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Interview mit James Turk: Gold, Dollar und Welt-Geld-Politik (Teil 2/2)

08.05.2014  |  James Turk

Den ersten Teil können sie hier lesen ...


Daily Bell: Wird es einen Dominoeffekt beim Silber geben?

James Turk: Die Folgen kann man beim Silber schon sehen - es ist ebenfalls in Backwardation. Also: Gold und Silber sind bei diesen Notierungen außergewöhnlich günstig, und das ist auch ein Grund, warum ich für beide Edelmetalle so optimistisch bin. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass beide Metalle ‘Geld außerhalb des Bankensystems‘ sind, dieses System befindet sich nach wie vor am Abgrund befindet und kann jeden Moment implodieren, gerade bei sinkender Wirtschaftsaktivität, denn die Banken sind vollgestopft mit schlechten Krediten und Staatsschulden, die niemals zurückgezahlt werden.


Daily Bell: Im Allgemeinen sehen wir schwere wirtschaftliche Problemlagen auf der ganzen Welt. In Ihrem Buch “The Money Bubble“ schildern sie detailliert, wie Sie sich die weiteren Entwicklungen vorstellen und wie man sich schützen und absichern kann. Können Sie uns eine kurze Zusammenfassung ihre wichtigsten Empfehlungen geben?

James Turk: Die vorrangige Empfehlung ist: Lieber Dinge besitzen als Versprechen. Lieber Sachanlagen wie Ackerland, Forstbestände, Ölquellen, produktiv genutzte Gebäude und natürlich Edelmetalle besitzen als Finanzanlagen wie Bankenkonten und Anleihen. Man sollte Anlagen vermeiden, die in Landeswährungen denominiert sind. Glauben Sie keinen staatlichen Versprechen, weil viele, wenn nicht die meisten, im Rahmen der nächsten Finanzkrise gebrochen werden, die dann zweifellos schlimmer wird als die von 2008, denn auch die Probleme im globalen Banken- und Geldsystem sind seither gewachsen.

Investoren legen wir zudem ans Herz, Vermögen durch globale Diversifizierung zu internationalisieren. Zwei Dinge sind hier entscheidend. Diversifizierung verringert Risiken, und genauso entscheidend: Ziel sollte es sein, das eigene Vermögen in Ländern zu platzieren, in denen immer noch Privatkapital und Eigentumsrechte respektiert werden. Leider wird es immer schwerer, Länder mit diesen Merkmalen zu finden, da sich die sozialistischen Politikansätze auf der ganzen Welt ausbreiten.


Daily Bell: Angesichts der Aktivität der Zentralbanken scheint es ganz so, als seien die Ökonomien eher monetärer als industrieller Natur. Anders ausgedrückt: Diese Wirtschaften sind doch nicht mehr real? Oder doch? Sie sind Bubble-Ökonomien. Selbst wenn sie gut laufen, so funktionieren sie doch nicht, wie normale Wirtschaften funktionieren würden.

James Turk: Ja, Sie haben vollkommen Recht - und der Name Bubble-Ökonomie ist eine gute Beschreibung. Die Bubble-Mentalität hat sich heute praktisch fast überall durchgesetzt, selbst beim Geld, wie John und ich in unserem Buch “The Money Bubble“ erklären. Was wir heute nutzen, ist kein Geld im wahrsten Sinne des Wortes, sondern nur ein Geld-Substitut, das anstelle von Geld zirkuliert.


Daily Bell: Wir begreifen und analysieren die nahe Zukunft im Kontext einer sogenannten "Wall Street Party". Unserer Meinung nach gibt es ein Zeitfenster von einem Jahr oder mehr, in dem der US-Aktienmarkt unnachlässig in die Höhe getrieben wird, dann kommt es zur finalen Abwicklung und Auflösung. In “The Money Bubble“ prognostizieren Sie ähnliche Entwicklungen. Was wird Ihrer Einschätzung nach in dieser Phase, die zur abschließenden “Abwicklung“ führt, passieren? Wann ist Ihrer Meinung nach mit dem Platzen der Bubble zu rechnen?

