Immer noch kein Ende des Bärenmarktes
12.09.2015 | Florian Grummes
1. Gold in USD
Rückblick:
Entgegen meiner primären Erwartung konnte sich der Goldpreis Mitte August zunächst doch deutlich bis auf 1.169,80 US$ erholen. Getrieben durch Leerverkaufseindeckungen und einbrechende Aktienmärkte verteuerte sich die Feinunze ausgehend vom Tief bei 1.072,30 US$ somit innerhalb von vier Wochen um fast 100 US$.
Seit dem Hoch am 25.August haben die Bären aber bereits wieder die Kontrolle übernommen und konnten die Notierungen in einem Umfeld großer Unsicherheit wieder unter die 50-Tagelinie (1,126,30 US$) drücken.
In den letzten Tagen bewegt sich der Goldpreis lethargisch in einer engen Handelsspanne zwischen 1.118,00 US$ und 1.125,00 US$, welche sich gut in das bärische Grundmuster der letzten Monate und Jahre einfügt.
Gold in USD Monatschart:
Der logarithmische Monatschart lässt - unabhängig einer möglichen zwischengeschalteten Erholung - weiterhin einen Test der ultrastarken Unterstützungszone zwischen 980,00 US$ und 1.035,00 US$ erwarten. Zwar haben die Bären ihre Chance auf die lange erwartete Kapitulation im August zunächst vertan, eine nachhaltige Trendwende zum Besseren würde aber erst mit dem Überschreiten der Marke von 1.225,85 US$ absehbar. Davon ist der Goldpreis derzeit knapp 9,4% entfernt. Nach wie vor läuft der Goldpreis innerhalb des klar definierten vierjährigen Abwärtstrendkanals.
Die Indikatoren auf dem Monatschart verharren im Bärenmodus. Lediglich die überverkaufte Stochastik deutet an, dass das bärische Momentum an Fahrt verliert.
Zusammengefasst bleibt der Goldpreis auf dem Monatschart in einem Bärenmarkt, welcher kurz- oder mittelfristig noch die Unterstützungszone um 1.000,00 US$ ansteuern müsste. Nur ein Anstieg über 1.225,85 US$ liefert ein neues Kaufsignal.
Gold in USD Wochenchart:
Auf dem logarithmischen Wochenchart scheiterte die Erholung Mitte August an der ehemaligen Unterstützungszone zwischen 1.170,00 US$ und 1.180,00 US$. Diese stellt gleichzeitig die Unterseite des absteigenden Dreiecks dar. Damit wurde die Signifikanz dieser Zone erneut bestätigt. Gleichzeitig verläuft hier auch noch die Abwärtstrendlinie aus den Hochs des Jahres 2015, welche den Rückfall der letzten zwei Wochen maßgeblich mit zu verantworten hat.
Diese Abwärtstrendlinie fällt relativ steil und notiert aktuell bereits bei "nur noch" 1.155,00 US$ - 1.160,00 US$. D.h. mit einem Anstieg von lediglich 35,00 US$ könnte der Goldpreis den übergeordneten Trend des Jahres 2015 brechen. Die Bullen sollten daher keinesfalls abgeschrieben werden.
Dennoch überwiegen weiterhin die bärischen Signale. Lediglich die Stochastik gab zuletzt ein Kaufsignal, welches sich aber bis dato eher schwach und ohne großes Momentum präsentiert.
Insgesamt spricht übergeordnet weiterhin alles für tiefere Preise. Das Kursziel aus dem absteigenden Dreieck liegt bei 972,00 US$. Eine zwischengeschaltete größere Erholung wäre mit einem Tagesschusskurs oberhalb von 1.160,00 US$ bestätigt.
Gold in USD Tageschart:
Trotz der deutlichen Erholung im August konnte sich das technische Bild auf dem logarithmischen Tageschart bisher nicht wirklich verbessern. Vielmehr wurde der intakte Abwärtstrend seit dem letzten markanten Hoch (1.307,80 US$ Ende Januar) lediglich bestätigt. Mit dem schnellen Rückfall und dem seit Tagen lethargisch geführten Tanz um die fallende 50-Tagelinie (1.126,03 US$) gewinnen die Bären zusehends wieder die Oberhand. Allerdings bestätigt erst ein Tagesschlusskurs unterhalb von 1.110,00 US$, dass die Erholung tatsächlich beendet ist. Bis dahin bleibt ein erneuter Anstieg in Richtung 1.155,00 US$ möglich.
