Tödliche deflationäre Unterströmungen
10.03.2014 | Clif Droke
Trotz der allgemein positiven Situation am US-Aktienmarkt und Verbesserungen im US-Einzelhandel, lauert der getarnte Feind, auch Deflation genannt, weiterhin im Dunklen.
Schauen Sie sich den folgenden Chart für das verfügbare Realeinkommen in den USA an (von Zerohedge.com zur Verfügung gestellt). Er zeigt den eigentlichen, fundamentalen Zustand der Realwirtschaft und zeugt davon, dass die Deflation nach wie vor präsent ist. 
David K. Barker (marketcycledynamics.com) kommentierte diesen Einbruch bei den tatsächlich verfügbaren Einkommen folgendermaßen: “Das Schockierendste daran ist, dass die Disinflation jetzt fast schon an Deflation grenzt, und das zu einer Zeit, in der 85 Mrd. $ pro Monat rausgepumpt werden. Die einzig wahre Lösung ist die Wiederherstellung des Preisfindungsmechanismus des Marktes; gebt dem Markt jetzt die Deflation, die er will und die Weltwirtschaft wird sich schneller in Richtung des kommenden “Langwellen-Frühlings" bewegen können.“
Die gute Nachricht ist, dass der langfristige deflationäre Zyklus, der für die gedrückten Einkommen und Löhne verantwortlich ist, voraussichtlich gegen Ende dieses Jahres seine Talsohle erreichen wird. Grund zur Sorge ist allerdings, dass die Deflation immer noch nicht ihre magische Arbeit verrichten darf - d.h. die Reinigung der Wirtschaft von Ungleichgewichten, wozu auch (und besonders) die hohen Einzelhandelspreise zählen. Die Nullzinspolitik der Federal Reserve hat vielen Produzenten, welche eigentlich während des Kreditcrashs hätten dicht machen müssen, das Überleben ermöglicht. Darüber hinaus hat die Nullzinspolitik die allgemeinen Auswirkungen der Deflation auf Finanzmarktanlagen und Verbraucherpreise verschleiert. Der nächste langfristige Inflationszyklus wird im Jahr 2015 von einem deutlich höheren Niveau aus starten - höher als es ohne Deflationsbremsung der Fall gewesen wäre.
Die Geldpolitik der Fed war in den letzten Jahren vom Gedanken geprägt, der Deflation alles erdenklich Mögliche entgegenzuschmeißen. Politisch gesprochen, heißt das: Deflation ist für Washington nicht hinnehmbar, weil sie die Unternehmensprofite sinken lässt – und somit auch (vorrübergehend) die Steuereinnahmen. Die langfristigen Vorteile des ungehemmten Wirkens der Deflation sind jedoch grenzenlos. Da sich der 60-Jahre-Zyklus sich im letzten Jahr seiner Abwärtsbewegung befindet, lässt sich ein abschließendes Aufbrausen des deflationären Drucks nicht ausschließen.
Wie sich zeigt, ist sogar der IWF besorgt, dass sich die Deflation in diesem Jahr wieder zeigen könnte. In einem kürzlich in der Businessweek erschienenen Artikel “Die lauernde Deflationsgefahr“ (“The Lurking Threat of Deflation“) wird die geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hinsichtlich der verhaltenden konjunkturellen Erholung in Europa und deren möglichen Folgen für die Preise wie folgt zitiert: “Wir sehen Deflationsrisiken”, so Lagarde, “die für die konjunkturelle Erholung verheerende Auswirkungen haben könnten.”
Die Wortwahl Lagardes zeigt auch ihren Standpunkt bezüglich Deflation: “Deflation ist das Ungeheuer, gegen das entschieden angekämpft werden muss.” Praktisch alle Zentralbanker und Politiker denken so über Deflation: Deflation ist ein “Ungeheuer", das man sich unbedingt vom Leib halten muss. Wenn sie einfach nur den Mut und die Weitsicht hätten, den Kampf gegen die Deflation aufzugeben und der Natur ihren Lauf zu lassen - der Weltwirtschaft würde es damit so viel besser gehen.
