Wird Gold Bestandteil eines neuen internationalen Währungssystems sein?
28.01.2015 | Jan Nieuwenhuijs
Jeder, der die globale Wirtschaft in den vergangenen Jahren aufmerksam verfolgt hat, wird mir darin zustimmen, dass unsere Zentralbanker eine miserable Währungspolitik betrieben und unzureichende Maßnahmen zur Krisenbewältigung unternommen haben. Sämtliche größeren Wirtschaftsnationen haben damit begonnen, nie dagewesene Mengen Geld zu drucken, doch das einzige, was sie sich damit erkauft haben, war Zeit. Quantitative Lockerung in einem solchen Umfang bedeutet, ein Problem aussitzen zu wollen, das sich nicht auf ewig aussitzen lässt. Die Zukunft sieht alles andere als rosig aus.
Wohin wird das führen? Werden unsere Oberhäupter es am Ende zulassen, dass das internationale Währungssystem implodiert? Gibt es denn keinen Plan B? Und wir sollen glauben, dass Gold in der Wirtschaft keinerlei Bedeutung hat?
In unserem derzeit höchst instabilen wirtschaftlichen Umfeld ist der Goldpreis nach Meinung von Goldbefürwortern, wie ich einer bin, relativ niedrig. Hinzu kommt, dass wir zusehen können, wie immense Mengen physischen Goldes von West nach Ost fließen, die unter Garantie in absehbarer Zukunft nicht zurückkehren werden. Wenn der Goldpreis nicht gedrückt wird, so ließen sich meine beiden vorherigen Beobachtungen nur damit erklärt, dass das physische Angebot die Nachfrage überstiegen hat, und das ab April 2013 - als der Goldpreis erheblich zurückging und auf sein aktuell relativ niedriges Niveau sank. Doch möglicherweise steckt weitaus mehr dahinter.
Ich würde gerne eine theoretische Erklärung für die eben erwähnten Beobachtungen anbringen, die von historischen diplomatischen Dokumenten gestützt wird, welche uns ein wenig Klarheit verschaffen können.
Beginnen wir unmittelbar vor dem Punkt, an dem Gold aus dem System verbannt wurde:
In den Sechziger Jahren trat Frankreich aus dem Londoner Goldpool aus, da es für den Krieg, den die USA gegen Vietnam führten, nicht länger sein Geld verschwenden wollte. Unter dem Londoner Goldpool verstand man die Zusammenarbeit der USA, der Niederlande, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Belgiens, der Schweiz und des Vereinigten Königreichs, die gemeinsam den Goldpreis bei 35 $ je Unze fixierten. Doch weil die USA Dollars druckte, um den Krieg in Vietnam zu finanzieren - was zu einer Abwertung des US-Dollars führte - wurde eine Menge Gold benötigt, um den Preis bei 35 $ zu halten. Kurz nach dem Austritt Frankreichs aus dem Pool kollabierte dieser im März 1968. Der IWF schreibt hierzu:
Während die in den USA und im Ausland umlaufende Gesamtmenge an US-Dollars stetig stieg, schwanden die Goldreserven der USA zur Deckung dieser Dollars stetig. Internationale Finanzoberhäupter vermuteten, dass die Vereinigten Staaten dazu gezwungen sein werden, entweder den Dollar abzuwerten oder aber aufzuhören, Dollars gegen Gold einzulösen.
Das Dollarproblem war insbesondere aufgrund der zunehmende Menge an Dollars, die von ausländischen Zentralbanken und Regierungen gehalten wurden, so beunruhigend: 1966 hielten ausländische Zentralbanken und Regierungen über 14 Milliarden US-Dollar. Die Vereinigten Staaten verfügten über Goldreserven im Wert von 13,2 Milliarden US-Dollar, doch nur 3,2 Milliarden Dollar hiervon waren verfügbar, um die ausländischen Dollarbestände abzudecken. Der Rest wurde zur Deckung der heimischen Bestände benötigt. Wenn die Regierungen und ausländischen Zentralbanken nun versucht hätten, auch nur ein Viertel ihrer Bestände mit einem Mal umzutauschen, so wären die USA nicht in der Lage gewesen, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Und genau das ist geschehen; 1971 schlossen die USA das Goldfenster und ausländische Zentralbanken konnten Dollars nicht länger in Gold tauschen (außer auf dem freien Markt). Wie ich bereits zuvor geschrieben habe: (i) Europa, besonders aber Frankreich, war nicht erfreut darüber und forderte eine Neubewertung von Gold, (ii) die USA waren äußerst hartnäckig dabei, Gold vollständig aus dem Währungssystem auszumustern, um die Macht der Vorherrschaft des US-Dollars auszubeuten.
