Die finale Wende am Goldmarkt
09.07.2016 | Steve St. Angelo
2016 könnte das Jahr werden, in dem die Mainstream-Investoren endlich die finale Wende am Goldmarkt herbeiführen. Ein Teil der Investoren kauft zwar nach wie vor große Mengen physischen Goldes, doch es sind die durchschnittlichen Anleger, die die künftige Entwicklung des Goldmarktes und -preises entscheidend prägen werden.
Warum ist das so? Nun, die eingefleischten Edelmetallkäufer verfügen insgesamt betrachtet über einen viel geringeren Einfluss auf den Markt als die Mainstream-Investoren, die 99% des Marktes ausmachen. Ich habe schon in mehreren früheren Artikeln darauf hingewiesen, dass die enorm erhöhte Nachfrage nach Goldinvestments seitens der normalen Anleger letztlich der Faktor sein wird, der den Goldmarkt völlig überwältigt.
Der nächste Chart macht deutlich, welche Art von Hebelwirkung die Mainstream-Investoren auf den Goldmarkt haben. Als der Dow Jones im ersten Quartal dieses Jahres um nur 2.000 Punkte einbrach, wendeten sich sehr viele von ihnen dem Goldsektor zu und investierten in Gold-ETFs und Goldfonds. Im zweiten Quartal setzte sich dieser Trend fort. Nachdem die Briten in der vergangenen Woche für den Austritt der Vereinigten Königreiches aus der EU gestimmt hatten, stiegen die Goldkäufe außerdem erneut sprunghaft an.
Den von Nick Laird auf Sharelynx.com veröffentlichten Daten zufolge sind die transparenten Goldbestände seit Anfang 2016 weltweit um fast 20 Millionen Unzen angewachsen. Fast die Hälfte dessen, genauer gesagt 9,7 Millionen Unzen, flossen dabei (angeblich) in den Gold-ETF GLD. 20 Millionen Unzen Gold sind eine gewaltige Menge - das entspricht 41% der jährlichen Minenproduktion der gesamten Welt.
Falls Sie kein Vertrauen in Gold-ETFs und die physische Deckung dieser Finanzprodukte mit echtem Edelmetall haben: Das habe ich auch nicht. Dennoch ist es mir vollkommen gleich, ob die Goldbestände des GLD tatsächlich so hoch sind, wie berichtet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur die Hebelwirkung, die die durchschnittlichen Anleger mittels der ETFs auf den Goldmarkt und den Preis des gelben Metalls haben. Darin liegt der Schlüssel zur künftigen Kursentwicklung.
Der nächste Chart zeigt die jährlichen Netto-Zuflüsse (bzw. Abflüsse) physischen Goldes bei den weltweiten Gold-ETFs und -fonds in Tonnen:
Die größten Zuflüsse in Gold-ETFs und -fonds wurden im Jahr 2009 verzeichnet. Der Großteil der 645 Tonnen wurde damals im ersten Quartal zugekauft, als die allgemeinen Märkte ihre absoluten Tiefs erreichten. Allein im Märzquartal 2009 wurden die Goldbestände der ETFs und Fonds um die Rekordmenge von 465 Tonnen aufgestockt - das entsprach 72% der gesamten Jahreszunahme.
Doch auch 2016 legten die Gold-ETFs und -fonds in der ersten Jahreshälfte einen beeindruckenden Start hin, denn ihre Goldbestände haben sich weltweit bereits um 622 Tonnen erhöht. Mit enthalten sind in dieser Zahl auch die rund 68 Tonnen (2,2 Millionen Unzen) die seit Jahresbeginn zu den Goldreserven der New Yorker Terminbörse COMEX hinzugekommen sind. Wie wir sehen können, hat die Goldnachfrage der Mainstream-Investoren in den ersten sechs Monaten des Jahres dazu geführt, dass die diesjährigen Zuflüsse zu den Gold-ETFs und Goldfonds schon jetzt 96% des 2009 erreichten Rekordwertes von 645 Tonnen betragen.
All das geschah vor dem Hintergrund einer Korrekturbewegung von gerade einmal 15% an den allgemeinen Märkten im Märzquartal. Was wird geschehen, wenn sich die Nachwirkungen des Brexits auf verschiedene Sektoren übertragen, weiter ausbreiten und die Aktienkurse sinken lassen?
Nach Angaben von Sharelynx.com flossen in diesem Jahr bislang 25 Milliarden $ in die Gold-ETFs, -fonds und -börsen:
Das stellt unzweifelhaft unter Beweis, dass die Nachfrage der durchschnittlichen Investoren nach Goldanlageprodukten stark gestiegen ist. Dennoch repräsentiert der Goldsektor nur einen winzigen Teil des gesamten Marktes. Allein die 400 reichsten Menschen dieser Welt haben am letzten Freitag 127 Milliarden $ verloren, nachdem die britischen Wähler für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt hatten.
Noch interessanter ist allerdings die Tatsache, dass der Verlust von 127 Milliarden $, den die Superreichen an einem einzigen Tag gemacht haben, ausgereicht hätte, um alle Gold- und Silber-ETFs sowie sämtliche Edelmetallfonds dieser Erde aufzukaufen!
Aktuell haben die Gold-ETFs und -fonds weltweit einen Gesamtwert von 108 Milliarden $, während die Silber-ETFs und -fonds auf gerade einmal 16 Milliarden $ kommen. Der Gesamtwert sämtlicher auf Gold und Silber basierender ETFs und Fonds beläuft sich somit auf 124 Milliarden $. Anders gesagt haben die reichsten der Reichen an nur einem Tag mehr als den gesamten Markt für Gold- und Silber-ETFs und -fonds verloren.
Die Entscheidung der britischen Bürger, die EU zu verlassen, ist der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen wird. Selbst wenn die Politiker das Vereinigte Königreich auf irgendeine Weise doch dazu zwingen könnten, in der Staatengemeinschaft zu bleiben, wäre das bedeutungslos, denn die Einstellung der Menschen hat sich geändert. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Bewegung genügend Durchschlagskraft entwickelt, um das Establishment schließlich zu stürzen.
Eines Tages werden die Schulden und die enorme Leverage in unserem Finanzsystem an den Märkten zu einem ernsten und rasanten Crash führen. Wenn Sie zu den 99% gehören, die glauben, es wäre wichtig, langfristig in einen Ruhestandsplan einzuzahlen, dann machen Sie nicht die Wall Street dafür verantwortlich, wenn der Rentenfonds pleite geht und Sie alles verlieren. Sie hatten genügend Chancen aufzuwachen.
© Steve St. Angelo
(SRSrocco)
Dieser Artikel wurde am 27. Juni 2016 auf srsroccoreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.