Analyse der niederländischen Goldrückführung: Warum, wie und wann?
02.12.2014 | Jan Nieuwenhuijs
Im vergangenen Jahrhundert haben Länder auf der ganzen Welt aus einer Vielzahl von Gründen ihr Gold bei der Federal Reserve Bank of New York (FRBNY) verwahrt: (i) im zweiten Weltkrieg konfiszierte Deutschland so viel Gold wie nur möglich von den besetzten Ländern, dass die umliegenden Nationen es bevorzugten, ihr Gold in die USA zu verschiffen; (ii) nach dem zweiten Weltkrieg ging die Bedrohung davon aus, dass die Sowjetunion ausländische Goldreserven im Kalten Krieg beschlagnahmt; (iii) im Rahmen von Bretton Woods (1944 -1971) wurde beschlossen, dass der US-Dollar die Weltreservewährung wird, gedeckt durch Gold.
In diesem Zuge war es bequem, Gold für Geschäftsabwicklungen in New York zu verwahren, zusätzliche Dollar - welche in Gold umgewandelt wurden - wurden den ausländischen Goldkonten der FRBNY (FED von New York, d.Ü.) gutgeschrieben; (iiii) nach Bretton Woods, als Gold offiziell aus dem Währungssystem entfernt worden war, wurde Gold von den Zentralbanken oft verkauft oder verliehen, ermöglicht durch die jeweiligen FRBNY-Konten.
Im Nachgang des finanziellen Zusammenbruchs von 2008 erkannten die Zentralbanken erneut die Bedeutung von Gold als Anker im Währungssystem: die europäischen Zentralbanken verkauften nicht länger Gold; asiatische und südamerikanische Zentralbanken erhöhten ihre offiziellen Käufe; und Zentralbanken aller Kontinente begannen sich Sorgen zu machen, ob das Aufbewahren ihres Goldes im Ausland eine gute Idee war, während sich die globale Finanzkrise entfaltete.
Um sich diesen Trend vor Augen zu führen, sollten Sie sich das nächste Zitat von Edmund Moy durchlesen, dem früheren Vorsitzenden der US-Mint (Fort Knox), veröffentlicht am 13. Juni 2014:
Schlussendlich fordern immer mehr Länder ihr Gold zurück. Ihnen reicht eine Überprüfung nicht mehr. Sie würden ihr Gold gern zurück haben. Aserbaidschan, Ecuador, Iran, Lybien, Mexiko, Rumänien und Venezuela sind nur eine kurze Liste der Länder, die bei ihren Depots Anfragen nach einer Rücküberweisung eines Teils oder des gesamten Goldes in ihr Land gestellt haben.
Anfragen gehen auch bei der FRBNY ein, das Gold in den Fremdkonten bitte zurückzugeben. Es gibt Gerüchte, dass die USA einen Teil dieses Goldes verkauft haben, um die Vorherrschaft des Dollars in den vergangenen Jahrzehnten zu untermauern. Die Rückführung von 122,5 Tonnen niederländischen Goldes aus New York, was jüngst bekannt wurde, könnte damit erklärt werden. Jedenfalls kann ich keinen anderen Grund dafür sehen, als der Vertrauensverlust der Niederländer in die USA als Verwahrer ihres Goldes. Ob dieser Vertrauensverlust gerechtfertigt ist, wird die Zukunft zeigen.
Nachdem der niederländische Rückführungscoup offiziell war, ging in der Blogwelt eine Theorien-Bombe hoch, warum, wie und wann die niederländische Zentralbank (DNB) 122,5 Tonnen aus New York zurück geholt hat, während die deutsche Zentralbank (Bundesbank oder BuBa) seit 2012 versucht, 300 Tonnen aus New York zurück zu holen - 2013 offiziell aber lediglich 5 Tonnen zurückbekommen hat.
Bloomberg veröffentlichte am 23. Juni 2014 einen Artikel, der viele in die Irre führte, indem er andeutete, dass die BuBa ihre Goldrückführung aus den USA beendet hätte. Wie ich jedoch am 7. September 2014 schrieb, was dieser Artikel irreführend - die BuBa ließ nie von ihrem Rückführungsplan ab.
Theoretisch sind die Niederländer bei der Rückführung des Goldes aus den USA erfolgreicher, weil die DNB mehr Willensstärke zeigt, als die BuBa. In den Niederlanden gab es einigen öffentlichen Druck, das Gold zurückzuholen, doch meiner Meinung nach war dieser nur gering - die Initiative ging von der DNB aus. In Deutschland wurde durch Rückführung durch die öffentliche Kampagne “Holt unser Gold zurück!“ angetrieben.