Ich habe Dokumente gefunden, die die Vergangenheit mit der Gegenwart in Verbindung bringen. Am 24. Februar 1970 traf der französische Präsident Pompidou US-Präsident Nixon in Washington DC. Die nachfolgenden Zitate stammen aus dem US-Protokoll des Treffens:
Im Hinblick auf Frankreich erklärte Präsident [Pompidou], dass er nochmals hervorheben wolle, dass er - im Gegensatz zu den Standpunkten, die einige seiner Amtsvorgänger vertraten - keine Stellung zur unabhängigen französischen Politik beziehen will. Er möge seine eigenen Ansichten haben, denke aber, dass ein starkes, unabhängiges Frankreich, das sich den gleichen Zielen verschrieben hat wie wir, im besten Interesse der USA sei. Ein im wirtschaftlichen Sinne starkes Europa mag zwar nicht im Interesse der USA zu sein scheinen, doch langfristig sei es das. Was wir brauchen, ist ein besseres Gleichgewicht im Westen. Es ist nicht gesund, nur zwei Supermächte zu haben; in einer solchen Situation besteht ein größeres Konfliktrisiko als im Falle mehrerer Machtzentren. Eine größere Stärke der europäischen Wirtschaftsnationen, eine unabhängige französische Politik, und, in Asien, ein stärkeres Japan, könnten am Ende eine stabilere Welt schaffen. Die Position der USA am Ende des Zweiten Weltkrieges war nicht gesund. Fünfundzwanzig Jahre sind seither vergangen und die Dinge haben sich geändert. Dies erachten wir als eine gesunde Entwicklung.
Letzten Endes, mit drei Milliarden Menschen auf der Erde, werden die Sowjetunion, China und am Ende Japan, Westeuropa - damit meinte er Frankreich, Großbritannien und Deutschland - und die Vereinigten Staaten entscheiden, ob die Zivilisation überleben wird. Afrika bewegt sich vorwärts, ist aber noch immer ein Jahrhundert im Rückstand.
Auch Lateinamerika entwickelt sich weiter, liegt jedoch noch immer fünfzig oder mehr Jahre zurück. In Asien werden Indien und Pakistan schon allein dabei enorme Schwierigkeiten haben, mit dem Wachstum ihrer Bevölkerung Schritt zu halten. Wir haben eine große Verpflichtung, die Macht, die uns zur Verfügung steht, dafür zu nutzen, eine Welt zu schaffen, die Expansionskräfte im Zaum hält und den Freiheitskräften damit eine Chance gibt, auf ihre eigene Art zu wachsen und nicht wie Zinnsoldaten, die sich in einer Reihe hinter dem größten aufstellen.
Pompidous Idee bestand ganz klar darin, die wirtschaftliche Macht zugunsten einer ausgeglicheneren, friedvolleren und nachhaltigeren Welt rund um den Globus aufzuteilen. Zwischen den Zeilen lassen sich sogar erste Anzeichen eines vereinten Europas lesen. Pompidou ist einer der besten Prognostiker, die ich je gelesen habe; was er vor 45 Jahren sagte, ist bis heute mehr oder weniger eingetreten. Und doch konnte Pompidous Ideologie nicht mit der Vorherrschaft des Dollars koexistieren. Die USA begannen daher mit ihrer Strategie "teile und herrsche", einer altbekannten Strategie zur Erlangung und Erhaltung von Macht. Der nächste Ausschnitt stammt aus einem Telefongespräch zwischen dem Nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger und dem Staatssekretär des Finanzministeriums, William Simon, vom 14. März 1973:
K: … Ich wurde soeben zum Präsidenten beordert. Hören Sie - Shultz hat mit eine Kopie des Telegramms zugeschickt, das Volker ihm gegeben hat - das, das Volker ihm über die Interventionen geschickt hat, und er hat mich nach meiner Meinung gefragt. Ich habe im Moment im Grunde nur einer Auffassung und die besteht darin, alles zu tun, was in unserer Macht steht, um einen vereinigten europäischen Standpunkt zu verhindern, ohne dass unser Zutun dabei auffliegt.
S: Okay. Also, ich interpretiere das als weniger Intervention, was eine gute Idee ist, und ich denke, George wird mit dieser Meinung sehr zufrieden sein. Tun Sie, was Sie können, um einen vereinigten europäischen Standpunkt zu verhindern.
