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Neues Angebot-Nachfrage-Gesetz

09.07.2013  |  Theodore Butler

Es folgt ein Auszug aus einem Wochenrückblick vom 29. Juni 2013

Der Grundpfeiler des Systems der freien Märkte ist das Angebot-Nachfrage-Gesetz. Diese Prämisse bestimmt, wie die Preise von Ressourcen in einer Wirtschaft der freien Märkte festgestellt werden, das Gegenteil sind Preise, die durch staatliche Erlasse oder monopolistische Kontrolle festlegt werden. Über diesen Mechanismus werden Ressourcen in der freiesten und effizientesten Art und Weise produziert und verbraucht. Hier ist eine gute Definition dieses Gesetzes, die aus dem ‘Free Dictionary‘ stammt: Es ist "die Theorie, der zufolge die Preise durch Interaktion von Angebot und Nachfrage bestimmt werden: Ein Anstieg des Angebots lässt die Preise sinken, wenn nicht gleichzeitig die Nachfrage steigt, und ein Anstieg der Nachfrage lässt die Preise steigen, falls nicht gleichzeitig auch das Angebot steigt.“ [Übersetzung der englischen Definition].

Das Gesetz besteht aus drei Komponenten - Angebot, Nachfrage, Preis. Der Preis dient als Hebelpunkt zwischen Angebot und Nachfrage, der für eine Balance zwischen beiden sorgt. Der wichtige Punkt ist aber, dass diese Interaktion zwischen Angebot und Nachfrage den Preis bestimmt. All das ist ganz grundlegend und auch der Definition oben zu entnehmen; ein freier Marktpreis bedeutet, dass der Preis durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Wir erwarten auch, dass unsere Kinder diese Definition in der Schule beigebracht bekommen. Doch leider ist diese Definition veraltet und beim Gold, Silber und anderen Rohstoffen auch schon nicht mehr im Gebrauch. Stattdessen hat eine neue Definition die alte, die immer noch im Wörterbuch steht, verdrängt.

Kurz und bündig formuliert: Beim neuen Angebot-Nachfrage-Gesetz bestimmt der Preis Angebot und Nachfrage - und nicht andersrum, wie es eigentlich sein sollte. Was auf den ersten Blick wie Wortspielerei aussehen könnte, ist jedoch ganz zentral. Wenn der Preis bestimmt, wie viel produziert und konsumiert wird - und Angebot und Nachfrage nicht mehr die Bestimmungsgrößen des Preises sind - dann ist das nur eine Umschreibung für ‘Preismanipulation‘. All unsere Gesetze gegen Preismanipulation und für den freien Handel sind darauf ausgerichtet, dass ein künstliches Preisgefüge überhaupt erst nicht entstehen soll. Denn bekannt ist auch, dass sich ein künstlicher Preis unvorteilhaft auf Produktion und Verbrauch auswirkt und der Gesellschaft insgesamt schadet. Ein künstlich hoher Preis muss zu Überproduktion als auch Minderverbrauch führen und letztendlich zu einem Preiseinbruch, während ein künstlich niedriger Preis schließlich zu einer Knappheit und zu einer Preisexplosion führen muss.

Es gibt unstrittige Beweise dafür, dass die jüngsten Preisentwicklungen an den COMEX-Märkten für Gold und Silber dieser neuen und manipulativen Version des Angebot-Nachfrage-Gesetzes entsprechen. Ohne einen großen Anstieg der Produktion oder ohne eine Abschwächung der Nachfrage nach Gold und Silber sanken deren Preise deutlich; stattdessen bestimmen jetzt die aufgrund spekulativer Verkäufe von Futures-Kontrakten gesunkenen Preise, was in Zukunft produziert und verbraucht wird. Spekulativverkäufe an der COMEX haben die Preise so stark sinken lassen, dass die Bergbauproduktion bedroht ist und die Nachfrage angeregt wird (besonders die Investitionsnachfrage).

Denken Sie nur, wie verrückt das alles ist: Spekulanten an der COMEX diktieren, welche Mengen die tatsächlichen Produzenten und Konsumenten herstellen oder verbrauchen werden. Das sind bei Weitem keine Wortspielereien, hier geht es um das Wesen des Gesetzes von Angebot und Nachfrage. Es ist schon so weit gekommen, dass wir es einfach hinnehmen.

