David Morgan: "Beispielloser Run auf Gold in 2-3 Jahren"
26.05.2016 | Mike Gleason
Mike Gleason: Es ist mir eine Freude heute erneut einen alten Freund zu unserem wöchentlichen Interview begrüßen zu dürfen: David Morgan von TheMorganReport.com. David, wie geht es Ihnen?
David Morgan: Gut Mike, und danke für die Einladung.
Mike Gleason: Wir haben in diesem Jahr sehr positive und ermutigende Entwicklungen an den Edelmetallmärkten erlebt. Silber liegt derzeit 19% im Plus, Gold 18%. Allerdings haben die Kurse in dieser Woche deutlich nachgegeben. Schätzen Sie bitte die bisherigen Kursbewegungen im Jahr 2016 ein und erklären Sie uns, was hinter dem jüngsten Kursrücksetzer steckt.
David Morgan: Ich habe schon früh gesagt, dass 2016 ein gutes Jahr werden würde. Das glaube ich immer noch. Offensichtlich hatten wir einen sehr guten Start. Für Gold waren die ersten drei Monate das beste Quartal seit ungefähr 35 Jahren, und das sage nicht nur ich. Das haben auch Reuters, Bloomberg und die Mainstream-Finanzmedien geschrieben. Das ist eine Tatsache. Allerdings wurde dabei nur der prozentuale Kursgewinn betrachtet. Dieser war zwar wirklich enorm, doch vor der Rally notierte Gold auf einem sehr niedrigen Niveau. Das Gleiche trifft auf Silber zu. Die Edelmetalle waren wirklich viel zu lange überverkauft. Am Silbermarkt herrschte fast fünf Jahre lang Flaute und auch am Goldmarkt war die Situation ähnlich.
Nach dieser langen Durststrecke war die Zeit vermutlich reif für einen Aufschwung. Die Fundamentaldaten sind ein wichtiger Faktor, den ich sehr genau beobachte, und die technische Analyse ist ebenfalls ein zumeist nützliches Hilfsmittel. Entscheidend ist jedoch die Marktstimmung. Die Psychologie der Marktteilnehmer ist der Faktor, der am schwierigsten zu fassen ist, doch gerade er hat den größten Einfluss darauf, in welche Richtung die Kurse sich entwickeln. Märkte basieren auf den Erwartungen der Teilnehmer bezüglich künftiger Trends. Die Investoren handeln entsprechend ihrer Erwartungen und erzeugen so die Kursbewegungen.
Die Marktstimmung hat sich nur deswegen grundlegend geändert, weil die Edelmetallmärkte so leer gefegt waren, insbesondere der Minensektor. Die Aktien der Bergbauunternehmen ließen sich mit einer mathematischen Formel analysieren, auf die ich hier nicht näher eingehen will, doch wenn man die Wahrscheinlichkeit errechnete, dass sie angesichts ihres tatsächlichen Wertes zu so niedrigen Kursen gehandelt werden, traute man seinen eigenen Augen kaum. Das war definitiv eine gute Kaufgelegenheit, aber man musste geduldig sein.
Mittlerweile ging es für den gesamten Sektor aufwärts, aber die Gründe, die ich für den Aufstieg sehe, sind eher eine Meinung, keine Fakten. Wie soll man die Marktpsychologie auch in einem Chart festhalten oder in die Analyse der Fundamentaldaten integrieren? Das ist unmöglich. Aber wenn man 40 Jahre lang Erfahrung an den Märkten gesammelt hat, dann bekommt man ein Gefühl dafür. Und damit meine ich nicht nur den Edelmetallsektor, sondern alle möglichen Märkte, Aktien, Anleihen, Optionen, ETFs usw. Ich sagte die Bewegung im Januar voraus. Ich sagte meinen Abonnenten, dass sie im Januar mit Sicherheit eine starke Kursbewegung sehen würden, die sich vielleicht bis in den April hinein fortsetzen würde.
Diese Aufwärtsbewegung war noch immer intakt, als ich den Bericht für diesen Monat herausgab. Diesmal hatte ich bessere Daten und Charts, auch für die Abonnenten des Premiumservice auf meiner Webseite. Ich zeigte ihnen, dass der Markt zu viele Spekulanten angezogen hatte, und dass das Open Interest an den Terminmärkten entsprechend der Angaben des Commitments of Traders Report höher war als je zuvor seit dem Jahr 2000. Silber stieg auf 18 Dollar, Gold auf 1.300 Dollar und ich dachte, der Zeitpunkt für eine Korrektur ist gekommen. Genau so ist es auch gekommen.
