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James Turk: Souveränität weltweit bedroht

18.03.2015  |  James Turk

Daily Bell: Hallo. Erzählen Sie unseren Lesern zu Beginn ganz kurz, was bei Ihnen seit dem letzten Interview von April 2014 passiert ist.

James Turk: Ich war ziemlich beschäftigt, auch wenn ich seit 2013 nicht mehr als Chef von Goldmoney tätig bin. Ich habe nach wie vor einen Sitz im Vorstand; ab und zu spreche ich auch noch auf Konferenzen. Ansonsten arbeite ich die meiste Zeit an meinem neuen Unternehmen, das im März gegründet wird. Auch dieses Unternehmen wird mit Edelmetallen zu tun haben, das ist ja mein Spezialgebiet. Im Grunde wird es die Dienstleistungen und Produkte, die GoldMoney aktuell schon bieten kann, ergänzen. Ich möchte im Vorfeld nicht zu viel darüber sagen. Wer mehr über mein neues Unternehmen erfahren will, der kann - wenn es offiziell ist - die Nachrichten auf meinem Twitter-Account verfolgen: @fmgr.


Daily Bell: Sie scheinen pessimistischer geworden zu sein. Liegt es daran, dass Zentralbanken mehr und schneller Geld schöpfen als jemals zuvor?

James Turk: Die allgemeinen Aussichten für nationale Währungen trüben sich weiterhin ein. Ich bin in der Tat pessimistischer mit Blick auf die Zukunft - und mit Blick auf die wirtschaftlichen Aussichten.

Der wahre, eigentliche Grund meines Pessimismus liegt im ungebrochenen Anstieg der Finanzrepression, die uns von Politikern und Zentralbankern aufgezwungen wird. Diese autoritären Herrscher unternehmen alles Mögliche, so auch Machtmissbrauch, um ihre Wohlfahrtsstaaten am Laufen zu halten. Auch wenn das System, das sie fortsetzen wollen, unhaltbar geworden ist.

Schlimmer noch: Dieses System fördert sogar die Abhängigkeit vom Staat, aber nicht individuelle Anstrengungen. Folglich befinden sich Steuerzahler und Steuerkonsumenten immer mehr im Konflikt. Das legt den Grundstein für Feindseligkeiten und Bürgerunruhen. Die isolierten Gewaltausbrüche der letzten Jahre waren ein Omen für das, was in Zukunft noch zu erwarten ist. Die kommenden Demonstrationen und Proteste werden weniger friedlich verlaufen, sondern gewalttätiger sein, denn das Frustrationsniveau wird mit sinkender Wirtschaftsaktivität steigen.


Daily Bell: Ist Europa wirklich in der Deflation gefangen? Angesichts der Geldschöpfung in Europa sind wir da anderer Meinung.

James Turk: Die EZB schrumpft ihre Bilanzen; die Indikatoren für umlaufende Euro-Geldmengen zeigen aber einen Anstieg, weil Banken Staatsschulden monetisieren. Wir haben hier also zwei Dynamiken. Die Produktpreise sinken, zum Beispiel Benzin. Diese Rückgänge sind aber auf eine abflauende Nachfrage bedingt durch schwache Wirtschaftsaktivität und überschuldete Verbraucher zurückzuführen, welche ihre Schulden abbauen wollen. Diese Faktoren sind aber kein deflationäres Symptom, das einen Anstieg der Kaufkraft dieser Währung nahelegt.

Die eigentliche Inflationsrate sorgt unterdessen für eine Verschlechterung der Kaufkraft des Euros. Auch wenn einige Preise sinken, so steigen doch die Lebenshaltungskosten im Allgemeinen weiter. Viele dieser Kosten finden in den staatlichen Verbraucherpreisindizes keinen Niederschlag.

Es wird also bewusst untertrieben dargestellt, wie schwer es heute fällt - in Zeiten zentralbankendominierter Finanzrepression - den Lebensstandard kontinuierlich zu erhalten. Mit anderen Worten: Die steigenden Lebenshaltungskosten steht kein Anstieg der Einkommen gegenüber. Sparer und Pensionäre bekommen natürlich den Druck der Nullzinspolitik der EZB zu spüren.


Daily Bell: Wir sind der Meinung, dass das Deflationsthema nur eine Ausrede ist, um eine Aufblähung von Vermögenswerten zu rechtfertigen.

James Turk: Ja, da ich stimme zu. Es ist auch ein Vorwand, um den staatlichen Machtzuwachs über die Märkte und die Wirtschaft zu rechtfertigen. Die Folge ist eine stärkere Kontrolle des Volkes, und das ist das Endziel aller autoritären Menschen.


Daily Bell: Was passiert an den Aktienmärkten, werden wir eine Wiederholung der Ereignisse von 1987 oder 2009 erleben, als einfach nur die Indizes einbrachen?

James Turk: Das hängt davon ab, was die Zentralbanken machen. Die Aktienmärkte der Welt steigen nicht aufgrund einer guten wirtschaftlichen Lage oder wegen guter Zukunftsaussichten. Sie steigen, weil das von den Zentralbanken geschöpfte Geld irgendwo hin muss; im Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre floss das Geld also an die Aktienmärkte.

Sollten die Zentralbanker eine Deflation vom der Typ der 1930er produzieren, wo die Geldmengen tatsächlich schrumpfen, dann werden auch die Aktienmärkte ihre heutigen Stände nicht halten können.


Daily Bell: Haben sich im Westen Anlageblasen gebildet, speziell in den USA und Großbritannien?

James Turk: Ohne jeden Zweifel. Blasen sind Ausdruck von Überbewertung; überbewertete Anlagen können Sie heutzutage ohne große Schwierigkeiten ausmachen. Dazu zählen die Aktienmärkte, der Londoner Immobilienmarkt, Oldtimer, Kunstgemälde und auch viele andere Sammlergegenstände. In diesen Anlagebereichen haben sich Blasen gebildet. Die Preise können allerdings noch weiter steigen. In was sonst könnte man sein Geld denn noch stecken, wenn die Banken so niedrig verzinsen?

Daraus folgt: Solange die Zentralbanker weiter Finanzrepressionen mittels unnatürlich niedriger Zinssätze betreiben, solange müssten diese Anlagen weiter steigen - bei einer gleichzeitigen Verschlechterung der Kaufkraft nationaler Währungen.




Daily Bell: Im letzten Interview sprachen wir über Ihr neues Buch, das sie zusammen mit John Rubino geschrieben haben - “The Money Bubble: What To Do Before It Pops“ (DollarCollapse Press). Wann wird die Blase Ihrer Meinung nach platzen? Sie erwarten den Einbruch nun schon seit einer ganzen Weile.

James Turk: In unserem ersten Buch, “The Coming Collapse of the Dollar“ von 2004, schrieben John und ich, man solle Gold kaufen und auf das Platzen der Immobilienblase setzen. Das war damals vielleicht keine beliebte Ansicht, doch schon bald danach begann die Logik der Argumente Sinn zu ergeben.

Rückblickend hat sich gezeigt, dass dies die zwei besten Investmentstrategien des Jahrzehnts waren. Vielleicht sind John und ich auch dieses Mal ein Tick zu früh. In diesem Fall wäre das aber von Vorteil. Denn dann bliebe den Menschen noch etwas Zeit für Vorbereitungen - bevor der Schuldenberg ins Rollen kommt und die Zerbrechlichkeit des Giralgeldsystems offenlegt - sprich die Insolvenz der meisten Banken, die leeren Versprechen der Politiker und Bürokraten, die, wie wir alle wissen, einfach nicht erfüllt werden können.


Daily Bell: Sie haben sich einen Ruf mit Gold und Goldaktien aufgebaut. Wohin geht es beim Gold, und was ist mit Silber?

James Turk: Solange die Zentralbanker die Landeswährungen weiter entwerten, werden die Gold- und Silberpreise weiter steigen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Es wird natürlich Preisschwankungen geben, nach oben und nach unten. Allerdings endetet die 5.000-jährige Geldgeschichte des Goldes nicht im Jahr 1971, als Präsident Nixon den damaligen US-Finanzminister John Connelly anwies, die Konvertibilität des Dollars in Gold “vorrübergehend aufzuheben“. Vier Jahrzehnte scheinen eine lange Zeit für eine vorübergehende Aufhebung, sie sind ist allerdings nur ein Bruchteil von 5.000 Jahren.

Also: Gold ist immer noch Geld, es zirkuliert allerdings aufgrund staatlicher Erlässe kaum noch als Währung. Am grundlegenden Wesen des Goldes oder seiner monetären Funktion haben diese Erlässe allerdings nichts geändert. Und das lässt sich an einem Beispiel zeigen: Eine Unze Gold reicht immer noch aus, um dieselbe Menge Rohöl zu kaufen wie in den 1950er Jahren. Gold erfüllt also ganz klar eine der Hauptfunktionen von Geld: Es erhält die Kaufkraft über lange Zeiträume hinweg.

