Ohne Edelmetallgeld gibt es Inflation
06.06.2015 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Nachdem die Amerikaner die Goldeinlösbarkeit des US-Dollar beendet hatten, war der Weg frei für chronische Inflation.
Von Beginn des 19. Jahrhunderts bis kurz vor dem Zweiten Weltkrieg blieben die amerikanischen Preise mehr oder weniger unverändert. Chronische Inflation war unbekannt. Der Grund: Die Amerikaner hatten ein Edelmetallgeld.
Quelle: Federal Reserve Bank of Cleveland. *Serie ist indexiert (1800 = 51)
Das Münzgesetz von 1792 definierte den US-Dollar durch eine bestimmte Menge an Gold- und Silberfeingewicht. Im Jahre 1879 wurde der US-Dollar zum Goldgeld erklärt: 20,67 US-Dollar entsprachen einer Feinunze Gold.
Das Edelmetallgeld sorgte für stabile Preise. Zwar schwankten die Preise zeitweise. Aber so etwas wie einen fortgesetzten Anstieg aller Preise gab es nicht. Das Geld behielt seine Kaufkraft im Zeitablauf.
1913 gelang es jedoch Banken- und Industrieinteressen - gegen einen Jahrzehnte währenden öffentlichen Widerstand -, eine Zentralbank, die Federal Reserve (Fed), zu errichten, also noch kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Die Fed sorgte für den "Boom" der 1920er Jahre, der im Herbst 1929 in eine "Große Depression" mündete und die Weltwirtschaft in den Abgrund riss. Nun begann man, an der Loslösung des US-Dollar vom Gold zu arbeiten.
Im März 1933 schloss die US-Regierung vorübergehend die Banken und verbot, Kundeneinlagen in Gold auszuzahlen und Gold zu exportieren. Im April 1933 wurde verkündet, die Bankkunden müssten ihr Gold an die Fed abliefern.
Dafür bekamen sie Papier-US-Dollar. 1934 wurde der US-Dollar-Preis des Goldes auf 35 US-Dollar pro Feinunze angehoben. Die Kaufkraft des US-Dollar in Form von Gold wurde entsprechend herabgesetzt.
Zwar gab es formal noch die Verpflichtung, US-Dollar-Guthaben, die ausländische Zentralbanken hielten, in Gold einzulösen. Aber auch sie wurde am 15. August 1971 beendet. Der US-Dollar hatte fortan keine Goldeinlösbarkeit mehr.
Nicht nur der US-Dollar, sondern auch alle anderen Währungen der Welt wurden damit "vom Gold genommen". Ob US-Dollar, Chinesischer Renminbi, Euro, Yen, oder Britisches Pfund: Sie sind alle nicht einlösbares, ungedecktes Geld.
Inflationswirkungen
Ohne "goldene Bremse" können die Regierungen und Banken die Geldmenge nach Gutdünken ausweiten. Die Inflation - die Entwertung der Kaufkraft des ungedeckten Geldes - wird chronisch.
Inflationäres Geld ist in höchstem Maße sozial ungerecht. Es schafft Gewinner und Verlierer. Die Gewinner sind die Erstempfänger des neuen Geldes, die Verlierer sind die Spätempfänger.
Inflationäres Geld verursacht Spekulationsblasen, verleitet Unternehmer zu Fehlentscheidungen. Es kommt zu Wirtschaftsstörungen, zu den gefürchteten Boom-und-Bust-Zyklen.
Weil die Geldmenge durch Bankkreditvergabe vermehrt wird, ist es nicht verwunderlich, dass die Verschuldungslasten von Staaten, Banken und Privaten immer weiter ansteigen relativ zur Wirtschaftsleistung.
Der Staatsapparat wächst dank des inflationären Geldes immer stärker an: Das beliebige Vermehren des ungedeckten Geldes erlaubt es dem Staat, seine Ausgaben weit über das reguläre Steueraufkommen hinaus auszuweiten.
Das inflationäre Geld ermöglicht es zudem, Militärausgaben und Kriege zu finanzieren, die, wenn es ein Edelmetallgeld gäbe, von der Bevölkerung als zu teuer und inakzeptabel angesehen werden würden.

Chart links: Quelle: Federal Reserve of Minneapolis, eigene Berechnungen. *Auf Basis der Konsumentenpreise. Serie ist indexiert (1800 = 1).
Chart rechts: Quelle: US-Schatzamt
Chart rechts: Quelle: US-Schatzamt
Kleinstes Übel
Die mit ungedecktem Geld vergrößerte Finanzkraft des Staates lässt immer mehr Menschen auf seiner Lohnliste landen. Sie alle entwickeln ein persönliches Interesse daran, dass der Staat finanzkräftig ist und bleibt.
Die Bevölkerung erlaubt ihren Regierenden, in immer weitreichenderem Maße bürgerliche und unternehmerischen Freiheiten einzuschränken, wenn es gilt, das ungedeckte Geldwesen von unerwünschten "Krisen" zu heilen.
Die Versuchung wird quasi unwiderstehlich, aufgelaufene Wirtschafts- und Finanzprobleme mit einem Ausweiten der Geldmenge in den Griff bekommen zu wollen. Zahlungsausfälle von Staaten und Banken werden stärker gefürchtet als die Folgen der Geldmengenvermehrung, die Inflation. Geld, das aus politischen Erwägungen vermehrbar ist, wird daher seine Kaufkraft einbüßen.
Diese Einsichten gewinnt man mit Blick auf die jüngste Währungshistorie, in Amerika und anderswo. Es wäre überraschend, wenn sich die Entwertung des Geldes nicht weiter fortsetzt beziehungsweise nicht sogar an Fahrt gewinnt.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH