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Preisbildung im Rohstoffsektor: Die Macht der Spekulanten über die Kurse

26.08.2015  |  Theodore Butler

In der Welt der herkömmlichen Rohstoffe ist fast jeder Marktteilnehmer - ob nun Produzent oder Verbraucher - ein Preisnehmer. Sie akzeptieren das allgemeine Preisniveau, das zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Märkten herrscht.

Ein normaler Benzinverbraucher hat eigentlich keine andere Wahl, als die Preise an der Tankstelle zu akzeptieren oder eben woanders zu tanken. Dasselbe gilt für Unternehmen wie Fluggesellschaften oder andere Transportunternehmen. Sie können sich zwar Hedging betreiben und sich ihre Treibstoffe zu einem bestimmten Preis sichern, allerdings unterliegen auch diese Absicherungsgeschäfte dem vorherrschenden Kursniveau.

Selbst die großen Produzenten wie z.B. Mineralölunternehmen müssen das akzeptieren, was der Markt ihnen vorgibt, auch wenn die größten Ölproduzenten, wie Saudi-Arabien (zumindest vorübergehend) die Ölpreise bestimmen könnten.

So sollte es eigentlich mit allen Weltrohstoffen funktionieren: 99% aller Konsumenten und Produzenten sind Kursnehmer - sprich, sie akzeptieren die jeweils vorherrschenden Preise. Das sollte im Grunde kein Problem sein, weil sich dies perfekt mit unseren Vorstellungen von freier Marktpreisfindung mittels der magischen Angebot/Nachfragegleichung decken würde.

Bei zu hoher Nachfrage und ohne ausreichendes Angebot müssen die Preise steigen; nicht genügend Nachfrage und/ oder zu hohes Angebot lassen die Preise fallen. Dann stellt sich wieder ein Gleichgewicht zwischen beiden Seiten her.

Dieser Artikel wäre an dieser Stelle zu Ende, würde das auf viele der heutigen Märkte für globale Rohstoffen tatsächlich auch zutreffen (d.h. reales Angebot & reale Nachfrage wären kurs- oder preisbestimmend) Das ist allerdings nicht der Fall.

Zutreffend ist zwar, dass mehr als 99% aller Weltverbraucher und -produzenten Preisnehmer und nicht Preisgeber sind. Hinsichtlich der Voraussetzungen für freie Märkte ist das eigentlich gut. Schlecht hingegen ist, dass die Verbrauchs- und Produktionsmengen dieser Akteure nur sehr wenig mit der heutigen Preisfindung zu tun haben.

Wie ist das möglich? Wie kann es sein, dass auf der einen Seite keiner der dominanten Produzenten oder Verbraucher globaler Rohstoffen kursbestimmende Macht hat und ich auf der anderen Seite behaupten kann, dass die Kurse in einem solchen Ausmaß beeinflusst werden, dass man sie als künstlich festgesetzt bezeichnen müsste?

Die Antwort: Es gibt eine mächtige Kraft, die die Kurse vieler globaler Rohstoffe völlig abseits des Einflusses von Angebot und Nachfrage bestimmt. Scheinbar aus dem Nichts kommend, hat es diese Kraft geschafft, die Wirkung des Gesetzes von Angebot und Nachfrage außer Kraft zu setzen, als hätte dieses nie existiert.

Bei der großen Kursgestaltungskraft von der ich spreche, handelt es sich um die exzessive spekulative Positionierung an regulierten Terminmärkten, die sich zumeist im Eigentum der CME Group befinden und von ihr betrieben werden.

Einfach ausgedrückt: Als kurstreibende Kraft hat der spekulative Handel mit Futures-Kontrakten die eigentlichen Angebots- und Nachfragekräfte in den Schatten gestellt. Obgleich solche exzessive Spekulation allen gesetzlichen Bestimmungen für den Rohstoffmarkt vollkommen zuwiderläuft, schaut die oberste Rohstoffregulierungsbehörde, die CFTC, einfach weg.

Ironischerweise beweisen die Daten, die von genau dieser bundesstaatlichen Aufsichtsbehörde veröffentlicht werden, dass an vielen Märkten für Weltrohstoffe die exzessive Spekulation kursbestimmend ist.

Ich möchte es klar und deutlich sagen: Spekulation ist an und für sich nicht falsch; ohne sie gäbe es gar keinen funktionierenden Rohstoffmarkt. Wenn exzessive Spekulation aber kursbestimmend ist, dann läuft etwas ganz und gar falsch.

Die von mir benannte exzessive Spekulation ist ziemlich speziell: Sie wird von zwei Trader-Typen betrieben, die an den Terminmärkten moderner Prägung zu finden sind. Auf der einen Seite steht eine Trader-Gruppe, die unter die CFTC-Kategorie ‘Managed Money‘ fällt. Auf der anderen steht eine Gruppe, zu der auch die ‘Commericals‘ (meistens Banken) zählen. Die letztere Gruppe stellt immer die Gegenseite zu allen Kauf- oder Verkaufstransaktionen, die das ‘Managed Money‘ durchführen möchte.

