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Wird der Goldpreis manipuliert?

31.07.2015  |  Clif Droke

Der Goldmarkt wird schwer manipuliert, so lautet eine der weitverbreitetsten Überzeugungen unter Goldinvestoren. Für viele Verfechter des gelben Metalls ist es inzwischen zu einem Glaubensgrundsatz geworden, dass der Goldkurs der direkten Kontrolle des Staates, der Zentralbanken und anderer Parteien unterliegt. Sie alle habe ein Interesse, den Goldpreis zu drücken.

In diesem Kommentar wollen wir diesem Glauben auf den Grund gehen und eine abschließende Aussage treffen, inwieweit dieser Glaube richtig ist.

Fast vier Jahre nach dem Beginn der Gold-Baisse gehören Gold-Verschwörungstheorien in den Kommentaren der Goldautoren immer mehr zur Normalität. Ich kann mich nicht erinnern, dass es seit den späten 1990ern (Gold ging damals dem Ende seines 21-jährigen Bärenmarkts entgegen) jemals so viele Anspielungen auf Goldmanipulation gegeben hat.

Diskussionen über Goldmarktmanipulation waren damals relativ normal, da sich unter den Goldinvestoren die Frustration über die Erholungsunfähigkeit des Goldes breitgemacht hatte. Die Aktienmärkte schossen unterdessen auf Allzeithochs, was die Frustration der Goldbugs nur noch steigerte, schließlich hatten sie auch noch die Aktien-Hausse verpasst.

Die angebliche Goldkursmanipulation wurde damals logisch damit erklärt, dass die US-Regierung einen stärkeren Dollar favorisiere. Die Politik des starken Dollars unter US-Finanzminister Robert Rubin stützte diese Überzeugung.

Verschwörungstheoretiker glaubten damals, die USA wolle mithilfe der Schwächung ausländischer Währungen anfälligere Nationen zum Einbruch bringen, um die Einführung einer vollintegrierten Weltwirtschaft voranzutreiben. An Glaubwürdigkeit gewannen diese Theorien durch den Fast-Zusammenbruch der Rohstoffsektors im Sommer 1998 einhergehend mit Währungskrisen in Russland, Argentinien und verschiedenen Nationen des Pazifischen Gürtels.

Wie sich herausstellte, war diese Panikphase aber nur von kurzer Dauer; Gold und andere Rohstoffe bildeten kurz darauf eine langfristige Talsohle aus.

Der Markt für Gold ist immens groß, und es ist buchstäblich unmöglich, dass irgendeine Institution dessen Preisfluktuationen kontrollieren kann. Jeder Versuch, die Goldpreise steigen oder fallen zu lassen, ist so gut wie sicher zum Scheitern verurteilt sein (außer vielleicht vorrübergehende, zeitlich stark begrenzte).

Selbst ein Interessenkreis, der die Absicht hätte, die Goldpreise in die Tiefe zu drücken, würde mit Sicherheit aufgrund der enormen Größe und Komplexität des Marktes an diesen Zielen scheitern. Ein bekannter Marktanalyst des letzten Jahrhunderts stellte dahingehend fest: "[D]er Markt an sich ist größer als die Gesamtheit aller ‘Vereinigungen‘ und ‘Insider‘ […], die großen Marktbewegungen entziehen sich selbst einer Manipulation durch alle vereinten Finanzinteressen der Welt.“

Unter den Goldbugs, die der Manipulationstheorie anhängen, ist der Glaube an eine globale Verschwörung weit verbreitet. Das vielleicht berühmteste Beispiel eine solche Verschwörung ist das Illuminati-Konzept. Illuminati-Theoretiker glauben an eine straff organisierte Gruppe elitärer Individuen in Staat, Industrie und Finanzwesen. Diese Menschen verbindet das gemeinsame Ziel, die Souveränität von Nationalstaaten zu unterlaufen und eine Eine-Welt-Regierung errichten zu wollen.

Angeblich sei diese Gruppe zudem durch jahrhundertelange Blutsverwandtschaften und politische Beziehungen untereinander verbunden. In seinem Buch “Exploding the Doomsday Money Myths“ schreibt Sherman S. Smith:

“Die Vorstellung, dass es eine solche totale Einheit aber auch eine so vollkommene Loyalität unter Verwandten, unterschiedlichen Familien und Nationen geben kann, ist mir unergründlich. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt uns, zu welchen inneren Kämpfen schon einzelne Familieneinheiten fähig sind.

Die Wahrscheinlichkeit, dass aber eine derart große Gruppe über mehr als 200 Jahre hinweg eine geplante Strategie erfolgreich ausklügeln und durchsetzen kann, ist in der Tat winzig klein.“

Es lässt sich nicht leugnen, dass es in der Tat Verschwörungen und Monopole gibt. Aber genauso wenig lässt sich leugnen, dass es für jeden Versuch, die Kontrolle über einen Sektor oder Rohstoff zu erlangen, auch ein Gegengewicht gibt.

In jeder Gruppe von Möchtegern-Monopolisten gibt es immer auch jene, die sich nie auf ein gemeinsames Ziel zur Kontrollübernahme einigen können, das sagen uns die ganz allgemeinen, alltäglichen Erfahrungen (jeder, der mit Unternehmenspolitik vertraut ist, weiß das).