Silber ist ein Sonderfall. Für mich ist es ein Gold-Substitut. Das heißt also, dass auch Silber die Kaufkraft schützt. Ich bin in den 1950ern in Ohio aufgewachsen, meine Eltern konnten an eine Tankstelle fahren und das Familienauto für zwei Silberdollars volltanken. Heute bekommt man für zwei Dollar nicht mal mehr eine Gallone Benzin. Der Metallgehalt dieser zwei Silberdollars würde aber auch heute noch ausreichen, um das Familienauto vollzutanken. Trotzdem ist Silber im Vergleich zu Gold volatiler.

Aus historischer Sicht brauchte man 16 Silberunzen, um diese gegen eine Unze Gold eintauschen zu können. Aktuell braucht man 72, und das ist für mich der Hinweis auf eine sehr starke Unterbewertung von Silber. Ich erwarte also Folgendes: Wenn die Edelmetalle in Folge des Währungsmissmanagements der Zentralbanken steigen werden, wird Silber schneller steigen als Gold, so dass es irgendwann in Zukunft auch wieder in den Bereich der historischen Norm von 16-zu-1 vorstoßen wird.


Daily Bell: Wird auch der Dollar aufgrund der starken Geldschöpfung sinken? Er scheint ziemlich widerstandsfähig.

James Turk: Wie ein Witzbold mal gesagt hat: Der Dollar ist schönste Pferd in der Leimfabrik. Stark ist er nur, weil die Alternativen noch schlechter dastehen. Natürlich ist das kein Grund, auf steigende Dollarkurse zu setzen. Fakt ist aber auch, dass die institutionellen Anleger ihr Geld irgendwo anlegen müssen. Der Dollar profitiert also von zwei Notwendigkeiten: Man benötigt liquide Währungsreserven. Zweitens muss die Grundlage für Transaktionen an den Handels- und Finanzmärkten gesichert sein. Insgesamt betrachtet ist das aber eher eine Reflexreaktion als logisch durchdacht.

Wichtig dabei ist aber Folgendes: Man darf nicht davon ausgehen, dass diese Dollarstärke von Dauer sein wird. Das war jahrzehntelange schon eine schlechte Wette und wird auch in Zukunft eine schlechte Wette bleiben - solange, bis die USA wieder zum verfassungskonformen Geld zurückkehren, gemeint sind natürlich Gold und Silber. Leider kann ich nicht erkennen, dass das auf absehbare Zeit passieren wird.

Es macht stattdessen eher den Eindruck, als ob die USA all das erneut lernen müssen, was die Verfassungsväter schon einmal durchgemacht hatten. Nach dem die kontinentale Währung, die erste des Landes, zusammengebrochen war, strebten die Verfassungsväter die Schaffung einer "perfekteren Union" an. Die Verankerung werthaltigen, stabilen Geldes in der US-Konstitution war ein Schlüsselelement auf dem Weg dorthin. Bis 1971 war die auch mehr oder weniger gegeben.


Daily Bell: Janet Yellen sagt, die USA befänden sich in einer konjunkturellen Erholung. Was meinen Sie dazu?

James Turk: Einige Teile der US-Wirtschaft haben sich in den letzten Jahren besser entwickelt. Allerdings nur punktuell und nicht flächendeckend. Yellen verbreitet also nur Jubelmeldungen, was wir früher auch mal Propaganda nannten.

Heute gibt es mehr Arbeitslose in den USA als 2007 vor dem Finanzcrash, in den vergangenen Monaten haben zudem mehr US-Bürger Lebensmittelmarken beantragt als US-Bürger Arbeitsplätze bekommen haben. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Wirtschaft kaum vom Fleck kommt, und das trifft auf große Teile der Welt zu.




Daily Bell: Yellen behauptet, sie werden die Zinssätze erhöhen, Sie sagen hingegen, Yellen werden das nicht tun. Bislang lagen Sie richtig. Wie konnten Sie das wissen?

