Dem Silbermarkt steht ein großes Ereignis bevor
02.06.2015 | Steve St. Angelo
Ja, das stimmt. Im Silbersektor wird etwas Wesentliches geschehen. Was genau, das ist schwer zu sagen. Kürzlich veröffentlichte, neue Daten deuten darauf hin, dass die Situation zu einer großen Bewegung am Silbermarkt führen wird. Zudem kam es auch beim Handel mit physischem Silber zu einigen interessanten Entwicklungen.
Wie ich in meinem Artikel "Warum importieren die USA so viel physisches Silber?" darlegte, stiegen die Silberimporte der USA in den ersten Monaten dieses Jahres um 44% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch das untenstehende Chart macht das deutlich:
Im Januar und Februar 2015 importierten die Vereinigten Staaten 838 t an physischem Silber, verglichen mit 583 t im letzten Jahr. Ich wies jedoch ebenso darauf hin, dass die Silbernachfrage im ersten Quartal 2015 entweder stagnierte oder niedriger lag als im Vorjahr. Wozu benötigt der amerikanische Silbermarkt also zusätzliches Silber, wenn die Nachfrage gesunken ist? Wer kauft all das Silber … und warum?
Das bringt mich zu den neusten von der CFTC veröffentlichten Daten. Laut dem aktuellen COT-Bericht haben die großen Geschäftsbanken (die mit Edelmetallen handeln) allein in der letzten Woche die enorme Zahl von 18.595 zusätzlichen Short-Optionen auf Silber abgeschlossen. Das ist wirklich ungewöhnlich. Wenn wir uns das untenstehende Chart ansehen, erkennen wir, wie groß der Anstieg der letzten Woche im Vergleich zu den Änderungen des vergangenen Jahres ausfällt:
Die ROTE LINIE unter der Silberpreiskurve im Chart stellt die Änderungen der Nettoanzahl der Short-Positionen der Geschäftsbanken dar. Sie werden bemerken, dass diese Änderungen in der Vergangenheit kleiner ausfielen. Die rote Linie ändert sich stufenweise, entweder nach oben oder nach unten, und meist vollziehen sich die Änderungen in kleinen Schritten. Letzte Woche ging es jedoch mit zusätzlich 24.362 Short-Verträgen netto einen großen Schritt nach unten.
Lassen Sie mich das Chart für unsere neuen Leser ein wenig genauer erklären. Die rote Linie zeigt die Netto-Short-Positionen der mit physischem Edelmetall handelnden Banken und Finanzinstitute. Wenn sie fällt, kommen mehr Shorts hinzu, wenn sie steigt, reduzieren die Banken ihre Short-Optionen. Sie werden auch einen bestimmten Trend erkennen: Wenn der Silberpreis steigt, fügen die Banken mehr Short-Positionen hinzu, um dem steigenden Preis gegenüber mehr Leverage zu haben.
Wenn aber andererseits der Silberpreis fällt, dann verringert sich auch die Nettozahl der Short-Positionen der Banken, da sie sie liquidieren oder rückkaufen. Anhand des obenstehenden Charts können wir deutlich sehen, dass die Netto-Short-Positionen der Banken immer dann einen Höchststand erreichten, wenn auch der Silberpreis einen Spitzenwert erreichte. Hier eine Übersicht über die entsprechenden Daten:
15. Juli 2014 - Netto-Short-Positionen der Banken = 58.696 - höchster Silberpreis = USD 21,53
22. Jan. 2015 - Netto-Short-Positionen der Banken = 61.593 - höchster Silberpreis = USD 18,49
19. Mai 2015 - Netto-Short-Positionen der Banken = 62.485 - höchster Silberpreis = USD 17,74
Jedes Mal, wenn die Banken die größte Nettoanzahl an Short-Positionen hielten, erreichte der Silberpreis seinen Spitzenwert. Und wenn der Preis einen Tiefstand erreichte, sank auch die Zahl der Short-Positionen der Banken auf einen Tiefstwert. Derzeit halten die Banken nicht nur mehr Netto-Short-Positionen als im Laufe des bisheriges Jahres, sondern auch mehr als in den vergangenen vier Jahren:
Die gestrichelte blaue Linie zeigt die aktuelle Zahl der Netto-Short-Optionen der Banken. Wenn diese Zahl steigt, fällt der Graph, weil die Netto-Shorts (rote Linie) als negative Position dargestellt werden und die Netto-Long-Positionen der großen Banken (grüne Linie) als positive Position.
Gehen wir also zurück ins Jahr 2011, als Silber zum Rekordpreis von 49 US-Dollar gehandelt wurde. Selbst damals hielten die Banken nicht so viele Netto-Shorts wie heute. Irgendetwas hat sie also dazu gebracht, innerhalb einer Woche mehr Short-Optionen hinzuzufügen als im Laufe der letzten vier Jahre.