Schlimmer noch: Unsere regulierten Terminmärkte wurde eigentlich geschaffen, um legitime Absicherung (hedging) zu ermöglichen, und trotzdem wir hier kaum oder gar keine Absicherung betrieben (Wer sichert seine Produktion schon unterhalb der Produktionskosten ab?) Für die legitimen ‘Hedger' kommt es doppelt dick: Sie haben erstens kein Sagen im Preisfindungsprozess, das sie aber eigentlich haben sollten, und dann schadet dieser ihnen auch noch. An den Futures-Märkten sollte eigentlich ein Preis ‘gefunden‘ werden, der sich aus dem weltweiten Zusammenspiel zwischen realen Produzenten und Verbrauchern ergibt; diese Terminmärkte sollen realen Marktteilnehmern aber nicht die Preise diktieren!

Ich möchte Ihnen zwei reale, aus dem Leben gegriffene Beispiele für die Auswirkungen der an der COMEX festgesetzten Kurse geben. Sollten die Gold- und Silberkurse auf den gestern erreichten Schlussständen bleiben, so würde der größten Goldproduzent der Welt, Barrick Gold, nicht mehr mit Gewinn Gold fördern und Pan American Silver, ein großer Primärsilberproduzent, würde Verluste machen. Achtung: Ich prognostiziere damit ganz und gar keine zukünftigen Gewinne oder Verluste!

Ich mache nur Folgendes: Von jedem Unternehmen schaue ich mir die Unternehmensberichte für das 1. Quartal an und passe die auf Grundlage der damaligen Metallpreise gemachten Gewinne an die heutigen Metallpreise an. Barrick wies zum Ende des ersten Quartals einen Gewinn von 850 Millionen $ für die Produktion von 1,8 Millionen Unzen aus, die bei einem Preis von 1.630 $/ oz verkauft wurden. Pan American wies einen Nettogewinn von 20 Millionen $ für die Produktion von 6,3 Millionen Unzen Silber und 32.000 Unzen Gold aus, die bei 30,11 $/ oz bzw. 1.630 $/ oz verkauft wurden. Die Ironie der Geschichte ist, dass diese beiden Bergbauunternehmen in der Vergangenheit zu verstehen gegeben hatten, dass sie nicht an eine Manipulation der Gold- und Silberkurse glauben.

Bitte interpretieren Sie das, was ich sage, nicht falsch. Ich sage nicht, dass die Gold- und Silberkurse hier bleiben oder weiter sinken werden; ich habe das Gegenteil behauptet und behaupte es weiterhin (und liege aktuell damit falsch). Ich sage nur, dass es verrückt ist (und auch illegal), wenn Spekulanten an der COMEX Preise festsetzen, die legitimen Produzenten großen Schaden zufügen werden. Die COMEX hat das Angebot-Nachfrage-Gesetz verfälscht und auf den Kopf gestellt, und der Eigentümer der COMEX, die CME Group, hat nichts Besseres zu tun, als neue Rekorde beim Handelsvolumen zu verkünden. Und die CFTC tut nichts anderes, als wertvolle und begrenzte Ressourcen mit Gerichtsprozessen zu verschwenden, die einer politischen Agenda folgen (gegen Jon Corzine).





Ich erwähne diese neue und verzerrte Version des Nachfrage-Angebots-Gesetzes nur, weil es alles bestätigt und verifiziert, was ich in den letzten 30 Jahren über die Manipulation des Silbermarktes vorgebracht habe. Soll mir doch jemand allen Ernstes erklären, dass die Bergbauindustrie jetzt aufgrund einer Gold- und Silberüberproduktion in der Klemme steckt. Ich möchte den sehen, der abstreitet, dass der Preis einer Ressource der wichtigste Faktor für jeden Produzenten ist und dass die Abzocker an der COMEX nicht die Kurse setzen würden.

Ich habe nicht die Erwartung, dass sich hier etwas ändern wird; das heißt aber auch nicht, dass wir nicht zumindest verstehen sollten, was mit den Gold- und Silberkursen tatsächlich passiert. Ich kann keinen Vorteil darin sehen, nicht zu wissen, wer für die niedrigen Preise verantwortlich ist und warum die Bergbaufirmen zu leiden haben. Wer will schon im Dunklen tappen? Übrigens: So verkehrt der Preisfindungsprozess schon ist, so ist lässt er die Aussichten auf für drastisch höhere Preise jetzt deutlich steigen.

Ja! Es waren und sind die exzessiven Spekulativverkäufe an der COMEX, die für die niedrigen Preise verantwortlich sind - mit all ihren Effekten (ETF-Liquidierungen und leidende Bergbaufirmen). Es ist aber auch offensichtlich, dass diese Verkäufer durch betrügerische Tricks JP Morgans und anderer zum Verkauf verleitet wurden, damit eben diese Betrüger wieder kaufen konnten. Und sie haben auch gekauft, wie ich und andere Marktbeobachter Woche für Woche bei der Veröffentlichung der neuen COT-Reports genau feststellen. All das hat aber für außergewöhnlich positive Ausgangsbedingungen gesorgt.

