aller Anstrengungen, Gespräche, Absprachen und Abkommen. Europa muss sich auf eine Reihe von Bankenpleiten und auf die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands vorbereiten. Jede durchgeführte, vorgeschlagene oder in der Schwebe gehaltene Lösung steht mit dem irrsinnigen Konzept weiterer Schuldenschöpfung in Verbindung, mit welchem ein Problem gelöst werden soll, das durch zu viel Kreditausweitung und unkontrollierter Geldschöpfung verursacht wurde.

18 Monate lang wurde der Kurs des Euro von der Geldpolitik der EZB, den Beurteilungen und Erwartungen hinsichtlich der Zinssätze getragen. Die Nachrichten dominierte natürlich die Staatsschuldensituation der PIIGS-Nationen. Doch das Desaster schlug sich in den Umlaufrenditen für Anleihen der einzelnen Mitgliedsländer nieder, und so schoss die Umlaufrendite für griechische Anleihen in Richtung 100% und so bewegten sich auch die Anleiherenditen der größeren Peripherie-Nationen im Süden über die kritischen 5% hinaus. Im Strudel der Nachrichten über kaputte Anleihen, der Streitigkeiten über Bankenrettungen, des Gefeilsches über die Finanzierung des Rettungsschirms und politischer Verzögerungstaktiken konnte der Euro lange Zeit einen Wechselkurs von 140 aufrechterhalten!

Der Impuls, der die Eurowährung im Jahr 2011 von 130 auf 147 steigen ließ, war eindeutig durch die Maßnahmen Trichets motiviert, der die EZB aus der US Fed-Reihe tanzen ließ. Der scheidende EZB-Chef Trichet erhöhte vor wenigen Monaten den offiziellen Leitzins um 25 Basispunkte, wodurch man sich von der US Fed absetzen wollte. Er machte zudem freche Kommentare, die sich auch auf rücksichtlose Verhaltensmuster der US Fed bezogen. Er erwähnte die Risiken steigender Preisinflation und ließ den mangelnden Wunsch nach weiteren monetären Stimuli durchscheinen. Die Leitzinserhöhung wurde aufgrund ihrer direkten Konsequenzen für die PIGS-Nationen weithin kritisiert. Ihre Hypothekenzinsen sowie andere damit verbundene bankeninterne Mechanismen schadeten den Banken im Süden. Sie wackelten schon.

Aber gegen Ende August änderte sich das alles. Die Trichet Euro-ZB reagierte auf die Einbrüche an den Aktienmärkten des Westens, begleitet von einer ausgeprägten wirtschaftlichen Abkühlung. Plötzlich ließ Trichet durchscheinen, der Schwerpunkt läge jetzt verstärkt auf Wachstumsfragen. Die tiefgreifenden Bankenprobleme wuchsen sich zur Kontagion aus, als auch die französischen Banken in den Brennpunkt des Interesses gerieten - was seiner Aufmerksamkeit keineswegs entgehen konnte, wenn es ihn nicht sogar schockierte. Dann kam es plötzlich zum Fast-Tod von Dexia, welcher auf dem Weg zum Leichenschauhaus noch einmal unter die Arme gegriffen wurde. Die Euro-ZB scheint nun in zwei gleichsam unappetitlichen und unerwünschten politischen Richtungen gefangen zu sein. Und die EZB schien alle Signale einer offiziellen Zinssatzsenkung auszusenden.

Aber die Europäische Zentralbank senkte die Zinssätze letzte Woche nicht! - ein Ereignis von extremer Bedeutung.

Trichet führte ein deutlich erhöhtes Risiko einer wirtschaftlichen Abkühlung an - was sich mit der Bernanke-Sprachregelung von extremer wirtschaftlicher Schwäche deckt. Die unbeholfene EZB entschied sich stattdessen erneut für weitere Bankenkreditvergaben und massive Anleiheaufkäufe. Während die Anleihevariante hier nur erneut Geldmengenausweitung bedeutet, so wurde aber ein Großteil der Schutz- und Rettungsmaßnahmen in US $ betrieben, denn die Europäischen Großbanken haben auch noch ganze Containerladungen US $-Verpflichtungen begleichen. Und so ist es ein hässlicher kleiner Fakt, dass die Wall-Street-Banken die Lücke füllten und Rettungspaket-ähnliche Kredite im Interbankenmarkt an Europäische Großbanken vergaben.