Eine Erhöhung der Short-Positionen vergleichbar mit der der letzten Woche gab es zuvor nur einmal, und zwar am 24. Juni 2014, als die Banken deren Zahl um 20.059 erhöhten. Der Grund für diesen sprunghaften Anstieg war damals jedoch die Liquidierung von 7.733 Long-Positionen bei gleichzeitigem Eingehen von 12.326 Shorts, was zu einem Nettoanstieg der Short-Positionen um 20.059 führte.
Der COT-Bericht der letzten Woche zu Silber zeigt, dass die Banken 5.787 Long-Positionen liquidierten und 18.575 Shorts hinzufügten. Die Nettoanzahl der Short-Positionen stieg also um 24.362 - das sind über 4.000 mehr als beim höchsten Anstieg innerhalb des letzten Jahres.
Wir dürfen nicht vergessen, dass sich die Nettozahl der Short-Positionen erhöht, wenn die Banken ihre Long-Positionen reduzieren. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf ist klar, dass die Banken in den letzten vier Jahren innerhalb einer Woche niemals so viele zusätzliche Short-Optionen eingingen, wie letzte Woche.
Was hat das alles zu bedeuten? Angesichts des Trends der letzten Jahre setzen die Banken wohl darauf, dass der Silberpreis weiter fällt. Doch wie viel tiefer? Wer weiß. Soviel Leverage wie die Banken derzeit durch die Anzahl ihrer Short-Positionen besitzen, hatten sie jedenfalls seit der letzten Höchstzahl an Short-Optionen am 22. Januar nicht mehr – und damals fiel der Preis von einem Spitzenwert von 18,49 US-Dollar auf einen Tiefststand von 15,26 US-Dollar nur zwei Monate später.
Wird der Silberpreis durch einen Short Squeeze in die Höhe schnellen?
Das ist die Vorhersage von Bo Polny von Gold2020Forecast.com. Ich habe mehrmals mit ihm telefoniert und er hat seine eigene Methode, die Entwicklungen an den Edelmetallmärkten vorherzusagen. Er schickte mir dieses Chart, das zeigt, dass das absteigende Dreieck des Silberkurses der letzten vier Jahre am 18. Mai endlich durchbrochen wurde.
Polny ist der Ansicht, dass der Goldkurs und der Silberkurs noch vor dem Sommeranfang am 21. Juni 2015 ausbrechen werden. Hier sehen Sie es also. Die Banken spekulieren darauf, dass der Silberpreis weiter fällt, während Polny denkt, dass es zu einer Rally kommen könnte, wenn die Banken massenhaft versuchen, ihre Short-Positionen zurückzukaufen, weil Silber aus dem absteigenden Dreieck der letzten vier Jahre ausbricht.
Die Lage des globalen Finanzsystems könnte noch sehr interessant werden, vor allem angesichts der Möglichkeit, dass Griechenland aus dem Euro austritt. Die Wahrscheinlichkeit für einen baldigen „Grexit“ ist relativ hoch. Ein großer Sprung der Edelmetallpreise nach oben könnte die Folge sein. Warten wir ab, was der nächste Monat bringt.
Wie Sie alle wissen, gehöre ich eher zu den Langzeit-Investoren im Edelmetallsektor. Ich bin der Meinung, dass der Peak und das anschließende Sinken der weltweiten Ölproduktion verheerende Auswirkungen auf den Wert der meisten herkömmlichen Assets haben werden. In diesen Zeiten stellt der Besitz von physischem Edelmetall eine der besten Investitionen und Möglichkeiten zur Vermögenssicherung dar. Nach oben ist dem Wertzuwachs von Gold und Silber keine Grenze gesetzt, wenn dieses auf bloßem Papier beruhende System, das größte Ponzi-Schema der Geschichte, zusammenbricht.
Dennoch werden wir auf dem Weg dahin noch einige große Schwankungen erleben. Auf dem Silbermarkt geschieht es etwas Seltsames, das sich einer genauen Beschreibung bisher entzieht. Es gibt keinen Grund für die USA, Silber zu importieren, obwohl die Verkaufszahlen der Silver-Eagle-Münze seit Jahren stagnieren, die Silbernachfrage der Industrie wahrscheinlich sinkt und sich auch die Lagerbestände der COMEX in Bezug auf Silber im ersten Quartal 2015 nicht sehr vergrößerten.
Die starke Zunahme der Short-Positionen der Banken wird dadurch umso interessanter. Dem Silbermarkt steht etwas Großes bevor. Die eigentliche Frage ist jedoch IN WELCHE RICHTUNG WIRD DIE ENTWICKLUNG GEHEN?
© Steve St. Angelo
(SRSrocco)
Dieser Artikel wurde am 27. Mai 2015 auf www.silverseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.