Rück- und Ausblicke: Gold und Silber 2015
05.02.2015 | Mark J. Lundeen
Warum legt man Geld an? Eigentlich nur, weil man erwartet, dass man am Ende damit mehr Geld verdienen wird, als man ursprünglich eingesetzt hatte. Sind Gold- und Silberinvestoren seit 1969 für ihre Anlagen belohnt wurden (nachdem Gold nach jahrzehntelanger Fixierung bei 35 $/oz wieder auf den Radaren der Investoren auftauchte)?
Im Bullenmarkt der 1970er lagen die Kursgewinne von Gold und Silber über denen des Dow Jones-Bullenmarktes. Im 18 Jahre anhaltenden Bullenmarkt des Aktienindex (1982 bis 2000) konnten die Investoren ein Plus von 1.380% verbuchen. Kein schlechter Gewinn. In den elf Jahren zwischen 1969 bis 1980 stieg der Goldpreis um 1.918%, Silber um 2.869%.
Leider war auch der folgende Bärenmarkt der Edelmetalle (1980-1999) einschneidend. Gold verlor in diesen zwei Jahrzehnten 70% seines Wertes, während der Wertverlust beim Silber-Metall an die Aktienmarktentwicklung während der Großen Depression erinnerte. Schockierende 92%. Aber das waren die schlechten alten Zeiten. Seit 2001 gibt es bei Gold und Silber, ungeachtet der aktuellen, seit 2011 laufenden Bullenmarktkorrektur, solide Gewinne.
Kann man die Kursverluste bei den alten Geldmetallen aber noch als "Korrektur" bezeichnen? Meiner Meinung nach schon, denn KEINES der strukturellen Probleme aus der Kreditkrise 2007-09 ist in den vergangenen sechs Jahren gelöst wurden. Die Reaktion des globalen Zentralbankensystems auf die Kreditkrise beschränkte sich auf Verabreichung massiver "Liquiditätsspritzen", die es dem Bankensystem erlaubten, die Wetteinsätze, welche das Finanzsystem schon 2008 in den Bankrott getrieben hatten, noch einmal aufzustocken.
Wenn es an den Finanzmärkten wieder ans Eingemachte geht, werden Gold und Silber konkurrenzlos sein, was ihre Attraktivität als Fluchthafen in harten Zeiten angeht. Ein Fluchthafen, nach dem dann Billionen von Dollars suchen werden.
Man sollte sich auch im Klaren darüber sein, dass sich die heutige Situation der Gold- und Silbermärkte GRUNDSÄTZLICH von den frühen 1980ern unterscheidet - also von den Anfangsjahren eines zwei Jahrzehnte langen Edelmetall-Bärenmarktes.
1980 hatten Gold und Silber ihre Kurshöhen voll ausgereizt - in einem Umfeld, in dem US-Staatsanleihen zweistellige Anleiherenditen im gesamten Laufzeitspektrum brachten und die Dividendenrendite des Dow Jones bei über 6% lag. Am Höhepunkt des letzten Gold- und Silberbullenmarktes näherte sich der US-Leitzins der 20,00%-Marke an. Heute sind es 00,12%! Im für uns klaren Rückblick kann man sagen, dass der historische Bullenmarkt bei Aktien und Anleihen damals vor 35 Jahren quasi vorprogrammiert war, gleichzeitig mussten Gold und Silber einfach sinken.
Heute, nach vier Jahrzehnten mit steigenden Bewertungen, haben die Erträge dieser grotesk inflationierten Finanzanlagen historische Tiefstände erreicht, von wo aus sie nur noch steigen können. Anders formuliert: Aktien und Anleihen sind voll bewertet und können, im Verlauf eines ausgedehnten Bärenmarktes, nur noch fallen. Bedenkt man jetzt, dass wohl hunderte Billionen außerbörslich gehandelter Derivate mit Aktien und Anleihen besichert wurden, so leuchtet es immer mehr ein, dass im Finanzsektor erneut die Gefahr einer Kernschmelze besteht.
Im Umfeld schwerster Marktverluste und einer Vermögensflucht werden die Fluchthafenqualitäten von physischem Gold und Silber, die im Gegensatz zu diesen Assets keine Kontrahentenrisiken kennen, ganz deutlich aufscheinen. Das war schon damals der Fall, als die Metalle inmitten der Hypothekenkrise ihre Talsohle markierten.
In Anbetracht all dieser Faktoren scheint der Jahresbeginn 2015 ein exzellenter Einstiegspunkt für Edelmetalle zu sein. Allerdings scheint eine Frage zu dominieren: 'Wann werden diese Umstände dazu führen, dass die Gold- und Silberkurse endlich ihre zuletzt markierten Allzeithochs übersteigen?' Tut mir leid, aber ich weiß es tatsächlich nicht, ich bin mir nur sicher, DASS ES PASSIEREN WIRD.