Die nackte Wahrheit ist: Wenn Griechenland am Ende unausweichlich scheitern wird, werden Europa, London und die USA gleichzeitig von einer Reihe Bankenpleiten getroffen.

Und großes Getue herrscht vor dem Großereignis. Lässt man aber all das beiseite, ist und bleibt es Tatsache, dass der offizielle Leitzins der EZB nicht um 25 Basispunkte gesenkt wurde! Die EZB machte nicht einmal ihre vor einigen Monaten erfolgte Zinssatzsenkung rückgängig.





Jetzt die Euro-Trendwende

Der FOREX-Markt ist enorm gehebelt und aktiv. Hier wird Arbitrage der aktuellen wie erwarteten Zinssätze betrieben. Der Euro fängt schon an zu steigen. Erst diese Woche stieg er innerhalb nur eines Tages um 140 Basispunkte (1,4%). Heute kam es wieder zu einer großen Aufwärtsbewegung; der Euro stieg weiter 160 Basispunkte und berührte das 138-Punkte-Niveau. Schauen Sie sich an, wie sich der Abwärtstrend des Euro umkehrt. Hier gibt es eine schwach verteidigte Kurslücke zwischen 136 und 140, die gefüllt werden wird. Die Umkehr läuft. Momentum baut sich auf. Dass es bisher keine Zinssatzsenkungen gab, wird immer mehr zum Thema. Der Momentum-Indikator MACD zeigt, dass sich eine Umkehr vollzieht. Plötzlich gibt es für die Forex-Händler hier Aufwärtspotential. Die fundamentale Begründung, dass es zu einer schrumpfenden Zinsdifferenz relativ zum US-Dollar kommen werde, bewahrheitete sich nicht. Der Währungsmarkt ist dominiert von hebelnden Anleihespekulanten, die beten und die Zinsdifferenzen gegeneinander abwägen.

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In Großbritannien und auf dem europäischen Festland wird aktiv Geld gedruckt, Anleihen angekauft und auch anderweitig Währungsentwertung betrieben. Nachdem die EZB ihren Leitzins bei 1,5% beließ, kam Knall auf Fall die große Ankündigung der Bank of England, man werde 75 Mrd. Pfund (=115 Mrd. US $) in die Finanzmärkte schießen. Die EZB kündigte an, man werde wieder gedeckte Pfandbriefe (covered bonds) ankaufen und wieder große Kredite an Banken vergeben.

Mit gewaltigen Terminpositionen wettete man darauf, dass der Euro relativ zum US-Dollar sinken werde. Die Glattstellungen der Short-Positionen setzt jetzt ernsthaft ein.

Die Begründung, dass aller Voraussicht eine Zinssatzsenkung ansteht, bewahrheitete sich nicht. Die Umkehr läuft - mit einigem Schwung. Es zeichnet sich ganz klar eine Verschiebung in der Risikostimmung ab, die den US-Dollars favorisierte und die ab jetzt sinken wird. Die Dollar-Kursgewinne gründeten auf der Euroschwäche, und nicht auf der Stärke der USA. Die US-amerikanischen Probleme bleiben enorm und kaum lösbar.


Gold in Euro verliert an Glanz

Mein Bauchgefühl sagte mir, die EZB werde den Leitzins nicht senken. Sie erschaudert beim Gedanken, dem amerikanischen Beispiel zu folgen. 2009 senkten sie zögerlich den Leitzins, im Wissen darum, dass das spekulative Probleme und einen steigenden Euro mit sich bringen würde, der den deutschen Export schaden würde. Trotzig erhöhten Sie den Leitzins gleich Anfang 2011 und verärgerten damit die Amerikaner, weil sie einen Abstand zu ihnen schufen. Sie empörten sich über das Erscheinen Geithners auf dem G-7-Treffen in Polen letzten Monat - wegen der Scheinheiligkeit und der Arroganz, mit der er Maßnahmen forderte.