Während der "MACD" mit einem frischen Verkaufssignal die bärische Variante unterstützt, hat die Stochastik bereits die überverkaufte Zone erreicht.
Angesicht der müden Kursentwicklung scheint mir trotz der bis Mitte Oktober günstigen Saisonalität die Wahrscheinlichkeit tieferer Kurse deutlich höher.
Nach wie vor erwarte ich einen finalen Ausverkauf bis mindestens 1.035,00 US$, vermutlich eher 1.020,00 US$ oder sogar kurzzeitig 980,00 US$. Die Chancen auf den langerwarteten Boden und die übergeordnete große Trendwende ist in diesem Bereich exorbitant groß.
Sollte in den kommenden Wochen allerdings eine Fortsetzung der Erholung gelingen, wird sich das Ende des Bärenmarktes wohl bis in das kommende Jahr hinein verschieben.
DowJones/Gold-Ratio:
Der deutliche Einbruch an den Aktienmärkten hat natürlich auch seine Spuren beim DowJones/Gold-Ratio hinterlassen. Das Ratio befindet sich seit September 2011 in einem Aufwärtstrend und lieferte damit eine Kaufargument pro Aktien und contra Gold. Diesem Trend scheint nun aber die Kraft auszugehen. Die Indikatoren "MACD" und "RSI" bestätigen schon seit dem Frühjahr 2013 die neuen Hochs nicht mehr. Nun wackelt auch die Aufwärtstrendlinie der letzten zwei Jahre bedenklich.
Gold/Silber-Ratio:
Mit dem Rutsch unter die 200-Tagelinie (73,59) schien das Gold/Silber-Ratio auf dem Weg zu einer übergeordneten Trendwende. In der Folge drehte das Ratio jedoch steil nach oben und brach zwischenzeitlich auch aus der Seitwärtszone aus. In den letzten zwei Wochen fiel es dann wieder zügig von 81,39 bis auf derzeit 75,89 zurück. Unterm Strich hat sich also nicht viel getan und das Ratio bewegt sich wieder innerhalb der neutralen Seitwärtszone. Nach wie vor will uns das Ratio nicht verraten, ob der Edelmetall-Sektor nun endlich am Ende seiner vierjährigen Korrektur steht, oder ob die deflationären Kräfte weiter zulegen können und Silber dadurch auf neue Tiefs gezwungen wird.
CoT-Report:


Die aus den CoT-Daten vor vier Wochen klar abzulesende anstehende größere Erholung kam schneller als erwartet. Mittlerweile hat sich die extreme Lage etwas entschärft. Die professionellen Spieler halten nun kumuliert 69.088 leerverkaufte Kontrakte auf den Goldfuture. Das ist im langfristigen Vergleich immer noch ein ziemlich niedriger Wert, eine direkt anstehende weitere Erholung lässt sich nun aber nicht mehr ablesen. Allerdings sind die kleinen Spekulanten immer noch short, obwohl sie bereits in die steigenden Kurse knapp 10.000 leerverkaufte Kontrakte eindecken mussten.
Insgesamt liefern die CoT-Daten ein etwas abgeschwächtes Kaufsignal.
Sentiment:


Die Sentimentdaten präsentieren uns weiterhin eine mehr als gedrückte Stimmung im gesamten Edelmetallsektor. Mark Hulbert argumentiert in einer kürzlich erschienen Analyse allerdings, dass es immer noch zu viele Goldbullen gäbe und diese nach Rückschlägen wieder zu schnell zutraulich werden würden. Die für einen Bullenmarkt bezeichnende "Wall Of Worry" ist daher seiner Meinung nach noch nicht belastbar genug.
Ich schließe mich dieser Meinung an und erwarte immer noch eine finale Kapitulation, welche eine komplette Aufgabestimmung mit sich bringen müsste. Solange die Goldbugs bei jeder Erholung reflexartig einen neuen Bullenmarkt beschwören, bleibt der Bärenmarkt intakt. Dennoch bietet das derzeitige Stimmungsbild zumindest die Chance auf eine Erholung.