Werfen wir einen Blick auf die langfristigen Charts für Gold und Silber, zuerst Gold. Im 1999 beginnenden Bullenmarkt wurden die Gewinne des 1970er-Bullenmarktes - in Dollar bewertet - verdoppelt. Allerdings ist der Dollar eine undefinierte Bewertungseinheit; da Währungen nicht mehr durch Gold gedeckt sind, hat sich auch die Kaufkraft des Dollar von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verändert, da immer mehr ungedeckte Dollars durch die keynesianisch denkende Federal Reserve geschöpft wurden.
Glauben Sie mir: Die 785 $, die der Goldpreis zwischen 1969 und 1980 zulegte, brachten WEITAUS mehr für die Lebensstandards der Investoren, als jene Aufwertung von 1.635 $, die wir im aktuellen Bullenmarkt erlebt hatten. Deswegen bin ich dazu übergegangen, lieber die Bullenmärkte untereinander zu vergleichen.
Ich habe die Tabelle unten noch als Erinnerung eingefügt, dass die prozentualen Bullenmarkt-Gewinne zwischen 1999 und 2011 tatsächlich nur der Hälfte der im 1970er-Bullenmarkt erreichten Gewinne entsprechen - dem Eindruck zum Trotz, den der Chart grafisch vermittelt (verzerrt durch jahrelange monetäre Inflation).
Vom August-Hoch 2011 bis zum November-Tief 2014 gab Gold um 40% nach. Es wäre ganz sicher besser gewesen, hätte man damals 2011 verkauft, um vielleicht heute wieder einzusteigen. Wie man aber im BEV-Gold-Chart unten auch sehen kann, erlitt der Goldkurs in den 1970ern einen VERLUST von 48%. Erinnert sich heute überhaupt noch jemand daran? Ich gehe davon aus, die sich viele Menschen noch etwa 10 Jahre lang an den derzeitigen Marktverlust von 40% erinnern werden. Falls Sie also nicht im August 2011 verkauft haben, dann ist jetzt NICHT die Zeit, das Boot zu verlassen, denn der laufende Bullenmarkt hat noch einen weiten Weg vor sich - in Dollars gerechnet und auch prozentual.
Jetzt kommt ein Chart, der die Silberkursentwicklung der vergangenen sechsundvierzig Jahre darstellt. Das Beeindruckendste an diesem aktuell laufenden Silber-Bullenmarkt ist Folgendes: Auch vierzehn Jahre nach seinem Beginn hat er IMMER NOCH NICHT sein nominales Hoch von Januar 1980 überboten. Diese Marke verfehlte er um 0,12 $, wie wir im Chart unten sehen können.
Aber immerhin konnte der Silber-Bullenmarkt den Gold-Bullenmarkt zu Hochzeiten im April 2011 um mehrere hundert Prozent hinter sich lassen. Seit 2011 hat er im Vergleich zu Gold nun leider auch auf dem Weg nach unten deutlich besser abgeschnitten. Ein Vergleich zwischen Silber und Gold zeigt aber auch ganz deutlich, dass die Kursbewegungen beim Silber seit 1969 im Grunde eine gehebelte Wette auf Gold gewesen sind - in guten wie in schlechten Zeiten. So auch im April 2011, als Silber um 68% sank.
Wie aus dem BEV-Chart unten eindeutig hervorgeht, ist die Korrektur im laufenden Silber-Bullenmarkt einzigartig. In den 1970ern hatte es nichts Vergleichbares gegeben. Wie kann ich also behaupten, dass sich Silber immer noch in einem Bullenmarkt befindet?
Angesichts einer wachsenden Industrienachfrage in den Bereichen Medizin, Solarenergie und Elektrotechnik sowie verschwindender Lagerbestände (jahrelange Unterbewertung machte das Recycling unökonomisch), finde ich den niedrigen Silberpreis von heute einfach unglaublich.
Einst verfügte das US-Finanzministerium über physische Silberlagerbestände in Höhe von mehreren Milliarden Unzen, da man Silber seit der Kolonialzeit bis 1965 zur Münzprägung eingesetzt hatte. Das galt übrigens für viele, wenn nichts sogar den überwiegenden Teil der nationalen Schatzämter im 20. Jahrhundert.
In den frühen 1960ern wurde Silber dann aber demonetisiert; in der Weltwirtschaft begannen nun Münzen aus Basismetallen zu zirkulieren. Heute sind die Silberbestände der staatlichen Einrichtungen schon lange verschwunden, sie wurden an den offenen Märkten verkauft und anschließend verbraucht, nicht recycelt. Heute existiert auf der Welt weniger gefördertes Silber als Gold, dennoch bekommt man für eine Unze Gold 74 Unzen Silber, wie man im Chart unten sehen kann. Physisches Silber ist heutzutage das logischste Investment, das Privatinvestoren zur Auswahl steht.
