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David Morgan über Silbermarkt, Silbermanipulation und monetären Neustart

19.04.2014  |  Presse anonym

Aktuell wird viel über eine mögliche Gold-Neubewertung in Folge eines internationalen monetären Neustarts gesprochen. Ich wollte diesbezüglich den bekannten Silbermarktanalysten David Morgan befragen, um seine Ansichten zu einigen Themenbereichen in Erfahrung zu bringen - so auch zu den weiteren Entwicklungen beim Silber, zur Silbermanipulation und zum möglichen Silberpreis im Rahmen eines finanziellen Neustarts. Hier finden Sie seine Antworten:


Fabrice Drouin Ristoris: Mr. Morgan, danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Sie sind seit langem auf die Silberanalyse spezialisiert; um zu verstehen, wie und warum der Silberkurs mit solcher Volatilität fortschreitet, braucht es Zeit und Recherchen. Fangen wir mit den Grundlagen an: Können Sie uns ungefähr sagen, in welchem Rahmen sich die pro Jahr weltweit produzierten Silbermengen bewegen?

David Morgan: Ja. Das Gesamtangebot beläuft sich ungefähr auf eine Mrd. Unzen pro Jahr. Davon stammen ungefähr 800 Millionen Unzen aus dem Bergbau und 200 Millionen aus dem Recycling.


Fabrice Drouin Ristoris: Tagtäglich werden an den verschiedensten Märkten große Mengen Silberkontrakte gehandelt. Wie viele Unzen werden ihrem Wissen nach auf diesem Wege jeden Tag weltweit gehandelt (auf dem Papier und auch physisch); und wie viele Papier-Anrechte gibt es für jede physisch existierende Silberunze?

David Morgan: Also, wir haben einen Weltmarkt für physisches Silber, wo pro Monat insgesamt ungefähr 80 bis 90 Millionen Unzen gehandelt werden; trotzdem wurden am COMEX-Markt für Silber-Papiere allein im Monat Mai 14,4 MILLIARDEN Silberunzen auf dem Papier gehandelt.

Das ist ein Verhältnis von 160:1 zwischen Papierunzen und physischen Unzen im allgemeinen Silberhandel!

Doch dieses unerhörte Verhältnis spiegelt das wahre Bild immer noch nicht wieder, weil die COMEX nur einer von vielen Papier-Silberderivatemärkten ist. Wie würde die Zahl wohl aussehen, wenn wir auch die LMBA, die Silber-ETF, die Sammelkonten für Silberzertifikate, die Silberswaps und auch alle anderen Papiersilberbörsen einbeziehen würden - ganz zu schweigen von den außerbörslichen OTC-Märkten (over-the-counter), die überhaupt keine Berichterstattungspflicht haben!


Fabrice Drouin Ristoris: Wie würden Sie die Silberkurskorrektur seit 2011 erklären? Ich habe auf Goldbroker.com zahlreiche Artikel über die Gold- und Silbermanipulation veröffentlicht; laut meiner eigenen Recherchen lässt sich die Entwicklung der Gold- und Silberkurse der letzten zwei Jahre ohne das Wissen um die Manipulation bei beiden Metallen gar nicht erklären. Sind Sie der Meinung, dass sich die Korrektur der letzten zwei Jahre zum Teil - neben anderen Faktoren - auf eine Marktmanipulation zurückführen lässt?

David Morgan: Die Märkte werden durch Kauf- bzw. Verkaufsdruck bewegt; wie aus den Charts hervorgeht, gab es eine deutliche, klare Unterstützung bei 26 US $ für Silber und bei 1.550 US $ für Gold. Die kommerziellen Interessen (Banken) benutzen allesamt Charts und sie wissen auch sehr genau, wie sich Märkte bewegen. In diesem Bereich hat es dann enorme Verkäufe gegeben. Man kann das auch ganz einfach “running the stops” (das Überrennen der Stop-Loss-Unterstützungslinien) nennen, aber im Grunde ist es schlich und ergreifend Manipulation.

Hier wurde die Marktpsychologie gebrochen, und der Markt hat sich seither noch nicht stark genug entwickelt, um das Vertrauen der Investoren wiederzugewinnen.


