Dieses ungute Gefühl...
27.03.2014 | David Chapman
Gold befindet sich am Scheideweg. Nein, der Goldchart löst nicht dieses “ungute Gefühl” aus, aber Gold hat einen Punkt erreicht, an dem es entweder nach oben ausbrechen muss oder scheitern. Damit erzeugt Gold selbst ein “ungutes Gefühl”. Das erkennbare Megafon-Muster ist ziemlich interessant. Zum ersten Mal habe ich von dem Megafon-Muster bei Thirdeyeopentrades (Robert Cote) gehört. Bob veröffentlicht öffentlich zugängliche Charts aufwww.stockcharts.com. Dieses Muster lässt darauf schließen, dass Gold noch viel weiter steigen kann. Während der letzten zwei Jahr in etwa hat Gold eine beachtliche Marktbereinigung durchlaufen. Die Zuversicht von vielen wurde erschüttert und als Ergebnis sind viele vielleicht für immer aus dem Markt verschwunden.
Sollte dieses Muster jedoch zutreffen, könnte Gold im nächsten bedeutenden Aufwärtsschwung auf 3.000 $ bis 5.000 $ ansteigen. Andererseits könnte es hier auch scheitern und durch die untere Aufwärtslinie brechen, die sich derzeit bei etwa 1.200 $ befindet. Der 200-wöchige, exponentiell gleitende Durchschnitt (exponential moving average, EMA) fungierte während des langen Anstiegs von 2001 bis zum Höhepunkt im September 2011als bedeutende Unterstützung. Im April 2013 brach der Goldkurs durch den 200-wöchigen EMA nach unten. Der Anstieg im letzten August scheiterte am entscheidenden EMA und diese Woche näherte sich der Goldkurs erneut dem EMA und fiel dann wieder zurück. Der 200-wöchige EMA steht derzeit bei 1.389 $. Das aktuelle Hoch der Goldfutures lag bei 1.382 $.
Megafon-Muster haben schon früher versagt. Der Dow Jones Industrials (DJI) schien während seines langen Bullenmarktes von 1982 bis 2000 ein mögliches Megafon-Muster auszubilden. Der DJI erreichte jedoch nicht die obere Begrenzung des Megafons, als er 2000 seinen Höhepunkt ausmachte. Die obere Begrenzung ergab sich aus dem Hoch von 1982 und der Spitze von 1987. Die untere Begrenzung entstand durch die Verbindung des Tiefs von 1982 mit dem Tief von 1994. Der 48-monatige EMA bot während des langen Bullenmarktes eine Unterstützungslinie (der 48-monatige EMA ist in etwa ähnlich dem 200-wöchigen EMA). Die untere Begrenzung wurde zunächst 2001 nach unten durchbrochen und kippte schließlich 2002komplett. Seit damals entwickelt der DJI etwas, was als enormes, sich öffnendes Muster erscheint. Derzeit befindet sich der DJI an der oberen Begrenzung dieses sich öffnenden Musters. Die Untergrenze liegt aktuell bei knapp unter 6.000.

Beginnt man bei dem Tief von 1987, ergibt sich eine schöne Grenzlinie entlang der Tiefpunkte von 1990 und 1994, die auch das Tief von 2001 mit einschließt. Vorzugsweise ging man von dem Aktienmarkttief 1982 aus, da dies das letzte bedeutende Tief vor dem Bullenmarkt von 1982 bis 2000 war. Die steigende Trendlinie zeigt auch den Höhepunkt von 2007 an. Beachten Sie, wie der DJI nach dem Tief von 2001zumindest für kurze Zeit über den 48-monatigen EMA ausbrechen konnte. Dass er den EMA nicht halten konnte, war ein Zeichen, dass ein Bärenmarkt bevorstand.
Selbst wenn man allen pessimistischen Berichten zu Gold Glauben schenkt, sollte Gold seinen 200-wöchigen EMA überwinden und zwar für einen ähnlich langen Zeitraum wie der DJI infolge des Tiefs 2001von 2001 bis 2002. Eine Rückkehr unter den 200-wöchigen EMA würde darauf hindeuten, dass Gold in einen längerfristigen Bärenmarkt übergeht. Gold muss über die abwärts gerichtete Trendlinie ausbrechen, die das Hoch von 2011 mit dem Hoch von 2012 verbindet, um jeden Zweifel auszuschließen, dass der Bullenmarkt weiter anhält. Dieser Punkt liegt derzeit etwa bei 1.640 $.
