Let’s Talk About Your Cash
05.11.2013 | Nadine Smeding
In der Schule haben wir alle mal gelernt, dass Inflation durch die relative Zunahme der Geldmenge im Verhältnis zur realen wirtschaftlichen Produktion verursacht wird. Nimmt also die in einer Volkswirtschaft vorhandene Geldmenge zu, ohne dass dem eine höhere volkswirtschaftliche Produktion gegenübersteht, so wird sich das durchschnittliche Preisniveau aufgrund der gestiegenen Güternachfrage erhöhen.
Eine hohe Inflation führt logischerweise dazu, dass das Vertrauen in diese Währung abnimmt, woraufhin sich die Zentralbank des betreffendes Landes dazu gezwungen sieht, den Leitzins zu erhöhen, um der sogenannten Geldschöpfung entgegenzuwirken. In den letzten Monaten machten sich Anleger weltweit vor allem Sorgen wegen des Inflationsdrucks. Man geht nämlich davon aus, dass die Zentralbanken die kommerziellen Banken weiterhin dazu ermutigen werden, mehr Geld zu verleihen, um das Weltwirtschaftswachstum anzukurbeln. Folglich ist zu erwarten, dass die Inflationsrate in den kommenden 5 Jahren auf über 4% pro Jahr steigt. Dennoch hat es allen Anschein, dass momentan genau das Gegenteil passiert.
Warum die rückläufige Inflation und der schwächelnde Dollar Ihre Ersparnisse gefährden
Vergangene Woche wurde bekannt, dass die Inflationsrate in der Eurozone im Oktober stark gefallen ist, und zwar auf 0,7%, den niedrigsten Stand seit vier Jahren, obwohl sie im September noch 1,1% betragen hat. Der Inflationsrückgang ist nicht nur auf die fallenden Energiepreise und den verlangsamten Anstieg der Nahrungsmittel-, Alkohol- und Tabakpreise zurückzuführen, auch die Wertsteigerung des Euros im Verhältnis zum Dollar spielt dabei eine bedeutende Rolle. Beim aktuellen Kurs von $ 1,38 werden Importprodukte nämlich billiger. Hinzu kommt, dass die Arbeitslosenquote noch immer besorgniserregende 12% und mehr beträgt und Europa sich in der längsten Rezession seit 1999 wähnt.
Diese Entwicklung erscheint zunächst positiv, denn Ihre Ersparnisse werden kurzfristig mehr wert. Dabei sollten Sie aber nicht außer Acht lassen, dass eine hohe Inflation zwar schädlich für unsere Wirtschaft ist, eine rückläufige Inflation aufgrund der verlangsamten Preissteigerung jedoch mitunter noch mehr Schaden anrichten kann. Denn dies ist die Folge eines gesamtwirtschaftlichen Nachfrageausfalls, weil die Menschen ihr Geld lieber horten und geplante Anschaffungen massiv zurückstellen.
Für eine inländische Wirtschaft hat so ein Nachfrageausfall katastrophale Folgen, weil dadurch die Konsumentenausgaben drastisch sinken. Ehe wir uns versehen, stecken wir mittendrin in der Deflationsspirale und sehen uns konfrontiert mit den unumkehrbaren Folgen der wechselseitigen negativen Beeinflussung fallender Preise und sinkender Einkommen. Das hat einen weiteren Umsatzrückgang der Unternehmen sowie ein Ansteigen des Realzinsniveaus zur Folge.
Hinzu kommt außerdem, dass nationale Schulden ja nominal getilgt werden müssen, und werden die Schulden mehr wert, dann rutscht unsere Wirtschaft immer weiter und weiter in eine schwere Rezession. Wir könnten hier natürlich leicht Vergleiche zur Weltwirtschaftskrise von 1929 oder zur Deflationskrise Japans in den 1980er Jahren anstellen, solche Vergleiche erfassen aber wohl eher nicht das heutige Problem, daher wollen wir diesen Gedanken hier nicht weiterführen.
Wir können allerdings mit Sicherheit sagen, dass die Kombination einer sehr niedrigen Inflationsrate und einer hohen Arbeitslosenquote den Druck auf die EZB drastisch erhöhen wird, nächsten Woche, während ihrer monatlichen Sitzung, in die europäische Wirtschaft einzugreifen und ihr mehr Luft zum Atmen zu verschaffen.
Eine Herabsetzung des Leitzinses von 0,5% auf 0,25% könnte dabei der wichtigste Trumpf im Ärmel sein. Leider wissen wir alle, dass die EZB zu den passivsten Zentralbanken der Welt gehört und wir uns deshalb nicht darüber wundern dürfen, wenn Draghis Maßnahmen hauptsächlich darin bestehen werden, "lediglich" den Euro schwächer zu reden. Welches Kaninchen er dieses Mal auch aus dem hohen Hut zaubert, es wird die Finanzmärkte wie auch immer negativ beeinflussen, da andere Länder ebenfalls versuchen werden, ihre Währung abzuwerten, was schließlich in einen Währungskrieg münden wird.
Zentralbanken scheinen sich heutzutage ja mehr mit der Geldpolitik anderer Zentralbanken zu beschäftigen als mit ihrer eigenen Geldpolitik. Obwohl sich die Fed anscheinend selbst täglich mit der Frage herumschlägt, ob sie das QE3-Programm nun beenden soll oder nicht, hängt die Gesundung der Weltwirtschaft nach Meinung der USA vor allem von der Eurozone ab. Der Schlüssel zur Verbesserung liegt nach Auffassung der US-Amerikaner in der Ankurbelung der abgestürzten europäischen Wirtschaft.