K: Ich denke nicht, dass ein vereinigtes europäisches Finanzsystem in unserem Interesse ist. Ich weiß ja nicht, an welche technischen Begründungen Sie jetzt denken, aber diese Leute helfen nun dabei, das auszutüfteln.
S: Ja, Sir.
K: Ich weiß nicht, ob das auf kurze Sicht gilt, aber ich bin überzeugt, dass es langfristig zutrifft.
S: Ich stimme zu 1.000% mit Ihnen überein.
K: Also möchte ich lieber mit jedem von ihnen allein spielen. Wissen Sie, wenn es darum ginge, eine individuelle Währung zu unterstützen, so wäre ich dazu eher geneigt.
S: Ja, etwa wie die Mark.
K: Ganz genau.
S: Ja, Sir.
K: Ergibt das für Sie einen Sinn?
S: Ja, das tut es.
K: Sie verstehen sicher, meine Gründe sind rein politischer Natur, allerdings habe ich auch einen Geheimdienstbericht über die Diskussionen im deutschen Kabinett erhalten und als mit klar wurde, dass all unsere Feinde für die europäische Lösung sind, da stand mein Entschluss fest.
S: Ja, Sir. Nun, ich muss auflegen. Ich werde das mit George telefonisch klären.
K: Seien Sie vorsichtig. In Bonn wird jede Leitung angezapft.
S: Ich versichere Ihnen, das werde ich.
Als nächstes, von Wikileaks, ein Bericht über ein Treffen, das von allen europäischen Finanzministern über Gold abgehalten wurde, geschrieben für das US-Außenministerium am 23. April 1974 (Europa und die Vereinigten Staaten haben dieses Thema über mehrere Jahre hinweg diskutiert):
In einem breiteren internationalen Kontext betrachtet, war das, was in Zeist herauskam, eine Einigung bezüglich bestimmter wesentlicher Vorschläge, die es zunächst näher zu betrachten gilt, ehe sie in einer nächsten Ministerkonferenz der EWG [EU] vorgelegt werden. Sollte der Ministerrat zu einem späteren Zeitpunkt eine Einigung über einen bestimmten Standpunkt erreichen, so könnte das weitere Vorgehen sein, dass die Europäische Gemeinschaft ein formales Angebot formuliert, darüber, wie mit dem Goldproblem in der Zeit vor der Reform des internationalen Währungssystems umgegangen werden soll.
In Zeist haben sich die Minister auf zwei generelle Absichten geeinigt. Erstens haben sie erneut versichert, dass die SZR das Hauptreserve-Asset des zukünftigen Systems sein werden und dass vorübergehende Goldabkommen diesem Ziel nicht widersprechen sollten. Zweitens haben sie sich darauf geeinigt, dass solche vorläufigen Vereinbarungen die Währungsbehörden in die Lage versetzen sollten, die monetären Goldbestände effektiv als Instrument einer internationalen Abrechnung zu nutzen.
Es bestand Einigkeit unter den Ministern, dass eine Erhöhung des offiziellen Goldpreises, obwohl er als zweites Ziel dienen könnte, zum ersten in Widerspruch stehen würde. Um das monetäre Gold als internationalen Reservebestand zu mobilisieren, haben sie Folgendes beschlossen:
1) Währungsbehörden sollte es gestattet sein, Gold zu kaufen und verkaufen, sowohl untereinander, zu einem marktbezogenen Preis, als auch auf dem freien Markt. Die Währungsbehörden könnten uneingeschränkt Gold kaufen oder verkaufen und hätten keine Verpflichtung, eine bestimmte Transaktion einzugehen.
2) Bestimmte Delegationen sind der Ansicht, dass Goldtransaktionen mit dem freien Markt t über einen längeren Zeitraum nicht zu einem Nettoanstieg der gemeinsamen offiziellen Goldbestände führen sollte.
3) Um diese Richtlinien anzuwenden, kann eine Vielzahl von praktischen Lösungen in Betracht gezogen werden. Zwei wurden im Besonderen genannt. Einer besteht darin, dass die Währungsbehörden in regelmäßigen Abständen einen Mindest- und einen Höchstpreis festlegen, unter oder über welchen sie nicht auf dem Markt verkaufen oder kaufen würden. Die andere Lösung besteht darin, einen als Puffer dienenden Bestand zu schaffen, der von einem Agenten verwaltet wird, welcher wiederum von den Währungsbehörden den Auftrag erhalten würde, auf dem Markt einzuschreiten, um auf diese Weise ordnungsgemäße Bedingungen auf dem freien Goldmarkt sicherzustelllen.
