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Vom Herdentrieb und der Massenpsychologie 2015

16.03.2015  |  Philip Hopf

Nach unserem Kommentar zur Silberpreisentwicklung in der Wirtschaftswoche, ließ die Behauptung, es sei gefährlich reinen Chartisten und ihren Angstszenarien zu folgen, erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten. Dass diese “Angstszenarien“, von manchen auch Kursprognosen genannt, in den vergangenen 4 Jahren voll eingetroffen sind, scheint überflüssig zu erwähnen.

Vergangene Woche, als unser aktueller Silber Zielbereich angelaufen wurde, stieß ich auf einen Artikel aus dem Quantas Magazin, welcher sich in dieser Publikation mit Astrophysik beschäftigt. Professor William Ditto von der Universitä Manoa auf Hawaii, erklärt darin seine jüngsten Erkenntnisse zur mathematischen Relation und Aufbau von Sternenkonstellationen im Universum.

Er führt dabei aus, dass sich dynamische Systeme im Weltall immer wieder der Zahl 1,618 angleichen. Trotz seiner chaotischen Natur, scheinen Musterungen, auch Fraktale genannt, im Universum auf einer mathematischen Basis aufgebaut zu sein, welche in Verbindung mit der Zahl 1,618 steht. Dem goldenen Schnitt.Dass das gesamte Universum bis ins kleinste Detail einem genauen sich wiederholenden Muster folgt, hat bereits Ralph Nelson Elliott 1946 in seinem Buch “Das Gesetz der Natur, Geheimnisse des Universums“ beschrieben.

Der Begründer der Elliott Wellen Theorie, dessen Methodik wir erfolgreich anwenden, hat bereits vor vielen Jahren erkannt, dass es nicht Medienereignisse oder Fundamentaldaten sind, welche die Aktienkurse bewegen, sondern "social mood" zu deutsch; Marktstimmung.

Aus diesem Anlass möchte ich Ihnen meine Publikation aus 2013 vorstellen, welche Verständnis schaffen soll, warum zukünftige Markbewegungen nichts mit wirtschaftlichen Daten, sondern zyklischen Entwicklungen zu tun haben, die in immer wiederkehrenden Mustern verlaufen und daher mess- und berechenbar sind.

Immer wieder werde ich gefragt, wie ich die Marktstimmungen auf Edelmetallmärkten verfolge, sie einschätze und analysiere, um damit selbst mittel- bis sogar kurzfristige Kursbewegungen dieser Märkte, sowie auch die großer Aktien-Indices, besser bestimmen zu können. Diese Methodik, Marktstimmung einzuschätzen und Kursprognosen vorzunehmen, ist recht esoterisch angehaucht und beruht auf einer mathematischen Basis.

Sie wird bisher von der breiten Masse dieser Branche weder verstanden noch ernst genommen, weil sie einerseits sehr kompliziert und nicht in kurzer Zeit zu erlernen ist und andererseits einer massenpsychologischen Sichtweise entspricht, die viele Menschen so nicht für sich akzeptieren wollen. Dabei vergessen viele Investoren eine der Grundregeln der Börse schlechthin: "Die Masse (Mehrheit) behält niemals recht." Warum dies so ist, versuche ich nun zu erklären, ebenso wie die Grundlagen meiner Methodik.

Der ehemalige Vorsitzende der US-Notenbank, Alan Greenspan, war bekannt für seine Aussage, dass Finanzmärkte von "menschlicher Psychologie" und "Wellen des Optimismus und Pessimismus" getrieben werden. Wie Greenspan richtigerweise erkannt hat, werden Märkte von einer sogenannten "social mood", also einer gesellschaftlichen Stimmung, bewegt.

In anderen in der Vergangenheit von mir verfassten Artikeln zeigte ich bereits auf, dass aus demselben Grund fundamentale Daten nutzlos sind und nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen und habe somit die gesamte Fundamentalanalyse, die von Millionen von Investoren angewendet wird, ad absurdum geführt.

