Ein weiteres Zeichen für Manipulation am Goldmarkt
28.01.2014 | Eric Sprott
Einleitung
Wie wir alle wissen, war 2013 für Edelmetallinvestoren ein schwieriges Jahr, das aber auch für Verwunderung sorgte. Der Preis von Gold, Silber und ihren zugehörigen Aktien sank erheblich, während die Nachfrage nach den physischen Metallen aus den Schwellenländern und von ihren Zentralbanken extrem stark war.
Ein weitverbreitetes Argument zur Erklärung dieses jähen Preissturzes der Edelmetalle im letzten Jahr ist eine Ernüchterung der Investoren in Bezug auf Edelmetalle, welche als börsengehandelte Produkte angehäuft worden waren, um Investoren den Zugang zu den Metallen zu ermöglichen. Verfechter dieser Theorie verweisen auf die großen Rückgänge bei den Gesamtbeständen dieser ETFs als Beweis für die Flucht der Investoren aus dem Edelmetallhandel. Wie Abbildung 1 zeigt, erlitten sowohl der Gold- als auch der Silberpreis sehr erhebliche Rückgänge im Verlauf von 2013. Daher würde man erwarten, sollte die Behauptung richtig sein, dass auch die gesamten ETF-Bestände beider Metalle niedriger sind.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie Abbildung 2 zeigt, litten Gold-ETFs unter einer großen Welle von Abzügen, während die Bestände der Silber-ETFs über das Jahr hinweg mehr oder weniger konstant blieben und dazu kommen keine beobachtbaren Veränderungen beim Handelsverhalten der zwei größten ETFs: dem GLD und SLV (Abbildung 3 zeigt das Verhältnis der beiden ETF-Handelswerte im Laufe der Zeit). Falls Abzüge ein Symptom für die Entzauberung der Investoren in Bezug auf Edelmetalle als Investition sind, hätte Silber nicht das gleiche Schicksal erleiden müssen wie Gold? Das hätte es tatsächlich, aber unserer Meinung nach sind die Silber-ETFs nicht so eingebrochen wie Gold, weil die Zentralbanken kein Silberangebotsproblem haben, sie haben ein Goldproblem. Wie wir schon früher dargelegt haben, ist der Einbruch von Gold-ETFs bullisch für Gold, da dies ein Ungleichgewicht am physischen Markt reflektiert (1).
Quelle: Bloomberg
Quelle: Bloomberg, Ticker ETSITOTL & ETFGTOTL
In diesem Artikel führen wir außerdem an, dass der April-Einbruch bei Gold und Gold-ETFs beinahe nach hinten losgegangen wäre, da er einen wahren Kauftsunami aus Indien auslöste und die Nachfrage auf unhaltbare Level anstiegen ließ. Allein im Mai 2013 importierte Indien 162 t (2) Gold in einem Markt, dessen monatliche globale Minenproduktion etwa 182 t beträgt. Eine Fortführung dieses Trends, zusammen mit starken Käufen der Schwellenländer und ihrer Zentralbanken, wäre zu viel gewesen. Doch die Antwort kam schnell. Wir denken, dass die Reserve Bank of India auf Geheiß der westlichen Zentralbanken mit der schrittweisen Einführung beschränkender Maßnahmen reagiert hat, um Goldimporte zu verhindern (siehe Abb. 4 für eine zeitliche Abfolge der wichtigsten Änderungen der indischen Regierung) (3). 
Quelle: Bloomberg. Der Handelswert ergibt sich durch das Gesamthandelsvolumen eines Quartals multipliziert mit dem Durchschnittspreis für das Quartal. Ein Verhältnis von 1 bedeutet, dass der SLV in USDollar gerechnet zum gleichen Wert gehandelt wurde wie der GLD. 
Quelle: Bloomberg, Economic Times
Angebot-Nachfrage-Ungleichgewicht: Der Indien-Effekt
Wir haben das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage bereits ausführlich in einem offenen Brief an den World Gold Council diskutiert, in dem wir auch darum gebeten haben, die Methodik zu überarbeiten, da die Nachfrage der Schwellenländer deutlich unterschätzt wird (4). Unsere Tabelle zu Goldangebot und -nachfrage (Tab. 1) liefert die neuesten verfügbaren Daten (in den meisten Fällen drittes Quartal 2013). Die weltweite Minenproduktion, ausgenommen China und Russland, beläuft sich noch immer auf etwa 2.100 t pro Jahr. Die chinesischen Nettoimporte werden wahrscheinlich 1.700 t für 2013 übersteigen (81% der weltweiten Minenproduktion) und die Nachfrage der restlichen Welt bleibt eher stabil (5).