Ich werde nicht sagen, wo der Boden meiner Meinung nach gebildet wird. Genau wissen kann das sowieso niemand. Meine Abonnenten kennen meine Gedanken. Die Entwicklung bei den Aktien der Minengesellschaften verlief zudem ziemlich überstürzt, daher warnte ich auf unserer Webseite vor dem möglichen Verlust der bisherigen Gewinne. Viele Minenaktien sind prozentual so stark in die Höhe geschossen, dass es mit einem Anstieg des Silberpreises von 15 $ auf 45 $ vergleichbar wäre - und damit meine ich nicht nur die Aktien kleiner Unternehmen, sondern auch die Top-Unternehmen.
Mike, wie würde es um Ihr Geschäft stehen, wenn der Silberpreis von 15 $ auf 45 $ steigen würde? Fast jeder, der innerhalb der letzten fünf Jahre Silber gekauft hat, hätte dann einen Gewinn zu verbuchen, außer einigen wenigen, die mehr als 45 Dollar bezahlt haben. Alle würden eine Lobeshymne auf Silber anstimmen. Das ist natürlich nicht geschehen, aber wir haben dennoch einen netten Preisanstieg erlebt, ein Plus von 20%. Der Kurs war auf unter 14 $ gefallen und liegt jetzt bei ungefähr 16,50 $, ich habe nicht noch einmal nachgeschaut.
Die Kurse der Gold- und Silberaktien sind dagegen explodiert. Jetzt beginnt der Abverkauf, der noch eine Zeit lang andauern wird. Wenn Gold und Silber einen Boden bilden, wird sich auch der Sell-off im Minensektor zuspitzen, aber die Kurse werden nicht auf ein neues Tief fallen. Sie werden irgendwo zwischen dem aktuellen Niveau und den Tiefs einen Boden erreichen und dann wieder zu steigen beginnen. Auch bei den physischen Edelmetallen wird es keine neuen Tiefs geben, davon bin ich überzeugt.
Mike Gleason: Ja, diese Entwicklung ist sicherlich konstruktiv. Man will ja auch nicht, dass die Kurse geradewegs steil in die Höhe schießen. Es gut, wenn verschiedene Niveaus getestet werden, der Markt von Zeit zu Zeit seitwärts konsolidiert und es die eine oder andere Korrekturbewegung gibt. Das macht einen gesunden Markt aus und in diese Richtung entwickelt sich der Sektor nun.
Kommen wir noch etwas ausführlicher auf die Aktien der Minengesellschaften zu sprechen. In Ihrem Buch "The Silver Manifesto" raten Sie Anlegern, zunächst eine Basis an physischen Edelmetallinvestitionen zu schaffen, bevor andere Optionen wie Minenaktien in Betracht gezogen werden sollten. Denn während die Gold- und Silberaktien einerseits exponentielle Kursgewinne verzeichnen können, besteht andererseits auch das Risiko vernichtender Verluste.
Doch wenn mehr und mehr Kapital in die auf Gold und Silber basierenden Finanzinstrumente fließt, seien es ETFs oder die Bergbauaktien, könnten wir erleben, wie sich der Trend verselbstständigt und den Markt immer weiter nach oben treibt. Statt der Kursgewinne von 100%, wie wir sie in diesem Jahr schon gesehen haben, könnte es für die Goldaktien 200% oder 300% nach oben gehen. Wie sollte sich ein Investor im Minensektor positionieren? In Ihrem Newsletter "The Morgan Report" konzentrieren Sie sich ja genau auf dieses Thema.
David Morgan: Gut, ich werde das ausführlich erklären. Ich habe meine Strategie nie öffentlich zugänglich gemacht, aber jeder, der mehr als drei Interviews von mir kennt, weiß, dass es wichtig ist, mit einem Kerninvestment zu beginnen. Sie brauchen physische Edelmetalle, andernfalls sind Sie kein Edelmetallinvestor. In dieser Hinsicht bin ich sehr dogmatisch und wie Sie wissen bin ich kein Edelmetallhändler.