Es mag verrückt erscheinen, wenn ich weiterhin über eine anstehende Preisexplosion rede, während die Preise sinken - die Faktenlage lässt mir aber gar keine andere Wahl! Ich kann nicht garantieren, dass es passiert, aber ich kann auf die Möglichkeiten verweisen. Die großen Spekulativverkäufe an der COMEX und an anderswo waren ein sich selbst verstärkender Abwärtsprozess - d.h. ein Teufelskreis bei dem sinkende Preise sinkende Preise nach sich ziehen. Gerade die Verkäufe in Form von Short-Positionen stellen offene Transaktionen, d.h. diese Verkäufe müssen irgendwann abgeschlossen werden, entweder durch Lieferung oder durch Rückkauf, Glattstellung. Auslieferung kann man getrost vergessen, da sie für Spekulanten im normalen Geschäftsrahmen nahezu unmöglich ist. Das heißt also, dass die spekulativen Leerverkäufe irgendwann auch zurückgekauft werden müssen.

Wenn Sie meiner Überzeugung zustimmen, dass die Gold- und Silberpreise aufgrund von Spekulativverkäufen in die Tiefe geprügelt wurden (und nicht aufgrund von Überproduktion der realen Produzenten) und mit großen Mengen von Leerverkäufen einhergingen, die noch glattgestellt werden müssen, dann muss man logischerweise auch davon ausgehen, dass das, was die Kurse fallen ließ, wieder zu einer Kurs-Rally führen wird. Dieselben Verkaufskräfte, die für sinkende Kurse verantwortlich waren, müssen wieder für steigende Preise sorgen, wenn diese Kraft von Verkauf auf Kauf umschlägt.

Das eigentliche Ausmaß dieser Kraft wird sich daran zeigen, wie schnell die Leerverkäufe glattgestellt werden - gemessen an der Dauer der ursprünglichen Verkäufe. Aus meiner Sicht hat es (bislang) fünf Monate gebraucht, um alle spekulativen Verkäufe abzuwickeln. (Wenn ich mich auf ein Datum festlegen müsste, dann wäre es wohl der 5.Februar). Seither sind die Goldkurse um mehr als 400 $ und die Silberkurse um mehr als 13 $ gefallen.

Unter strikt gleichbleibenden Bedingungen (ich weiß auch, dass es die nicht gibt) hieße das Folgendes: Sollte in den nächsten 5 Monaten im selben Ausmaß wieder gekauft werden (vorausgesetzt, wir haben die Talsohle erreicht), dann könnte man davon ausgehen, dass die Gold-und Silberkurse im selben Umfang steigen werden, wie sie fielen. Sollten sich die Käufe über einen längeren Zeitraum hinziehen, so würde auch die Kurserholung länger brauchen. Falls die Käufe aber (und das ist mein Punkt) komprimierter, über einen kürzeren Zeitraum hinweg erfolgen sollten, so würden sich auch die Kurse schneller erholen. Und das ist, für mein Dafürhalten, auch der wahrscheinlichere Ausgang.

Eine Besonderheit der spekulativen Leerverkäufe ist, dass die Rückkäufe bei steigenden Kursen schneller stattfinden als jede andere Form von Kauftransaktionen. Das liegt daran, dass es bei Kursgewinnen keine Grenze nach oben gibt, während der Kurs nicht unter null sinken kann. Wenn die Kurse zu steigen beginnen, werden die Shorts also richtig nervös. Wenn Gold und Silber nur genügend steigen (und sie werden mit der Zeit genügend steigen), dann wird sich das Tempo der Glattstellungen erhöhen, was die Kurse dann noch schneller steigen lässt. Wenn man sich vorstellt, wer dann wohl auf der Verkäuferseite stehen wird (man denke an JP Morgan und andere Commercials), dann ist es sehr wahrscheinlich, dass den glattstellenden spekulativen Shorts enorm hohe Preise abverlangt werden.

Ich kann natürlich nicht garantieren, dass es dazu kommt, es wäre aber fahrlässig, nicht darzulegen, was meinem Gefühl nach passieren könnte. Sollten die Kurse auf diesem Niveau bleiben oder sinken, dann war das nur der Anfang der Schäden für die realen Metallproduzenten dieser Welt, die durch die Pervertierung des Gesetzes von Angebot und Nachfrage verursacht wurden. Sollten die Kurse steigen, dann besteht wie nie zuvor die Möglichkeit einer Preisexplosion.


© Theodore Butler


(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 05.07.2013 auf der Website www.silverseek.com veröffentlicht.

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