Fabrice Drouin Ristoris: Denken Sie, dass China Teil dieses Manipulationsprozesses ist? Oder ist China allein Nutznießer dieser künstlich niedrig gehaltenen Kurse, um so viel physisches Silber wie möglich aufzukaufen, während sich der Westen in erster Linie um den Schutz des Dollars kümmert?

David Morgan: Das ist eine ganz schwere Frage. Ich denke, dass China möglicherweise irgendwie Einfluss auf den Kurs nimmt, denn sie besitzen schließlich auch, aufgrund aller akkumulierten US-Schuldpapiere, große Hebelkraft an den Finanzmärkten. Das ist aber nur eine Mutmaßung von mir, ich könnte sie auch nicht mit Fakten unterlegen.





Fabrice Drouin Ristoris: Angesichts der physischen Silbernachfrage aus der Industrie und seitens der Investoren – und der Tatsache, dass Investoren eher physisches Silber fokussieren - wie lange wird sich die Manipulation Ihrer Meinung nach noch aufrechterhalten lassen? Haben Sie vielleicht eine Vorstellung davon, wann es zu einer Knappheit beim physischen Silber kommen wird?

David Morgan: Dies sind Fragen, die ich lieber nicht beantworte, weil hier die Chance, dass man richtig liegt, so derart gering ist. Ich könnte bestenfalls grob schätzen, dass es mindestens noch zwei bis drei Jahre sind. Das ist voll und ganz abhängig von der Investitionsnachfrage. Sobald die Investoren sich aufs physische Silber stürzen, und das Angebot einfach nicht mehr zur Nachfragedeckung reicht, dann werden wir auch den Short-Squeeze sehen, den viele schon so lange vorhersagen.


Fabrice Drouin Ristoris: Denken Sie, dass Silber unterbewertet ist und Investoren jetzt tatsächlich von den künstlich niedrigen Kursen profitieren?

David Morgan: Ja. Beim Silber liegen die Produktionskosten jetzt über dem Kaufpreisen am Kassamarkt. Und damit ist es, definitionsgemäß, unterbewertet.


Fabrice Drouin Ristoris: Kommen wir zu geopolitischen Fragen: Russland, China und andere Länder drängen auf das Ende des internationalen Reservestatus des US-Dollars. Manche bezeichnen die Krise in der Ukraine schon als Waterloo für den US-Dollar. Denken Sie auch, dass es irgendwann einen großen Neustart für das internationale Währungssystem geben wird; falls ja, dann auf welcher Grundlage?

David Morgan: Ja, ich sehe in Zukunft auch einen Neustart kommen; und die Grundlagen für dieses Ereignis wird der Verlust des Petro-Dollar-Standards sein - der höchstwahrscheinlich von den Russen übernommen wird, welche dann eine Alternative anbieten. Auf was sich das “Geld" des neuen russischen oder anderweitigen Geldsystems dann stützen wird, ist schwer zu sagen. Es könnte Gold, Öl oder auch rein gar nichts sein. Ich vermute aber mal, dass in diesem Mix entweder Gold und/ oder Öl eine Rolle spielen werden.


Fabrice Drouin Ristoris: Berühmte Analysten, wie beispielsweise Jim Sinclair, sehen einen solchen Neustart auch mit einem neuen goldgedeckten Geldsystem einhergehen. Sinclair spricht von einer potentiellen Neubewertung des Goldkurses im Bereich von 50.000 $/ oz, so dass alle Staatsschulden ausgeglichen/ korrigiert werden können. Würden Sie in einem solchen Fall davon ausgehen, dass sich diese gewaltige Neubewertung auch beim Silber niederschlägt? Welchen Silberpreis hätten wir im Fall einer solchen Neubewertung dann zu erwarten?

David Morgan: Darüber habe ich mir noch keine feste Meinung gebildet, weil es aktuell dafür noch viel zu viele Unbekannte gibt. Ich weiß, dass Jim Sinclair kürzlich auch meinte, dass sich Silber schneller bewegt als Gold - vielleicht können Sie das ja auch als eine Art Antwort nehmen. Gold und Silber haben eine Korrelation von 85%; steigt also Gold, steigt auch Silber - nur prozentual viel stärker.


Fabrice Drouin Ristoris: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.


© Fabrice Drouin Ristori
www.Goldbroker.com

Dieser Artikel wurde am 16.04.2014 auf www.silverseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.