Für große Fonds, die im Auftrag zwei- oder dreistellige Milliarden-$-Beträge managen, trifft das allerdings nicht zu. Der Grund ist simpel: Der physische Silbermarkt ist als Schwimmbecken einfach zu klein für Wale. 
Werfen wir jetzt einen Blick auf die Stufensummen für Gold und Silber seit 1969. Doch zuerst die Frage: Was ist eigentlich eine Stufensumme? Eine Stufensumme ist eine Advance-Decline-Linie für ein einzelnes Betrachtungsobjekt, basierend auf den Kursständen zu Handelsschluss. Daraus werden Serien gebildet. Die Stufensumme gewährt einen einzigartigen Einblick in die Marktstimmung derjenigen, auf die es WIRKLICH ANKOMMT - all jene, die aktiv jeden Tag kaufen und verkaufen.
In Bullenmärkten wie in Bärenmärkten ist die Zahl der Tage an dem der Kurs steigt in etwa genauso hoch wie die Anzahl der Tage, an denen er fällt. In Bullenmärkten ist dennoch eine leichte Tendenz zu einer erhöhten Anzahl von Tagen mit steigenden Kursen zu beobachten (in Bärenmärkten gilt das für Tage mit sinkenden Kursen), aber auch das muss nicht immer der Fall sein, wie wir noch später sehen werden.
Oben sehen wir nun die letzten 11.575 Handelstage für Gold und Silber, beginnend im Januar 1969. Im Verlauf dieser Stufensummen für Gold und Silber zeigen sich nun graphisch die Advances-Declines, die es während dieser 11.575 Handelstage gegeben hatte. Für Gold (blaue Kurve) zählen wir hier 256 mehr Aufwärtstage als Abwärtstage seit 1969; beim Silber (in rot) sind es hingegen 466 mehr Aufwärtstage als Abwärtstage.
Unten sehen wir nun den Gold-Stufensummenchart von 1998 bis heute. Von Januar 1998 bis Anfang 2001 lief der Goldkurs in einer Handelsspanne zwischen 250 $ und 325 $, da der Bärenmarkt (1980-2001) zu Ende ging. Schauen Sie, was mit der Stufensumme passierte: SIE BRACH EIN, und war damit Ausdruck einer grottenschlechten Stimmung am Goldmarkt.
Das damalige Investmentuniversum war noch voll und ganz auf ein neues High-Tech-Jahrhundert fixiert - auf eine Zukunft, in der Gold - da stimmte jeder mit Alan Greenspan überein - neben Silikon-Chips und Software keinen Platz mehr haben würde. Interessant ist aber, dass der Goldpreis zwischen 1998-2001, als der Markt deutlich mehr Ab- als Aufwärtstage hatte, sich hartnäckig weigerte, unter die Marke von 250 $ zu fallen.
Dann im Summer 2001, nach anderthalb Jahren Dot-Com-Bubble-Bärenmarkt, begann Gold - zusammen mit seiner Stufensumme - zu steigen; der Beginn des laufenden Bullenmarktes war markiert. Der Goldpreis stieg dann - zusammen mit seiner Stufensumme - bis März 2008; mit dem Anbruch der Kreditkrise begann sich dann eine viermonatige ‘Bärenbox' zu formieren.
Eine Bärenbox entsteht dann, wenn Kurs- und Stufensummentrends divergieren - so geschehen von März bis Juli 2008, als der Goldkurs (Marktrealität) SANK, während seine Stufensumme (Markstimmung) weiterhin anstieg. Nach vier Monaten sinkender Goldpreise glich sich die Marktstimmung dann wieder dem Goldkurstrend an. Beide Trends leiteten anschließend eine positive Trendwende ein - und zwar mehrere Monate BEVOR die Kreditkrise im März 2009 ihre Talsohle erreicht hatte.
Die wichtigste technische Formation im Chart oben ist die seit 40 Monaten bestehende Bärenbox, die beim letzten Gold-Allzeithoch (August 2011) beginnt. Der Goldkurs mag vielleicht um 30% gefallen sein, doch diese Verluste verteilen sich nur auf 20 Abwärtstage - im Verlauf der letzten 40 Monate! Was hat das zu bedeuten?
Ein kurzer Blick auf meine Kristallkugel scheint mir sagen zu wollen, dass die Bullen nicht die Absicht haben, aus dem Markt zu gehen, wie schon zwischen 1998-2001. Niedrige Goldpreise sind nicht die treibenden Beweggründe, Gold zu verkaufen, sondern eher Anreiz, MEHR Gold bei abgeschlagenen Kursniveaus zu kaufen.