Medienberichterstattungen verändern den Trend der Märkte nicht, sofern die Marktstimmung diesen Trend nicht ohnehin schon vorher beeinflusst hat. Haben Sie sich jemals gefragt, warum Märkte steigen, nachdem schlechte Nachrichten veröffentlicht wurden und fallen, nachdem scheinbar gute Nachrichten veröffentlicht wurden? Haben Sie sich nicht gewundert, warum nach diversen Verkündungen der US-Notenbank (die internationale Finanzmärkte mit Geld flutet) Edelmetallmärkte in der Vergangenheit stark anstiegen, aber auch genauso oft schon kollabierten?

Aus diesem Grund stellte ein bestimmter Investor seine eigene Sichtweise über die der öffentlichen Medienberichterstattungen, ebenso wie über allgemeine emotionale und gesellschaftliche Einschätzungen und identifizierte damit die "wirklichen" Trends und gesellschaftliche Stimmungen. Aus diesem Grund hatte er einen signifikanten Vorteil gegenüber dem Groß der restlichen Investoren, die oft wie Blinde über das Minenfeld der Finanzmärkte stolpern.

In den dreißiger Jahren stellte eben jener Investor namens Ralph Nelson Elliott die Erkenntnisse seiner Studien ins Licht der Öffentlichkeit. Diese zeigen, dass sich die Marktstimmung und damit auch ebenso die Massenpsychologie graphisch gesehen in einem Primärtrend in fünf Wellen aufwärts bewegt und anschließend immer in drei Wellen als Gegenbewegung abwärts.

Wenn sich einmal eine fünfwellige Bewegung in der Marktstimmung vollzogen hat, ändert sich unterbewusst die Stimmung der Gesellschaft und wechselt in die gegenteilige, abfallende Richtung. Dies ist ein natürlicher Vorgang in der menschlichen Psyche und hat nichts mit dem operativen Effekt von Berichterstattungen zu tun.




Der natürliche Ablauf von Progression und Regression, also Fortschritt und Rückschritt, scheint tief in der menschlichen Psyche verankert zu sein. Dieses Thema ist für viele nicht gerade einfach zu verstehen, also werde ich dies anhand der sogenannten "Herden-Theorie" veranschaulichen. Die Gesellschaft, als "Herde" betrachtet, scheint sich an den sogenannten Fibonacci-Zahlen zu orientieren. Diese Theorie wird von vielen Studien unterstützt.

Zur Erläuterung: Die Fibonacci-Folge ist eine unendliche Folge von Zahlen, bei der die Summe zweier benachbarter Zahlen die unmittelbar folgende Zahl ergibt: 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, usw. Benannt ist sie nach Leonardo Fibonacci, der damit im Jahr 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb.

Ein kurzer Exkurs: Joseph Ledoux, Psychologe am neurowissenschaftlichen Zentrum der New York University, fand heraus, dass Emotionen und die Reaktion auf diese Emotionen entstehen, noch bevor das Hirn in der Lage ist, den Grund für die Emotion herauszufinden. Warum das eine wichtige Rolle spielt - dazu werde ich noch kommen.

Der Artikel "Large Finacial Crashes", veröffentlicht 1997 in einer Publikation der European Physical Society, präsentierte eine aufschlussreiche Zusammenfassung des menschlichen Herden Phänomens innerhalb der Finanzmärkte:

Die Aktienmärkte sind faszinierende Strukturen mit zugehörigen Analogien, welche wohl das komplizierteste dynamische System sind, die in den Naturwissenschaften, d. h. im Menschenverstand, gefunden wurden. Statt der üblichen Interpretation der effizienten Markthypothese, in dem Händler durch bewusste Handlungen, durch Kaufen und Verkaufen von Aktien den Marktpreis bestimmen und leiten, erkennen wir, dass der Markt als Ganzes ein Herden Verhalten aufweist, das nicht von den einzelnen Individuen wahrgenommen wird. Ohne es zu wissen, handelt die Masse einvernehmlich durch das, was man als "höheres Kollektivbewusstsein“ bezeichnet.

