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Interview mit einem Crashpropheten!

18.07.2006  |  Dr. Volkmar Riemenschneider

Walter K. Eichelburg ist unabhängiger Network-Consultant & Investor in Wien. Er beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit Investment- und Geldfragen. Durch seine zahlreichen Beiträge u.a. auf GoldSeiten.de in denen er auf eine kommende Weltwirtschaftskrise hinweist, hat er sich binnen kurzer Zeit den Rang eines bekannten Crashpropheten erarbeitet.


Rohstoff Spiegel: Vielen Lesern sind Sie durch ihre zahlreichen Beiträge über einen kommenden Systemcrash und Vorsorgemöglichkeiten auf GoldSeiten.de ein Begriff. Könnten Sie uns zur Einführung kurz erläutern wie Sie überhaupt dazu gekommen sind sich mit diesen Thema zu befassen, woher Sie Ihr fundiertes Wissen beziehen und warum Sie sich dazu entschlossen haben quasi als "Crashprophet" den unaufgeklärten Bürgern die Risiken des Finanz- und Wirtschaftsystems vor Augen zu führen.

Walter K. Eichelburg: Ich bin bereits seit über 20 Jahren Investor. Ich bin Anfang 2000 rechtzeitig aus den Aktienmärkten herausgekommen aber leider 2001 zu früh wieder eingestiegen. Die Kurse sind weiter abgerutscht, damit habe ich begonnen, die Hintergründe systematisch zu analysieren und bin auf erstaunliche Ergebnisse gekommen. Eigentlich hat man seit ungefähr 1990 einen durch die hohe Verschuldung zu erwartenden Crash mit Deflation durch das "Aufkleben von Liquditätspflastern" immer wieder hinausgezögert.


R.S.: Könnten Sie für unsere weniger gut informierten Leser ganz kurz die Grundthesen zusammenfassen, warum laut Ihrer Überzeugung ein Crash des aktuellen Wirtschaftssystem unausweichlich scheint?

W.E.: Es gibt den langfristigen Kondratief-Kreditzyklus. Nach etwa 2 Generationen geht die Angst vor Schulden verloren, man schuldet hemmungslos auf, wie besonders das Beispiel USA zeigt. Da in unserem Kreditgeld-System die Zinsen durch Neuverschuldung im System generiert werden müssen, wird irgendwann die Schuldenlast zu schwer und kann nicht mehr bedient werden. Alle 50...70 Jahre bricht daher die Schuldenlast im "Kondratieff-Winter" zusammen. Auch diesesmal wird es so sein. Das Vertrauen in das System schwindet schon merklich, daher auch die derzeitigen Warnungen von EZB, OECD, IMF, BIS usw. Es glaubt sie nur niemand.


R.S.: Sie betonen in Ihren Beiträgen, dass ein Crash nicht linear verläuft, sondern sich Inflation und Deflation abwechseln. Unter anderem weisen Sie auf eine Deflation nach dem Börsenhoch im Jahr 2001 hin. War dies nicht genau jene Zeit in der die globale Geldmenge so schnell anstieg wie selten zuvor?

W.E.: Im Grunde ist das heutige Fiat-Money/Kreditgeld-System verloren, da nichts dahinter steckt, als Schulden. Wenn die platzen, dann wird die betroffene Währung abverkauft. Es reicht schon der Anschein davon, wie man aktuell an Ungarn und der Türkei sieht. Eine klassische Deflation hat es noch in den 1930er Jahren gegeben, da hier noch Geld = Gold war. Im Fiat-Money-System wird auch die Währung durch Kapitalflucht abgewertet, wie sich an den Asien, Russland und Argentinien-Krisen gezeigt hat. Es kommt also zu einer Deflation der Finanzwerte und einer Inflation bei Konsumgütern durch die abwertende Währung. Eine reine, lineare Hyperinflation kann eigentlich nur vorkommen, wenn die Verschuldung großteils Staatsverschuldung ist. Bei hoher Gesamtverschuldung können die Bond-Holder schneller abverkaufen als die Zentralbank monetisieren kann. Der genaue Verlauf zeigt sich immer erst in der Praxis.