Zudem gibt es immer auch jene Parteien, die entgehen der anderen verschworenen Gruppen ihrerseits die totale Kontrolle erreichen möchten. Mit anderen Worten: Es gibt keine vorrangige Illuminati-Monopolgruppe, sondern verschiedenste Gruppen von Möchtegern-Lenkern, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. “Wäre es nicht so“, so schreibt Smith, “dann stünde die gesamte Welt schon jetzt unter der Kontrolle der Mafia oder ähnlicher Unterweltorganisationen.“



Wer Goldmanipulationstheorien anhängt, sollte sich eine Reihe von Fragen stellen. Die erste: Warum sollten sich Manipulatoren an aktiver Goldkursdrückung versuchen, wenn sich mit niedrigen Goldpreisen weniger verdienen lässt als mit hohen?

Die Manipulationsanhänger haben vermutlich nichts gegen multinationale Unternehmen, aus denen die Weltwirtschaft besteht. Es ist bekannt, dass hohe Rohstoffpreise als Indikator gesunder Aussichten für Großunternehmen gelten, denn die Nachfrage nach Rohstoffen und Grundmaterialien für die Industrie steigt.

Gold ist nun das aussagekräftigste Barometer für die Rohstoffnachfrage. Sinkenden die Kurse, so ist das vielmehr Ausdruck von Deflation. Und Deflation ist ein Fluch für Großunternehmen. Manipulatoren dürften, wenn überhaupt, viel mehr Interesse daran haben, die Goldpreise steigen zu lassen, nicht aber einbrechen.

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Zweitens: Welches Interesse könnten Goldmanipulatoren an der Senkung der Goldkurse haben, wenn dies automatisch eine Stärkung des Dollars vorrausetzt? Ein erstarkender Dollar ist langfristig nicht vorteilhaft für die US-Wirtschaft. Er führt zu sinkenden Exportpreisen für US-Hersteller und lässt die Gewinnmargen schrumpfen.

Wie das Wall Street Journal am 24. April berichtete, “verwüstet" der starke Dollar die Gewinnspannen amerikanischer Multinationals. Ein starker Dollar zwingt die multinationalen Unternehmen zu Preiserhöhungen, um die Währungsprobleme zu kompensieren. Dies drückt aber, wie das WSJ erklärt, tendenziell nur wieder die Gewinne, aufgrund sinkender Absätze.

Sollte tatsächlich eine Goldverschwörung existieren, dann gäbe es für die Goldpreisdrückung nur einen nachvollziehbaren Grund: Die Manipulatoren könnten Gold zu Schnäppchenpreisen zurückkaufen. Das würde ihnen die Möglichkeit verschaffen, im kommenden Bullenmarkt, der zwangsläufig auf eine langfristige Baisse folgt, Profite zu schlagen.

In diesem Zusammenhang kann ich mich aber nicht daran erinnern, dass die Goldbugs diese Manipulation während der Gold-Hochphase 2002-2011 diskutierten, in der das Metall auf Allzeithochs stürmte. Es scheint wohl in der Tat so zu sein, dass die “Manipulation!“-Rufe selektiv kommen - sprich nur dann, wenn sich die Aussichten beim Gold eingetrübt haben.

Und schließlich stellt sich noch die Frage, warum jene Verschwörungstheoretiker, die fest an die Manipulation des Goldmarkts glauben, überhaupt Goldeigentum propagieren? Hier liegt die vielleicht größte Widersprüchlichkeit in ihrer Hypothese.

Warum sollte man Gold überhaupt erst anfassen, wenn sein Kurs komplett den Launen einer elitären Gruppe aus mächtigen Brokern ausgesetzt ist? Könnte es sein, dass sich die Anführer der Verschwörungstheoretiker nicht genügend Gedanken darüber gemacht haben, wie sich diese Dissonanz ausbügeln ließe? Schließlich haben so viele von ihnen ein persönliches Interesse an der Werbung für Goldmünzen.

Ich habe über die Jahre mitbekommen, dass viele Verschwörungstheoretiker Goldeigentum propagieren; einige von ihnen verkaufen es als Einzelhändler, ganz gleich ob die Preise steigen oder fallen.

Die aggressivsten Marketinganstrengungen für Gold-Bullionmünzen finden tatsächlich dann statt, wenn sich der Goldpreis am schwächsten zeigt. Es wirkt widersprüchlich, dass dieselben Leute, die am lautesten gegen Goldmanipulation wettern, gleichzeitig diejenigen sind, die Goldeigentum empfehlen - selbst wenn die Anlageaussichten düster sind.

Könnte es sein, dass es unter den Goldmünzenhändlern vielleicht eine ganz ähnlich starke Verschwörung gibt, wie sie angeblich von den vermeintlichen Goldmarktmanipulatoren betrieben wird?

Die größte Stärke des Goldes ist seine Funktion als Angst-Barometer. Sind Investoren besorgt wegen der längerfristigen Wirtschafsaussichten, greifen sie immer den sicheren Hafen Gold zurück.

Das war auch in den 1970ern der Fall, als sich die Investoren um die Auswirkungen der galoppierenden Inflation Sorgen machten. Auch im letzten Jahrzehnt war das ganz klar der Fall; es gab häufig Investorensorgen wegen Krieg, Terrorismus und weltwirtschaftlichen Problemen.

Sind die Investoren jedoch weniger ängstlich, verliert Gold seinen Reiz, weil sichere Häfen zugunsten riskanterer Anlagen ignoriert werden. Das, und nicht eine durchorganisierte Goldverschwörung, ist der Grund, warum Gold seit 2011 sinkt.


© Clif Droke
www.clifdroke.com

Dieser Artikel wurde am 28.07.2015 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.