Wenn Sie physische Reserven angelegt haben, sollten Sie Gewinne mit geringen Risiken ins Auge fassen. Die beste Option sind in dieser Hinsicht kapitalstarke Top-Unternehmen aus dem Bergbausektor. Als nächstes ziehen Sie die Mid-Tier-Unternehmen in Betracht und dann können Sie noch ein wenig spekulieren. Der Morgan Report basiert auf diesem Grundkonzept. Für den durchschnittlichen Investor und selbst für erfahrene, pfiffige Investoren ist diese Herangehensweise der beste Weg, um hohe Profite zu erzielen, das Risiko aber sehr niedrig zu halten. Natürlich gibt es noch andere Methoden, auf die Sie zurückgreifen können, aber das ist das Grundgerüst.
Wenn Sie Mitglied unserer Webseite sind, dann sollten Sie zuerst das Dokument mit dem Titel "How To Use The Morgan Report" lesen. Darin gehe ich von einer hypothetischen Menge an liquidem Vermögen aus und sage, dass 10% davon in den Edelmetallsektor investiert werden sollten. Dann erkläre ich, welcher Anteil davon in Goldmünzen, Silbermünzen, Top-Unternehmen usw. angelegt werden sollte.
Natürlich ist ein einziges Modell nicht für jeden Investor passend. Wenn Sie z. B. jung sind, keine Kinder, keine Verpflichtungen und ein hohes Einkommen haben, möchten Sie den spekulativen Anteil vielleicht etwas höher ansetzen. In jedem Fall lernen Sie, wie Sie ein Portfolio aufbauen, dass sich für Ihre allgemeine Finanzlage als äußerst nützlich erweisen wird, wenn der nächste Kursschwung beginnt. Immer wenn ich diese Informationen versende, meldet sich etwa einer von zehn Lesern telefonisch oder per E-Mail bei mir und bedankt sich für diese vernünftige Strategie.
Das Problem ist, dass manche Anleger meinen Rat oder den anderer Analysten - und es gibt viele sehr gute Marktbeobachter in diesem Sektor - zwar kennen, aber dann beschließen, doch nur in physische Edelmetalle zu investieren und viel zu viel Geld in diese eine Anlageklasse stecken. Andere kaufen dagegen nur Aktien, und dann auch noch die falschen.
Ich möchte gern dazu beitragen, dass die Investoren diese Fehler und die daraus resultierenden Probleme vermeiden, deswegen weise ich immer wieder darauf hin. Als jünger war, habe ich selbst all die typischen Fehler gemacht und daraus gelernt. Natürlich ist keiner meiner Abonnenten und niemand, der meine Interviews hört, gezwungen meine Ratschläge zu beherzigen. Aber es freut mich, wenn Sie zumindest zuhören und sich dann eine eigene Meinung bilden.
Mike Gleason: Ich werde Sie auf jeden Fall weiterempfehlen. Sie haben während der letzten Jahre immer einen kühlen Kopf bewahrt und nicht permanent versucht, einen Hype zu erzeugen. Sie haben schon alles gesehen und erlebt und ich denke, dass Investoren sehr von Ihrem Erfahrungsreichtum profitieren können.
Die Berichterstattung konzentrierte sich in dieser Woche erneut auf die US-Notenbank und ihre Rhetorik, die leider auch wieder die Hauptantriebskraft hinter dem Marktgeschehen war. Gestern wurden Kommentare veröffentlicht, die zeigten, wie kurz die Federal Reserve im April davorstand, die Zinssätze anzuheben. Die Aussichten auf eine Straffung der Geldpolitik und der "falkenhafte" Ton in den Finanzmedien hat die Edelmetallkurse negativ beeinflusst. Schrittweise Zinsanhebungen stehen offenbar wieder auf dem Programm und die allgemeine Meinung ist, dass die Fed den Leitzins im Juni erneut anpassen wird.
David, in meinen Augen ist es absolut lächerlich, dass die Märkte noch immer jedes einzelne Wort der Fed-Mitarbeiter auf die Goldwaage legen. Man muss sich doch fragen, wie lange die Notenbank noch die nächste Zinserhöhung antäuschen kann, nur um dann in der letzten Minute einen Grund zu finden, sie doch noch zu verschieben. So war es bislang in jeder einzelnen Sitzung seit der Anpassung um jämmerliche 25 Basispunkte im letzten Dezember, bei der es sich um die erste Anhebung der Zinssätze seit fast einem Jahrzehnt handelte. Für wie glaubwürdig halten Sie die Federal Reserve noch und welchen Kurs wird die Notenbank Ihrer Ansicht nach in Zukunft verfolgen?