R.S.: Das Risiko für eine Deflation könnten laut Ihren Aussagen von einem Crash am US-Rentenmarkt ausgehen - nun betonen Sie jedoch auch korrekterweise, dass die Geldmenge gerade deswegen so steigt, weil Bernanke & Co zur Vermeidung einer Deflation so viele US-Staatsanleihen monetisieren wie nötig. Aus welchem Beweggrund sollten die USA plötzlich ihre Einstellung ändern und warum sollten die Gläubiger der USA ihre Anleihen dann auf den Markt werfen, gleichwohl die Banker in Japan und China genau wissen, dass ihre Wirtschaft dadurch ebenfalls ruiniert wird?

W.E.: Nicht Bernanke monetisiert die US-Treasuries (Staatsanleihen) - noch nicht, das machen primär die anderen Zentralbanken, die Treasuries als Währungsreserven halten. Durch die weltweit negativen Realzinsen kommen die Zentralbanken jetzt in Probleme. Diese grösste Reflation aller Zeiten hat die Rohstoffpreise hochgetrieben, die jetzt überall in die Konsumpreise gehen. Wir sind in einer Situation wie in den 1970er Jahren. Wenn sie die Zinsen weiter unten halten, riskieren sie den grossen Bond-Crash mit der Flucht in das Gold. Wenn sie die Zinsen drastisch erhöhen, gibt es gleich den Crash. Game over - bald.




R.S.: Sie warnen vehement davor Edelmetalle auf Kredit zu kaufen und argumentieren dies mit einer möglichen Deflation. Nun widersprach Ihnen der Silberguru Reinhard Deutsch jedoch kürzlich sehr heftig und brachte den empirischen Gegenbeweis, dass man seit 2000 mit Schulden im US-Dollar und Edelmetallanlagen sehr gut gefahren sei. Sollte man nicht ein bisschen differenzieren zwischen Schulden in Hart- (Schweizer Franken, Singapur Dollar,...) und Weichwährungen (Dollar, Euro, Yen...)?

W.E.: Der Goldpreis-Einbruch von Mai/Juni 2006 hat gezeigt, warum. Den Schweizer Franken empfehle ich als Fluchtwährung, obwohl er nicht mehr so gut ist, wie vor 30 Jahren. Daher sollte man darin im Euro-Raum überhaupt keine Kredite haben.


R.S.: Sie vertreten die Ansicht, dass die angeschwollenen Asset-Blasen weltweit platzen müssten um sich zu normalisieren. Könnte aber nicht auch einfach alles im Wert steigen (Inflation in den zurückgebliebenen Sektoren) und somit wieder ein relativ ausgewogenes Gleichgewicht entstehen lassen? Schließlich wurde in den 1970ern ebenfalls auf diese Weise genug Luft aus dem Ballon gelassen um weitere zwei Jahrzehnte mühelos das System am Leben zu erhalten?

W.E.: Die heutige Zeit ist real aber nicht die 1970er Jahre, denn die Verschuldung ist um ein x-faches höher. Daher kann man schuldengedeckte Währungen auch nicht mehr mit hohen Zinsen retten. Alles, was die Eliten tun, ist das Ende hinauszuzögern und den wahren Zustand zu verschweigen. Auch wenn dazu einige Kriege notwendig sind.


R.S.: Auch auf den Kondratjew-Zyklus wird von Ihnen in der Begründung für eine kommende Wirtschaftskrise gerne verwiesen. Sie ziehen aus ihm die Schlussfolgerung, dass am Ende eines Zykluses Scheinwelten und Illusionen entstehen. Beispielsweise führen Sie die Auslagerung der Produktion nach Asien und die explodierende Anzahl von Shopping Center an. Nun könnte man jedoch die aktuelle Situation als Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft deuten in welcher die Dienstleistung die überwiegende Rolle einnimmt und somit eine Weiterentwicklung des westlichen Kapitalismus darstellt. Welche Argumente möchten Sie gegen diese These, die sich aus der Entwicklung des Kapitalismus ableiten lässt, anführen?