James Turk: Die Fed kann die Zinssätze nicht erhöhen, weil die US-Regierung nicht die Mittel hat, einen fairen Zinssatz für ihren Schuldenberg zu bezahlen. Der hat sich inzwischen zu unglaublichen 18,1 Billionen aufgetürmt - und er wächst weiter. Ganz nützlich ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf das Verhältnis zwischen aufgetürmten Schuldenlasten und den Jahreseinnahmen der US-Bundesregierung, die bei ungefähr 3 Billionen $ liegen.

Nun könnte man sich vorstellen, was passiert, wenn die Bundesregierung vernünftige Zinssätze zahlen würde - sagen wir 5%, also 5% mehr als die T-Bills gerade bringen. Würde die Regierung 5% auf 18,1 Billionen $ zahlen, müsste sie pro Jahr rund 900 Mrd. $ an zusätzlichen Zinszahlungen schultern. In der Folge würde Haushaltsdefizit steigen, die Bundesregierung müsste daher noch mehr Geld leihen. Diese neuen Kredite würden die Zinssätze dann noch weiter in die Höhe treiben, weil diese Kredite ein Indikator dafür wären, dass die Bundesregierung völlig überschuldet ist und ihre Schulden wahrscheinlich nie zurückzahlen könnte.

Hier beschreibe ich im Grunde nur, wie Währungen in eine hyperinflationäre Spirale geraten und letztendlich zerstört werden, da sich ihre Kaufkraft auflöst. Sprich: Zentralbanken verwandeln Staatsschulden in Währung. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurden auf diese Weise schon dutzende Währungen zerstört. Auch der Dollar ist dorthin unterwegs. Früher oder später wird auch er dort ankommen und dann abstürzen, so wie es schon der alten kontinentalen Währung erging.


Daily Bell: Der Chef von Gallup meinte kürzlich erst, die Arbeitslosenzahlen seien falsch. Ihre Reaktion?

James Turk: Zustimmung. Der Arbeitslosenbericht ist nur eine von vielen Lügen, die seit einigen Jahrzehnten aus Washington kommen. Diese Lügen gehen über parteipolitische Grenzen hinweg. In The Money Bubble schrieben John und ich über verzerrte und irreführende Statistiken der Politiker und Bürokraten: Im Zentrum ihres Interesses steht nicht die Wahrheit, sondern die Fortführung eines Systems, das ihnen nützt.


Daily Bell: Im letzten Interview nannten Sie Obamacare Zeitverschwendung auf Staatskosten. Sind Sie immer noch derselben Meinung? Gibt es etwas hinzuzufügen?

James Turk: Ja. Ich warte noch auf jenes staatliche Programm, das im Vergleich zu alternativen Programmen des Privatsektors kosteneffektiv betrieben wird. Noch schlimmer ist, dass es zur Durchsetzung staatlicher Programme dann noch mehr staatlichen Zwang braucht.


Daily Bell: Was passiert in Europa? Was denken Sie über den Grexit?

James Turk: Griechenland folgt dem Weg Zyperns, das wirtschaftlich nach wie vor ein hoffnungsloser Fall ist. Die EZB stoppt die Kreditvergabe an griechische Banken, die griechische Staatsanleihen als Schuldensicherheiten benutzen. Genauso hat es die EZB mit den zyprischen Banken gemacht.

Der nächste Schritt war, dass Zypern der Zugang zur Notfallliquiditätshilfe (ELA) abgeschnitten wurde, dort können Eurozone-Banken Geld aufnehmen, um weiterhin liquide zu bleiben und nicht schließen zu müssen. Das ELA-Programm war die letzte Rettungsleine, an der die zyprischen Banken noch hingen. Wenn die EZB Griechenland diese Leine aus der Hand reißt, werden die griechischen Banken untergehen, so wie es in Zypern passierte.

Der folgende Zusammenbruch im Bankenwesen führte dann zu den berüchtigten "Bail-Ins", bei denen Einleger zyprischer Banken ihr Geld verloren. Die EZB nahm deren Geld, um die Kredite jener Banken zurückzuzahlen, die bei der EZB geliehen hatten. Griechenland ist dorthin unterwegs, es sitzt auf Messers Schneide.

Die griechische Regierung versucht, ihr laufendes Rettungsprogramm um weitere vier Monate zu verlängern. Nach Meinung einiger Kommentatoren will die griechische Regierung die EZB hinhalten, damit die Griechen noch etwas mehr Geld abheben können, da ihre Einlagen verfallen. Die griechischen Banken sind, wie auch viele andere Banken weltweit, insolvent. Sie werden allein durch das ELA-Programm liquide gehalten. Übrigen wäre es noch erwähnenswert, dass letztes Wochenende eine österreichische Bank scheiterte; nach den vorläufigen Aussagen der Regierung wird es einen Bail-In geben, so wie in Zypern.


