Chinas Goldstrategie: Eine Theorie
09.09.2015 | Jan Nieuwenhuijs
Die Entwicklungen innerhalb der chinesischen Zentralbank legen die Vermutung nahe, dass sich dort in Bezug auf Gold in Zukunft noch einiges tun wird. Die wichtigsten Ereignisse der letzten Zeit waren:
1. Am 17. Juli hat die Chinesische Volksbank die Erhöhung ihrer offiziellen Goldreserven von 1.054 Tonnen auf 1.658 Tonnen bekanntgegeben.
2. Am 11. August hat sie den Renminbi um etwa 3% abgewertet.
3. Am 15. August hat sie erneut aktuelle Zahlen zu den offiziellen Goldreserven veröffentlicht, die seit Juli um weitere 19 Tonnen auf insgesamt 1.677 Tonnen erhöht wurden. Zudem wurde erstmals der Wert der Goldbestände entsprechend des Marktpreises angegeben.
Womit haben wir es hier also zu tun? Zum einen sollen mit der regelmäßigen Veröffentlichung der aktuellen Goldreserven die Regeln des Internationalen Währungsfonds (IWF) für eine Aufnahme des Renminbi in den Währungskorb des Sonderziehungsrechts (SZR) erfüllt werden. Um dies zu erreichen, muss der Renminbi frei verwendbar sein und die chinesische Zentralbank ist verpflichtet, den Stand ihrer Währungsreserven gemäß den Datenstandards (Special Data Dissemination Standard, SDDS) des IWF zu veröffentlichen.
Dieser gab zu Beginn dieses Jahres bekannt, dass der Renmnbi die Anforderungen für eine Einstufung als "frei verwendbar" erfüllt. Es fehlte also nur noch die Transparenz bezüglich der chinesischen Währungsreserven, an der die Volksbank derzeit arbeitet.
Zum anderen zeigen die Updates zu den offiziellen Goldreserven, dass China in den letzten Jahren beständig Gold zukaufte, um die eigenen Devisenbestände zu diversifizieren, die hauptsächlich aus US-Staatsanleihen bestanden.
Es hat vielleicht den Anschein, als wäre das Sonderziehungsrecht die nächste Reservewährung der Welt, doch dabei handelt es sich nur um eine Zusammenstellung von Papiergeld, inklusive aller Mängel, die mit den Fiatwährungen einhergehen. Möglicherweise wird das SZR gar nicht zur weltweiten Reservewährung aufsteigen und China will es nur nutzen, um die Internationalisierung des Renminbi voranzutreiben.
Ich habe bereits mehrfach berichtet, dass die chinesische Regierung ihrer Bevölkerung rät, einen Teil der Ersparnisse in Gold anzulegen. Und diese Regierung würde ihre Bürger sicherlich nicht dazu auffordern, Assets zu kaufen, von denen sie erwartet, dass sie in zehn Jahren wertlos sind. Der Staatsrat der Volksrepublik ist also überzeugt davon, dass der Goldpreis (in Renminbi) steigen wird!
2002 wurde die Shanghai Gold Exchange (SGE) als Zentrum des chinesischen Goldmarktes und Handelsplatz für physisches Gold sowie für Derivate eingeweiht. Die Börse ermöglicht allen chinesischen Bürgern direkten Zugang zum Gold-Großhandelsmarkt.
Am 11. August 2015 wertete die Chinesische Volksbank dann den Renminbi (Yuan) um 3% ab:
Im obenstehenden Chart sehen wir die Abwertung des Renminbi gegenüber dem US-Dollar. Da der Dollar die weltweite Reservewährung ist, ist er auch die anerkannte Vergleichseinheit. Die Abwertung hat natürlich auch Einfluss auf den Wert des Renminbi gegenüber allen anderen Währungen, einschließlich Gold. Der markante Unterschied zwischen dem Edelmetall und den anderen Zahlungsmitteln ist jedoch, dass die chinesische Regierungen ihren 1,3 Milliarden Bürgern rät, Ersparnisse in Gold anzulegen, und nicht in irgendeiner anderen Währung.
Die Botschaft des Staatsrats ist eindeutig. Er sagt der chinesischen Bevölkerung damit, dass sie in Gold investieren sollen, um das weltweite Rodeo der Fiat-Abwertungen zu überstehen. Wenn China den Renminbi abwertet, kurbelt das die Exporte an und lässt das Bruttoinlandsprodukt steigen, während die Kaufkraft der Bürger davon nicht betroffen ist - zumindest wenn sie Gold erworben haben.
Hier sehen Sie, wie sich der Goldpreis in Renminbi am 11. August verhielt:
Ein sprunghafter Anstieg um 5%! Der Goldpreis in Renminbi hat reagiert und ist zusätzlich zur Abwertung der Währung um 3% noch 2% höher gestiegen. Die Kaufkraft der Chinesen, die ihr Kapital in Gold angelegt hatten, litt also nicht unter der Geldentwertung. Sie konnten nach dem 11. August 5% mehr in Renminbi abgerechnete, lokale Produkte kaufen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, als zuvor, und sich noch immer die gleiche Menge an ausländischen, in Dollar angebotenen Produkten und Services leisten (wenn nicht gar mehr). Sollten die lokalen Preise in Renminbi ebenfalls um 3% steigen, könnten die Goldbesitzer dennoch eine Vergrößerung ihrer Kaufkraft verzeichnen.