David Morgan: Nun, in diesem Kontext können wir direkt auf den Beginn unseres Gesprächs zurückkommen - die Psychologie. Jedes Mal, wenn die Fed ein Statement abgibt, mit der Rhetorik spielt oder eine Andeutung macht, gibt es an den Märkten eine reflexartige Reaktion darauf, basierend auf der Marktpsychologie und den Erwartungen. Ich denke, all das ist geplant. Nicht nur die Statements der Fed, die Aussagen von Janet Yellen und den Mitgliedern des Board of Governors, sondern auch die Reaktionen des Mainstreams. Die Mainstreaminvestoren verfügen über das meiste Kapital und können die Märkte daher am leichtesten in die eine oder andere Richtung bewegen. Meiner Ansicht nach sind diese Bewegungen mittlerweile alle geplant.
Der Großteil derer, die Interviews wie dieses hören oder lesen, sind sich vieler Dinge bewusst und beobachten die Entwicklungen aufmerksam. Sie wissen, wenn etwas völlig bedeutungslos ist. Ich denke, die Fed hat ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt, und zwar nicht nur in den Augen der wirklich gerissenen Investoren. Sie löst wieder und wieder falschen Alarm aus. Dadurch hat sie die Bedeutung ihrer eigenen Worte ziemlich geschmälert.
Ich erzähle Ihnen damit natürlich nichts Neues, Mike, aber sehen Sie sich an, was mit dem US-Dollar passiert ist. Er wird mehr und mehr beiseite gedrängt, von den BRICS-Staaten, durch das alternative System zur Abwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs, mit dem sich das SWIFT-System umgehen lässt, und durch die Asiatische Infrastrukturinvestmentbank, die Projekte unterstützt und plant, die für die Menschheit tatsächlich von Wert sind.
Der US-Dollar verliert an Einfluss und die einzige Möglichkeit, die Währung gut aussehen zu lassen, ist eine Zinserhöhung. Darüber habe ich auch bereits geschrieben, aber mit dieser Meinung bin ich ziemlich allein. Natürlich reagieren die Märkte, wenn über höhere Zinsen gesprochen wird. Ob diese dann auch tatsächlich kommen, ist eine andere Frage. Ich glaube es erst, wenn ich es sehe. Die Fed verliert die Kontrolle.
Die einzige Art, auf die sich die Notenbank wieder so etwas wie Glaubwürdigkeit verschaffen kann, ist eine weitere Anhebung der Zinsen. Ich möchte eine Zinserhöhung nicht ausschließen, aber ich bin einer von nur wenigen, die das für realistisch halten. Wenn alle ihre Dollar-Positionen liquidieren, die anderen Währungen aber negative Zinssätze haben, wohin fließt dann das Geld?
China hat beispielsweise innerhalb einer sehr kurzen Zeit US-Staatsanleihen im Wert von einer Billion Dollar verkauft. Wie ist es möglich, dass die Rendite daraufhin nicht ansteigen? Der Grund ist, dass die Märkte mittlerweile enorm manipuliert werden. Um dem Dollar wieder ein wenig Glaubwürdigkeit zu verschaffen, müsste man ihn auf eine Stufe mit den Währungen der Schwellen- oder Entwicklungsländer stellen und sagen, "Hier, sehen Sie, wir zahlen Ihnen Rendite in Höhe von 10%". Die Deutsche Bank hat letztlich das Gleiche gemacht. Sie ist so verzweifelt, sie bewegt sich so nah am Rande des Abgrundes, dass sie uns 5% Zinsen zahlt, wenn wir ihr nur ein wenig Cash leihen.
Als die Rendite auf lang- und kurzfristige Staatsanleihen in den USA in den 1980er Jahren auf 17-20% kletterten, wussten die meisten Leute nicht, dass der Zinssatz nicht nur die Höhe der Kapitalerträge anzeigt, sondern auch das inhärente Risiko widerspiegelt. Wenn Sie bei einem Kredithai Geld leihen, weil Sie kein vernünftiges Darlehen bekommen, müssen Sie ihm nicht 2%, sondern 20% Zinsen zahlen, denn das Risiko ist für ihn sehr hoch. Ich sah damals also die Höhe der Zinssätze und dachte sofort an das Risiko. "Jetzt ist es vielleicht soweit", dachte ich. "Das könnte das Ende des US-Dollars sein."
