Ein Vergleich, der sich aufdrängt
16.04.2015 | Theodore Butler
Letzte Woche passierte etwas ganz Seltenes. Die CFTC klagte ein großes Nahrungsmittelunternehmen, Kraft, der Kursmanipulation am Weizenmarkt an. Es lässt sich an einer oder zwei Händen abzählen, wie oft die Bundesaufsichtsbehörde für die US-Rohstoffmärkte in den letzten 40 Jahren Klagen wegen Kursmanipulation eingereicht hat. http://www.cftc.gov/PressRoom/PressReleases/pr7150-15
Wenn Sie mich fragen, sieht die Klage der Agentur gut strukturiert aus und scheint alle Elemente zur Beweisführung wegen Kursmanipulation zu beinhalten - unter anderem die Absicht und die Fähigkeit zu Kurskontrolle. Man muss aber auch erwähnen, dass die Kommission eine sehr geringe Erfolgsquote mit ihren bislang eingereichten Klagen hatte.
Eine bezeichnendes Detail dieses Falls ist der Umstand, dass ein großer Trading-Akteur aus dem Bereich der Commercials, der den Terminmarkt angeblich strikt zu Absicherungszwecken nutzte, der Teilnahme an verschiedenen Marktaktivitäten zu strikt spekulativen Zwecken beschuldigt wurde. So viel zum geläufigen Argument, dass Trader aus der Commercial-Kategorie immer “bloß Absicherung" betrieben und ich sie doch einmal in Ruhe lassen sollte.
Wie Sie wissen, gehe ich seit Langem davon aus, dass es die Commercials (zumindest an der COMEX) schlicht und einfach nur auf andere Spekulanten abgesehen haben und es dabei kaum zu legitimer Absicherung kommt. Und eben das behauptet die CFTC in ihrer Beschwerde gegen Kraft.
http://www.cftc.gov/ucm/groups/public/@lrenforcementactions/documents/legalpleading/enfkraftcomplaint040115.pdf
Zitat aus der Pressemitteilung von Aitan Goelman, Direktor der Vollzugsabteilung der CFTC:
"Dieser Fall betrifft einen ganz wesentlichen Punkt der Zuständigkeit der CFTC: den Schutz der Marktteilnehmer und der Öffentlichkeit vor Manipulation und missbräuchlichen Handlungen, die die Integrität der Derivatemärkte unterminieren. Ein Marktteilnehmer, dem die bestehenden Kassapreise nicht passen, darf nicht auf manipulative Praktiken zurückgreifen, um diesen Preis künstlich in die Tiefe zu treiben.“
Ja, Mr. Goelman hat Recht! Die zentrale Aufgabe dieser Behörde ist der Schutz der Marktteilnehmer und der Öffentlichkeit vor Manipulation und missbräuchlichen Handlungen, die die Integrität der Derivatemärkte unterminieren. Und nein, ein Marktteilnehmer, dem die Kassapreise nicht passen, darf diese Preise nicht künstlich senken, um physische Vorräte zu schaffen.
Aber Moment mal. Ist das nicht genau das, was JP Morgan meiner Behauptung nach auch am Silbermarkt tut - nämlich Leerverkäufe an der COMEX, um physisches Silber zu Schnäppchenpreisen einzusacken? Schreibe ich denn nicht seit sehr langer Zeit zwei Mal wöchentlich über dieses Thema? (Im Interesse voller Transparenz: Seitdem Direktor Goelman den Vorsitz der Vollzugsabteilung hat, habe ich ihm jeden meiner Artikel geschickt.)
In der Tat basieren alle meine Anschuldigungen bezüglich JP Morgans Aktivitäten am Silbermarkt auf den Daten, die von dieser Behörde, von der Börse (COMEX) sowie von anderen öffentlichen Quellen publiziert werden. Die Klage der CFTC gegen Kraft geht hingegen auf private Trading-Protokolle sowie interne Emails zurück.
Darüber hinaus ist der Fall Kraft etwas komplex: Die Trading-Strategie des Unternehmens umfasste auch den Kauf von Futures-Kontrakten, mit dem die Basis (die Kursdifferenz zwischen Terminkontraktkursen und Kassakursen für Getreide) beeinflusst und der Kassapreis letztlich gedrückt werden sollte. Im Fall von JP Morgan gibt es keine Komplexität, da diese betrügerische Bank Leerverkäufe am Terminmarkt zur Silberpreisdrückung nutzt, um physisches Silber zu künstlich niedrigen Preisen anzukaufen.
Ein weiteres wichtiges Detail: Die Ermittlungen der Kommission gegen Kraft gehen höchstwahrscheinlich auf eine Beschwerde eines verärgerten Insiders zurück, der durch Krafts Aktivitäten am Futures-Markt geschädigt wurde. Zahlreiche Beschwerden oder aber Schaden für die Öffentlichkeit waren eher nicht der Auslöser. Meinem Wissen nach wurde dieser Fall vor der Einreichung der Klage nicht öffentlich diskutiert.
