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Was geschieht, wenn das Big Money Silber kauft?

20.06.2016  |  Steve St. Angelo

Wenn die wirklich großen Investoren eines Tages beginnen, Kapital am Silbermarkt anzulegen, wird das den Sektor völlig transformieren. Im Jahr 2011 stiegen die Edelmetallpreise zwar auf neue Rekordwerte, doch verantwortlich war dafür nur ein kleiner Teil aller Anleger. Die überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer wettete damals noch an den Aktien-, Anleihe- und Immobilienmärkten.

Doch der Tag, an dem das "Big Money" beginnen wird, in den Edelmetallsektor zu investieren, rückt immer näher. Michael Belkin hat dies kürzlich in einem Interview mit Kingworld News diskutiert. Mr. Belkin veröffentlicht einen sehr teuren Newsletter, in dem er kapitalstarken Kunden (Finanzinstitutionen und Hedgefonds) Kaufempfehlungen gibt.

Ende 2015 hat der Analyst einen neuen Newsletter zu den Aktien der Edelmetallunternehmen herausgebracht und geschrieben, dass deren Kurse zum Beginn des neuen Jahres durchstarten würden. Einen Monat später hatte er eine Gruppe von Silberunternehmen ausgesucht, deren Aktien seinen Prognosen zufolge gewaltige Gewinne verzeichnen würden. Nun, mit seinem Empfehlungen hat Mr. Belkin den Nagel auf den Kopf getroffen.

Die Aktien der Gold- und Silberunternehmen haben sich in den letzten vier bis fünf Monaten hervorragend entwickelt. Mr. Belkin geht davon aus, dass das nur die erste Runde der Edelmetallhausse war. Zudem ist er der Ansicht, das die großen Investoren die Preise auf ein extrem hohes Niveau treiben werden, wenn sie beginnen, sich an am Edelmetallmarkt zu positionieren. Doch bevor wir genauer darauf eingehen, wie das Big Money den Silbermarkt beeinflussen könnte, werfen wir noch einen Blick auf zwei bemerkenswerte Trends.


Interessante Entwicklungen am Silbermarkt

Die nächsten beiden Charts geben einen Einblick in die Vorgänge, die sich im letzten Jahrzehnt am Silbermarkt abspielten. Der erste Chart ist eine aktualisierte Darstellung der weltweiten Nachfrage nach Silbermünzen und -barren. Vor dem ersten Crash des US-Finanzsystems und der amerikanischen Wirtschaft im Jahr 2008 belief sich die weltweite Nachfrage nach Silberbullion auf 56 Millionen Unzen. Mit der Finanzkrise änderte sich das jedoch schlagartig: 2008 kauften die Investoren 192 Millionen Unzen Silber, fast viermal so viel wie noch ein Jahr zuvor.

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Obwohl die Nachfrage nach physischen Silberanlagen in einigen Jahren rückläufig war (2009 und 2012), zeigt der allgemeine Trend über die Jahre hinweg eine Zunahme der Investitionen in das weiße Metall an. Wir wir sehen können, kauften die Anleger 2015 die Rekordmenge von 292 Millionen Unzen, d. h. sie kaufen heutzutage etwa sechsmal so viel physisches Silber wie vor der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008.

Hinweis: Für diesen Chart habe die Daten des Analystenteams von GFMS Thomson Reuters verwendet, welche neuerdings auch die Nachfrage nach Silberbarren und -medaillen beinhalten, die von privaten Prägestätten hergestellt werden. Die Silberanlageprodukte des Privatsektors wurden in diesem Jahr erstmals unter der Nachfragekategorie Münzen und Barren mit berücksichtigt und die Daten mehrerer früherer Jahre wurden nach oben korrigiert, um die geschätzte Nachfrage nach diesen Barren und Medaillen in den Gesamtwert mit einzuberechnen.

Die Investoren kaufen also weiterhin Rekordmengen an physischem Silber, obwohl der Preis des Edelmetalls in den letzten fünf Jahren gesunken ist.

Der nächste Chart ist jedoch aus verschiedenen Gründen noch interessanter. Diese Daten haben mich wirklich überrascht, als ich sie auswertete. Die Menge des Altsilbers, welches recycelt und anschließend wieder verkauft wird, ist abhängig vom Preisniveau. Je höher der Silberpreis ist, desto mehr Altsilber gelangt auf den Markt. Wenn wir uns jedoch den starken Rückgang des Angebots an wiedergewonnenem Silber in den letzten beiden Jahren ansehen, bemerken wir einen beunruhigenden Trend:

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Als der Silberpreis zwischen 2006 und 2009 bei 11,50 $ - 15,00 $ lag, wurden jedes Jahr weltweit mehr als 200 Millionen Unzen Silber recycelt. Während der Preis in den folgenden Jahren dann nach oben kletterte, stieg auch das Angebot an Altsilber. 2011 erreichte der durchschnittliche Silberpreis mit 35,12 $ einen absoluten Spitzenwert, während gleichzeitig auch bei der Wiedergewinnung von Altsilber ein Rekord von 261 Millionen Unzen verzeichnet wurde.