Die Auswirkungen der Deflation lassen sich nicht an der Entwicklung des US-Aktienmarktes ablesen, aber die Investoren lassen sich auch nicht ins Bockshorn jagen. Sie sind immer noch besorgt wegen der möglichen Konsequenzen einer Krise in den Schwellenmärkten oder einer Kreditklemme in China; ganz offensichtlich sind sie der Meinung, dass Deflation in den kommenden Monaten als ganz reale Gefahr betrachtet werden muss. Das kann man ganz deutlich an den Chart für zwei große “Sicherheits-Anlageklassen" ablesen: US-Staatsanleihen und Gold.
Zuerst zu den US-Staatsanleihen. Der iShares 20+ Year Treasury Bond Fund (TLT), ein exzellenter Maßstab für langlaufende Anleihen, hat seit Jahresbeginn einen neuen Aufwärtstrend ausgebildet. Wie Sie sehen, hat sich der TLT über seinen 30-Tage- und seinen 60-Tage-Durchschnitt bewegt; aktuell versucht er zudem, seine vorläufigen Verluste seit dem Hoch vom 3.Februar wieder wettzumachen. 
Man sollte auch darauf hinweisen, dass der Coppock-Curve-Indikator für den TLT erst kürzlich ein Kurswendesignal für langlaufende Anleihen bestätigt hatte. Die Coppock Curve ist einer der besten Indikatoren bei der Generierung von Kaufsignalen für Anleihen (wenngleich er für die Bestimmung von Markt-Tops weniger hilfreich ist). Die Coppock Curve wird wie folgt berechnet: Man addiert die 14-Monate- und 11-Monate-Änderungsraten für Anleihekurse und glättet das Ergebnis mit einem gewichteten 10-Monate-gleitenden-Durchschnitt. Wie man im Chart oben sehen kann, drehte der Indikator gerade erst vor wenigen Tagen nach oben ab und signalisiert jetzt eine Zeit überdurchschnittlicher Entwicklung für US-Staatsanleihen.
Das jüngst generierte Coppock-Curve-Kaufsignal bei Anleihen bedeutet nun (falls diese Entwicklung Bestand haben), dass die Anleiherenditen bei steigenden Anleihekursen sinken werden. Sinkende Anleiherenditen decken sich bestens mit dem Kress-Zyklus-Szenario für 2014, welches davon ausgeht, dass der deflationäre Druck (wenn nicht sogar regelrechte Deflation) bis zum Erreichen der Talsohle des langfristigen Zyklus gegen Jahresende zunehmen wird.
Die andere wichtige Absicherungsanlage, in die Investoren in letzter Zeit vermehrt Zuflucht nehmen, ist Gold. Das gelbe Metall hat sich in den letzten zwei Monaten erholt - Gründe dafür sind ein Mix aus Unsicherheit hinsichtlich der Schwellenmärkte sowie technische Faktoren.
Ich werde oft gefragt, warum Investoren Interesse am Gold haben sollten, wenn der langfristige deflationäre Zyklus doch noch bis Jahresende am Sinken ist. Schließlich ist Gold doch als Absicherung gegen Inflation bekannt, oder? Kürzlich kam mir eine sehr gute Antwort auf diese Frage unter. Charles Gave von GaveKavel schrieb in seinem jüngsten Artikel "Gold als Absicherung gegen Deflation", dass viele Investoren bevorzugt auf Gold zurückgreifen, um internationale Portfoliopositionen zu ersetzen. Da die Geld- und Haushaltspolitik der Nationen so gemischt und verwirrend ist, wird Gold zum idealen Absicherungsinstrument gegen schlechte Politik und auch Aktienbärenmärkte.
Der Chart unten wurde von Gavekal Data/Macrobond erstellt. Er zeigt die Entwicklung des Goldkurses in der brasilianischen Währung im Vergleich zum brasilianischen Aktienmarktindex Bovespa.
“Die Geldpolitik der Fed bietet den Schwellenländern einen Grund mehr zum Gold-Horten […].”, so Gave. “Falls die US-Geldpolitik die Volatilität der Wechselkurse der Schwellenländer noch weiter verstärkt, dann brauchen die Bewohner dieser Länder eine Absicherung – und wie wir schon erwähnt hatten, sind diese Optionen begrenzt. So entsteht die eigenartige Situation, dass der Goldbesitz als Absicherung gegen Währungsentwertung und wachsenden deflationären Druck in den Schwellenländern funktioniert.”
Gave kommt zum Fazit, dass Gold “steigen wird, solange die US-Politik Volatilität exportiert.”
© Clif Droke
www.clifdroke.com
Dieser Artikel wurde am 28.02.2014 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.