Daily Bell: Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, meinten Sie, dass China wirtschaftlich instabil sei. Wie denken Sie heute darüber?

James Turk: Die Probleme in China werden jetzt immer offensichtlicher, vor allen das riesige Schwert, das über ihren Köpfen hängt, gemeint ist natürlich der chinesische Immobiliensektor. In dieser Hinsicht sieht es in China aus wie in Irland oder Spanien im Jahr 2007, bevor die Immobiliensektoren beider Länder zusammenbrachen.

In China bricht der Immobiliensektor praktisch schon jetzt ein. Seit Monaten sinken die Immobilienpreise, im Januar war der bislang größte monatliche Rückgang zu verzeichnen. Hier wurde derart überbaut und derart viele Spekulativkredite auf Immobilien vergeben, dass man durchaus davon ausgehen kann, dass in China wieder das passieren wird, was in Spanien und Irland passierte.




Daily Bell: China hat auch Gold gekauft. Russland auch. Wie hat sich das auf den Goldmarkt ausgewirkt?

James Turk: China und Russland kaufen physisches Gold und das hat in der Tat Auswirkungen auf den Goldmarkt. Die Tatsache, dass Gold in einer Backwardation ist, ist ein Beweis dafür, dass sich der Papiergoldkurs und der physische Goldpreis trennen. Zwischen beiden gibt es natürlich fundamentale Unterschiede: Papiergold ist eine Finanzanlage mit Ausfallsrisiken; physisches Gold ist eine Sachanlage ohne Ausfallrisiko, was auch der Grund ist, warum es seit Jahrtausenden ein zuverlässiger sicherer Hafen ist.


Daily Bell: Bleiben wir noch bei der Gold-Backwardation. Die hat weiter Bestand?

James Turk: Ja, aber ich kann es nicht beweisen. So wie die London Bullion Market Association vor zwei Jahren die Veröffentlichung der Terminkurse (forward rates) für Silber eingestellt hatte, so hat sie die Veröffentlichung jetzt auch für Gold eingestellt. Die einzige Möglichkeit, eine Backwardation noch festzustellen, führt über das Sammeln von Preisangeboten von Banken, die im Kassa- als auch im Terminmarkt tätig sind. Dann wird verglichen.

Aktuell liegt der Kassakurs für Gold über dem April-Kurs, Kassa-Silber liegt über dem Mai-Kurs. Beide Metalle sind in einer Backwardation, das ist positiv.


Daily Bell: Im letzten Interview empfahlen Sie eine Reihe von Investments. “Sachanlagen wie Agrarland, Waldland, Ölquellen, produktiv genutzte Gebäude und natürlich Edelmetalle - anstelle von Finanzanlagen wie Bankkonten und Anleihen. Meiden Sie Anlagen, die in Landeswährungen denominiert sind.“ Gibt es hier irgendwelche Veränderungen?

James Turk: Ich empfehle weiterhin dieselbe Strategie. Der Schlüssel zur erfolgreichen Portfolioverwaltung ist die Akkumulierung unterbewerteter Anlagen und der Verkauf überbewerteter. Sachanlagen bleiben unterbewertet, Finanzanlagen sind weiterhin überbewertet. Aktien sind ein spezieller Fall, weil einige von ihnen fast Sachanlagestatus haben.

Besitzt man zum Beispiel Anteile eines Unternehmens, das im Agrarbereich, im Bergbau, im Öl- oder Rohstoffbereich tätig ist, dann besitzt man praktisch einen Anteil an einem Unternehmen, das aus Sachanlagen Vermögen schafft. Ich gehe davon aus, dass diese Aktien auch dann noch gut laufen werden, wenn die Zentralbanken die Landeswährungen weiter entwerten.

Aktien von Banken und Finanzunternehmen werden hingegen nicht gut laufen; aber diese Klassifizierung kann heikel sein. Apple hat beispielsweise 180 Milliarden $ Barreserven, also mehr Liquidität als die größten Banken dieser Welt. Haben wir es daher mit einem Finanztitel zu tun? Wahrscheinlich nicht, aber es verdeutlicht mein Argument. Aktien benötigen eine Menge Analyse, bevor man sie kauft, aber auch im Anschluss ist ständige Analyse notwendig, weil sich Grundbedingungen ändern.