Nun, da wir wissen, was Europa in den Siebzigern geplant hat, ist es viel einfacher zu verstehen, was im Anschluss daran geschah. Erinnern Sie sich an das Washingtoner Goldabkommen? Kurz bevor der Euro 1999 eingeführt wurde, haben sich alle europäischen Zentralbanken in einem Programm namens Centralbank Gold Agreement (CBGA), auch Washingtoner Goldabkommen genannt, zusammengeschlossen, um ihre Goldverkäufe gemeinsam zu handhaben. (Beachten Sie, dass [/url=https://www.bullionstar.com/blog/koos-jansen/eurosystem-is-increasing-its-allocated-official-gold-reserves/]die gesamten Goldreserven der Eurozone noch immer die der USA überseigen[/url])
1991 hielt die Niederländische Zentralbank (DNB) 1.700 Tonnen an offiziellen Goldreserven. Aktuell hält sie 613 Tonnen. Als der niederländische Finanzminister, J.C. de Jager 2011 nach diesen Verkäufen gefragt wurde, antwortete er:
Frage 6: Können Sie bestätigen, dass die DNB seit 1991 1.100 Tonnen ihrer 1.700 Tonnen verkauft hat?
Antwort 6: Seit 1991 hat die DNB 1.100 Tonnen verkauft. Zu dieser Zeit hat die DNB entschieden, dass sie aus einer internationalen Perspektive verhältnismäßig viel Gold besaß. Sie hat daher beschlossen, ihre Goldbestände an die anderer wichtiger Gold besitzender Nationen anzugleichen.
Europa hat also seit den Siebzigern versucht, die Wirtschaftsmacht rund um den Globus aufzuteilen, den Dollar als Weltreservewährung zu ersetzen und hat Teile der offiziellen Goldbestände verkauft, um die "Goldbestände an die anderer wichtiger Gold besitzender Nationen anzugleichen". Derlei Pläne wurden nicht über Nacht realisiert; so etwas kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen, sogar mehr Jahrzehnte als eigentlich geplant. Wer weiß? Wir könnten uns womöglich zu genau diesem Zeitpunkt in der Endphase befinden.
Vor nicht allzu langer Zeit, habe ich eine Wikileaks-Depesche aus dem Jahr 1976 veröffentlicht, in welcher China sein besonderes Interesse an Gold und SZR ausgesprochen hat. Natürlich ist all das bloße Theorie, doch es scheint ganz so, als würde die Umverteilung - physisches Gold, das vom Westen in den Osten wandert - Teil inszenierter Vorbereitungen für das nächste internationale Währungssystem sein, gestützt durch Gold. Dieses System würde es nötig machen, dass Gold unter den großen Wirtschaftsmächten dem Verhältnis entsprechend aufgeteilt wird.

Jean-Claude Trichet, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank, sagte am 4. November 2014:
Die globale Wirtschaft und das globale Finanzsystem befinden sich in gewisser Weise an einem Wendepunkt … neue Regeln wurden diskutiert, nicht nur zwischen den entwickelten Wirtschaftsnationen, sondern mit allen Schwellenländern, einschließlich des wichtigsten Schwellenlandes, China.
Historische Dokumente (englisch):
24. Februar 1970, Washington DC, USA. Pompidou und Nixon.
28. Oktober 1971. Telefongespräch zwischen Nixon und Kissinger über Gold.
13. und 14. Dezember 1971, Azoren. Verhandlungen zwischen Kissinger und Pompidou über den Wert von Währungen und Gold.
14. März 1973. Telefongespräch zwischen Kissinger und Simon.
18. Mai 1973, Paris, Frankreich. Treffen Kissingers und Pompidous über den Wert von Gold.
6. März 1974, Washington, USA. Bericht des Stellvertretenden Staatssekretärs für Internationale Finanz- und Entwicklungsfragen (Weintraub) an den Staatssekretär des Finanzministeriums (Volcker): Gold and the Monetary System: Potential US-EU Conflict.
22. und 23. April 1974, Zeist, Niederlande. Treffen der europäischen Finanzminister zum Thema Gold.
25. April 1974. Protokoll zu Staatssekretär Kissingers Mitarbeiterbesprechung zu Gold.
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© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer
Dieser Artikel wurde am 23. Januar 2015 auf www.BullionStar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.