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Wie gut und stabil sind die deutschen Banken?

24.07.2013  |  Dr. Dietmar Siebholz

Heute früh erhielt ich von einem als sehr zuverlässig bekannten Diskussionspartner ein Papier, das Auskunft über die Entscheidungen der EU-Finanzminister bezüglich der Beteiligung der Bankinvestoren bei einer fälligen Restrukturierung geben soll. Zumindest die Art der in Deutschland von den Politikern geführten Diskussionen lässt erahnen, was wirklich dahintersteckt. Persönlich gesagt, kalte Schauer können einem über den Rücken ziehen.

Ich nehme an, dass wegen der dramatischen Lage bei den europäischen Banken die Politik sich darum bemüht, den Banken weitere Erleichterungen zu verschaffen Bislang war die Rede davon, dass die Banken für eine Restrukturierung ein Eigenkapital von idealerweise 8% gemessen an der Bilanzsumme ausweisen sollten. Dann hat man das Ziel für europäische Banken auf 5% reduziert, um die Latte für die Eigenkapitalbeschaffung nicht zu hoch zu hängen. Selbst die reduzierte Höhe wäre angesichts der heute vorhandenen schwachen Eigenkapitalausstattung der Banken schon ein wesentlicher Schritt in Richtung Gesundung angesichts der total überzogenen Fremdkapital-zu-Eigenkapital-Relationen.

Nun wollen die Finanzminister der EU wieder zurückrudern, das aber in der üblichen verdeckten Art. Dabei unterstelle ich, dass die neuen Relationen Vertrauen aufbauen sollen, aber im Prinzip der neuen Manipulation Tür und Tor geöffnet wird. Die EU-Finanzminister verhandeln gerade über einen Prozentsatz von 20% (das sieht ja richtig solide aus!!) aber dieser Satz gilt nur in Bezug auf die risikogewichteten Aktiva.

Auf den ersten Blick erscheint die neue Lösung als sehr solide, aber der zweite und genauere lässt einen angesichts der Bankbilanzen erschauern. Als Musterbeispiel sollte hier - wie der Informant mir mitteilte - die Deutsche Bank gelten. Die Deutsche Bank kann wohl nach aktueller Interpretation als relativ solide finanziert angesehen werden; relativ nur deshalb, weil ich zu meiner Zeit - als ich meinen Bankkaufmann in Berlin machte - wir mit wesentlich höheren Eigenkapitalansätzen rechnen mussten, um als solide betrachtet zu werden.

Nun zurück zur Deutschen Bank. Sie verdient in ihrem Gesamtgeschäft relativ gut und verfügt wohl ausweislich der letzten mir bekannten Bilanz über Eigenmittel von knapp 60 Mrd. €.

Zu den anderen Werten in der Bilanz dieses Instituts: Die Deutsche Bank hat ein Bilanzvolumen von mehr als 2.000 Mrd. €; ihr Eigenkapital macht gerade einmal knapp 3% der Bilanzsumme aus. Sie arbeiten also mit einem Hebel von mehr als 1:33. Nach der bisher gewünschten Neuausrichtung für alle Bankinstitute müsste die Bank (wenn sie je in die Lage käme, saniert werden zu müssen) nach der bisherigen Zielsetzung 160 Mrd € Eigenkapital oder ein als Eigenkapital anrechenbares Gesamtvermögen ausweisen. Das hat sie aber nicht; sie hat ja nicht einmal die Hälfte davon. Selbst bei dem reduzierten Satz von 5% fehlten ihr noch 40 Mrd. Eigenkapital. Und: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Deutsche Bank ein relativ gutes Standing hat, über das andere Institute nicht verfügen. Insofern ist die "Musterrechnung" für den Sanierungsfall eher ein Rechenbeispiel zum Vergleich mit anderen deutschen Instituten.

Die risikobehafteten Aktiven der Deutschen Bank werden in der Bilanz mit ca. 330 Mrd. ausgewiesen; 20% (nach dem neuen Vorschlag für Sanierungen) davon wären also 66 Mrd. €. Das wäre unter der Annahme, dass die ca. 57 Mrd. Eigenkapital noch stimmen, bei der Deutschen Bank schon mit einer normalen Kapitalerhöhung machbar, aber es wären dann erheblich weniger als die eingangs genannten und bisher geforderten 160 Mrd.

Ich bitte zu beachten, dass dieser Aufsatz keine Verunglimpfung der Deutschen Bank darstellen soll, sondern anhand der realen Zahlen dieses als seriös zu bezeichnenden Instituts der reale Zustand der anderen deutschen Banken gemessen werden muss, wenn schon der Marktführer die Vorgaben nicht erfüllen kann, die man sich in Brüssel und Berlin vorstellt.