Anfang letzter Woche ließen Gold und Goldaktien deutlich nach, während die Aktienmärkte wieder zum Aufwärtstrend zurückfanden, als Antwort auf das Krimreferendum am vorangegangenen Wochenende. Dass Gold einstecken musste und die Aktien zulegten, lag höchstwahrscheinlich daran, dass die meisten Investoren das Gefühl hatten, dass die Sanktionen gegen Russland relativ mild ausfielen und dass das Referendum ohne Schwierigkeiten und mit dem zu erwartenden Ergebnis ablief. Im Laufe der Woche gab es dann auf der Krim einige Zusammenstöße zwischen militärischen Einsatzkräften der Ukraine und Russlands, was jedoch nur wenig Einfluss auf die Märkte zu haben schien.
Das Treffen des Offenmarktausschusses in der letzten Woche war das erste für Janet Yellen als neue Vorsitzende der Fed. Ihr Debut wurde nicht mit besonders großer Spannung erwartet und galt im Voraus als eher enttäuschend. Wie erwartet reduziert die Fed QE3 um weitere 10 Mrd. $, aber was der Markt nicht erwartet hatte, waren positive Signale für mögliche höhere Zinssätze Ende 2015, Anfang 2016. Dies ließ Aktien und Gold fallen, Zinssätze und US-Dollar steigen. Die Woche lieferte auch einige Wirtschaftszahlen, die besser ausfielen als erwartet und den Markt bestärkten.
Aber die wahre Schlagzeile bleibt die Krise Ukraine/Russland. Der Ukraine-Russland-Konflikt könnte die Weltwirtschaft destabilisieren und eine Finanzkrise auslösen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Krise vorbei ist, ist eher gering. Die EU und der IWF suchen nach Wegen, um die Ukraine zu unterstützen. Die Ukraine befindet sich in einer brenzligen wirtschaftlichen Situation und höchstwahrscheinlich am Rande eines Bankrotts. Es wurden bereits Angebote an die Ukraine gemacht, aber diese beinhalten Verpflichtungen. Die EU traf sich mit Vertretern der Ukraine, um ein Assoziierungsabkommen auszuarbeiten: mögliche Kredite und engere Verbindungen zur EU gegen eventuelle Sparmaßnahmen für die Ukraine. Es war darüber geredet wurden, dass Rentenzahlungen halbiert werden könnten und die Gaspreise deutlich steigen könnten. Sparmaßnahmen könnten in dem Land für eine ernst zu nehmende Notlage sorgen, da sie die Wirtschaft höchstwahrscheinlich in eine tiefe Rezession stürzen würden und soziale Unruhen auslösen könnten.
NATO und USA haben der Ukraine Sicherungsunterstützung zugesagt. Die Ukraine ist derzeit damit beschäftigt, ihr Militär zu verstärken, was auch Mitglieder von “Prawyj Sektor” (Rechter Sektor) mit einschließen soll. ”Rechter Sektor“ ist eine bekannte nationalistische Organisation mit neo-faschistischen Ansichten. Die NATO verstärkt Patrouillen in den Balkanstaaten und Polen, alles NATO-Mitglieder. Der NATO-Vorstand hat deutlich gemacht, dass das Krim-Referendum illegal ist und Russlands Bewegungen in der Ukraine ein “Weckruf” sind. Laut einem Artikel in der New York Times denkt die NATO über weitere Unterstützung für die Ukraine nach, um Russland von weiteren Schritten abzuhalten. Die USA erklärte den osteuropäischen Staatsoberhäuptern, dass die Raketenabwehrpläne weiterhin Bestand haben. Im Zuge des Raketenabwehrplans sollten Raketen in Polen stationiert werden, um angeblich Angriffe aus dem Iran zu verhindern, Russland dachte jedoch, dass diese für sie bestimmt wären.