W.E.: So ist es. Sehen Sie sich an, wo im Westen noch Fabriken gebaut werden? In den USA spricht man zu Recht von der "Financial Economy". Es ist eine virtuelle Scheinwelt, die von weiterer Verschuldung lebt. In Wirklichkeit druckt man (elektronisches) Geld, um zu konsumieren. Wenn diese Konsumschulden (werden als Anleihen weltweit verkauft) auf den Markt fliegen, ist diese Art der Schulden-Ökomomie aus. Jede Lieferantenfinanzierung ist einmal zu Ende gegangen. Auch diese wird es. Sehen Sie, in den USA bricht die Immobilien-Bubble bereits zusammen, damit endet die weitere Aufschuldung. Spanien & co. werden auch folgen. Warum werden derzeit Assets & Währungen von Ländern mit hoher Auslandsverschuldung abverkauft?


R.S.: In Deutschland gibt es seit vielen Jahren eine wachsende Gemeinde von Crashpropheten, beispielsweise den sehr populären Günther Hannich der über eine riesige Fangemeinde verfügt. Gehen Sie wirklich davon aus, dass das heutige Finanz- und Wirtschaftsystem mit seinen vielen Interessensgruppen und Lobbyisten es so einfach zulassen würde, dass man in unzähligen Büchern, Websites und Internetforen die perfekte Überlebensstrategie für einen Crash verbreitet, und wir damit eigentlich der uns zugedachten Opferrolle entgehen? Letztenendes muss doch in jedem Crash irgendwer viel Geld verlieren, damit es ein anderer verdienen kann?

W.E.: Ja, es werden viele, viel Geld verlieren. Und viele ihre Prestige-Jobs. Sobald die Bonds massenhaft verkauft werden oder ein grosser finanzieller Unfall passiert, geht es richtig los. Das kann jeden Tag passieren. Denken Sie an die vielen Hedge-Fonds. Das Problem ist heute mindestens 100 mal schlimmer als 1998, als der untergehende Hedge-Fond LTCM fast das weltweite Finanzsystem zum Einsturz gebracht hätte. Günter Hannich macht sehr gute Analysen. Seine Bücher sind als Vorbereitung empfehlenswert. Leider ist er ein Anhänger dieser utopischen "Freigeld-Lehre". Er will damit „die Welt retten“ und nicht die Menschen.


R.S.: In Ihrem Beitrag "Finanzkrise - einfach erklärt" schreiben Sie, dass "etwa nur 1 Mensch in 100.000 diese Mechanismen wirklich kennt" die hinter dem Geldsystem und der systematischen Enteignung durch Inflation stehen. Das würde bedeuten, dass nur 800 Leute in Deutschland diesen Mechanismus verstehen würden, finden Sie das nicht etwas utopisch angesichts des explodierenden Absatzes von Büchern über Crashstrategien? Ist nicht viel mehr bereits die Entstehung eines morbiden Hypes, einer Freude und ein Hoffen auf den Crash, zu verspüren?

W.E.: Dieser Artikel war zur Aufklärung gedacht. Man kann doch für die Gesellschaft etwas Gutes tun. Ob jetzt einer von 10.000 oder einer von 100.000 das System wirklich versteht ist eigentlich unerheblich. Auch kaum ein Banker versteht es. Keynes sagte, es ist einer von 1 Million. Ob die Leser dieser Bücher das System dann wirklich verstehen, ist eine andere Sache. Morbider Hype? Warten Sie auf das nächste LTCM. Wenn dann einer von zehn die Sache versteht, wäre schon viel geholfen.




R.S.: Da Sie auch darauf hinweisen, dass man nach dem Crash wieder raus aus dem Gold muss und die lukrativsten Anlagemöglichkeiten in halbbankrotten Firmen findet, ist anzunehmen, dass es auch eine Tag danach geben muss. Wie sieht dieser Tag nach dem großen Crash Ihrer Meinung nach aus bzw. was muss passieren damit die Krise vorüber ist? Benötigt dies die Einführung einer neuen goldgedeckten Währung?

W.E.: Ja, es wird auch "das Blut auf der Strasse fliessen", es wird Unruhen und Revolutionen geben. Dann ist nach dem alten Rothschild der ideale Zeitpunkt, aus dem Gold auszusteigen und in Aktien, Firmen und Immobilien einzusteigen. Eine Depression dauert in der Regel 3...5 Jahre (in den USA sicher länger). Besonders Deutschland hat dann sehr gute Chancen, wenn die Bürokratie weg ist, denn es hat noch Industrie. Nichts anderes als Gold/Silber wird mehr akzeptiert werden. Der gute Investor wird seine "Due Dilligence" machen und entscheiden, ob es schon günstig ist, umzusteigen.