In dem Artikel, den ich auszugsweise beifüge, wird aber auch der verhängnisvolle Begriff des Bail-In´s genannt und das heißt ja nach dem jetzigen Stand der Diskussionen schlicht auch "die Beteiligung der Bankgläubiger" (also der Konteninhaber) an Restrukturierungsmaßnahmen. Und jetzt wird es unheimlich; wenn also die bisherigen EU-Vorstellungen und der neue Begriff des Bail-In´s richtig interpretiert werden können, dann müssten die Bankkunden mit Kontoguthaben im Rahmen des Bail-In´s nun im Falle einer anstehenden Sanierung der (schwachen) Bankinstitute für den Ausgleich zu den bislang geforderten (im Falle der Deutschen Bank rechnerischen) 160 Mrd. oder eventuell "nur" für die Differenz zu den reduzierten Beträgen von ca. 66 Mrd. sorgen. Wie gesagt, dies ist eine Musterrechnung, aber sie zeigt, welche Risiken Bankkunden mit Guthaben bei Sanierungsauflagen ihres Institutes zu kalkulieren haben.





Was die ganze politische Diskussion so hirnrissig scheinen lässt, sind folgende Tatsachen: Während eine Bilanzsumme als Bezugsgröße einfach zu ermitteln ist und dann sich daraus ergebende Beitragsleistungen genau definiert werden können, ist die Bezugsgröße "risikobehaftete Aktiven". d.h. Problemkredite eine nicht greifbare Größe. Wie oft haben sich in der Vergangenheit die Banken bei der Einschätzung ihrer risikobehafteten Kredite schon getäuscht (oder haben sie uns und die gutgläubigen Politiker getäuscht?).

Doch nicht genug der negativen Beiträge; die Vorschläge, wie Bail-In´s d.h. die Inanspruchnahme der Konten mit Bankguthaben angeht, sieht der Arbeitsentwurf diese Maßnahmen immer nur auf das entsprechende Institut bezogen vor. Ich gestatte mir den ketzerischen Hinweis, dass auch die deutschen Bankinstitute, denen ich eine gute bis durchschnittliche und damit ausreichende Bonität zurechne, durch Bankengruppierungen untereinander verbunden und somit in der Haftung sind (z.B. Raiffeisen- und Volksbanken über ihre Zentralkassen und die Genossenschaftszentralbanken, die Sparkassen über ihre Landesbanken etc.). Wenn nun mehrere Institute in Probleme geraten - und das dürfte angesichts der Globalisierung und Vernetzung der Fall sein - dann werden die Bail-In-Maßnahmen (so wie in Zypern) nicht nur auf die maroden Banken, sondern auf alle oder die meisten Banken bezogen sein.

Ach ja, ich vergaß zu erwähnen, dass wir schon lange Systeme unterhalten, die mich stark an die Einheitsregelungen des real existierenden Sozialismus erinnern. Es wäre wunderbar, wenn dies nicht wäre, denn dann könnte sich der Bankkunde nach der Bilanz, der Bonität und nach dem Engagement in den tödlichen Derivategeschäften der Banken orientieren und seine Konten zu den Instituten verlegen, die von ihm als solide beurteilt werden. Das darf aber nach Auffassung unserer politischen Führung nicht geschehen, weil sonst zu viele Institute sich vom Markt verabschieden müssten und das kann in unserer Pseudo-Marktwirtschaft natürlich nicht vorkommen: Der Mittelstand aber darf sich dieser Marktbereinigungsregel unterwerfen, die systemrelevanten Banken müssendies nicht hinnehmen.

Und was sie nicht ins Kalkül gezogen haben, sind die fast sicheren Erwartungen für die Zukunft. Wer international und besonders in Europa Kredite vergibt, wird wohl als Maßstab nicht die immer noch recht solide Situation der deutschen Kreditlandschaft heranziehen müssen, sondern wohl die gesamteuropäische Lage einschließlich Griechenland, Irland, Spanien, Italien, Portugal, Zypern und (auch schon) Frankreich, weil die deutschen Banken ja mit ihren Krediten international engagiert sind.

Insofern wäre eine Aufgliederung nach den Sitzländern der Schuldner hilfreich; aber genau die gibt es nicht. Oder habe ich sie bei der Lektüre der Bilanz übersehen?

Und damit kommen wir zu der Erkenntnis, dass die neue schon beschlossene "EU-Bankenunion" den europäischen Bankkunden - allen voran die aus den vermögensstarken Ländern - die Mithaftung für alle Banken nicht nur in den 17 EURO-Ländern, sondern insgesamt in allen 28 (inkl. Kroatien) EU-Ländern "aufs Auge" drücken wird. Es wird damit nicht der bestraft, der bei der Analyse seiner Bank nicht sorgfältig vorgegangen ist, sondern es haften alle Bankkontoinhaber unabhängig von deren Due Dilligence-Prüfung über die Bonität ihrer Banken.

