GoldSeiten.de - Gold & Silber, Münzen und Barren sowie Minengesellschaften

Die verfaulende Wirtschaft

24.07.2014  |  Eric Sprott

Während viele das schwache BIP-Wirtschaftswachstum von -2,9% im ersten Quartal bequemerweise auf das Wetter schieben, glauben wir, dass es sich nur um ein weiteres Symptom einer viel tiefergreifenden Misere handelt. Wie wir auch schon früher oft erklärt haben (siehe beispielsweise Markets-at-a-Glance-Bericht vom März 2014, ist die US-Wirtschaft auf lebenserhaltende Maßnahmen angewiesen, die großzügigerweise von den zentralen Planern bereitgestellt werden. Ganz egal, wie sehr sie es auch versuchen, sie werden bald feststellen, dass keine Menge an gedrucktem Geld die US-Wirtschaft von der Fäulnis bereinigen kann.

Am aussagekräftigsten ist wohl das jüngste Interview von Bill Simon, dem für die USA zuständigen CEO von Wal-Mart, mit Reuters, in dem er sagte: “Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es nicht besser wird aber auch nicht schlechter - zumindest für die Mittleren (Schichten) und darunter”. (1)

Riskiert man tatsächlich einen Blick über die Zahlen in den Schlagzeilen hinaus, dann sind die Dinge nicht wirklich besser geworden. Wie Abbildung 1 zeigt, ist das real verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in den USA seit der Großen Rezession nur mäßig gestiegen. Allerdings beruht dieser gesamte Zuwachs auf staatlichen Beihilfen und nicht auf einer Verbesserung der realen Wirtschaft. Streichen wir diese Beihilfen aus den Zahlen ist das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen tatsächlich niedriger als Ende 2005 und seit 2011 erschreckend unverändert. Außerdem gehen diese Zahlen davon aus, dass der offizielle Verbraucherpreisindex die Kaufkraft der Menschen korrekt wiedergibt.

In diesem Markets-at-a-Glance-Bericht betrachten wir den US-Verbraucher und zeigen, dass für große Teile der Bevölkerung die Dinge weit davon entfernt sind, sich zu verbessern, tatsächlich sind sie schlimmer, als vor der Rezession.


Abbildung 1: Real verfügbares Pro-Kopf-Einkommen (Index viertes Quartal 2005 = 100)

Open in new window
Quelle: US-Ministerium für Wirtschaftsanalysen, US-Statistikbehörde, Sprott Berechnungen


Zunächst einmal herrscht Einkommensungleichheit. Die oberen 20% können einen Zuwachs ihres Einkommens verzeichnen, während die unteren 40% eine Stagnation oder sogar einen Rückgang erlebt haben. Abbildung 2 zeigt das durchschnittliche Nettoeinkommen der US-Haushalte nach Quintilen seit 2005, berechnet nach den Angaben der Untersuchungen zu den Verbraucherausgaben vom Statistikamt des US-Arbeitsministeriums. Es ist in der Grafik schwer zu erkennen, aber 2012 lag das durchschnittliche Nettojahreseinkommen für die unteren 20% (Quintil 1) der US-Haushalte bei 10.171 $ (angestiegen von 9.220 $ im Jahr 2005).

Ähnlich sind auch die nächsten 20% nicht besser dran gewesen mit einem durchschnittlichen Einkommen von 27.743 $ (angestiegen von 25.200 $ im Jahr 2005). Im Gegensatz dazu ist das durchschnittliche Haushaltseinkommen des bestverdienenden Quintils (Quintil 5) im gleichen Zeitraum um 14% auf 158.024 $ angestiegen. Unseren Berechnungen zufolge erhalten die unteren 40% der US-Bevölkerung schätzungsweise 12% des nationalen Nettoeinkommens, während die obersten 20% mehr als 50% erhalten.

Wegen der großen Ungleichheit zwischen den US-Haushalten ist es also grob irreführend, ein zusammenfassendes Bewertungsmaß zur Bestimmung des Wohlstandes der US-Konsumenten zu verwenden. (Anmerkung: Für den Rest dieser Analyse fassen wir die unteren zwei Quintile (untere 40%) zusammen, da sie gemeinsame Charakteristiken aufweisen und es die Diskussion vereinfacht.)


Abbildung 2: Die ungleiche Einkommensverteilung verschärft die Differenz der jährliche Nettoeinkommen zwischen den Quintilen weiter

Open in new window
Quelle: Statistikamt des US-Arbeitsministeriums - Untersuchung zu Verbraucherausgaben


In Anbetracht dieser Abweichungen und um die Analyse zu vereinfachen, haben wir die Einkommen und Ausgaben der unteren zwei Quintile (untere 40% der Haushalte) zusammengefasst für 2005 (vor der Krise) und 2012 (jüngsten Daten des Statistikamts des US-Arbeitsministeriums). Die Daten sind in Abbildung 3 zu finden.