Peter Boehringer, einer der Gründer der Initiative, erzählte mir, dass die BuBa 2012 durch die Kampagne gezwungen wurde, zu beginnen, das Gold zurückzuholen, tatsächlich aber den Prozess verzögert, aus welchen politischen Gründen auch immer. Behalten Sie im Kopf, dass Gold ein sehr politischer Rohstoff ist. Die mangelnde Bereitschaft der BuBa wird von ihrem Argument untermauert, dass die Rückführung lange Zeit dauert; sie benehmen sich, als wäre es nicht möglich, innerhalb von ein paar Monaten hunderte Tonnen über den Atlantik zu transportieren.
Dessen ungeachtet, schrieb ich am 7. September, dass sich die deutsche Rückführung von den 5 Tonnen 2013 auf 59,5 Tonnen im Juli erhöht hat. Die FRBNY veröffentlicht jeden Monat, wie viel gekennzeichnetes Gold (Gesamtmenge aller Auslandskonten) in Manhattan verwahrt wird. Da ich von keinem anderen Land weiß, das sein Gold zurückholt, habe ich darauf geschlossen, dass der Rückgang von 54,5 Tonnen beim gekennzeichneten Gold vom Januar bis zum Juli 2014 Gold sein muss, das nach Deutschland geht.
Die jüngsten Zahlen lassen vermuten, dass 77 Tonnen die FRNBY von Januar bis September verlassen haben.
Aus einem anderen Blickwinkel:
Natürlich lautet die große Frage, wann die DNB mit der Rückführung begann. Diese Information würde mehr Aufschluss darüber geben, wie viel die Deutschen in diesem Jahr bis jetzt zurück bekommen haben, falls es überhaupt etwas war.
Weil die niederländische Rückführung teilweise in meinem Garten stattfand - der DNB-Hauptsitz ist nur ein paar Blocks von meinem Zuhause entfernt - konnte ich ein bisschen Feldforschung betreiben. Das Ergebnis muss als Spekulationen betrachtet werden, basierend auf den wenigen offiziellen Informationen von der DNB, aber vor allem auf Infos aus zweiter Hand von der DNB.
Mir wurde erzählt, dass eine DNB-Delegation 2013 die FRBNY besuchte, um das niederländische Gold zu überprüfen; nichts habe gefehlt. Diesen Sommer begannen die Vorbereitungen, um 122,5 Tonnen zurückzuholen, woraufhin das Gold im Oktober und November flink in mehreren Lieferungen per Flugzeug in die Niederlande transportiert wurde. Schließlich kam es in gepanzerten Lastwagen in Amsterdam an.
Das würde bedeuten, dass alle FRNBY-Abzüge vor Oktober nach Deutschland gingen, oder in irgendein anderes Land von mir aus, und dass sich die niederländischen Abzüge in den FRNBY-Zahlen für Oktober und November zeigen werden. Also müssen wir ein paar Wochen warten, bis wir Gewissheit haben.
Das Puzzle zusammensetzen
Ich habe noch ein paar mehr Hinweise von der DNB entdeckt, die mir verraten, dass die DNB irgendwann 2012 mit Überlegungen über eine Rückführung begann.
Anfang 2012: Die niederländische TV-Show Nieuwsuur berichtete über die offiziellen niederländischen Goldreserven - welche vorrangig bei der FRBNY verwahrt wurden. Ich habe einen Ausschnitt dieses Videos bearbeitet und einen (engl.) Untertitel hinzugefügt; schauen Sie sich das Video an. Wir sehen Jim Rickards, Willem Middelkoop und Ewout Irrgang (niederländischer Politiker), die ihre Meinungen zur Rückführung des niederländischen Goldes aus den USA äußern. Der Präsident der DNB, Klaas Knot, gab an, es habe dafür keinen Grund gegeben. Hören Sie sich aber seinen Kommentar bei 0:19:
Wir haben ständig mit extraterritoralen Gesetzesumsetzungen aus den USA zu tun, größtenteils werden diese Gesetze in Europa nicht positiv aufgenommen.
Ein paar Sachen sollten besonders betont werden: (i) Knot erklärt: “größtenteils werden diese Gesetze in Europa nicht positiv aufgenommen”. Damit deutet er daraufhin, dass man sich im Januar 2012 in Europa der Bedrohung bewusst war, dass die USA die ausländischen Goldreserven konfiszieren könnten, die bei der FRNBY liegen. (ii) Rickards erklärt:
Länder wie die Niederlande sollten ihr Gold zurückholen, es sicher verwahren und dann sind sie in der Lage, in einem neuen Währungssystem mitzuspielen.
(iii) Betrachten Sie den Bürgersteik vor dem Haupteingang der DNB bei 0:09 (und auf dem folgenden Bild).