Natürlich lag ich völlig falsch. Das beste, was man damals tun konnte, war Gold zu verkaufen und in Anleihen zu investieren. An dieser Strategie hätte man dann 30 Jahre lang festhalten können, bis zum heutigen Tag. Jetzt haben wir die gegenüberliegende Seite des Spektrums erreicht und man könnte langfristig in Gold investieren und die Staatsanleihen shorten. Wir das der Trade für die nächsten 30 Jahre sein? Das bezweifle ich. Aber Short-Positionen am US-Schuldenmarkt haben mit Sicherheit ein gewaltiges Potential.
Mike Gleason: Ich möchte gern noch auf ein anderes Thema eingehen. Bei unserem letzten Gespräch Anfang März habe wir darüber geredet, dass sich der Goldkurs besser entwickelt als der Silberkurs und Sie waren damals etwas besorgt, weil es immer ein gutes Zeichen ist, wenn das weiße Metall eine Rally anführt. Im April hat Silber enorm aufgeholt und das Gold/Silber-Verhältnis ist von seinem Februar-Hoch bei 83:1 auf 71:1 gefallen. Aufgrund des Kursrückgangs in dieser Woche ist es wieder etwas gestiegen und liegt derzeit bei ungefähr 76. Welche Schlüsse ziehen Sie aus der Verbesserung der Performance des Silberkurses im Vergleich zu Gold?
David Morgan: Die Bestätigung des Aufwärtstrend war, wie Sie schon gesagt haben, ein entscheidendes Ereignis. Ich war etwas besorgt, aber nicht zu sehr. Ich konnte förmlich spüren, dass Silber letztlich aufholen würde und wartete gespannt darauf. Wenn sich das Verhältnis zwischen den beiden Edelmetallen zu Gunsten von Silber verschiebt, wie wir das in den letzten Wochen erlebt haben, ist das eine weitere Bestätigung für den Beginn eines Bullenmarktes.
Wir haben also die positiven Preisbewegungen, die Berichte der Mainstreampresse, die Gold plötzlich wieder anpreist, und die Bestätigung durch das Absinken des Gold/Silber-Verhältnisses. Das sind Fakten, keine Meinungen. Investoren können sich sicher sein, dass wir das Schlimmste überstanden haben und den Edelmetallmärkten nun bessere Tage bevorstehen.
Mike Gleason: Unser gemeinsamer Freund Steve St. Angelo vom SRSrocco Report hat kürzlich in einem Artikel https://srsroccoreport.com/surging-north-american-silver-investment-pushes-domestic-supply-deficit-to-new-record/ anhand der Verkaufszahlen der Silver-Eagle- und Silver-Maple-Leaf-Münzen die gigantische Nachfrage nach Silbermünzen in Nordamerika illustriert. In den Vereinigten Staaten und Kanada wird nicht genügend Silber gefördert, um den jährlichen Bedarf der beiden Prägestätten zu decken, die diese Münzen herstellen.
Noch vor zehn oder fünfzehn Jahren war die Situation völlig anders. Die USA importieren erst seit kurzem unterm Strich mehr Silber als sie exportieren. Angesichts der steigenden Nachfrage - nicht nur nach Anlagemünzen, Sammlermünzen und Barren, sondern auch seitens der Industrie - fragt man sich, wie viel Silber überhaupt zur Verfügung steht. Wie ist die Lage derzeit im Hinblick auf Angebot und Nachfrage am Silbermarkt? Müssen wir mit Knappheiten rechnen, David?
David Morgan: Vorerst nicht, denke ich. Dieses Thema wird immer wieder ausführlich untersucht. Wir haben dazu sogar ein kostenloses Web-Seminar unter der Überschrift "Is There A Silver Shortage" abgehalten. Die entsprechenden Dokumente haben wir mittlerweile in den Bereich der Webseite verschoben, der nur für Abonnenten zugänglich ist, aber wenn Sie Mitglied sind, können sie das Seminar noch immer einsehen. Steve und ich sind gute Freunde, aber es kommt immer darauf an, wie man dieses Thema betrachtet. Es gibt verschiedene Herangehensweisen.