Das gilt zumindest für die Zentralbanken in Russland und Asien, also gewaltige Institutionen, die seit vielen Jahren und so regelmäßig wie möglich hunderte Tonnen Gold kaufen - und diese auch mit nach Hause nehmen. Wie der oben gezeigte Stufensummenverlauf zeigt, tun die ausländischen Zentralbanken seit August 2011 genau das - bei sehr attraktiven Preisen.
In meinen Kommentaren zu den Stufensummen erkläre ich normalerweise, dass die Stufensummen in einer Bärenbox normalerweise am Ende einbrechen - was wiederum ein Signal für folgende Kursverluste ist. Allerdings stammen diese Beobachtungen aus meinen Analysen des Dow Jones zwischen 1900 bis 1999; dort formierten sich GEGEN ENDE eines Bärenmarktes Bärenboxen, die darauf hinweisen, dass Marktoptimisten verfrüht in einen immer noch sinkenden Markt eingestiegen sind.
Seit dem Jahr 2000 funktionieren Stufensummen-Formationen nicht mehr so wie früher. Heutzutage ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die Stufensummen-Bärenboxen am ersten Tag eines Bärenmarktes formieren. Das lässt sich höchstwahrscheinlich damit erklären, dass die heutigen Marktoptimisten Ökonomen, Politiker und Banker sind, die unbegrenztes Inflationskapital zur Verfügung haben und ihre Fleischhaken tief in die Tagesabläufe der einst freien Märkte versenkt haben. Diesen Bullen geht es nicht in erster Linie um Gewinne, sondern um das Erreichen ökonomischer oder politischer Ziele.
Ich habe daher auch meine Zweifel daran, dass die derzeitige Bärenbox beim Gold jemals einen richtigen Einbruch der Stufensumme erleben wird. Ich gehe davon aus, dass wir eines Tages aufstehen werden und die Finanzmedien berichten schockiert über irgendeine unerwartete Entwicklung, welche die Bärenbox der Gold-Stufensumme INVALDIEREN wird - mit anderen Worten: Wir werden erleben, wie der Goldkurs und der Stufensummenverlauf enthusiastisch ihre 2001 eingeschlagenen Aufwärtstrends wiederaufnehmen werden.
Der Silber-Stufensummenchart ist dem Gold-Stufensummenchart sehr ähnlich, mit der Ausnahme, dass Silber in Bären- wie Bullenmärkten für gewöhnlich ein Hebelspiel auf den Goldpreis ist. Anzumerken ist, dass die Stufensumme seit Beginn der laufenden Korrektur unterm Strich 5 Aufwärtstage mehr als Abwärtstage ausweist, trotz eines Kursverfalls von insgesamt 65%. Die globale Verbrauchernachfrage aus der Industrie und für Investments sich also ganz sicher nicht von den niedrigen Preisen abschrecken lassen. Ich gehe davon aus, dass sich auch die Silber-Bärenbox (wie beim Gold) letztendlich einem Einbruch entgehen wird. 
Schauen Sie sich den Silberkurs und die Stufensummen im Chart an. Der Silberkurs ist um 65% gesunken, während es seit April 2011 fünf Tage länger aufwärts ging als abwärts. Ich weiß, dass es sehr viele Verkäufe benötigt, um den Kurs GLEICH WELCHER SACHE weit über die Nachfrage hinaus um 65% in die Tiefe zu schicken. Aber merken diejenigen, die den alten Geldmetallen pessimistisch gegenüberstehen, denn eigentlich, dass dieses Angebot-Nachfrage-Verhältnis, das die Kurse nach unten treibt, um ein auf ‘Terminpapierkontrakten‘ basierendes Angebot-Nachfrage-Verhältnis handelt - sprich einen Markt, wo "versprochen" wird, Metall zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt zu liefern. Was in der Regel dann nie geschieht.
Diese Banken, die "Silberlieferversprechen" geben sind keine Bergbaufirmen, sie haben zudem kein anderes echtes Interesse am Silbersektor, als dessen "Marktpreis" einzudämmen. Ein Silberpreis von 17 $ (der aktuelle Marktpreis) ist somit ein offiziell abgesegneter Betrug. Dasselbe gilt für einen Goldpreis von 1.200 $. Wenn die eigentlichen Angebot- und Nachfrageverhältnisse wieder die Preiskontrolle über die Edelmetalle übernehmen, dann werden Sie noch glücklich sein, ein wenig physisches Metall zu besitzen.
© Mark J. Lundeen
Herausgeber von Sunshine Profits
Dieser Artikel wurde am 01.02.2015 auf www.gold-eagle.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.