Daily Bell: Und Cannabis-Unternehmen? Kennen Sie sich im Sektor aus? Interessiert Sie das?

James Turk: Ich kenne mich nicht im Sektor aus, auch nicht Geschäftschancen. Aber dem nach zu urteilen, was ich in den Zeitungen lese, ist es ein nachgefragtes Produkt. Eines, das wahrscheinlich wachsen wird.


Daily Bell: Viele Veränderungsprozesse auf der Welt sind Folge einer, so nennen wir sie, Internet-Reformation. Sie ermöglicht es den Menschen, ein besseres Verständnis der Welt in der sie leben, zu bekommen. Wie ist Ihre Haltung bezüglich der Regulierung des Internets oder der Netzneutralität?

James Turk: Dazu wären einige Punkte anzumerken: Erstens. Ich vertrete hier die Ansicht der Verfassungsväter, d.h. - was man benutzt, bezahlt man auch. Gebührenpflichtige Straßen waren vielleicht das offensichtlichste Beispiel für dieses Prinzip in der frühen US-amerikanischen Geschichte.

Zweitens: Ich bin für Selbstregulierungskräfte des Marktes. Staatliche Regulierung funktioniert nicht, sie verzerrt nur. Banken gehören heute zu den am stärksten regulierten Institutionen, trotzdem hören sie nicht auf, Bankrott zu gehen. Man denke zudem an alle Bankenskandale der letzten Zeit. Stellen Sie sich vor, wo wir heute wären, wenn Telefone immer noch eine reguliertes Monopol wären, über das Staatsbeamte wachen.


Daily Bell: Geben Sie uns bitte eine kurze Zusammenfassung der globalen Konfliktpunkte. Welches Ende werden die Spannungen in der Ukraine nehmen? Wird man Putin aus dem Amt zwingen?

James Turk: Es wird wahrscheinlich unschön enden. Betrachten Sie es doch mal so: Nehmen wir an, Venezuela hätte eine South Atlantic Treaty Organization (SATO) gegründet, das der Verteidigung Venezuelas und aller anderen Unterzeichnernationen gegen die Aggressionen der Yankees aus dem Norden dienen soll.

Gehen wir nun davon aus, dass die SATO neue Mitglieder aufnimmt und sich langsam nach Norden zur Grenze des Yankee-Aggressoren ausbreitet - und sich nicht damit zufrieden gibt, die Grenze am Rio Grande zu ziehen. Die SATO schickt also Agenten nach Texas, um dort den Status Quo zu brechen und die Regierung vor Ort zu stürzen. In der Folge flüchtet der gewählte Gouverneur um sein Leben.

Die SATO sorgt dann dafür, dass eine neue, ihr wohlgesinnte Regierung die Macht übernimmt - und plötzlich werden Forderungen nach einem Beitritt Texas zur SATO laut. Wie würde Ihrer Meinung nach Washington D.C. reagieren? Dort würde man ganz sicher weniger Zurückhaltung gegenüber solchen Provokationen zeigen, als sie Putin gerade zeigt.




Ich möchte nur wieder an Präsident Eisenhowers Abschiedsrede an die Nation erinnern, in der er uns vor dem “militärisch-industriellen Komplex“ warnte. Dieser Sektor verdient sehr viel Geld mit den Kriegen, die die USA überall in der Welt führen; in den Führungspositionen im Sektor gibt es möglicherweise eine Menge schadenfreudiger Leute, die ihre Taschen mit Aktienoptionen und anderen Instrumenten vollgestopft bekommen, während sie dem Konflikt in der Ukraine zuschauen.


Daily Bell: Und Syrien? Wird die derzeitige Führung fallen?

James Turk: Und dann wird Frieden wird in der Region einkehren? Und die US-Waffenindustrie verliert viele ihrer Kunden? Das wird wahrscheinlich nicht passieren.


Daily Bell: Was passiert mit der mexikanischen Immigration und den USA? Blick der Kontinent einer Nordamerikanischen Union entgegen?

James Turk: Ja. In vielen Teilen der Welt ist die Souveränität bedroht, da nichtgewählte supranationale Einrichtungen ihre Macht ausweiten. Das ist ein besorgniserregender Trend. Schauen Sie nur, wie die führenden Köpfe dieser Organisationen nationale Souveränität als Bedrohung von Frieden und Freiheit hinstellen.