Saisonalität:
Bis Mitte Oktober befindet sich der Goldpreis statistisch betrachtet noch in seiner beste Phase des Jahres. Dabei liegt die durchschnittliche Kursentwicklung im September bei +2,0%. Die Saisonalität gibt also für die kommenden vier Wochen noch grünes Licht.
2. Gold in EUR
Rückblick:
In Euro gerechnet pendelt der Goldpreis seit Mitte Juli in mehr oder weniger großen Schwüngen um die wichtige Unterstützungsmarke von 1.000 €. Sowohl die fallenden 50-Tagelinie (1.016 €) als auch die seit Anfang April entstandene Abwärtstrendlinie deckelten bis dato alle Erholungsversuche.
Gold in EUR Wochenchart:
Der logarithmische Wochenchart für den Goldpreis in Euro bleibt eine zwiespältige Angelegenheit. Einerseits ist der übergeordnete Aufwärtstrend trotz der schwachen Kursentwicklung in den letzten acht Monaten immer noch intakt. Andererseits gelingt es den Bullen seit Monaten nicht mehr, wenigstens das mittlere Bollinger Band (1.037 €) zurückzuerobern.
Die Aufwärtstrendlinie verläuft derzeit bei knapp 960 € und dürfte daher wohl in absehbarer Zeit zumindest getestet werden. Auch das "MACD"-Verkaufssignal hat den Markt seit Anfang April fest im Griff. Immerhin konnte sich die Stochastik aus ihrem "embedded" Status befreien und bewegt sich nun im überverkauften Bereich.
Insgesamt bleibt der Abwärtstrend seit Ende Januar intakt. Ein Trendwechsel ist noch nicht abzusehen.
Gold in EUR Tageschart:
Das Kursgeschehen der letzten Wochen unterstreicht auf dem logarithmischen Tageschart die Bedeutung der 1.000 € Marke als wichtige Unterstützung. Die Tatsache, dass sie zwischenzeitlich schon um 23 € bzw. 15 € unterschritten wurde und sich der Goldpreis hier bisher nicht nachhaltig wieder nach oben absetzen konnte, macht sie zunehmend anfällig. Gleichzeitig hat sich aber ein ganz flacher Aufwärtstrend mit einem höheren Tief entwickelt.
Daher lässt sich nun ableiten, dass Kurse unter 990 € wohl den Startschuss für eine Abverkauf in den nächsten Zielbereich um 960 € bedeuten würden. Gleichzeitig reicht auf der Oberseite nun schon ein Tagesschlusskurs oberhalb von 1.110 € aus, um den ersten Abwärtstrend zu überwinden. In diesem Fall dürfte die nächste Widerstandszone um 1.025 € zügig angelaufen werden. Darüber wartet die steigende 200-Tagelinie (1.049 €) und weiter entfernt die Abwärtstrendlinie aus den beiden Jahreshoch bei derzeit knapp 1.105 €.
Die Indikatoren geben ein gemischtes Bild. Einerseits ist das "MACD"-Kaufsignal seit Anfang August intakt, andererseits droht das erst vor zwei Wochen erzielte Kaufsignal bei der Stochastik zu kippen. Das Momentum steht also schon wieder auf der Klippe.
Zusammengefasst ist der Tageschart aufgrund der lethargischen Kursentwicklung eher bärisch zu interpretieren. Die Chancen auf nochmals tiefere Goldpreise in Euro sind nicht von der Hand zu weisen. Übertreibungen in Richtung 900 €-950 € sind möglich und zu erwarten, dürften sich aber nur wenige Handelstage halten können.
Handelsempfehlung:
Ich empfehle weiterhin, in jede Kursschwäche hinein antizyklisch physische Gold- und Silberkäufe zu tätigen. Mein Limit dafür bleibt bei 950 €/Feinunze Gold bestehen.
Sollte es zum finalen Sell-Off kommen, müsste der Goldpreis in Euro zwischen 900 € und 950 € seinen Boden finden. Nutzen sie diese vermutlich letzte Schwäche, um den Anteil ihrer Edelmetalle im Portfolio auf wenigstens 10% (besser 15-20%) auszubauen.
