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Die große Debatte über den chinesischen Silbermarkt

11.11.2014  |  Jan Nieuwenhuijs

Bloomberg veröffentlichte am 28. Oktober einen Artikel darüber, dass chinesisches Silber diesen Monat einen Aufschlag von 17% erzielt habe.

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Werfen Sie einen Blick auf die Grafik von Bloomberg zum chinesischen Silberaufschlag


Regelmäßige Leser wissen, dass ich zu den Wenigen gehöre, die darüber berichten, dass der reine Preis von Silber in China günstiger ist als in London, weil alle chinesischen Rohstoffbörsen Silber einschließlich Mehrwertsteuer von 17% auspreisen. Wenn wir 17% von dem veröffentlichten Preis abziehen, handelt der reine Kurs von Silber in China zu einem 4% Nachlass gegenüber London, nicht zu einem Aufpreis - wie Bloomberg schreibt. Wie Sie in meiner folgenden Grafik sehen können, ist der Aufschlag negativ.

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Nebenbei handelt Silber immer noch in Backwardation an der Shanghai Futures Exchange (SHFE) und zwar seit dem 6. August. Das hat dazu geführt, dass der Nachlass auf 4% zurück gegangen ist.

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Offensichtlich sind sich Bloomberg und ich nicht einig über den chinesischen Silbermarkt - vergleichbar mit meiner Uneinigkeit mit dem World Gold Council bezüglich des chinesischen Goldmarkts. In dem 2012 veröffentlichten Bericht “Der chinesische Silbermarkt” heißt es:

Wie schon eher in diesem Bericht erwähnt, unterliegen alle Silbertransaktionen in China seit der Liberalisierung des chinesischen Silbermarktes einer Mehrwertsteuer von 17%. Mit anderen Worten, örtliche Schmelzereien müssen 17% Steuern auf Silber in importierten Konzentraten zahlen (üblicherweise basierend auf dem internationalen Kurs). Da jedoch die inländischen Preise (ex Steuern) konstant niedriger gehandelt haben als der internationale Kurs, ist es nicht überraschend, dass örtliche Schmelzereien eher niedrige Silbergehalte bei importierten Konzentraten bevorzugen. Hierbei muss betont werden, dass der an den Rohstoffbörsen in China gehandelte Kurs bereits 17% MwSt. enthält.

Es ist erstaunlich, dass Bloomberg von einem sehr hohen Silberaufschlag auf dem chinesischen Festland berichtet, aber dieses gleichzeitig mit einem System in Verbindung bringt, bei dem Händler Ingots als Akustikdraht exportieren, um von einem Steuernachlass zu profitieren. Zitat:





Silber ist in China seit drei etwa Jahren am teuersten gegenüber London, weil Exporteure ihren Überseeverkehr erhöht haben, um einen Steuernachlass erhalten zu können; damit haben sie die Bestände des Metalls ausgesaugt.

… Exporteure haben die Lieferungen erhöht, indem sie Ingots als Akustikdraht klassifiziert haben, sagte Liu Xu, ein Edelmetallanalyst bei Capital Futures Co. in Peking.

… “Es ist ein offenes Geheimnis im örtlichen Silbersektor, dass viele Exporteure kaum verhohlene Versuche unternehmen, um von Steuernachlässen zu profitieren“, erklärte Liu. “Es gibt nicht so viel Nachfrage im Ausland nach Akustikdraht für Stereoanlagen. Dennoch sind viele Lieferungen in diesem Jahr als Draht deklariert worden. “

Was stimmt nicht an dieser Geschichte? Warum sollte ein Ausländer Silberingots aus China importieren, wenn sie 14% teurer sind als in London? Das ergibt keinen Sinn, richtig?

Das ist meine Meinung: Es ist gut möglich, dass Silberingots als Akustikdraht aus China exportiert werden, weil der reine Silberpreis in China billiger ist als in London (nicht teurer, wie Bloomberg behauptet). Um jedoch den Preisunterschied ausnutzen zu können, müssten ausländische Importeure den reinen Preis von chinesischem Silber zahlen können - ohne MwSt.

Das könnte folgendermaßen ablaufen. Der Exporteur kauft Silberingots, z.B. an der SHFE und muss den reinen Preis plus 17% MwSt. bezahlen. Wenn er diese dann als Ingots exportieren würde, gibt es keine MwSt.-Rückzahlung von der Regierung - diese Gesetz ist 2008 verabschiedet worden - daher müsste er seinen Handelspartnern den Silberpreis plus 17% MwSt. berechnen, um die MwSt. auszugleichen, die er an der SHFE gezahlt hat. Wenn einem ausländischen Importeur die MwSt. eines anderen Landes auferlegt wird, kann er keine Rückerstattung erhalten; er würde den reinen Silberpreis des importierten Metalls plus 17% bezahlen.