Das Gesamtbild hat sich seit unserem letzten Artikel nicht groß verändert, mit Ausnahme der indischen Importe. Zum zweiten Quartal 2013 wies Indien Nettogoldimporte in Höhe von 551 t auf, dies sind aufs Jahr hochgerechnet 1.102 t (6). Allerdings zeigen die Daten für das dritte Quartal lediglich Nettoimporte von 31 t (bis zu diesem Zeitpunkt 582 t für 2013), was aufs Jahr hochgerechnet 776 t ergibt.
Dieser Verlust an Schwungkraft für "offizielle" Goldimporte war das Ergebnis aufeinander abgestimmter Vorgehen seitens der Reserve Bank of India und der indischen Regierung. Zwar lautet die "offizielle" Rechtfertigung für diese Beschränkungen, dass Indiens Leistungsbilanzdefizit zu groß ist, aber dieses Argument ergibt nicht wirklich Sinn. Laut Regierungsstellen würden Indiens Verlangen nach Gold und die dementsprechenden Goldimporte die Handelsbilanz des Landes verschlechtern, das Leistungsbilanzdefizit verschlimmern und negativen Druck auf die Währung ausüben, die Rupie.
Aber, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen, die Klassifizierung von Gold in der Handelsbilanz als "Ware" ist bestenfalls irreführend. Da Gold eher eine Anlageform ist und in dem Sinne nicht wirklich "konsumierbar", sollte es unter Vermögensübertragungen aufgeführt werden und nicht in der Leistungsbilanz. Tatsächlich führt die Schweiz, ein großer Nettoimporteur von Gold, ihre Handelsbilanz "ohne Edelmetalle, Edelsteine und Juwelen sowie Kunst und Antiquitäten", um der Tatsache Rechenschaft zu tragen, dass es sich hierbei eher um "Investitionen" und weniger um konsumierbare Waren handelt (9). Warum sollte Indien es in diesem Falle nicht genau so machen und die Handelsdaten ohne Gold präsentieren? Für uns ist dieses ganze Theater um die Goldimporte seitens der indischen Regierung bloß ein Ablenkungsmanöver.
Ohne das Eingreifen in den indischen Goldmarkt hätte der Mangel an Gold also Chaos am Markt verursacht. Eine Situation, die von den westlichen Zentralbanken nicht toleriert werden konnte.
Quelle: GFMS-Daten der "Gold Demand Trends"-Berichte des WGC für die ersten drei Quartale 2013. Zahlen für das chinesische Minenangebot wurde bereitgestellt von der China Gold Association und berücksichtigen die Produktion bis Oktober 2013, die aufs Jahr hochgerechneten Zahlen sind Schätzungen von Sprott (8). Die Zahlen für das russische Minenangebot stammen von der Union of Gold Producers und berücksichtigen die Produktion bis zum dritten Quartal 2013. Die chinesischen Daten stammen vom Hong Kong Census and Statistics Department und gelten für den Zeitraum von Januar bis November 2013 und wurden aufgrund des fehlenden Monats aufs Jahr hochgerechnet. Änderungen der Goldreserven der Zentralbanken wurden den Internationalen Finanzstatistiken des IWF entnommen, wie sie auf der auf der Website des WGC für die ersten drei Quartale 2013 angegeben wurden und beinhalten alle internationalen Organisationen sowie alle Zentralbanken. Die Nettoimporte Thailands, der Türkei und Indiens wurden der UN Comtrade-Datenbank entnommen und beinhalten Goldmünzen, Altmetall, Pulver, Schmuck und andere Dinge aus Gold. Die Daten gelten für die ersten drei Quartale 2013. ETF-Daten stammen ebenfalls von GFMS.