All dies scheint darauf hinzudeuten, dass die NATO mit der Umzingelung Russlands fortfährt und hofft, dass Moskau nachgeben könnte. Im schlimmsten Falle könnte dies stattdessen eine militärische Antwort Russlands provozieren. In der östlichen Ukraine gab es ernstzunehmende Unruhen, dort ist ein großer Teil der Bevölkerung russisch. Laut Umfragen lehnt über ein Drittel der Bevölkerung in der östlichen Ukraine die Regierung in Kiew ab. Einige fürchten, dass Russland zu deren Unterstützung eilen könnte. Auch ein Bürgerkrieg könnte in der östlichen Ukraine ausbrechen. Es kam bereits zu tödlichen Zusammenstößen zwischen pro-russischen und pro-ukrainischen Unterstützern in der östlichen Ukraine.
Durch das abgehörte Telefonat zwischen Vize-Außenministerin Nuland und dem US-Botschafter in der Ukraine, Pyatt, ist weitreichend bekannt, dass die USA die Unruhen koordiniert und finanziert hatten, die schließlich zur Absetzung des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch führten. Anstelle einer militärischen Antwort könnte Russland in Ländern mit großer russischstämmiger Bevölkerung Unruhen finanzieren, genauso wie die USA die Unruhen in der Ukraine finanzierten. Lettland und Estland fallen einem ein, wo mehr als 25% der Bevölkerung russischstämmig sind. Beides sind NATO-Mitglieder. Russland hat bereits ein beachtliches Truppenaufgebot an den Grenzen der Balkanstaaten aufgestellt sowie an den östlichen Grenzen der Ukraine und beschäftigt auch Truppen in Transnistrien, eine Provinz im östlichen Moldawien, die an der westlichen Grenze der Ukraine liegt und selbst eine beachtliche russischstämmige Bevölkerung aufweist.
Die eigentliche Gefahr für die globale Wirtschaft besteht in einer Eskalation der Sanktionen. Bislang richten sich die Sanktionen nur gegen Einzelpersonen. Die USA zielten auf 20 russische Personen ab, aber ganz wie-du-mir-so-ich-dir, belegte Russland einige offizielle US-Vertreter ebenfalls mit Sanktionen, darunter John McCain, Harry Reid und John Boehner. Es könnte ein Spiel sein und vor allem einem symbolischen Zweck dienen, bedenkt man, dass einige von ihnen (wenn überhaupt) Vermögenspositionen außerhalb des Landes besitzen, die beschlagnahmt werden könnten. Viele glauben, dass die russischen Offiziellen bereits alle Vermögensgegenstände beseitigt haben, die sich außerhalb Russlands befinden könnten. Die US-Offiziellen werden Russland nicht so bald besuchen.
Die eigentliche Gefahr besteht in Handelssanktionen, einschließlich Sanktionen, die auf die Beschlagnahme von Vermögenswerten abzielen. Deutschland führt entscheidende Handelsbeziehungen zu Russland. Deutschland importiert um die 30% seiner Energie aus Russland. Einige denken, dass der Westen sich von russischer Energie lossagen sollte. Die EU müsste einen hohen Preis zahlen, da es keine unmittelbare Lösung gibt, um die Energiebedürfnisse der EU zu bedienen. Es gibt nicht viel Unterstützung für diese Option.
Der russisch-deutsche Handel beläuft sich auf insgesamt etwa 80 Mrd. $. Der russisch-italienische Handel auf annähernd 40 Mrd. $ und der russisch-französische Handel auf mindestens 20 Mrd. $. Große deutsche, italienische und französische Unternehmen verfügen über bedeutende Investitionen in Russland. Es gibt US-Unternehmen, insbesondere Energieunternehmen, die ebenfalls über bedeutende Investitionen in Russland verfügen. Jeder Versuch der USA und der EU, Assets zu beschlagnahmen, könnte zu einer Beschlagnahme westlicher Vermögenswerte in Russland führen. Die russische Duma hat bereits eine Gesetzgebung verabschiedet, die dies erlauben würde. Kanadas Handelsbeziehungen zu Russland sind gering, aber es gibt kanadische Unternehmen, die Investitionen in Russland besitzen, darunter Kinross Mining (TSX: K). US-amerikanische, kanadische und europäische Unternehmen haben davor gewarnt, dass sie durch Sanktionen erheblichen Schaden nehmen könnten und ihre Regierungen gebeten, vorsichtig im Umgang mit Sanktionen zu sein.