Sorgen mache man sich vor allem wegen der Rezession und der sinkenden Konsumentenausgaben. Die Amerikaner fordern, dass die EZB drastischere Maßnahmen ergreift als die frühere Senkung des Leitzinses auf 0,5%. Das ist auch eine durchaus logische Forderung, denn wie kann es sein, dass die Geldmenge steigt, wohingegen die Bankkredite noch immer stagnieren?
Banken können sich inzwischen immer günstiger Geld leihen, aber anstatt diesen Vorteil an die Bürger und Unternehmen weiterzugeben, wird dieses Geld vorwiegend dazu angewendet, um frühere Kapitalspritzen der EZB für Banken zu tilgen. Diese Problematik wird Privatanleger vor allem dazu verführen, weniger Risiken einzugehen und das Eigenvermögen vor den Gefahren des Finanzsystems, in dem Gold eine bedeutende Rolle spielt, zu schützen.
Great Rotation
Die Geldhortung ist leider nicht nur ein europäisches Problem. In letzter Zeit war oft von der "großen Rotation" oder auf Englisch von der Great Rotation die Rede. Gemeint ist damit, dass immer mehr Anleger auf der anderen Seite des Ozeans ihre Anleihen in Aktien umschichten. Mit einem Volumen von 45,5 Milliarden US-Dollar hat es im Oktober den sechstgrößten Aktieneinstieg seit dem Jahr 2000 gegeben. Der Einstieg geht auf Kosten der Anleihefonds. Die Anleger sind in Erwartung eines eventuellen QE3-Abbaus der US-amerikanischen Zentralbank massiv dazu übergegangen, ihre Anleihen zu verkaufen.
Grund dafür ist die Angst vor einem steigenden Zinsniveau. Und das ist eigentlich seltsam, wo sich doch inzwischen herausgestellt hat, dass die Inflationsrate sinkt und die Fed das "Tapering", den Abbau des Stimulierungsprogramms, vorläufig vergessen kann, da der Immobilienmarkt zu schwach und die reale Arbeitslosenquote noch immer viel zu hoch ist. Besorgniserregend ist in dieser Hinsicht, dass aus einer Untersuchung von Morningstar hervorgegangen ist, dass reiche US-Amerikaner momentan vermehrt dazu neigen, ihr Geld horten, da auch sie erwarten, dass wir am Vorabend einer Deflation stehen.
Daher ist es auch nicht besonders verwunderlich, dass auch das Interesse vieler institutioneller Anleger am US-amerikanischen Markt abnimmt. Schließlich wird die Diskussion um die US-amerikanische Schuldendecke spätestens im Januar aufs Neue entfacht werden, wodurch die Angst vor einem Bankrott der USA weiterhin bestehen bleibt. Vor allem Anleger, die in kurz laufende Anleihen investieren, könnten bei einem technischen Bankrott der weltweit größten Volkswirtschaft den Kürzeren ziehen.
Immerhin haben viele US-Amerikaner einen Teil ihrer Ersparnisse oder Altersvorsorge in Geldmarktfonds angelegt, die sich ausschließlich auf US-amerikanische Schuldenpapiere mit kurzer Laufzeit richten. Der Grund dafür liegt darin, dass diese Form der Kapitalanlage als sicher zu Buche steht, da solche Anlagen, sollte etwas passieren, relativ einfach wieder verkauft werden können.
Wo sollte Ihr Fokus liegen?
Dass auf dem Goldmarkt seit Jahresbeginn unerklärliche Dinge vor sich gehen, sollte allseits bekannt sein. Einerseits besteht die Vermutung, dass die Goldpreise manipuliert werden, andererseits erwartet so mancher, dass die Goldpreise auch nicht weiter steigen werden und die Nachfrage nach Gold weiter abnehmen wird. Die heutigen Entwicklungen an der Börse jedoch zeigen einen deutlich anderen Trend.
Die Angst vor einem Ansturm aus den Geldmarktfonds unterstützt die Vermutung, dass immer mehr Anlagespezialisten sich große Sorgen machen wegen der negativen Wirkung, die von der massiven Liquidität in den Märkten ausgeht. Wir sollten außerdem die Zentralbanken nicht vergessen. Seit nunmehr drei Jahren in Folge brechen sie alle Rekorde beim Aufkauf von Gold.
Die Zentralbanken besitzen inzwischen schon 20% des weltweiten physischen Goldvorrats. Solche Mengen an Gold wurden zuletzt zu Zeiten des Goldstandards gehalten. Ein jeder hat so seine eigene Meinung über die Entwicklungen hinsichtlich des Edelmetalls. Wir jedoch sind der Auffassung, dass wenn die Zentralbanken ihren Goldbestand inzwischen um 20% erhöht haben, wir als Privatanleger vor allem sehr gut aufpassen müssen. Denn die kurzfristigen Marktbewegungen bei den Edelmetallpreisen werden sich kaum halten, falls tatsächlich eine weltweite Währungskrise eintritt.
Anleger werden vermehrt die Diversifizierung der internationalen Reserven suchen, wobei die Anlage in Gold eine immer wichtigere Rolle spielen kann. Und dabei werden die Unsicherheit bezüglich der Wertbeständigkeit der europäischen und US-amerikanischen Staatsanleihen sowie die Streuung der Währungsrisiken hinsichtlich des Euros und des Dollars die bestimmenden Antriebskräfte sein.
© Nadine Smeding
Analystin bei GoldRepublic.com