3. Euro & US-Dollar
Am Währungsmarkt ging es im Umfeld der crashenden Aktienmärkte gehörig zur Sache. Der Euro konnte zunächst seine fallende 200-Tagelinie (1,1625 US$) erreichen, sprang dann mit einem Gap bis auf 1,1714 US$ deutlich darüber und fiel danach umgehend bis auf die 50-Tagelinie (1,1086 US$) zurück. Das genannte Kursziel aus dem aufsteigenden Dreieck wurde damit punktgenau abgearbeitet.
Der logische Rücksetzer an die Unterstützung um 1,10 US$ folgte umgehend. Nun müsste eigentlich ein zweiter Anlauf an die 200-Tagelinie auf dem Programm der seit Anfang März laufenden Euro-Erholung stehen. Übergeordnet überzeugt der Euro zwar noch nicht, solange aber die Aufwärtstrendlinie bei derzeit 1,0950 US$ gehalten werden kann, müsste die Erholung weiter laufen. Dies stützt den Goldpreis.
4. Goldminen GDX
In einem hochvolatilen Umfeld legten der Minen-ETF "GDX" eine rasanten Achterbahnfahrt aufs Parkett. Die zwischenzeitlich geglückte Erholung bis auf 16,16 US$ brach in nur vier Handelstagen vollständig in sich zusammen. Die fallende 50-Tagelinie (14,84 US$) bleibt damit der erste große Widerstand auf dem Weg nach oben. Seit Mitte Juli wurde die Zone um 13,00 US$ mittlerweile viermal angelaufen. Jedes mal kamen die Bullen hier zurück in den Markt.
Die Erholung seit dem letzten Freitag sieht allerdings noch sehr überschaubar aus und steht auf äußerst wackeligen Beinen. Ein Tagesschlusskurs unterhalb von 13,00 US$ dürfte daher einen weiteren Kursrutsch einleiten. Laut Rick Rule fehlt dem Sektor immer noch die finale Kapitulation. Das deckt sich mit meiner Ansicht.
Positiv und stützend ist die überverkaufte Stochastik. Der "MACD" hat aber erst kürzlich ein neues Kaufsignal erzeugt. Zudem bewegt sich der ETF in einem klar definierten Abwärtstrendkanal. Die 200-Tagelinie (18,49 US$) ist meilenweit entfernt und schon bis zur 50-Tagelinie fehlen aktuell 9,5%. Dass die Goldminen so einen Abstand in 2-3 Handelstagen locker aufholen können, ist bekannt. Dennoch halte ich Bodenbildungstheorien noch für verfrüht. Die Chance dazu ist da, aber erst Kurse über 14,40 US$ und vor allem oberhalb 16,00 US$ würden dieses Bild verfestigen.
5. Zusammenfassung & Konklusion
Ich hatte in den letzten Monaten immer wieder den finalen Ausverkauf am Goldmarkt heraufbeschworen. Wirklich eingetreten ist er bis jetzt jedoch noch nicht. Vielmehr drücken die Bären den Goldpreis seit Monaten Schritt für Schritt weiter nach unten. Auf die immer wieder auftauchenden lethargischen Phasen folgte jedes Mal der nächste Kursrutsch. Alle Erholungen blieben bisher Makulatur. Der Bärenmarkt ist daher bis auf weiteres intakt.
Heftige zwischengeschaltete Erholungen müssen aber jederzeit eingeplant werden. Die sinnvollste Strategie in diesem Umfeld bleibt der Erwerb physischer Edelmetalle in markante Kursabschläge mittels klar definierten Limits.
Gleichzeitig steht die zunehmende Instabilität unseres Finanzsystems außer Frage. Die sich abzeichnende Baisse an den Aktienmärkten könnte die Zentralbanker schon bald zu neuen Liquiditätsmaßnahmen verführen. Mittel- und langfristig ist das alles sehr bullisch für den Goldpreis. Kurzfristig überwiegen aber die deflationären Kräfte, während gleichzeitig die Aktienmärkte wohl doch noch mal eine etwas größere Erholung auf die vorangegangenen Verluste starten könnten.
© Florian Grummes
www.goldnewsletter.de
Quelle: pro aurum Goldedition vom 09.09.2015
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