James Turk: Zu allererst müssen wir uns doch fragen, warum der Aktienmarkt wieder steigt, nachdem er 2008 nach dem Finanzkollaps seinen Tief markiert hatte? Doch nicht, weil die Wirtschaften wachsen und erstarken. Sondern aus dem einfachen Grund, dass die Zentralbanken Geld drucken. Das Geld muss irgendwohin fließen, und bislang haben nur die Superreichen erkannt, wohin. Ihre Logik ist die, dass man besser 100 Millionen $ in ein Andy-Warhol-Gemälde steckt als auf ein Bankkonto; neue Warhols werden nicht mehr hergestellt, doch die Federal Reserve wird noch Billionen neuer Dollars herstellen und somit die auch die Kaufkraft weiter drücken.

Um staatlichen Währungen zu entkommen, haben die Superreichen die Märkte für Sammlerstücke in schwindelerregende Höhen getrieben. Aus denselben Gründen rasen auch die Immobilienpreise in den vermeintlichen Sicheren Häfen wie London und Singapur in die Höhe. Dasselbe passiert auch mit dem Aktienmarkt.


Daily Bell: Wir sind, wie auch Sie, der Meinung, dass sich hier Chancen bieten, wenn man seine Ausrichtung und Positionierungen umsichtig verwaltet und sich der Risiken bewusst ist.

James Turk: Ja, richtig. Am Aktienmarkt zu investieren, ist nicht einfach. Dahinter steckt harte Arbeit. Man muss sorgfältige Entscheidungen treffen, langfristig kann es sich aber lohnen.


Daily Bell: Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, meinte Sie, dass Staaten - vor allem hier im Westen - gerade auch das Mittel der Propaganda einsetzen, um Geld und wirtschaftliche Aussichten zu kontrollieren. Wie machen sich die westlichen Staaten auf diesem Gebiet? Sind sie dabei, den Propagandakrieg dank des Internets zu verlieren? Hillary scheint das zu denken.

James Turk: Das Internet ist eine wunderbare Kraft für Veränderungen - und der Wahrheitsfindung. Manchmal liegt die Wahrheit aber auch vergraben, weil heutzutage einfach so viele Informationen verfügbar sind. Man muss sich also durch jede Menge Müll wühlen, um an die wertvollen Sachen zu kommen. Für mich macht es aber den Eindruck, als ob die Regierungen diesen Propagandakrieg verlieren, denn immer mehr Menschen kehren den Leitmedien den Rücken. Ich gebe an dieser Stelle immer wieder zu bedenken, dass es einen Grund hat, warum Nachrichtenblätter, diesen Namen tragen. Sie berichten eben Nachrichten. Sie heißen ja auch nicht Wahrheitsblätter. Dasselbe gilt für die TV-Nachrichtennetzwerke.





Daily Bell: Wenn die Machtelite herausgefordert wird, antwortet sie häufig mit dem Mittel des Krieges, um in der Gesellschaft Chaos entstehen zu lassen, und um die Kontrolle zu behalten. Wie steht es um die moderne Kriegsführung?

James Turk: Geopolitik gehört nicht zu meinen Spezialgebieten, ich verfolge die Ereignisse nur, um zu sehen, ob sie Konsequenzen für die Edelmetalle haben könnten. Aber jener "militärisch-industrielle Komplex", vor dem uns Präsident Eisenhower in seiner Abschiedsrede gewarnt hat, scheint heute noch größere Kontrolle zu haben als in jenen Tagen. Man darf also davon ausgehen, dass die Kriegstreiber so weiter machen werden wie bisher.


Daily Bell: Was passierte in der Ukraine? Laufen die Dinge, aus Sicht des Pentagons, wie geplant? Wir sind ganz offensichtlich der Auffassung, dass der Westen hinter diesen Unruhen steckt.

James Turk: Die Krim war bis 1954 Teil Russlands, dann schenkte der sowjetische Parteiführer Nikita Chruschtschow sie der Ukraine anlässlich des 300-jährigen Bestehens des Freundschaftsabkommens. Damals konnte er wohl kaum ahnen, welche Konsequenzen das sechs Jahrzehnte später haben würde. Ich weiß nicht, wer hinter den Unruhen steckt; ganz typisch ist aber wieder, dass sich die Autokraten beider Seiten auf die falsche Sache konzentrierten. Sie konzentrierten sich auf Grenzen, die ja nichts als künstliche Konstrukte sind, welche an den Konferenztischen erdacht wurden; man hätte sich stattdessen auf die Rechte der Individuen konzentrieren sollen.