Vergleichen Sie das mit dem Silbermarkt, wo sich mehrere tausend Akteure und Beobachter seit vielen Jahren bei der Behörde wegen JP Morgans Marktmanipulation beschweren und wo Investoren und Silberproduzenten durch künstlich niedrig gehaltene Preise geschädigt wurden.
Der unmissverständliche Schluss kann nur sein, dass diese Behörde gekauft, bezahlt oder sonst etwas wurde, damit sie nicht im Interesse der Öffentlichkeit handelt. Für eine Bundesbehörde kann es, denke ich, keine schwerwiegendere Anschuldigung geben.
Die eigentliche Frage lautet also: Warum werden hier Doppelstandards bei der Strafverfolgung angewendet?
Warum beschäftigt sich die CFTC mit dem komplizierten Fall einer Firma, in dem es angeblich um Gewinne geht, die im “Kleingeldbereich“ liegen (es waren wohl insgesamt 5 Mio. $, die durch Kraft erwirkt wurden), wenn auf der anderen Seite öffentliche Daten zeigen, dass JP Morgan immer bei steigenden Kursen am Markt leerverkauft, um diese Kurse zu drücken, um an diesen Short-Positionen zu verdienen und um Silber zu ungerecht niedrigen Preisen zu akkumulieren? Zudem belaufen sich JP Morgans unrechtmäßige Einnahmen alles in allem auf hunderte Millionen wenn nicht Milliarden Dollar!
Ich verstehe schon, warum die Behörde Kraft verfolgt, allerdings gibt es für mich keinen legitimen Grund, warum sie nicht auch JP Morgan verfolgt wegen der weitaus dreisteren Aktivitäten am Silbermarkt, in denen diese Bank verwickelt ist. Schlimmer noch: Warum erklärt die Behörde nicht einfach, warum die öffentlichen Daten nicht zeigen, dass JP Morgan das tut, was ich dieser Bank vorwerfe?
Kann die Kommission widerlegen, dass JP Morgan seit der Übernahme Bear Stearns Anfang 2008 eben nicht der große, konzentrierte Leerverkäufer von COMEX Silber-Futures gewesen ist? Kann sie widerlegen, dass diese Bank seit vier Jahren physische Silberbestände akkumuliert, während sie nach wie vor als der große Leerverkäufer von Silberkontrakten an der COMEX auftritt?
Das ist doch der entscheidende Punkt: Niemand - nicht die CFTC, nicht JP Morgan, nicht die CME - können eine vernünftige Erklärung für JP Morgans Kontrolle und Manipulation des Silbermarktes und allen damit in Zusammenhang stehenden Entwicklungen der letzten sieben Jahre bieten.
Es gibt nicht den leisesten Zweifel daran, dass die CFTC weiß, was Kursmanipulation ist. Ansonsten hätte sie nie Kraft angeklagt! Also: Warum kann die Behörde all das bei Kraft am Weizenmarkt feststellen, aber nicht bei JP Morgan am Silbermarkt? Warum steht die Bank JP Morgan über dem Gesetz?
Ich denke, es liegt daran, dass sie die “Du kommst umsonst aus dem Gefängnis“-Karte bekam, damit sie 2008 auf staatliches Drängen einer Übernahme Bear Stearns sowie der massiven Silber/Gold-Short-Positionen dieser Bank zustimmte. Seither nutzt JP Morgan dieses Arrangement für sich aus, indem die Bank die Silberpreise drückt und physisches Silber akkumuliert, welches unter dem fairen Marktwert gehandelt wird.
Das Problem mit selektiver Strafverfolgung ist, dass sie das gesamte System unterminiert und lächerlich macht. Es ist Betrug höchster Ordnung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass JP Morgans Freischein (der ihr anhaltende Silbermarktmanipulation erlaubte) von den Beamten des US-Finanzministeriums und der Federal Reserve zur Sicherung der allgemeinen Marktordnung ausgestellt wurde und letztendlich als Maßnahme im öffentlichen Interesse betrachtet wurde.
Doch schauen wir uns an, was sich nach sieben Jahren daraus entwickelt hat: ungekannte Marktverzerrungen, die JP Morgan nutzt, um den größten Silbervorrat der Geschichte zu akkumulieren.
Ich möchte auch noch daran erinnern, dass die Vollzugsabteilung (bevor Goleman ins Amt kam) sogar noch fünf Jahre lang angeblich formale Untersuchungen der Silber-Short-Position JP Morgans durchgeführt hatte und diese beendete, ohne die eigentlichen Fragen je anzusprechen.