Das Silver Institute analysiert die Angebots- und Nachfragesituation auf die eine Art, die CPM Group auf eine andere Art. Beide Organisationen veröffentlichen ausführliche Studien, welche wir für den Morgan Report genaustens unter die Lupe nehmen. Die CMP Group ist der Ansicht, dass die Höhe der überirdischen Silberreserven Auskunft darüber gibt, ob eine Knappheit besteht oder nicht. Nehmen die Silberbestände zu, gibt es keinen Mangel, nehmen sie ab, könnte es zu Engpässen kommen.
Diese Reserven erhöhen sich seit Jahren kontinuierlich. Am geringsten waren sie 2006, als 500 Millionen Unzen Silber vorhanden waren, während sie sich jetzt auf 2 Milliarden Unzen belaufen. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben sich die überirdischen Silberbestände also um 1,5 Milliarden Unzen erhöht.
Die CPM Group schließt daraus, dass keine Knappheit besteht. Steve und das Silver Institute schreiben dagegen, dass es am Silbermarkt ein Defizit gibt. Entsprechend ihrer Marktanalysen haben sie auch jedes Recht, das zu behaupten, denn wenn man das jährliche Silberangebot aus Minenproduktion und Recycling mit der jährlichen Gesamtnachfrage vergleicht, dann stellt sich heraus, dass die Nachfrage das Angebot um etwa 120 Millionen Unzen übersteigt. Auf Jahresbasis ergibt sich also ein Defizit.
Wo landen diese 120 Millionen Unzen? In den überirdischen Silberbeständen, d. h. in den Tresoren der Investoren, egal ob es sich dabei um Privatanleger oder Staatsfonds handelt. Kann man in dieser Situation von einem Defizit sprechen? Ja, ich denke schon, aber das schließt nicht aus, dass die überirdischen Silberreserven trotzdem weiter zunehmen. Grund dafür ist die Investmentnachfrage.
Mike Gleason: Interessante Antwort. Ich denke, eine mögliche Schlussfolgerung daraus wäre, dass das weiße Metall derzeit eventuell zunehmend von "starken Händen" aufgekauft wird und viel höhere Preise nötig sein werden, bevor diese Investoren es in Erwägung ziehen, einen Teil ihres Silbers wieder zu verkaufen.
David Morgan: Lassen Sie uns das genauer betrachten, wenn ich Sie hier unterbrechen darf. Das Silberdefizit bereitet vielen Silberinvestoren vielleicht Sorgen, weil sie - entschuldigen Sie meine Arroganz - eventuell nicht richtig verstehen, wie die Märkte funktionieren. Wenn man diese Situation genau durchdenkt, würde man beispielsweise nie Gold kaufen, da die überirdischen Goldreserven Jahr für Jahr weiter ansteigen. Dennoch wird man Artikel finden, die von einem Golddefizit sprechen, und nach der gerade vorgestellten Analysemethode ist das ja auch zutreffend.
Wie bei jedem anderen Investment spielt das Gesamtangebot jedoch gar keine große Rolle. Nehmen wir eine Aktie als Beispiel. Es ist nicht so wichtig, wie viele Aktie ein Unternehmen ausgegeben hat, sondern wie viele zum aktuellen Preis wirklich verfügbar sind. IBM hat beispielsweise sehr viele Aktien emittiert, doch der Großteil befindet sich im Besitz von institutionellen und privaten Investoren. Entscheidend ist der sogenannte Float, d. h. die Menge an Aktien, welche die Besitzer zum Tageskurs tatsächlich verkaufen würden. Wenn diese Menge sehr klein ist, dann haben Änderungen des Angebots oder der Nachfrage große Auswirkungen auf den Preis.
Ich möchte noch einmal hervorheben, was Sie gesagt haben, Mike, denn es ist sehr wichtig. So funktionieren die Märkte. Das Interessante bei Silber und auch bei anderen Investitionen ist, dass das Verhalten der Marktteilnehmer der Intuition oft widerspricht. Je höher ein Preis steigt, desto stärker halten die Menschen an ihrem Investment fest. Warum? Weil sie nicht wissen, wann ein Preis wirklich hoch ist und wie lange der Trend anhält. Entweder halten sie, was sie haben, und warten auf weitere Kursgewinne, oder sie stocken ihre Positionen während des Aufwärtstrends weiter auf und setzen damit auf die Marktdynamik.