Es gibt selbstverständlich noch andere Faktoren, die den Renminbi-Preis für Gold beeinflussen, aber dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es für die Chinesen ist, Gold zu besitzen. Die zentrale Botschaft ist von entscheidender Bedeutung: Investiert in Gold, um eure Kaufkraft zu schützen, denn der Renminbi wird so stark abgewertet werden, wie nötig. Wenn Sie in China leben, wird die Regierung Ihnen zu einem gewissen Grad - wir wollen nicht so tun, als wären diese Leute Engel - dabei helfen, sich nicht von den Papiermärkten täuschen zu lassen und Ihr Vermögen zu bewahren.
Die Tatsache, dass die Chinesische Volksbank ihre Goldbestände weiter erhöht und diese anhand des Marktpreises bewertet, bringt sie in die gleiche Position wie die chinesischen Bürger. Die Zentralbank besitzt Devisenreserven (US-Dollars, Euros, Yen, Pfund etc.), Sonderziehungsrechte und Gold. Wenn alle Fiatwährungen weiter fallen, ist Gold der letzte sichere Vermögenswert. Da die Volksbank den Wert ihrer Goldreserven entsprechend des Marktpreises angibt, bliebe ihre Bilanz bei einer eventuellen Hyperinflation der Fiatwährungen und einer damit einhergehenden Neubewertung von Gold ausgeglichen.

Die chinesischen Behörden haben nie verheimlicht, dass sie eine Neuausrichtung des internationalen Währungssystems weg vom US-Dollar begrüßen würden. Die Erfahrung hat sie gelehrt, den Wert ihrer Reserven nicht den Launen einer ausländischen Währung zu unterwerfen. Das derzeitige Dollarsystem ist nicht nachhaltig. Chinas Problem besteht jetzt darin, Dollars loszuwerden: Wie stellt man das an, wenn man mehr als eine Billion davon besitzt? Ironischerweise ist China das Land, das am meisten von der aktuellen Stärke des Dollar profitiert. Ein starker Dollar und niedrige Goldpreise sind perfekt, um die Reserven langsam aber sicher zu diversifizieren - weg vom US-Dollar und hin zu mehr Gold.
China muss den Wert der Goldreserven in seiner Bilanz am Marktpreis messen ("Mark-to-Market", MTM), damit die Verluste, die das Land bei einem Crash der amerikanischen Währung machen würde, von den Kursgewinnen des Edelmetalls ausgeglichen werden.
Man könnte sagen, dass die MTM-Strategie ein logischer Schritt auf dem Weg zu einem nicht mehr auf dem Dollar beruhenden Währungssystem ist. Zudem erkennt man mit der Bewertung der Goldreserven entsprechend des Marktpreises die Schwäche aller Fiatwährungen an - ein weiter Hinweis der chinesischen Zentralbank an die Bevölkerung. Ganz im Gegensatz zur US-Notenbank Fed, die ihr Gold zum gleichbleibenden Wert von 42,22 USD je Unze verbucht.

Die Eurozone (die gegründet wurde, um ein Gegengewicht zum Dollar zu schaffen) und Russland bewerten ihre Goldreserven ebenfalls nach dem MTM-Prinzip. Vielleicht arbeiten einige Mächte bereits daran, dem Dollar den Stecker zu ziehen und seinen übertriebenen Privilegien ein Ende zu bereiten? Wenn Gold den US-Dollar eines Tages als internationale Reservewährung ersetzen würde, würden die Zentralbanken ihre jeweiligen Währungskurse mit Hilfe von Goldkäufen und -verkäufen kontrollieren. Ist diese Strategie Teil des Mandats der Europäischen Zentralbank? Ja, tatsächlich:
Offenmarkt- und Kreditgeschäfte
18.1. Zur Erreichung der Ziele des ESZB und zur Erfüllung seiner Aufgaben können die EZB und
die nationalen Zentralbanken
auf den Finanzmärkten tätig werden, indem sie auf Euro oder sonstige Währungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen;[...]
Geschäfte mit dritten Ländern und internationalen Organisationen
Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind befugt,
alle Arten von Devisen und Edelmetalle per Kasse und per Termin zu kaufen und zu verkaufen; der Begriff "Devisen" schließt Wertpapiere und alle sonstigen Vermögenswerte, die auf beliebige Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, unabhängig von deren Ausgestaltung ein;
die in diesem Artikel bezeichneten Vermögenswerte zu halten und zu verwalten;
alle Arten von Bankgeschäften, einschließlich der Aufnahme und Gewährung von Krediten, im Verkehr mit dritten Ländern sowie internationalen Organisationen zu tätigen.
Was für eine wunderbare Möglichkeit für Zentralbanken, Deflation oder Inflation zu bekämpfen, einfach indem sie mit Gold handeln. Keine übertriebenen Privilegien, keine Monetarisierungen von Staatsschulden, moralisch bedenklichen Maßnahmen oder politischen Auseinandersetzungen. Ist das die Zukunft, auf die wir zusteuern?
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© Jan Nieuwenhuijs
The Gold Observer
Dieser Artikel wurde am 24. August 2015 auf www.BullionStar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.