R.S.: Die Geschichte lehrt uns, dass viele der größten Vermögen in einer Krise geschaffen wurden. Was raten Sie dem durchschnittlichen Privatanleger nun konkret zu tun um sich vor der Krise nicht nur zu schützen, sondern optimal davon zu profitieren?

W.E.: So ist es, es warten die grössten Chancen auf uns. Aber man muss sein Obrigkeits-Denken ablegen und sich auf die Situation einstellen:


Als nächster Artikel kommt von mir eine dreiteilige Serie über Krisenvorsorge für Arbeitnehmer und Unternehmer. Als Ingenieur und "Crash-Prophet" werde ich in der Zwischenzeit Beratungen für Firmen und Investoren machen, die sich auf die Situation einstellen wollen. Leider wird es für viele recht spät sein, denn die Realitätsverweigerung ist derzeit sehr gross.


R.S.: Ein Sozialstaat wie Deutschland basiert immer auf Neid, könnte es daher nicht passieren, dass wir zwar durch Gold unser Vermögen bewahren, dann jedoch ziemlich schnell vom Staat zum Wohle der Allgemeinheit "enteignet werden" - sei es förmlich oder via Solidaritätsabgaben und -steuern?

W.E.: Sie sprechen ein wichtiges Thema an. Der Sozialstaat ist verloren, wenn die Wähler entdecken, dass sie sich Geld in die "Tasche wählen" können und die Politiker danach handeln. Das ist heute der Fall. Politikern ist in einer Notsituation alles zuzutrauen. Allerdings werden sie sich vermutlich eher an der privaten Pensionvorsorge "bereichern", denn hier sind die grossen Volumen zu finden. Die "Gold-Bugs" sind sicher schon vorgewarnt. Nach Jim Puplava müsste vor einem solchen Goldverbot zuerst eine Dämonisierungskampagne gegen Goldbesitz laufen. Achten Sie darauf. Aber rechen Sie auch damit, dass die westlichen Staaten wie in Afrika total zusammenbrechen - dann können Sie das Papiergeld vergessen.


R.S.: Auf einem Vortrag haben Sie vor kurzem betont, dass der Crash noch im Jahr 2006 stattfinden wird und wir mit der kürzlichen Korrektur an den weltweiten Finanz- und Rohstoffmärkten bereits den Anfang gesehen hätten. Warum soll der Crash gerade jetzt kommen? Welche Indikatoren verwenden Sie für das Timing?

W.E.: Damit habe ich mich etwas hinausgelehnt. Aber die Leser sollten es wissen. Sehen Sie, wie derzeit überall die "Emerging-Markets" einbrechen und die Zentralbanken die Zinsen anheben müssen. Dann gibt es auch noch die Studien des französischen Forschungsinstituts Europe 2020, die bisher recht genau waren. Die rechnen mit der "Impact-Phase" = Crash zwischen September und November 2006. Wir werden sehen. Achten Sie auf den Goldpreis und einen schnellen Anstieg. Ab ca. 850 US$/oz dürfte es kritisch werden.


R.S.: Sie beziehen sich bzgl. des Crash-Timings sehr gerne auf einige Crashexperten, unter anderem auch auf Martin Weiss. Dieser hat jedoch bereits 2002 ein Buch herausgegeben: "Verdoppeln Sie Ihr Geld in der großen Geldpanik 2003!

W.E.: Ich kenne das Buch (Crash Profits) und habe es im Original gelesen. Wenn es jetzt losgeht, wird es viel schneller gehen, als im Buch beschrieben, denn heute sind die Ungleichgewichte noch viel grösser und das Vertrauen in das System geringer.

Zum Abschluss möchte ich noch auf meine beiden Websites hinweisen:
- Firmen-Website (IT-Consultant): www.eichelburg.com
- Finanz-Website (Hartgeld-Club): www.hartgeld.com


R.S.: Vielen Dank für dieses Interview!


Das Interview wurde am 7. Juli 2006 geführt.