Auf diesem Prinzip basieren übrigens auch die meisten der Algorithmen, die derzeit programmiert werden. Ob die überirdischen Reserven nun wachsen oder nicht - an den Märkten kann viel geschehen. Im Internet findet man viele, wie soll ich sagen...es sind nicht unbedingt gezielte Falschinformationen, aber oft werden bestimmte Aspekte der Edelmetallmärkte nicht gut erklärt. Habe ich das fair genug ausgedrückt, Mike?
Mike Gleason: Ja, sicher. Allerdings ist die Stimmung unter den Investoren ein Faktor, der sehr schwer zu quantifizieren ist und sich nur schlecht einschätzen lässt. Sie messen dem Sentiment große Bedeutung zu, aber es ist schwierig vorherzusagen, wie es sich entwickeln wird.
David Morgan: Nun, die Stimmung unter den Investoren wird sich so entwickeln, dass ihr ein Platz in der Geschichte der Finanzmärkte sicher ist. Die Edelmetallmärkte werden sich in eine Richtung entwickeln, von der selbst Silberbullen wie ich kaum zu träumen wagen. Sehen Sie sich nur an, was in unserem Finanzsystem geschieht, was die Fed, die EZB und die anderen Zentralbanken tun.
Die einzige Linderung verschaffen da die BRICS-Staaten, weil sie wenigstens versuchen, der Finanzwelt noch eine Alternative zum dominierenden anglo-amerikanischen Dollarsystem zu bieten. Das derzeitige Finanzsystem bekommt bereits die ersten Risse, wie sich u. a. am Beispiel der Deutschen Bank ablesen lässt. Wenn sich diese Risse zunehmend vertiefen, wird es einen Run auf Gold geben, wie wir ihn noch nie erlebt haben.
Was bedeutet das? Nur 1% der Investoren haben einen Teil ihres Kapitals in Gold angelegt. Es schwierig, dazu genaue Statistiken zu finden und ich habe schon oft gelesen, dass der Anteil der Edelmetallinvestoren in Wirklichkeit noch viel geringer ist. Doch nehmen wir einmal an, dass 1% über Goldanlagen verfügen, während 99% in Anleihen, Aktien, Immobilien und alle möglichen anderen Dinge investiert haben. Wenn nun aber nochmals 1% aller Investoren aufwachen und ihre Immobilien, Aktien oder Anleihen verkaufen und stattdessen ebenfalls Gold kaufen wollen, wird der Preis für den Float, für die geringe, tatsächlich verfügbare Goldmenge, in astronomische Höhen steigen.
Es ist wirklich schwer, ein Kursziel in einer Papierwährung zu nennen. Es könnte zu regelrechten Synergieeffekten kommen, sodass die Menschen den Dollar gar nicht mehr für Zahlungsabwicklungen verwenden wollen. Dafür würde es womöglich schon reichen, wenn man wieder ernsthaft über das Bretton-Woods-System oder ähnliche Konzepte diskutieren würde. Ein solcher Plan müsste gar nicht unbedingt umgesetzt werden. Wenn sich die Finanzmärkte in einem derartigen Aufruhr befinden, dass der Goldpreis nicht länger kontrolliert werden kann, würde das weiter Öl ins Feuer gießen.
Sie sehen, worauf ich hinauswill. Ich glaube, dass wir auf eine solche Entwicklung zusteuern. Das ist keine Tatsache, sondern meine Meinung, zu der ich nach ausführlichen Studien und Überlegungen gelangt bin. Ich denke, dass uns ein solches Szenario bevorsteht, aber es wird nicht von Dauer sein.
Ich glaube nicht, dass es 2016 schon so weit kommt, aber ich schätze, dass in diesem Jahr die grundlegenden Voraussetzungen für die zukünftigen Entwicklungen geschaffen werden. Wenn wir in zwei oder drei Jahren zurückblicken, werden wir vielleicht einzelne Daten wie z. B. den September 2016 betrachten und sagen "Wow, damals ist die Deutsche Bank zusammengebrochen." Ich hacke hier immer auf der Deutschen Bank herum, aber das ist nur ein Beispiel, es kann genauso gut jede andere Großbank treffen - oder andere Finanzinstitutionen oder die Derivatemärkte. Es gibt viele Möglichkeiten.