Den Ukrainern auf der Krim sollten dieselben Rechte garantiert werden, wie den Russen dort, genauso sollte man dafür sorgen, dass die Russen in der Ostukraine dieselben Rechte bekommen wie die Ukrainer. Da man stattdessen aber Grenzen in den Mittelpunkt rückt, würde es mich nicht überraschen, wenn die Krise in der Ukraine wie die im Balkan eskaliert, wo die Grenzen wichtiger wurden als die Rechte von Menschen.


Daily Bell: Geht Putin seinen eigenen Weg, abseits des Westens? Wir denken, dass er letztendlich ein Geschöpf des Westens ist; aber vielleicht haben Sie eine andere Meinung.

James Turk: Ich weiß es wirklich nicht. Aber was Politiker angeht - ob im Osten oder im Westen - habe ich eine Faustregel. Ich traue ihnen solange nicht, bis sie bewiesen haben, dass sie fortwährend ihr Möglichstes geben - ob nun durch Taten, Ansprachen oder was auch immer - um unter Aufwendung aller ihrer Fähigkeiten den Schutz des unveräußerlichen Recht eines jeden auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück zu garantieren. Abgesehen von Ron Paul und vielleicht noch ein paar anderen gibt es nicht viele Politiker, denen ich traue oder die ich respektiere.


Daily Bell: Wir neigen zur Meinung, dass sich die Bankenelite dafür entschieden hat, aggressiv in Richtung einer globaleren Währung sowie einer einzigen Zentralbank hinzuarbeiten. Wird der Dollar über die Zeit hinweg vorsätzlich geschwächt?

James Turk: Ich glaube, das wäre tatsächlich eine Möglichkeit. Man zerstört den Dollar, um dann einen supranationalen ‘Amero‘ für den Binnengebrauch einzuführen, um eine nordamerikanische Entsprechung des Euro zu haben. Dann weitet man den Gebrauch der Sonderziehungsrechte des IWF auf globaler Ebene aus. Was sie aber nicht machen werden, ist die Rückkehr zum konstitutionellen Geld - Gold und Silber.


Daily Bell: Arbeiten die Top-Entscheidungsträger in den BRICS und China - ja selbst in Russland - gerade daran, den Dollar mit dem Segen der BIZ, etc. zu ersetzen? Findet hier vielleicht sowas wie "geheime" Geschichtslenkung im 21.Jahrhundert statt?

James Turk: Es würde mich sehr überraschen, wenn die Shanghai Cooperation Organization keine Pläne für ein russisch-chinesisch dominiertes Geldsystem entwickelt, das außerhalb der Dollar-Sphäre operiert. Auch wenn China sich nicht mit Russland zusammenschließen würde, so unternimmt das Land doch Schritte hin zur Aufwertung des globalen Status des Yuan.

Wie man vielleicht mitbekommen hat, wird bei allen bilateralen Geschäften, die China mit den verschiedensten Ländern arrangiert, der Yuan gegen die Währung des Handelspartners getauscht - wobei der Dollar grundsätzlich gemieden wird. Die Finanzsanktionen, die die USA in den letzten Jahren durchgesetzt haben - zum Beispiel gegen den Iran oder jetzt auch gegen bestimmte russische Personen - beschleunigen ja nur diesen russisch-chinesischen Prozess zur Schaffung eines Geldsystems außerhalb des US-Dollars.

Die große Frage ist natürlich, werden diese Länder dann wieder auf Gold zurückgreifen? China könnte mit Blick auf die eigenen Dollar-Reserven recht einfach zum Gold zurückkehren. Sie müssten einfach nur einen fairen Preis festsetzen, der, wie wir in “The Money Bubble“ erklären, bei mindestens 12.000 $ pro Unze liegen müsste, dieser Preis würde den Yuan dann auch als spezifisches Goldgewicht definieren. Anschließend würde China diese Dollar- oder Yuan-Mengen ganz einfach für jede ihnen angebotene Goldunze eintauschen, so wie es unter dem klassischen Goldstandard geschah; damit würde der Yuan zur bevorzugten Währung der Welt werden.






Daily Bell: Wir denken, dass die Eliten Saudi-Arabien bewusst loswerden wollen, weil es nicht mehr gebraucht wird, oder weil sie den Petro-Dollar nicht mehr wollen. Das ist zugegeben vielleicht eher ein langfristiger Trend, aber nichtsdestotrotz ein praktikabler - und laufender. Ihre Meinung dazu?