Als der Silberpreis anschließend wieder fiel, nahm selbstverständlich auch die Menge des recycelten Silbers ab. Wenn wir uns jedoch ansehen, wie viel Altsilber 2014 und 2015 aufbereitet wurde, und das mit mit dem Zeitraum von 2006 bis 2009 vergleichen, bemerken einen entscheidenden Unterschied: 2014 und 2015 war der durchschnittliche Silberpreis mit 19 $ bzw. 15,70 $ höher als zwischen 2006 und 2009, doch das Angebot an wiedergewonnenem Silber war deutlich zurückgegangen.

2014 lag das Altsilberangebot mehr als 30 Millionen Unzen unter dem durchschnittlichen Angebot der Jahre 2006 bis 2009; 2015 betrug der Unterschied sogar mehr als 50 Millionen Unzen. Es stellt sich also die Frage, warum die Menge des recycelten Silbers in den letzten Jahren so stark gesunken ist. Durch die Analyse der Daten und durch Diskussionen mit einem Silberspezialisten des geologischen Instituts USGS bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ein Großteil des qualitativ hochwertigen Altsilbers wahrscheinlich bereits verkauft wurde. Es wird zwar auch in Zukunft ein gewisses Angebot an Altsilber geben, doch es werden höhere Silberpreise nötig sein, um das minderwertige Altsilber wieder auf den Markt zu bringen, da dessen Aufbereitung höhere Kosten verursacht.


Physische Silberinvestments: Nichts als Peanuts im Vergleich zum Rest der Märkte

Wir wissen nun, dass die Nachfrage nach Silbermünzen und -barren steil ansteigt, während das Angebot an Altsilber abnimmt. Der nächste Chart setzt den Silbermarkt jedoch erst in Perspektive. Wenn wir die gesamte Münz- und Barrennachfrage von 2008 bis 2015 addieren, dann entspricht sie einem Wert von gerade einmal 35 Milliarden Dollar.

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Ja, das stimmt tatsächlich. Zur Berechnung habe ich die Gesamtnachfrage jedes Jahres herangezogen und sie mit dem durchschnittlichen Silberpreis des jeweiligen Jahres multipliziert. Zwischen 2008 und 2015 belief sich die Nachfrage nach Silberbullion insgesamt auf 1,57 Milliarden Unzen, was einem Wert von mickrigen 35 Milliarden Dollar entsprach. Im Vergleich zum großem Ganzen, zu den Aktien- Anleihe- und Immobilienmärkten, ist das eine verschwindend geringe Summe.

Wenn wir außerdem das Handelsvolumen des US-Dollars an den internationalen Währungsmärkten betrachten, wird es noch lächerlicher. Nach Angaben von FXWeek.com wurden 2013 täglich 5,3 Billionen Dollar an den Devisenmärkten gehandelt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es seitdem noch mehr geworden ist.

Sollten die wirklich großen Investoren beschließen, in physisches Silber zu investieren und kollektiv nur 100 Milliarden Dollar aufwenden, dann würden sie dennoch dreimal so viel Silber benötigen, wie alle Anleger in den letzten Jahren zusammengenommen - genauer gesagt 4,71 Milliarden Unzen. Wenn sie dreimal so viel Kapital investieren, werden sie im Prinzip auch etwa dreimal so viel Silberbullion nachfragen.

Eine derartige Menge an Silber wird jedoch nicht so leicht verfügbar sein. Ich wäre überrascht, wenn es dem Big Money gelingen sollte, auch nur 500 Millionen Unzen zu aufzutreiben. Wenn das Angebot knapp ist, werden die Preise unweigerlich sehr viel höher steigen.

Die Frage ist nicht, ob das geschieht, sondern wann. Der letzte Chart sollte allen Investoren verdeutlichen, wie extrem das globale Finanzsystem aus dem Gleichgewicht gekommen ist. In nur sechs Monaten hat sich das Volumen der Staatsanleihen mit negativen Renditen fast verdoppelt:

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Anfang 2016 belief sich der Gesamtwert der von den Regierungen dieser Welt ausgegebenen Anleihen mit negativer Verzinsung noch auf 5,5 Billionen Dollar. Nur fünf Monate später ist dieser Wert auf 10,5 Billionen Dollar angestiegen. Das ist kein gutes Zeichen. Wenn sich der Gesamtwert der Staatsanleihen mit Renditen im Minusbereich in weniger als einem Jahr verdoppelt, haben Anleger wirklich allen Grund zur Sorge.

Es werden zwar mit Sicherheit noch mehr negativ verzinste Anleihen herausgegeben werden, doch auf lange Sicht ist das keine tragfähige Strategie. Wenn das Finanzsystem Risse bekommt und letzten Endes kollabiert, werden die großen Investoren und Finanzinstitutionen physisches Silber kaufen und den gesamten Silbermarkt transformieren. Der daraus resultierende Anstieg des Silberkurses wird ein unvergessliches Erlebnis werden.


© Steve St. Angelo
(SRSrocco)


Dieser Artikel wurde am 14. Juni 2016 auf www.srsroccoreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.