Wir werden zurückblicken und sagen, "Das war der Auslöser. Genau das hatte später den Run auf Gold zur Folge." Der Run auf Gold ist natürlich nur ein Probelauf für den Run auf Silber. Wenn der Goldpreis ernsthaft zu steigen beginnt, wird er meiner Einschätzung nach wahrscheinlich zunächst schneller in die Höhe schießen, als der Silberpreis. Die Leute werden in Panik verfallen, und wenn sie sich Gold nicht mehr leisten können, weil das gelbe Metall auf 2.000 $, 3.000 $, 4.000 $ oder 5.000 $ steigt, dann werden sie auf das nächstbeste Edelmetall zurückgreifen - Silber. Und der Float am Silbermarkt ist ebenfalls alles andere als groß.
Mike Gleason: Sie haben schon immer darauf hingewiesen, dass der Großteil einer Kursbewegung - 90% - innerhalb kurzer Zeit geschehen kann, genauer gesagt innerhalb 10% der Gesamtdauer eines Trends. Das ist etwas, das Investoren unbedingt im Hinterkopf behalten sollten, wenn die Kurse steigen. Ich denke, dass es dann sehr schnell sehr weit nach oben gehen kann.
Nun David, das war wie immer ein spannendes Interview. Wir wissen es immer zu schätzen, wenn Sie ihre Gedanken und Erfahrungen hier mit uns teilen. Ich gehe davon aus, dass wir bald wieder voneinander hören werden, denn 2016 verspricht ein interessantes Jahr zu werden. Wir haben die bevorstehende Präsidentschaftswahl in den USA, den künftigen geldpolitischen Kurs der Fed und einige irrsinnige Entwicklungen, die die Märkte mit Sicherheit beeinflussen werden. Viel Gesprächsstoff.
Bevor wir uns verabschieden, sagen Sie unseren Zuhörern und Lesern doch bitte noch, wie sie den Morgan Report abonnieren können und welche Leistungen Sie den Abonnenten bieten.
David Morgan: Natürlich. Besuchen Sie einfach TheMorganReport.com und tragen Sie sich in unsere kostenlose E-Mail-Liste am rechten Rand der Webseite ein. Dann werden Sie mindestens einmal pro Woche automatisch über Updates, kostenlose Web-Seminare usw. informiert. Im nächsten Seminar wird übrigens höchstwahrscheinlich um das gerade erwähnte Thema gehen, 90% der Kursbewegung in 10% der Zeit.
Verlieren Sie den Mut nicht, die größten Gewinne liegen noch vor uns. Davon bin ich fest überzeugt. Auch ich kann die Zukunft nicht mit Sicherheit vorhersagen. Ich kann mich irren. Aber ich kann beweisen, dass es in der Vergangenheit so war. Gegen Ende eines Trends hin beschleunigen sich die Bewegungen an den Märkten praktisch immer. Sie brauchen sich nur die Dotcom-Blase oder die Immobilienblase anzusehen. So funktionieren die Märkte nun einmal. Der Edelmetallmarkt ist nicht viel anders, nur die Psychologie unterscheidet sich. Es gibt kein Fieber, wie das Goldfieber.
Gold hat einen Einfluss auf jeden, selbst auf die, die das Edelmetall kontinuierlich kleinreden und schlechtmachen. Es lässt sie nicht kalt. Es wird interessant sein, wenn die Kommentatoren und Finanzexperten des Establishments, die Gold die ganze Zeit über abgelehnt haben, plötzlich sagen, "Sie sollten ein wenig Gold besitzen." Das wird vermutlich erst dann passieren, wenn sich der Preis der 10.000-$-Marke nähert, von der Jim Rickards immer spricht. Das könnte dann auch in etwa der Zeitpunkt sein, an dem es sich lohnt, über eine Veränderung der eigenen Investmentstrategie nachzudenken. Das wird schwierig werden, aber wir werden Sie dabei unterstützen. Mike, ich bedanke mich für das Interview.
Mike Gleason: Vielen Dank, David, und ein schönes Wochenende! Bis bald.
© Mike Gleason
Money Metals Exchange
Dieser Artikel wurde am 20. Mail 2016 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Hinweis: Den Morgan Report auf Deutsch können Sie unter www.morgan-report.de abonnieren.