Die chinesische Regierung führte das zuvor genannte Gesetz ein, um zu verhindern, dass Silberingots/-barren das Land verlassen. Natürlich wird Silber in vielen anderen Formen exportiert, beispielsweise in Form von Solarpaneelen oder Akustikdraht. Das nächste Zitat stammt aus dem 2008 verabschiedeten Gesetz, das MwSt.-Rückzahlungen auf exportierte Silberingots abschaffte. Übersetzt von meinem Freund LK, einem Goldanleger aus Hongkong:

Schatzamt, staatliches Steueramt - Mitteilung zur Anpassung der Exportrückzahlungen auf Textilien und andere Rohstoffe.
Dokumentennummer: Besteuerung [2008]111
Ausstellende Stelle: Schatzamt, staatliches Steueramt
Ausstelldatum: 30.07.2008

An jede Provinz, selbstverwaltende Region, Gemeinde, Stadtplanung (Abteilung), staatliche Steuerverwaltung, Finanzabteilung von Xinjiang Production and Construction Corps:
Mit Genehmigung des Außenministeriums werden Exportrückzahlungen für bestimmte Rohstoffe folgendermaßen angepasst:

1. Für bestimmte Textilien und Bekleidung wird die Exporterstattung von 11% auf 13% erhöht; die Exporterstattung auf bestimmte Bambusprodukte wird auf 11% erhöht. Genauere Details im Anhang 1.

Die Exporterstattung für folgende Produkte ist abgeschafft: Pinienkerne, bestimmte landwirtschaftliche Chemikalien, bestimmte organische Arsenwasserstoffe, Taxol und seine Produkte, Harz, Silber, Zink (1), bestimmte Farbprodukte, bestimmte Batterieprodukte, Kohlenstoffanoden. Genauere Information in Anhang 2.

Inkrafttreten

Die zuvor genannten Änderungen zur Exporterstattung treten ab dem 1. August 2008 in Kraft. Die Anwendbarkeit ergibt sich aus dem im Dokument “Warenausfuhr, Zollerklärung (für Exporterstattungen)” angegebenen Datum. …

Anhang 2. Liste der Waren, die nicht länger einer Exporterstattung unterliegen:

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Falls der Exporteur das Silber als Akustikdraht verschifft, erhält er offensichtlich eine 17%ige MwSt.-Erstattung (die MwSt. auf Akustikdraht wird von der staatlichen chinesischen Steuerbehörde an den Exporteur zurückgezahlt). In einem am 30. Oktober veröffentlichten Artikel erklärt Bloomberg:

Ausgehende Silberlieferungen wurden in diesem Jahr mitunter als Akustikdraht klassifiziert, weil Händler eine 17%ige Exporterstattung anstrebten, welche die heimische High-End-Fertigung unterstützen soll, sagte Liu Xu, ein Analyst von Capital Futures Co. am 29. Oktober.

Da haben Sie es - auf Silberingots gibt es beim Export keine Erstattung, auf Akustikdraht schon. Auf diesem Weg kann der Exporteur das Silber im Ausland für den billigeren chinesischen, reinen Silberpreis verkaufen. So hat der Exporteur einen Weg gefunden, den Preisunterschied zwischen Shanghai und London auszunutzen. Falls dieser Unterschied 4% beträgt, können sowohl der Exporteur als auch der Importeur profitieren. Dieses Schema könnte definitiv zu einer hohen Silbernachfrage in China führen und zur gleichzeitigen Backwardation an der SHFE. Bloombergs Analyse, dass Silber in China mit einem Aufschlag gehandelt wird, ist meiner Meinung nach inkorrekt - das wäre nicht das erste Mal.

Silberingots als Akustikdraht zu exportieren ist ein weiteres Beispiel für Betrug und ein Umgehen der Schutzzollpolitik. Hoffen wir, dass die Regierungen irgendwann begreifen, dass Kapitalismus nur in freien Märkten gedeihen kann.

Aus dem SHFE-Regelwerk: Artikel 44: Der Abschlusspreis eines Futures-Kontrakts ist der Preis inklusive Mehrwertsteuer, oder MwSt., auf den Standardgehalt des zugrundeliegenden, am Benchmark-Lieferungswarenhaus gelieferten Rohstoffs des Kontrakt.

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© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer



Dieser Artikel wurde am 31. Oktober auf www.BullionStar veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.