Die erwartete Zinssatzsenkung (zu der es nie kam) war das wichtige, kurzfristige Brecheisen, um den Euro 1.000 Basispunkte nach unten zu hämmern - von 142 auf 132. Ich war aber davon ausgegangen, die Trichet-EZB möchte eine Senkung des offiziellen Leitzinses in einem Umfeld steigender Preisinflation innerhalb Europas eher vermeiden. Bislang ist der Euro wieder um 500 Basispunkte gestiegen - die Hälfte also geschafft (so wie es von mir erwartet und in privater Email-Kommunikation letzte Woche auch erwähnt wurde). Interessanterweise erwarteten sehr wenige Ökonomen eine Senkung des Leitzinses, aber der 1000 BSP-Verlust beim Euro wurde dennoch exakt einer solchen Leitzinssenkung zugeschrieben. Der Euro-Goldpreis prophezeite keine solche Senkung. Der €-Goldpreis könnte ohne Weiteres wieder auf die 1.100 €-Marke fallen - dort, wo er vor dem großen Kursverfall des Euro stand. Denn die fundamentale Rechtfertigung dafür ist nicht mehr gegeben. Ein steigender Euro und ein starker Goldpreisanstieg könnten den €-Goldpreis vielleicht dennoch stetig im 1.200er-Bereich halten.

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Anders als in Euro wird dann die Goldpreisentwicklung in US $ aussehen. In US-Dollar steht Gold nun vor steigenden Kursen - möglicherweise kräftig steigenden Kursen. In Euro wird er hingegen sinken. Schauen Sie, wie der €-Goldpreis unterhalb des 50-Tage-Durchschnitts kämpft. Es bleibt abzuwarten, ob er schon bald unter den 100-Tage-Durchschnitt sinkt. Im MACD ist es noch nicht zu einer Überschneidung gekommen, obwohl nah dran. Wahrscheinlich werden die Linien herumtanzen und sich berühren - sich aber nicht bullisch überschneiden. Man sollte ebenfalls beachten, dass der Goldpreis in US $ von seinem 1.600-Impulsboden abgeprallt ist.





Herbeigeführter Goldpreisverfall gestoppt

Es wäre nachlässig, in diesem Artikel nicht darauf hinzuweisen, dass gerade Geschichte geschrieben wird. Die COMEX hat sich entschieden, die Hinterlegungspflichten (margin requirement) für Gold und Silber zu erhöhen, wenn es die Kurse sinken! Normalerweise ist das Gegenteil der Fall. Zum Beispiel gibt es keine Margin-Erhöhungen für US-Staatsanleihen-Kontrakte, obgleich es hierbei um eine Asset-Blase handelt. Wahrscheinlich hatten die Verluste, die dem Paulson-Hedgefonds zugefügt wurden, einen großen Anteil bei der Goldpreisdrückung. Die Motive sind überdeutlich.

Die Strategie ist folgende: Edelmetalle müssen befleckt werden, während das globale Geldsystem bröckelt, während das US-Haushaltsdefizit 2 Bill. $ pro Jahr anpeilt, während die US-Wirtschaft zusammen mit den Wirtschaften Westeuropas anerkanntermaßen in eine Rezession abgleitet - und sie müssen befleckt werden, bevor ein erneuter Stimulierungsversuch probiert wird. Konfrontiert mit all diesen realen Aussichten wollen die Banker und Politiker, dass die Gold- und Silberpreise gedrückt werden. Der nächste Aufwärtsspurt wird einer für die Geschichtsbücher. Da neues Geld für Anleihenrettung Bankenlöcher füllen wird, da zahlreiche Banken rekapitalisiert werden, da die Wirtschaft stimuliert wird, Staatschulden monetisiert werden (angeführt von den USA) und da die Entwertung der großen Währungen verblüffende Ausmaße annimmt. Die Gold- und Silberpreise werden wiederholt kräftige neue Hochs markieren.