Mitte 2012: Die BuBa veröffentlicht ihren ersten Zeitplan für die Rückführung von 150 Tonnen aus New York.
Ende 2012: Die DNB hat ihren Hauptsitz verstärkt. Eine neue Sicherheitsbarriere wurde um das Gebäude herum errichtet. Auf diesem Wege hat mir die DNB bestätigt, dass dies getan wurde, um ein Eindringen von Autos oder Lastwagen in das Gebäude zu verhindern. Betrachten wir ein paar Fotos vor und nach der Verstärkung.
Das ist die DNB auf einer Karte, die rote Linie stimmt mit dem oben gezeigten Bürgersteik überein:

Zunächst die DNB vorher, 2010. Bilder von Google Street View.



Und jetzt die DNB danach, 2014. Bilder von Google Street View und von mir selbst vom 24. November 2014.








Ich denke, die DNB hat ihr Festung Ende 2012 verstärkt, weil sie wusste, dass sie das Gold zurückholen und damit in naher Zukunft wesentlich mehr Gold verwahren würde. Offensichtlich hat Knot im Interview gelogen, als er gefragt wurde, ob er den USA als Verwahrer des niederländischen Goldes völlig vertraut. Natürlich konnte er in der Öffentlichkeit nicht ehrlich sein, aber die Tatsache, dass er gesagt hat “…größtenteils werden diese Gesetze in Europa nicht positiv aufgenommen” und Deutschland kurz drauf mit einer Rückholung begann und er sein Grundstück stärker sicherte, heißt für mich, dass sich etwas zusammenbraute.
Jeroen Dijsselbloem erklärte im Dezember 2012:
Die Geschichte der DNB offenbart, dass in Situationen, in denen Finanzassets stark an Wert verloren haben, die Öffentlichkeit und der Markt ihr Vertrauen in Gold behalten.
Doch es kommt noch mehr. Die niederländische Jugendsendung Het Klokhuis besuchte die DNB im März 2014:
Für den Verkauf offizieller Goldreserven herrschen strenge Regeln, die mit anderen Ländern vereinbart wurden, um den Wert von Gold zu kontrollieren.
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Die DNB ist Kindern gegenüber normalerweise sehr ehrlich.
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Ein Zitat der DNB von deren eigenem YouTube-Kanal:

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© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer
Dieser Artikel wurde am 26. November 2014 auf www.BullionStar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.