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Ignoriert der Aktienmarkt den langfristigen Kress-Zyklus?

27.07.2013  |  Clif Droke

Meine Kunden stellen mir häufig Fragen zum Thema Aktienmärkte/ QE-Stimuli im Kontext der langfristigen Kress-Zyklen. Die Fragen variieren, sind sich aber insgesamt ähnlich. So schrieb mir ein Kunde Folgendes: “Ich gefällt Ihre Arbeit wirklich gut, doch in letzter Zeit habe ich Probleme, mir die langfristige Richtung zusammenzureimen. Sie scheinen andauernd optimistisch, womit Sie bis jetzt auch Recht behalten haben; ich frage mich nur, was passieren muss, damit Sie pessimistisch werden. Ihrer Meinung nach ist es hauptsächlich die Liquidität, die den Markt bis zum Schluss in die Höhe treiben wird. Oder ist es doch der New Economy Index?"

Meine Antwort zur ersten Frage: Man sollte den Einfluss von Liquidität auf steigende Aktienkurse nie unterschätzen. Die Fed hat sich einer Politik verschrieben, die die Erholung der Aktienmärkte zum Ziel hat. Nach Meinung des renommierten Ökonomen Ed Yardini hat die Fed ein “Schattenmandat”, und zwar die Stützung und Beförderung der Aktienkurse mittels ihrer Politik der quantitativen Lockerungen. Ein anderer Marktbeobachter meinte: “Ein liquiditätsgesteuerter Bullenmarkt sollte nie leerverkauft werden.“

Auch Bud Kress, der verstorbene Zyklenexperte, machte auf Folgendes aufmerksam: Solange im betreffenden Jahr keiner der großen langfristigen Jahreszyklen seine Talsohle erreicht, gibt es keinen Grund davon auszugehen, dass die Fed nicht in der Lage wäre, einen Bullenmarkt erzeugen zu können, selbst vor dem Hintergrund großer struktureller Probleme in der US-Wirtschaft. 2014 wird die nächste große Serie von Jahreszyklen ihren Tiefpunkt erreichen. Aus diesem Grund besteht durchaus eine reale Chance, dass der US-Aktienmarkt im Jahr 2013 erneut dem Schlimmsten entgehen wird, bevor diese Serie aus langfristigen Zyklentiefs markiert wird.

In der Email hieß es weiter: "Falls die Gewinne weiter wachsen und die Liquidität weiter fließt, könnte dann vielleicht auch ihre Negativ-These für das Jahr 2014 außer Kraft gesetzt werden?" Darauf kann ich nur antworten, dass auch die Gewinnzuwächse letztendlich an ihre Grenzen stoßen werden; die Gewinne dürften schwerlich auch im Jahr 2014 weiter wachsen, da sich die langfristigen, deflationären Zyklen im nächsten Jahr in der “Hard-Down-Phase" befinden werden. Schon jetzt sehen wir Anzeichen darauf, dass die überaus wichtige Änderungsrate (Momentum) der Gewinne schwächer wird.

Eine andere Frage: “Der verstorbene Kress war Ansicht, dass eine künstliche Verlängerung der Zyklen durch direkte Interventionen (z.B. der Fed) zu noch schwereren Konsequenzen in der Zukunft führen könnte. Wäre es nicht möglich, dass wir gerade einer solchen Situation stecken?” Ich würde behaupten, dass das nicht nur möglich wäre, sondern sogar wahrscheinlich ist, und zwar aufgrund der Verzerrungen, die die Endlos-QE-Programme der Fed, entstehen lassen.

Eine andere Frage: “Falls Sie keine weiteren Problem bis zum Jahresende oder bis zum Anfang des nächsten Jahres kommen sehen, dann scheint es doch noch zu früh für das Einsetzen des deflationären Zyklus, oder?” Unter normalen Umständen würde ich dieser Einschätzung zustimmen. Es handelt sich aber nicht um normale Zeiten, zudem haben wir in den letzten Jahren gesehen, wie schnell sich die Märkte schon bei der kleinsten Provokation drehen können (z.B. “Flash Crash“, “Griechenland“ und Ähnliches). Rückblickend auf die letzte Talsohle des 120-Jahre-Zyklus, Mitte der 1890er, kann man erkennen, dass sich der Aktienmarkt bis Anfang 1893 in einem schnaubenden Bullenmarkt befand - weniger als zwei Jahre vor dem regulären Tief des 120-Jahre-Zyklus (Ende 1894). Die Panik von 1893 kam schnell, plötzlich und buchstäblich ohne Warnung. Wenn es einmal passiert ist, kann es auch ein weiteres Mal passieren.