Es wird aber noch spezieller: Ich beziehe mich hierbei nur auf jene Managed-Money-Trader, die unter rein technischen Gesichtspunkten, wie z.B. gleitende Durchschnitte, Handel treiben.

Das Problem besteht in aller Kürze darin: Da die technischen Trader des Managed Money im Allgemeinen immer dasselbe machen (kaufen oder verkaufen) und das auch noch unter ganz ähnlichen Umständen (kaufen bei steigenden Kursen, verkaufen bei sinkenden) ergibt sich unter Strich folgende Gesamtwirkung (obwohl jeder einzelne technische Trader unabhängig von den anderen agiert):

Das gemeinschaftliche Handeln dieser Gruppe lässt die einzelnen Trader zu einer riesigen Trader-Einheit verschmelzen, wie sie es zuvor nie an Märkten gegeben hatte. Die kursbestimmende Wirkung der kollektiv handelnden Trader des Managed Money hat einen unbestreitbaren Einfluss auf die Kurse der globalen Rohstoffe.

Normalerweise schreibe ich nur über die kollektiven Auswirkungen auf die Märkte für Silber und Gold, allerdings hat dieses Problem viel breitere Dimensionen angenommen.

In den Daten des Commitments of Traders (COT), der von der CFTC herausgegeben wird, finden wir den Beweis, dass diese kollektive Positionierung des Managed Money auch an den Märkten für Mais, Rohöl und Kupfer die dominante Kurskraft gewesen ist (neben Silber und Gold).

Auch andere Rohstoffe werden in ähnlicher Weise von der kollektiven Positionierung der Managed-Money-Trader beeinflusst, allerdings möchte ich mich aus Gründen der Kürze auf diese fünf Rohstoffe beschränken.

Beim jüngsten Kurssprung am Markt für Mais von über 20% (jetzt wieder rückläufig) hatten die Trader der Kategorie Managed Money auf Nettobasis innerhalb weniger Wochen knapp 400.000 Kontrakte gekauft (meist in Form von Glattstellungen von Short-Positionen) - diese Kontraktmengen entsprechen fast 30% des gesamten Open Interest für Mais-Futures an der Chicago Board of Trade.



Diese Menge ist zudem das Äquivalent zu zwei Milliarden Bushel Mais, oder fast 15% der US-Maisproduktion. Die USA sind der größte Maisproduzent der Welt, sie erzeugen die Hälfte der Weltproduktion. Könnte es eine offensichtlichere, kurstreibende Kraft an einem Markt geben, als einen Trader, der plötzlich 30% eines großen Terminmarktes kauft?

Bei jüngsten Kurseinbruch am Rohölmarkt von 12 $ verkauften die Trader des Managed Money auf Nettobasis 150.000 Kontrakte in einem Zeitraum von nur wenigen Wochen. Das ist das Äquivalent zu 150 Millionen Barrel Öl oder fast 10 % des gesamten NYMEX-Rohölmarktes. Ein Trader verkauft eilig 150 Millionen Barrel Rohöl! Mit welchen Kurseffekten ist also zu rechnen?

Beim Einbruch der Kupferpreise von 2,90 $ auf 2,40 $ seit dem 19.Mai haben Trader des Managed Money mehr als 66.000 COMEX-Kupferterminkontrakte auf Nettobasis verkauft - das sind ganz erstaunliche 40% des gesamten Open Interest am Markt. Wir sprechen hier zudem von einem Äquivalent zu 825.000 Tonnen Kupfer oder mehr als dem Doppelten der Lagerbestände von COMEX und LME zusammen.

Wie sollte es keinen deutlichen Kursverlust geben, wenn ein Trader das Äquivalent von 40% eines großen Marktes innerhalb von zwei Monaten verkauft? (Übrigens: Ich benutze hier die Daten der jüngsten COT-Berichte).

Beim Einbruch der Goldkurse um 140 $ seit dem 19.Mai verkauften Trader des Managed Money auf Nettobasis 93.000 COMEX-Terminkontrakte (meist in Form neuer Leerverkäufe) - also 20% des gesamten COMEX-Marktes oder aber das Äquivalent von 9,3 Millionen Unzen mit einem Gegenwert von mehr als 10 Mrd. $.

Würde Sie ein 11%iger Kursrutsch überraschen, wenn ein Trader in einem Zeitraum von etwas mehr als zwei Monaten 20% der weltgrößten Börse verkauft hat?

Im Umfeld des Einbruchs der Silberkurse um 3 $ seit dem 19.Mai verkauften Trader des Managed Money auf Nettobasis 57,000 COMEX-Silberterminkontrakte (meist in Form neuer Leerverkäufe) - oder aber knapp 30% des gesamten COMEX-Silbermarktes, welcher ebenfalls der größte Silberterminmarkt der Welt ist.