Alle damals Beteiligten müssten sich schämen, vor allem die beiden, die es besser wussten - die ehemaligen, leitenden CFTC-Angestellten Chairman Gensler und Kommissar Chilton.
Diese Schande hat sich jetzt auch auf die derzeitigen Amtsinhaber übertragen. In meinem Verständnis schwören alle führenden Angestellten der Behörde in ihrem Amtseid, dass sie Recht und Ordnung durchsetzen werden. Im Fall von JP Morgan wurde Recht und Ordnung eindeutig nicht durchgesetzt. Ich weiß nicht, wie die leitenden Angestellten der Behörde mit ihren extremen Pflichtversäumnissen gegenüber dem Rechtsstaat und ihrem Betrug an den Bürgern dieses Landes leben können.
Ich bin mir bewusst, dass dies sehr schwere Anschuldigungen sind, und ich nehme sie nicht auf die leichte Schulter. Ich wäre übrigens auch glücklich, diese zurücknehmen zu können, falls vernünftige Erklärungen präsentiert würden, was allerdings unwahrscheinlich ist.
Die Welt und die USA haben viele Probleme, und im Verständnis der meisten zählt die laufende Silbermarktmanipulation nicht zu den dringlichsten. Wenn aber grundlegende Gesetze pervertiert werden, dann schwächt uns das alle. Und am Silbermarkt ist eine derartige Rechtbeugung offensichtlich!
Würde mich jemand schweren Fehlverhaltens beschuldigen und wären diese Beschuldigungen unbegründet, dann würde ich keinen Moment mit einer Antwort zögern - das gilt, glaub ich, für jeden. Ich beschuldige die CFTC und besonders den Direktor der Vollzugsabteilung Goelman und sein Team Pflichtversäumnissen und der selektiven Anwendung von Gesetzen, deren Durchsetzung sie alle geschworen hatten.
In meinem Verständnis ist die Weigerung, Warenmarktgesetze gleichmäßig anzuwenden und die Öffentlichkeit zu schützen im Grunde ein verräterischer Akt. Sollte die Kommission oder der Direktor der Vollzugsabteilung zur Rolle JP Morgans im Silbermarkt natürlich eine stichhaltige und rechtskonforme Alternativerklärungen abgeben können, würde ich meine Aussage zurückziehen und eine öffentliche Entschuldigung anbieten.
Dies ist eine schwerwiegende Angelegenheit - öffentliche und unqualifizierte Beschuldigungen wegen Marktmanipulation durch die wichtigste Bankeninstitution der Nation sowie des Versagens der Aufsichtsbehörden im Umgang mit dieser Manipulation oder aber das Fehlen einer Erklärung, inwieweit diese Beschuldigungen haltlos seien.
Da die Silbermanipulation so offensichtlich geworden ist (angesichts der jüngsten COT-Berichte und JP Morgans anhaltender Akkumulierung physischen Metalls), muss ich den Eindruck gewinnen, dass wir kurz vor jenem kritischen Punkt stehen, wo auch genügend Außenseiter den JP Morgan-Schwindel erkennen und auch die illegale Verdunklung dieses Betrugs durch die Aufsichtsbehörden.
Ich weiß ohne jeden Zweifel, dass der Silberkurs durch JP Morgan und andere mitagierende Commerical-Trader an der COMEX künstlich gedrückt wird, und ich weiß auch, dass die Enthüllung dieser Geschichte eine Kaufwelle auslösen muss.
Aufgrund der laufenden Kursbeeinflussung an der COMEX werden Silber(und Gold)investoren sowie -produzenten geschädigt. Da sich die Beweislage für Manipulation immer mehr und offensichtlicher verdichtet, ist es nur rechtens, von den Aufsichtsbehörden zu fordern, dass sie die Silber- und Goldmärkte genauso regulieren, wie sie auch andere Märkte regulieren - oder aber erklären, warum das nicht passieren sollte.
Wenn auch Sie der Meinung sind, dass etwas grundlegend falsch ist am Doppelstandard der Vollzugsabteilung im Fall "Kraft/ Weizenmarkt - JP Morgan/ Silbermarkt“, dann nehmen Sie sich bitte die Zeit und kontaktieren Direktor Goelman.
Bitten Sie ihn, JP Morgan der Manipulation anzuklagen oder zumindest um eine Erklärung, warum es in Ordnung sein könnte, dass die Bank physische Auslieferungen bei der maximal zulässigen Kontraktanzahl akzeptiert, während sie gleichzeitig eine massive Netto-Short-Position am Silberterminmarkt hält. Also nicht, wie dazu kommen kann - sondern ob dies in Ordnung sei.
agoelman@cftc.gov
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 07.04.2015 auf der Website www.silverseek.com veröffentlicht.
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