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Eine letzte Frage: “Wäre ein eventueller Anstieg der Inflation im Jahr 2015 gut oder schlecht für Aktien, Gewinnspannen, etc.?” Wenn der 120-Jahre-Zyklus gegen Ende 2014 sein Tief erreicht haben wird, wird ein neuer inflationärer Zyklus beginnen. Mit Blick auf die Vergangenheit brauchte es nach aber in der Regel einige Jahre, bis der neue, langfristige Zyklus dann auch einen deutlichen Anstieg der Inflation mit sich brachte - in der Regel 10 bis 12 Jahre. Es ist aber noch fraglich, ob die Inflation dieses Mal, ab 2015, nicht vielleicht schon eher zu steigen beginnt, da enorme Mengen Unternehmenskapital und Bankreserven zwischengeparkt wurden. Sollte dieses Geld nach 2014 wieder schnell ins Finanzsystem geraten, würde das auch einen Inflationszyklus lostreten - und zwar früher als normal.

Die Fed verteidigt ihre aggressiv laxe Geldpolitik seit 2008 im Namen der Deflationsbekämpfung. Sie räumte zudem ein, ihr Ziel sei die künstliche Erzeugung von Inflation, um die wirtschaftlichen Aktivität zu erhöhen. Es wäre doch die absolute Ironie der Geschichte, wenn die Anstrengungen der Fed letztendlich ein massives Inflationsproblem erzeugen würden - in den Jahren nach 2014 - das viel massiver wäre als ursprünglich von ihr angedacht!


Gold

Beim Gold ist es nun zur längst überfälligen Erholungsbewegung gekommen, nachdem es so ausgesehen hatte, als ob es kein Ende der Verluste mehr geben würde. Diese Rally erwischte viel Short-Trader und zwang sie zu Glattstellungen, welche die Rally noch befeuerten. Die wachsende Liste der institutionellen Banken mit pessimistischer Einstellung gegenüber dem gelben Metall, hatte die Wahrscheinlichkeit einer Erholungsbewegung beim Gold nur noch erhöht (wie schon vorhergehenden Artikeln erklärt).

Die Gold-Trader waren laut Bloomberg seit ganzen vier Wochen am Stück optimistischer eingestellt. Analysten hatten die Aussagen des Fed-Chefs Bernanke, er werde die Stimulusprogramme im Fall sinkender Wirtschaftsdaten verlängern, als Hauptgrund für den Ansturm beim Gold identifiziert. Mit dieser Einschätzung stimme ich nicht überein, da dieses Thema in den letzten Wochen konstant auf der Tagesordnung stand und (bis vor Kurzem noch) keine Wirkung gezeigt hatte. Wahrscheinlicher ist, dass die extrem “überverkauften” Bedingungen am Goldmarkt der Grund dafür waren (siehe 10-Monate-Preisoszillator unten). Die jüngste Rally wurde zudem von einem Rekord-Short-Interesse seitens uninformierter Trader befeuert.

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Die jüngsten Kursverluste beim Gold haben, laut Sharps Pixley, darüber hinaus den Verkauf von Schmuck, Münzen und Barren deutlich belebt, besonders in China und Japan. Meinen Quellen zufolge haben die Sorgen um die mittelfristige Versorgungslage beim physischen Gold dazu beigetragen, dass die Kurse der Juli-Futures über die Kurse der August-Futures stiegen. Vor diesem Hintergrund stiegen auch die Kosten für Goldleihen in London auf ein 4 ½ -Jahre-Hoch.


© Clif Droke
www.clifdroke.com

Dieser Artikel wurde am 25.07.2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.