In Wahrheit schreiben diese Organisationen den Menschen doch nur vor, wie sie ihre Leben zu führen haben, und das ist die wirkliche Gefahr für Frieden und persönliche Freiheit. Schauen Sie, was der IWF mit Griechenland macht, oder was er vor Jahren mit Indonesien gemacht hat oder aber mit dutzenden anderen Ländern, denen der Willen dieser Organisation aufgezwungen wurde - ungeachtet der Tatsache, ob dieser Wille wirklich im besten Interesse der dort lebenden Menschen war oder nicht.


Daily Bell: Wir haben zunehmend das Gefühl, dass der Westen hinter eine Anzahl von Provokationen und Kriegen steckt, um die Öffentlichkeit zu Hause von der ununterbrochenen Rezession abzulenken. Was denken Sie?

James Turk: Mit Sicherheit kann ich nicht sagen, ob das so ist. Ein Blick in die Geschichte zeigt aber, dass diese Beobachtung plausibel ist.


Daily Bell: Wäre es möglich, dass die Welt auf zunehmende Internationalisierung vorbereitet wird - also auch globale Regierungsgewalt und eine globale Währung.

James Turk: Ja. Autoritäre Menschen und andere Soziopaten streben vor allem nach einem - Kontrolle. Einige geben sich auf lokaler Ebene schon mit Macht im Lehrer-Eltern-Beirat zufrieden, andere wollen die Welt dominieren. Das ist nur eine Frage des Maßstabs; solche Menschen gibt es aber. Und sie werden alles versuchen, um die Rechte der anderen einzuschränken und zu unterdrücken.

Daran hat sich nichts geändert, es passiert immer wieder. Die englischen Könige des Mittelalters hatten beispielsweise ein und dasselbe Ziel wie jene Neocons, die heute Washington D.C. im Griff haben: Macht. Wenn sie dann die ersehnte Macht einmal haben, üben sie Kontrolle über das Volk aus, das ist letztlich ihr Ziel. Die entscheidende Stütze ihrer Macht ist immer dieselbe - die Kontrolle des Geldes. Deswegen ist ihnen die Einführung einer Weltwährung auch so wichtig.

Glücklicherweise gibt es schon eine wunderbare Weltwährung namens Gold. Wird Gold als Währung eingesetzt, begrenzt es die Ausweitung des Staates und ermöglicht somit das menschliche Recht auf Fortschritt. Dieses kurbelt wiederum die Produktion und die Sparneigung an, die das Rückgrat unserer kapitalistischen Gesellschaft sind; und diese Gesellschaft hat der Menschheit zur kontinuierlichen Erhöhung der Lebensstandards verholfen.

Wir haben aber heute das Problem, dass der Kapitalismus bedroht ist. Das augenscheinliche Indiz dafür ist, dass die Lebensstandards unter Druck geraten sind. Heute wird bei weitem nicht mehr so hoher Wohlstand erzeugt wie noch vor 1971.


Daily Bell: Noch irgendwelche Gedanken zum Abschluss?

James Turk: Ich werde bald 68. Ich habe also schon eine ganze Menge in meinem Leben gesehen. Ich war und bin zudem ein begeisterter Leser. Neben dem Lernen aus Erfahrung habe ich auch viel aus der Geschichte gelernt. Und das erklärt, warum ich ein Optimist bin.

Trotz der Probleme, Katastrophen und Rückschläge gedeiht die Menschheit. Wir bewegen uns sicher nicht in einer geraden Linie nach vorne, allerdings sind die Lebensstandards ein klarer Hinweis darauf, dass wir uns nach vorne bewegen - den Rückschlägen - Rezessionen und Depressionen, die es immer wieder in der Geschichte gegeben hat und geben wird - zum Trotz.

Wir müssen uns nur darauf vorbereiten, dass wir von solchen Ereignissen nicht mitgerissen werden. Es bedarf sorgfältiger Planung für die Zukunft, damit wir und unsere Familien geschützt sind - komme was wolle. Falls man etwas aus der Geschichte lernen kann, dann vielleicht, dass physisches Goldeigentum eine der besten Möglichkeiten ist, um sich gegen zukünftige Unsicherheit abzusichern.


Daily Bell: Vielen Dank für dieses Interview.


© Anthony Wile
www.thedailybell.com



Dieser Artikel wurde am 08.03.2015 auf www.dailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de übersetzt.