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Auch Silber ist bereit, in Richtung Norden zu spurten, allerdings etwas emphatischer. Die sinkenden Silberkurse wurden vom Goldpreisverfall angeführt; sie wurden jedoch ebenfalls durch industrielle Nachfrageeffekte in Umfeld einer sich abkühlenden Wirtschaft gedrückt. Das extreme Defizit beim Silberangebot ist nicht verschwunden. Auch die gewaltige Nachfrage nach Silbermünzen der verschiedenen Münzprägeanstalten weltweit schwächt sich kein bisschen ab. Beim Silberpreis zeichnet sich eine MACD-Umkehr ab. Das Durchbruchsniveau bei 30 - das aus den letzten Monaten des Jahres 2010 stammt - wurde verteidigt. Das Potential, dass eine kraftvolle Umkehr die ersichtliche Kurslücke zwischen 32 und 40 füllen wird, dürfte sich allen technischen Tradern förmlich aufdrängen. Hier zeigt sich kein Widerstand. Einen kurzen Zwischenstopp wird es bei 36 geben - eine Kaffeepause quasi.

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Übrigens ist die Operation Twist eine große Täuschung, mit der ausländischen Gläubigern die Möglichkeit gegeben wird, ihre längerlaufenden US-Staatsanleihen auf den Markt zu werfen. Das Markenzeichen der quantitativen Lockerungen verändert sich immer mehr hin zu Täuschung, Transparenzmangel und verschlagene, durchtriebene und intrigante Verteidigung des US-Dollar egal mit welchen Mitteln. Die vergangenen quantitativen Lockerungen, QE-Light, und QE 2 trafen den US-Dollar mitten ins Gesicht, prügelten seinen Wert zu Boden und verursachten eine extrem zerstörerische steigende Kostenstruktur für die gesamte Welt. Am deutlichsten war das bei den Nahrungsmittelpreisen zu spüren. Die US-Fed wurde von der ganzen Welt dafür verantwortlich gemacht, und ihr schlug auch harte Kritik entgegen.

Die monetären Lockerungsprogramme wurden nun hintergründiger und versteckter gestaltet; Global QE wurde zur neuen Strategie erhoben. Schauen Sie sich nur die Zentralbanken Japans, der Schweiz und sogar die der Briten an - sie alle sind im aktiven monetären Wachstum involviert. Eine suspekte Tatsache, der gegen Ende letzten Jahres nie wirklich Aufmerksamkeit geschenkt wurde: Die Iren erhöhten das Euro-Geldangebot innerhalb von nur vier Monaten in einem verblüffenden Ausmaß. Sie widersetzten sich der Euro-Zentralbank, da es nicht genehmigt war. Aufs Jahr gerechnet (also um den Faktor 3 erhöht) und mit den USA in Vergleich gesetzt (wiederum mit 50 multipliziert, um der Bevölkerungszahl Rechnung zu tragen) haben die Iren das Geldangebot annualisiert um satte 3 Billionen $ ausgeweitet.

Man muss also zum Schluss kommen, dass Global QE tatsächlich schon läuft - und zwar allgemein, gemeinsam und kräftig. Sollten alle Zentralbanken-Außenknotenpunkte an dieser Maßnahme teilnehmen, so wird der US-Dollar nicht stark sinken, wenn überhaupt. Die Zentralbanker sind Willens, die Weltwirtschaft zu ruinieren, damit die Kostenstruktur nicht zum Nachfrageeinbruch führt - eine wirklich gefährlich Masche, da sie damit auch Gefahr laufen, ihre eigenen, untertänigen und konspirativen Banken an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Im Oktober Hat Trick Letter werden Details zur hinterhältigen Wirklichkeit der Operation Twist präsentiert.

Ausländische Investoren, die damit ihr Rettungspakte erhielten, könnten vielleicht ein paar US-Aktien gekauft haben. Das würde dann auch verhindern, dass die Kapitalflüsse wieder in die jeweiligen Landeswährungen eindringen und die Wechselkurse heben - ein Schritt, der den US DX Dollar Index im weiteren Verlauf sinken lassen würde. Das zweite Motiv für die Maßnahmen der US Fed ist die Vermeidung eines weiteren kräftigen Dollarverfalls - obgleich die Vereinigten Staaten von Amerika, mit Blick auf alle möglichen Schuldenquoten, die größte PIIGS-Nation von allen sind.


© Jim Willie CB
www.goldenjackass.com



Der Artikel wurde am 12.10.11 auf http://news.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.