Dieser Prozess ist in der Biologie zum Beispiel bei Ameisenkolonien im Zusammenhang mit dem Erscheinen des kollektiven Bewusstseins zu beobachten. Entdeckt eine Ameise eine Gefahr oder findet sie eine neue Futterquelle, reagieren darauf nach kürzester Zeit auch alle anderen Ameisen der Kolonie, obwohl die "Entdeckerameise", von der der Impuls ausging, noch keine Möglichkeit hatte, diese Information aktiv weiterzugeben. Das ist für viele recht geheimnisvoll und unheimlich; man spricht dabei von einem Kollektivbewusstsein. Auch bei Zugvögeln ist dieses Phänomen oftmals zu beobachten.

Zurück zu den Finanzmärkten: Vergleichen Sie den Markt mit einem Ameisenstrom, in dem alle in eine bestimmte Richtung marschieren. Legt man nun einen Stock über ihren Pfad, so wird es eine kurze Verwirrung und dann eine Reaktion auf den Stimulus geben. Aber nur wenig später geht die ursprüngliche Parade von Ameisen weiter ihren vorbestimmten Weg und der Stimulus bleibt ohne weitere Wirkung.

Es scheint so, dass der Markt diesem Ameisenstrom entspricht, der durch eine Massenform des Herden-Verhaltens bestimmt wird und dessen Richtung durch die soziale Stimmung vorgegeben wird. Dies erklärt die oft gestellte Frage, warum Märkte steigen, obwohl schlechte Nachrichten bekannt gegeben wurden oder umgekehrt.

Es zeigt die Sinnlosigkeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, ob das nächste "Nachrichtenereignis" die Märkte positiv oder negativ beeinflussen wird oder nicht. Das ist der Grund, weshalb ich auch nie auf irgendwelche Nachrichtenereignisse verweise, wie es beispielsweise 99% aller Marktanalysten tun. Wenn man Berichterstattungen und ihre angenommene Wirkung auf die Märkte verfolgen will, gibt es hunderte von Autoren, die darauf eingehen werden. Aber genau diese lagen mehrheitlich falsch und wurden gerade in den letzten zwei Jahren von ihren eigenen Prognosen überrollt.

Die natürliche Tendenz, der Gruppe - also der Herde - zu folgen, veranlasst viele, die Meinung und Ansichten der Herde zu übernehmen und damit auch ihre Emotionen. Auf den Markt übertragen heißt das: Da die meisten Marktteilnehmer keine Experten sind, wird ihr wesentlicher Überlebensinstinkt sie dazu verleiten, anderen, "angeblichen" Experten im Markt zu folgen. Dieser Wunsch, ihre Ansichten auf die Menge auszurichten, schafft solch ein starkes Gefühl, das Logik und Realität überbieten kann.

Weil dieser Instinkt so stark ist, kann ein kleiner Kreis von Individuen in der Herde Momente der Angst in einer Panik und Habgier in einer Rallye hervorrufen, woraufhin alle restlichen Mitglieder der Masse oder Herde bereitwillig folgen. Gier und Angst stellen in der Herden-Psychologie die zwei entscheidendsten Faktoren des Handelns dar.

Warum folgen sich die Menschen oft in den Untergang oder tun zumindest Dinge, die bar jeglicher Logik sind? Friedrich Nitzsche schrieb dazu: "Der Irrsinn ist bei einzelnen etwas Seltenes, aber bei Gruppen, Parteien und Völkern die Regel.“

Befindet sich der Markt, wie bei den Metallen seit 2011 in einer korrektiven Phase, ist er viel schwieriger auszurechnen. Es gibt unvorhersehbare Marktbewegungen; der Markt dreht oder fällt oft ohne Vorwarnung und verhält sich nicht linear. Die meisten Variablen aller Marktgeschehen entstehen immer in der korrektiven Phase des Marktes. Auch hier der Verweis zum Herden-Phänomen.