Das sind umgerechnet 285 Millionen Unzen oder aber fast 35% der jährlichen globalen Bergbauproduktion. Wie könnte ein großer Trader solch unglaublich große Mengen (relativ zum COMEX-Volumen und zur Weltbergbauproduktion) verkauften, ohne dass dabei die Kurse in den Keller gehen?

Ich bin mir bewusst, dass sich all diese Zahlen auf den Terminhandel und nicht auf die eigentlichen Rohstoffe beziehen. Aber genau das ist es doch! Da alle Rohstoffproduzenten und -verbraucher in die Kategorie der Preisnehmer, und nicht der Preisgeber, fallen, wird die Preisfindung für physische Rohstoffe eindeutig an den Terminmärkten bestimmt.

Senkt man den Silberkurs an der COMEX um 3 $, sinkt automatisch auch der Silberpreis für alle Silberproduzenten und Verbraucher um diese 3 $. Es ist vollkommen verrückt (und auch illegal), dass reine Spekulanten den realen Produzenten und Verbrauchern die Preise diktieren können. Aber wir leben eben in einer völlig verrückten Welt. (Möglicherweise aber nur solange, bis sich die realen Produzenten gegen diesen Wahnsinn erheben.)

Wer sind diese Trader, die derart kollektiv agieren und eine derart dominante Rolle bei der Rohstoffpreisfindung einnehmen? Und warum schauen die Aufsichtsbehörden weg, während die technischen Trader aus der Kategorie des Managed Money zu den unangefochtenen Kursmachern aufsteigen (wie die erwähnten Daten zeigen)?

Die Antwort auf diese Fragen sind schrittweise Prozesse und der Unwille, sich Probleme einzugestehen, die schon vor langer Zeit hätten behoben werden müssen.

Zuerst einmal Folgendes: Keiner der einzelnen technischen Trader aus der Kategorie des Managed Money ist für sich genommen verantwortlich für diese Kursbestimmung. Wenn aber all jene verschiedenen Managed-Money-Trader immer wieder dasselbe machen, dann bewirkt dieses kollektive Handeln unterm Strich Kursbestimmung und -verzerrung.

Insgesamt als Gruppe betrachtet, kontrollieren Trader des Managed Money Werte von mehr als 300 Milliarden $ im Bereich des Terminhandels. Sie haben sogar eigene, mächtige Lobbyorganisationen, die wie alle anderen derartigen Organisationen jeden Versuch bekämpfen, mit dem die Aktivitäten dieser Trader eingeschränkt werden sollen - auch wenn deren kollektives Handeln die Integrität unserer Märkte unterminiert.

https://www.managedfunds.org/

Und was die CFTC angeht: Sie hat in der Vergangenheit schon so oft Fehlverhalten und Fehlentwicklungen im Silbermarkt abgestritten. Für sie wäre es ein vollkommenes Ding der Unmöglichkeit, zuzugeben, dass irgendetwas von dem, was ich behaupte, am Silbermarkt tatsächlich stattfinden würde.

Weil die CFTC Angst davor hat, dieses Thema auch nur anzusprechen, hat sich die “Silbermanipulationskrankheit“ inzwischen auf fast alle von der CME kontrollierten Märkte übertragen.

Und das hätte nicht sein müssen. Denn für dieses Problem gab und gibt es eine einfache Lösung. (In diesem Artikel erörtere ich nicht meine Überzeugung, dass die Managed-Money-Trader von den Commercials trickreich zu Einstieg und Ausstieg aus ihren Terminpositionen bewegt werden. Denn das ist ein separates Problem.)

Die Lösung für dieses Problem (die ich nun schon seit Jahren propagiere) ist folgende: Die Managed-Money-Trader sollen wie eine große Trading-Einheit behandelt werden, die unison agiert. Denn praktisch betrachtet, verhalten sie sich genauso.

Es steht außer Zweifel, dass diese Trader Spekulanten sind. Es steht daher auch außer Zweifel, dass diese Gruppe wie eine einzige spekulative Einheit behandelt werden müsste, die sich einer gemeinsamen Positionsobergrenze zu unterwerfen hat.

Kein spekulativer Trader darf innerhalb kurzer Zeit 10%, 20% oder 40% eines Rohstoffmarktes an- oder verkaufen. Und das sollte genauso auch für kleine Gruppen aus Tradern gelten, die unisono handeln.

Man sollte nicht vergessen, dass wir hier über eine sehr kleine Zahl von Trader reden. An den meisten Märkten sind es um die 30 bis 50 Trader. Warum sollten 30 oder 50 rein spekulative CME-Trader das Recht haben, die Preise für Millionen oder gar Milliarden globaler Akteure festzusetzen, welche die ihnen diktierten Preise einfach hinnehmen müssen?


© Theodore Butler


(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 30.07.2015 auf der Website www.silver-phoenix500.com veröffentlicht.

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