Westliche Banken haben erhebliche Forderungen gegenüber Russland. Es wird geschätzt, dass US-Banken mindestens 75 Mrd. $ russische Schulden besitzen und EU-Banken über 150 Mrd. $. Besonders die Banken in der EU, die sich bereits mit Milliarden Dollar uneinbringlichen Schulden auseinandersetzen mussten in EU-Ländern wie Griechenland und Spanien, könnten nur schwer weitere Ausfälle verkraften. Es ist nicht bekannt, wie viel in anderen Anleiheformen noch aussteht, einschließlich im Unternehmensbereich. Außerdem gibt es die Angst vor einer Art Ansteckung, weil die Schuldenprobleme auf andere Länder übergreifen könnten. Schon die Androhung von Sanktionen hat zu Abzügen in Milliardenhöhe bei westlichen Banken geführt, insbesondere in London. Seit dem 1. März wurden 105 Mrd. $ in Form von US-Staatsanleihen verkauft aus dem Depot der Fed für ausländische Investoren. All diese Abzüge stammen sehr wahrscheinlich aus Russland.
Russland hat auch damit gedroht, nicht länger den US-Dollar für den Handel oder die Bezahlung von Energie zu nutzen. Das wiederum könnte weiteren Negativdruck auf den US-Dollar ausüben. Während der Westen anmerkt, dass man die russische Wirtschaft in den Bankrott treiben könnte, könnte dies eine Finanzkrise im Westen auslösen, die schlimmer als jene von 2008 sein könnte, als Lehman Brother zusammenbrach. Man wird wieder daran erinnert, dass es die russische Zahlungsunfähigkeit war, die den Finanzcrash von 1998 auslöste, welcher zum Bankrott von Long Term Capital Management (LTCM) führte und beinahe zu einem Zusammenbruch der Banken. Schlussendlich könnten Sanktionen gegen Russland möglicherweise nicht von China unterstützt werden. Bislang hat sich China ziemlich neutral verhalten. Sollte dies der Fall sein, bestünde für Russland eventuell ein Weg, Sanktionen zu umgehen.
NATO-Übungen an den russischen Grenzen, russischer Truppenaufbau auf dem Balkan und entlang der ukrainischen Grenze; strenge Anforderungen des IWF und der EU an die Ukraine im Austausch an einen Anschluss an den Westen, die zu Entbehrungen in der Ukraine führen könnten sowie zu einer Eskalation sozialer Unruhen; das Potential für weitere Unruhen und Zusammenstöße in der östlichen Ukraine und sogar in angrenzenden Staaten mit großer russischstämmiger Bevölkerung; das Eskalationspotential der Sanktionen, die im schlimmsten Fall zu einer Beschlagnahmung von russischen und westlichen Vermögensgegenständen führen könnten oder einer Finanzkrise wie 2008; all dies sind negative Anzeichen, die einem ein ungutes Gefühl geben sollten. Außerdem gibt es den fortlaufenden Konflikt zwischen China und Japan sowie Zusammenstöße zwischen Syrien und Israel.
Höchstwahrscheinlich wird sich die Krise über die nächsten Monate ausspielen. Sie wird zunehmen und abklingen. Aber die Charts für Gold und den DJI scheinen eines anzudeuten: unabhängig von kurzfristig Ereignissen sieht es langfristig potentiell positiv für Gold aus und negativ für Aktien aus. Der Ausblick für Gold ist insofern positiv, dass es zunächst die 1.400 $ erreicht und dann darüber hält, anschließend 1.430 $ (das Hoch vom August 2013), 1.525 $ (der entscheidende Zusammenbruchpunkt im April 2013) und dann über 1.640 $. Das würde uns einen Hoffnungsschimmer geben und dieses ungute Gefühl vertreiben.
© David Chapman
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Dieser Artikel wurde exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.