James Turk: In den letzten Jahren sind eindeutig Spannungen zwischen Saudi-Arabien und den USA aufgekommen, und die könnten dafür sorgen, dass die Saudis und möglicherweise auch andere Golfstaaten einfach bloß in die Arme der Shanghai Cooperation Organization getrieben werden. China braucht auf jeden Fall eine Ölquelle und der Nahe Osten ist eine ganz naheliegende Reservequelle, für alles, was Russland nicht liefern kann. Freundschaftlichere Beziehungen zu den Golfstaaten geben China schließlich die Möglichkeit, den eigenen Energiebedarf zu diversifizieren und somit auch Wettbewerb ins Spiel zu bringen, was auch bedeutet, dass man immer den besten Preis bekommt.


Daily Bell: Das war eine tolle - wenn auch düstere - Weltreise mit Ihnen. Wollen Sie abschließend noch auf irgendeinen Punkt eingehen?

James Turk: Nur auf einen. Meiner Meinung nach sind Gold und Silber richtig in Ihrem Portfolio; ich empfehle immer den Kauf physischer Metalle. Halten Sie sich fern von Produkten wie Futures, Optionen und ETFs. Damit setzen Sie ausschließlich auf die Kursentwicklungen an den Gold- und Silbermärkten, die aber an sich kein Sicherer Hafen sind. Überlassen Sie die Papierinstrumente den professionellen Tradern. Die Sicherheit, die Gold und Silber seit tausenden Jahren bieten, bekommt man nur, wenn man diese Metalle in physischer Form hält - oder anders formuliert - als Sachanlage, die kein Kontrahentenrisiko hat.


Daily Bell: Was sind die wichtigsten - grundlegenden - Artikel oder Interviews von Ihnen, die Sie jedem dringend empfehlen würden, neben Ihrem letzten Buch? Wo kann man sie finden?

James Turk: Ein Großteil meiner Arbeiten findet man unter GoldMoney.com. Zwei Artikel sind, denke ich, hier besonders wichtig: "The Aboveground Gold Stock: Its Importance and Its Size" und "A Perspective on Money from Howard and Warren Buffett." Beide sind frei verfügbar unter folgendem Link: www.goldmoney.com/research/white-papers. Das Buch “The Money Bubble: What To Do Before It Pops“ gibt es bei Amazon, man kann es aber auch in jedem Buchladen um die Ecke bestellen.


Daily Bell: Vielen Dank nochmal für Ihre Zeit.


Nachbetrachtungen - Daily Bell

James Turk ist nie verlegen, hinter die Kulissen zu schauen, um dort Wahrheiten auszumachen, die andere lieber nicht wahrhaben würden. Seine Ansichten bezüglich des Dollars und Saudi-Arabiens scheinen sich mit dem unseren zu decken, wie auch die generelle Perspektive auf Gold und Silber.

Ganz offensichtlich sind Gold und Silber von bestimmten Manipulationsbestrebungen betroffen, welche manchmal besser, manchmal schlechter funktionieren. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Machtelite den Verfall des Dollar gegenüber Gold und Silber gerne sah, besonders dann nicht mehr, als man plötzlich 2.000 US $ für den Kauf einer Unze Gold brauchte.

Es könnte zwar passieren, dass es vorübergehend für den Dollar im Vergleich zu Gold und Silber weiter nach oben geht, wie aber die chinesischen Goldkäufe wieder deutlich zeigen, haben die Geldmetalle Gold und Silber ihre historische Wertbeständigkeit bewiesen.

Wie sich ebenfalls gezeigt hat, produzieren auch die Junior-Minenwerte im Verlauf der Zeit großen Wert - auch wenn die entscheidenden Zeitfenster für Investoren oft kurz sind.
Turk empfiehlt, physisches Gold und Silber zu halten, was mit Sicherheit gescheit ist. Aber auch eine Positionierung bei bestimmten Junior-Minenwerten könnte, angesichts der Kursgewinnpotentials und des begrenzten Aktionszeitraums, ratsam sein.

Keiner kann genau sagen, wann die Juniors steigen werden, wenn man aber davon ausgeht, dass nach wie vor ein großer Gold-Bullen-Zyklus präsent ist, dann werden die Investoren eher früher als später deutliche Gewinne bei bestimmten Bergbauinvestitionen sehen.

Wie auch immer: Wir danken Mr. Turk für seine wie immer interessanten und informierten Ansichten.



© Anthony Wile
www.thedailybell.com



Dieser Artikel wurde am 27.04.2014 auf www.thedailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.