Zusammenfassung und Ausblick 2014
Wie wir in unserem offenen Brief an das World Gold Council dargelegt haben, gab es 2013 ein großes Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage. Die hier vorgebrachten Beweise deuten darauf hin, dass der Goldpreisrückgang Mitte 2013 und der anschließende Einbruch von Gold-ETFs (jedoch nicht Silber-ETFs) von den westlichen Zentralbanken konstruiert wurden, um ihr Problem beim physischen Goldangebot zu lösen. Allerdings hat der darauf folgende Anstieg der indischen Goldnachfrage das Problem verschärft. Die Lösung war eine Beschränkung aller Goldimporte Indiens unter allen Umständen, um so den westlichen Zentralbanken zu helfen, wieder die Kontrolle über den Goldmarkt zu gewinnen.
Doch die Abflussrate bei Gold-ETFs kann nicht ewig anhalten. Bei der derzeitigen Geschwindigkeit von 930 t pro Jahr ist in den ETFs nur noch Gold für weniger als zwei Jahre übrig. Darüber hinaus haben sich die Inder sehr kreativ erwiesen, wenn es darum geht, die Importeinschränkungen zu umgehen (10). Der Schmuggel nimmt zu und wird wahrscheinlich noch weiter wachsen, da die Schmuggler immer findiger werden. Alles in allem denken wir, dass das Interesse an physischem Gold seitens der Schwellenländer eine treibende Kraft bleiben wird.
Davon abgesehen ist es unwahrscheinlich, dass sich die Minenproduktion erhöht, wie der bedeutende Rückgang von Kapitalaufwendungen zeigt, von dem nur große Goldproduzenten ausgenommen sind (Abb. 5).
Dementsprechend nehmen wir an, dass die Manipulation des Goldpreises durch die Zentralbanken, wie durch die vorangegangene Analyse bewiesen, 2014 nicht anhalten kann. Daher erwarten wir einen deutlichen Anstieg der Edelmetallpreise, wenn die wahre Knappheit offensichtlich wird.
Quelle: Bloomberg. Für 2013 bis 2015 wurden gängige Schätzungen von Analysten verwendet.
PS: Aufgrund der jüngsten Ereignisse möchten wir noch auf einige Medienbeiträge hinweisen
17. Januar 2014: "Germany’s top financial regulator said possible manipulation of currency rates and prices for precious metals is worse than the Libor-rigging scandal" (Link)
17. Januar 2014: "Deutsche quits gold price-setting as regulators investigate fix (Did the regulators ask them to?)" (Link)
13. Dezember 2013: "Bafin Said to Interview Deutsche Bank Staff in Gold Probe" (Link)
26. November 2013: "U.K., German Regulators Scrutinize Gold, Silver Pricing" (Link)
9. September 2013: "Sprott Thoughts: A Leaky Fix" (Link)
© Eric Sprott
Quelle: www.sprott.com
(1) Als Beispiel siehe "Redemptions in the GLD are, oddly enough, Bullish for Gold" (Link)
(2) Siehe Link
(3) Siehe “Do the Western Central Banks have any gold left?”. Sprott Asset Management LP, Markets at a Glance Mai 2013. Auch auf Goldseiten. de "Haben die westlichen Zentralbanken überhaupt noch Gold übrig?"
(4) Gesamter Artikel unter: www.sprott.com
(5) Zur Erinnerung: Aufgrund unserer Methode, bei der wir Nettoimporte stellvertretend für die Gesamtnachfrage verwenden für Länder, die kein Gold re-exportieren, verzichten wir auf die GFMS-Schätzungen zur "gesamten Industrienachfrage", um Doppeltzählungen zu vermeiden. Dadurch unterschätzen wir die Gesamtgoldnachfrage, da die Industrienachfrage anderer Länder als China, Indien, der Türkei und Thailand nicht berücksichtigt wird.
(6) Wie in den Statistiken von UN Comtrade aufgeführt. Wir verwenden die gesamte angegebene Dollarsumme und ermitteln den durchschnittlichen Quartalspreis, um so die Gesamtsumme des importierten und exportierten Goldes zu erschließen.
(7) Diese Zahlen wurden ermittelt durch die Gesamtkonsumnachfrage für Schmuck, Münzen und Barren in den ersten zwei Quartalen 2013, wie in Tabelle 10 in den "Gold Demand Trends"-Berichten des WGC angegeben. Davon wurde die Nachfrage der in unserer Liste einzeln aufgeführten Länder (China/Hongkong, Indien, Türkei, Russland und Thailand) abgezogen.
(8) Siehe Link
(9) Siehe Website der Eidgenössischen Zollverwaltung
(10) Zum Beispiel: www.thestar.com; in.reuters.com; articles.timesofindia.indiatimes.com
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