So ungern ich den Herren Trittin und Schick Recht geben möchte, ihrer Schlussfolgerung "… die neue Öffnungsklausel über die Ermittlung des Restrukturierungsbedarfs über den 20-% Wert der risikobehafteten Aktiven lässt den Banken riesigen Ermessungsspielraum", kann kaum widersprochen werden. Die Definition der risikobehafteten Kredite den Banken zu überlassen, dürfte wohl als "fahrlässiger Leichtsinn" zu bezeichnen sein, denn welcher verantwortungsbewusste Landwirt überlasst schon die Entwicklung eines Sicherheitskonzeptes für sein Hühnerhaus schon dem Fuchs? Aber ich bin ja schon lange der Überzeugung, dass unsere Landwirte die besseren Ökonomen und Praktiker sind als unsere Politiker, die sich ja zumeist aus Rechtsanwälten, Lehrern, Mitarbeiter im öffentlichen (d.h. risikolosen) Dienst, Gewerkschaftlern, Berufspolitikern etc. - eben keinen wirtschaftlich Erfahrenen rekrutieren. Es ist halt so, als ob ich meine gesundheitlichen Belange einem Wunderheiler oder der Wunderheiler-Gewerkschaft überlasse.

Dem realen Risiko und damit der Inanspruchnahme von Kunden der Banken nach den Prinzipien des Bail-In (siehe Zypern) werden wir erst im Falle des Falles dann ins Auge sehen müssen, wenn es bei dem einen oder anderen Institut zu Schwierigkeiten kommen sollte. Und diese sind angesichts der Globalisierung und dem steten Anstieg von Finanzproblemen weltweit - nicht nur in Europa - nach meiner Überzeugung unvermeidbar.

Die Folgen: Stellen Sie sich auf Bail-In´s á la Zypern auch in Deutschland ein. Gehen Sie bitte weiterhin davon aus, dass auch ihre noch so gut und solide geführte Bank in das Bail-In-Verfahren (zum Verlustausgleich bei anderen Instituten) herangezogen wird, aber spätestens dann, wenn die Haftungsansprüche über die EU-Bankenunion übernational geltend gemacht und dann alle Bankguthaben in den Sanierungsfall einbezogen werden. Denn genau das ist ja das Ziel der Brüsseler Technokraten. DieOpfer sind die dann nch Starken.





Warten Sie ab, wie sich der noch freie Kapitalverkehr in den nächsten Monaten - vor allem nach der Wahl entwickelt und erwarten Sie Kapitalverkehrskontrollen, die verhindern sollen, dass deutsches Kapital in nicht (vom Staat) kontrollierbare Investitionen abfließt (statt gefälligst zur Verfügung zu stehen, um marode europäische Banken und Staaten zu sanieren).Und erwarten Sie eine rigorose Beschneidung der Zulässigkeit von Barzahlungen im Geschäftsverkehr. In Spanien, Griechenland und Italien sind diese schon eingeführt. In diesem Zusammenhang eine Petitesse, die man beachten sollte: Laut ADAC-Motorwelt 7/2013 sind in Italien Käufe über € 999,99 nur noch mit Kreditkarte möglich; das Feine daran ist, dass dieses Limit nur für Bewohner der EU gilt; Nicht-EU-Bürger dürfen immer noch bar bis zu 14.999,99 € zahlen. Merken Sie etwas? Es ist ein Nachteil, Bürger dieses Staatenverbundes zu sein. Hier wird einem das das erste Mal klar gemacht. Ein Wohnsitz außerhalb der EU ist von Vorteil. Damit werden wohl viele oberflächliche Argumente unserer Politiker nachweislich ad absurdum geführt z.B., dass wir die EU brauchen unter anderem, weil sie so vorteilhaft für uns Bürger ist.

Zum Schluss noch das Zitat der beiden Grünen zu der Ermittlung der Haftungsdeckungsbeiträge (hier anhand der Musterberechnung für die Deutsche Bank). Ich darf feststellen, dass beide Herren Trittin und Schick von mir nicht als ausreichend kompetent betrachtet werden, aber es ist ja wohl mein Schicksal, dass ich es erleben muss, dass Vertreter der Linken wie Herr Gysi (zum Thema "Deutsche Haftung im Verbund des ESM-Vertrages"), dass die in China Regierenden eine wahrhaft kapitalistische Wirtschaftspolitik betrieben, dass Herr Putin uns im Russia TV erklärt, wie man für sein Land richtige politische und wirtschaftsorientierte Entscheidungen trifft. Gibt es schlimmere Erkenntnisse als die, dass der ideologische Gegner die Entscheidungen unserer Politiker als (sehr vorsichtig ausgedrückt) kontraproduktiv bezeichnet und damit auch noch zu hundert Prozent Recht hat?