Beobachtet man Menschen, wie sie in Massen bei einer Demonstration aufmarschieren, so ist oft in der Drangphase eine Organisation zu erkennen: Die Menschen lassen sich führen, sind zuversichtlich in ihrem Tun und davon überzeugt. Ich wähle ganz bewusst diese Worte, weil sie auch für den Markt eine signifikante Rolle spielen. Setze ich diese Gruppe nun einem Stimulus aus, z.B. durch das Auftreten der Polizei, die anfängt Druck auf die Demonstranten auszuüben, so passiert es oft, dass die Gruppe auseinander bricht - es macht sich Panik bemerkbar.

Wenn nun eine von Angst geleitete Menschenherde die Flucht antritt, ist dies ein vollkommen unberechenbarer Prozess ohne Richtungsvorgabe und ohne Organisation. Der Verstand der Masse setzt dann oft aus. Im Tierreich, gerade bei Büffelherden, ist gleiches zu beobachten. Wenn die Herde einer für sie nicht einschätzbaren Gefahr ausgesetzt ist, tritt Panik und Verwirrung auf, die Herde verfolgt dann kein klares Ziel mehr und die Variablen verändern sich ständig.

Deshalb ist es in einer korrektiven Marktphase so wichtig (in der wir uns im Gold und Silber offensichtlich noch befinden), außerordentlich beweglich und anpassungsfähig zu sein.

Gerade deshalb sind so viele Investoren und Analysten auch so heftig in den letzten 4 Jahren unter die Räder gekommen, seit der Markt 2011 sein Top gefunden hatte. Seitdem gab es mehr Prognosen von "sogenannten" Experten, die behauptet haben, der Boden bei Gold und Silber sei drin, als ich Haare auf meinen Kopf habe.

Die meisten Analysten sehen den größeren Rahmen nicht, in dem sich Metalle bewegen und noch weniger den Einfluss von Marktstimmungen auf die Kurse. Vielmehr suchen sie händeringend nach "News", also nach irgendwelchen (für sie passenden) Nachrichten, die ihren Vorstellungen entsprechen und auf die sie ihre bestehende Prognose stützen können - wenn auch nur zum Zwecke der Selbstüberzeugung.

Schlagen all diese Versuche zur Analyse fehl, verschanzt man sich in der letzte Bastion und verkündet, wie sicher es doch sei, dass die Märkte komplett manipuliert sind. Die "schwarze Hand der Verschwörer" hat sich dann über die Märkte gelegt und sie somit unprognostizierbar gemacht.

Gleichzeitig soll man aber in diesen Märkten investiert sein und am besten stetig nachkaufen und das, obwohl Sie scheinbar gegen einen manipuliert werden.
Würden Sie Geld auf das Ergebnis eines Fußballspiels setzen, obwohl Sie wüssten, dass es gegen Sie manipuliert wird?

Ist die Behauptung der Manipulation, bei gleichzeitigem investiert bleiben, nicht völlig abstrus und für dumm verkaufend? Denken Sie einmal darüber nach!

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Durch das komplette ignorieren jeglicher Fundamentalereignisse der vergangenen Jahre und strikter Anwendung unserer Marktanalyse, waren wir in der Lage, den Abverkauf der Edelmetalle korrekt einzuschätzen und unsere bullischen sowie bärischen Zielbereiche in über 78% der Fälle zu treffen. Wie das möglich ist, wenn die Märkte durch massive Manipulation, nach Meinung vieler unprognostizierbar geworden sind, konnte mir noch niemand erklären.

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© Philip Hopf
Hopf-Klinkmüller Capital Management KG