Der erste Abschnitt in Abbildung 3 zeigt das Nettoeinkommen der unteren 40% der Haushalte in den Jahren 2005 und 2012, sowie die Aufschlüsselung einiger seiner Bestandteile. Alle Zahlen gelten zum laufenden Dollarkurs (d.h. nicht inflationsbereinigt). Wenig überraschend, stieg das durchschnittliche Nettojahreseinkommen der Haushalte um magere 8%, von 17.463 $ auf 18.844 $. Löhne und Gehälter, die etwa die Hälfte des Einkommens ausmachen, sind nur um 4% gestiegen. Der Großteil des Zuwachses erfolgte in Form von staatlichen Beihilfen: die Sozialhilfe stieg um 14%, Arbeitslosen- und Veteranenunterstützung um 102% und andere Formen der staatlichen Fürsorge um 40%. Tatsächlich beruhen von den 1.380 $, um die das durchschnittliche Nettoeinkommen gewachsen ist, 93% auf dem Anstieg staatlicher Beihilfen.





Abbildung 3: Durchschnittliches jährliches Einkommen und Ausgaben

untere 40% der US-Haushalte (Quintile 1 und 2)

Open in new window
Quelle: Untersuchungen zu Verbraucherausgaben, 2012, 2005 & Sprott Berechnungen


Der zweite und dritte Absatz von Abbildung 3 zeigen die durchschnittlichen Jahresausgaben in Dollar sowie in Prozent des Nettoeinkommens. Wir haben auch eine Aufschlüsselung der Ausgaben nach Kategorien vorgenommen, die wir als “nicht-willkürlich” betrachten, in dem Sinne, dass es sich um unvermeidbare Ausgaben handelt wie Nahrung, Unterkunft, Wohnnebenkosten, Gesundheitsvorsorge und Beförderungsmittel.

Die vielleicht auffälligste (wenn auch nicht überraschendste) Schlussfolgerung, die aus der Tabelle entnommen werden kann, besteht in der Tatsache, dass 40% der US-Haushalte etwa 40% mehr ausgeben, als sie einnehmen (138% und 145% in den Jahren 2005 bzw. 2012)! Falls Sie sich fragen, wie ein Haushalt mehr ausgeben kann, als er verdient - dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Leihen, Anlagen verkaufen, Unterstützung von der Familie, usw. Während die Einkommen nur um 8% gestiegen sind, sind die Gesamtausgaben um 14% gestiegen, angetrieben durch sehr hohe Anstiege bei den Ausgaben für Unterkunft (22%) und Gesundheit (18%).

Zusätzlich wandert ein wachsender Teil des Nettoeinkommens der Menschen zu den sogenannten “nicht-willkürlich Ausgaben”. Wie die Schlusszeile von Abbildung 3 zeigt, gaben diese Haushalte 2005 97% ihres Einkommens für Dinge des täglichen Bedarfs aus während dieser Anteil 2012 auf 104% angestiegen ist.

Fünf Jahre dieser sogenannten wirtschaftlichen Erholung und die 40% der ärmsten US-Haushalte geben im Durchschnitt immer noch mehr aus, als sie verdienen (einschließlich staatlichen Unterstützungen) - für Dinge des täglichen Bedarfs!

Wir glauben, dafür gibt es zwei entscheidende Ursachen. Die erste hängt mit der Einkommensungleichheit zusammen: wie wir gezeigt haben, sind die Einkommen seit 2005 nahezu konstant, wobei der Großteil des Zuwachses durch nicht nachhaltige Regierungsunterstützung erzielt wurde. Darüber hinaus sind die Preise für die Dinge des täglichen Bedarfs, welche stellvertretend für die Gesamtheit des Budgets dieser Haushalte stehen, stetig gestiegen. Abbildung 4 zeigt die aufgezeichneten Preise über die letzten sieben Jahre für Energie, Lebensmittel und Mieten gegenüber dem “offiziellen” Verbraucherpreisindex (CPI).

In diesem Zeitraum sind die Gesamtpreislevel, am CPI gemessen, um 22% gestiegen (gegenüber 8% für die Nettoeinkommen). Allerdings sind im gleichen Zeitraum die Preise für Miete, Energie und Nahrung um 26%, 54% bzw. 115% gestiegen. Kein Wunder, dass die gleichen Haushalte 33% ihres Einkommens für Unterkunft ausgeben, 21% für Essen und 14% für Wohnnebenkosten und Kraftstoff!


Abbildung 4: Der Preis für Dinge des täglichen Bedarfs liegt deutlich über der offiziellen Inflation

Open in new window
Quelle: Bloomberg, Sprott Berechnungen


Wie kann eine wirtschaftliche Erholung vorliegen, wenn 40% der Bevölkerung der USA nahezu kein willkürlich verfügbares Einkommen besitzen? Wie wir vorher erklärt haben, sind jene, die ein Einkommenswachstum verzeichnen konnten diejenigen, welche es höchstwahrscheinlich nicht ausgeben, während die unteren 40% der Haushalte immer noch enorm auf Regierungsunterstützungen angewiesen sind, stagnierende Einkommen haben und sich einer wachsenden Inflation der “nicht-willkürlichen” Waren gegenübersehen, die einen sehr großen Anteil ihres Einkommens ausmachen.

Es gibt eindeutig keine Erholung…


© Eric Sprott
Quelle: www.sprott.com


(1) http://www.reuters.com/article/2014/07/08/us-walmart-simon-idUSKBN0FC2GW20140708


Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt spiegelt nicht die Meinung des Website-Betreibers und stellt keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Beachten sie bitte auch unseren Disclaimer!