In der Praxis heißt dies, man muss seine Rücklagen (nicht das täglich notwendige Kapital) aus dem EU-Bankenverband entnehmen und solide außer der EU-Bankenunion anlegen. Damit umgeht man die drohende Mithaftung für irgendwelche uns derzeit noch unbekannte Institute aus schwachen EU-Ländern und behält vor allem die Freiheit, zu disponieren, wie man es für richtig hält. Bei Kapitalverkehrskontrollen dürfte es mit dieser Freiheit vorbei sein. Wie lautet ein altes politisches Bonmot? "Die Freiheit stirbt zuerst".

Ganz zum Schluss biete ich Ihnen nach eine Wette an und zwar folgende Zukunftsprognose: Es ist Fakt, dass die deutschen gesetzlichen Krankenkassen, die ca. 90% aller Menschen in Deutschland versichern, insgesamt über Rücklagen von ca. 30 Mrd. € verfügen. Die privaten Krankenversicherungen, die ca. 10% aller Deutschen versichern, haben eine solche von etwa 180 Mrd. €. Nun mein Wettangebot "Wetten, dass die Privaten irgendwann in nächster Zukunft diese Reserve in Form eines Sozialopfers mit den Gesetzlichen im Sinne des Prinzips kommunizierender Röhren "gerechterweise" ausgleichen müssen?" Meine Frage: Wer hält dagegen und mit welchem Einsatz?


© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de
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Zitat aus dem Handelsblatt:

"Kritisch sehen Trittin und Schick (von den Grünen), dass die EU-Finanzminister die Beteiligung der Bankinvestoren aufgeweicht hätten. Bislang sei geplant gewesen, dass 8% der Verbindlichkeiten für die Restrukturierung zur Verfügung stehen müssen. Nun gelte die Ausnahme, dass 20% der risikogewichteten Aktiva ausreichen. Der Unterschied sei entscheidend. Die Höhe risikogewichteter Aktiva rechnen internationale Banken selbst aus. Manipulationen sind damit nicht auszuschließen“, warnten die beiden Grünen-Politiker zu recht.

Das Problem erläuterten Trittin und Schick am Beispiel der Deutschen Bank. "Deutschland größtes Geldhaus habe eine Bilanzsumme von 2.012 Mrd. € und risikogewichtete Aktiva von 334 Mrd €. Laut den EU-Plänen würde eine Bail-In-Anforderung von 8% (nochmals zum Mitschreiben: "Bail-In" heißt, dass nicht nur die Bankinhaber oder -Aktionäre, sondern auch die Bankkunden mit einer Quote in die Haftung genommen werden, also für ihre Bank bluten müssen) hier einem Betrag von 161 Mrd entsprächen, um eine Sanierung sicherstellen zu können. Die Öffnungsklausel, nach der 20% der risikogewichteten Aktiva als Bail-In-fähiges Kapital ausreichen, reduziere die Bail-In-Anforderung demnach auf 66,8 Mrd €".

Soweit der HB-Kommentar. Und nochmals der Hinweis, dass die Deutsche Bank hier nur als Rechenbeispiel für die Ermittlung der erforderlichen Bail-In-Zahlungen bzw. Haftungen herangezogen wurde.

Nun mögen Sie denken, dass diese Bail-In-Reduktion von 8% der Bilanzsumme auf 20% der risikobehafteten Aktiva für Sie vorteilhaft wäre, aber dann müssen Sie vorher generell stillschweigend akzeptieren, was bereits in Zypern erfolgreich für die Banken und den Staat praktiziert wurde, nämlich dass durch die Anwendung der Bail-In-Regeln die Bankkunden mit (höherem) Kontoguthaben zur Sanierung ihrer Bank herangezogen werden. Blättern Sie bitte einmal im Strafgesetzbuch: Für uns Sterbliche wären für diese Handlungen eine Menge Strafandrohungen relevant, z.B. Untreue, Unterschlagung, Betrug etc. Übrigens: "Legal" im wahrsten Sinne des Wortes bedeutet nur, dass für eine Handlung (die man sonst nicht legal dulden würde) ein Gesetz (lat. "lex") vorliegen muss, damit dann die vorher falsche, eventuell kriminelle Handlung wieder legal sein würde. Das Gesetz, das hier herangezogen werden könnte, ist vor einigen Tagen im Bundestag auf den Weg gebracht worden, und zwar im Zusammenhang mit der Entscheidung über ein künftiges Trennbanken-System. Noch Fragen?