Gold und Silber - China/Indien und Italien
14.07.2016 | Dr. Dietmar Siebholz
Sie werden sich jetzt fragen, warum mischt der Siebholz diese beiden Themen und warum die so verschiedenen Länder in eine Gruppe? Die Antwort ist einfach, weil sie eine Momentaufnahme der derzeitig am Markt wirkenden Kräfte wiederspiegelt
Die Preisentwicklung bei den beiden Edelmetallen hat mich natürlich gefreut und genauso hat mich die Reaktion der Märkte auf die Brexit-Entscheidung in Großbritannien gefreut. Nicht, dass ich die Tommys draußen haben wollte, aber dass dieses Volk den Mut hatte, sich gegen die Brüssel-Mafia aufzulehnen, jene von den Ländern Gesandte und von uns nicht gewählte Eliten. Sie werden mir das Wort Elite verzeihen, es war auch nur Spott. Sonst könnte ich diese Typen nicht mehr ertragen, außer im Spott.
Die Reaktionen auf die Brexit-Abstimmung waren vielfältig, aber am wenigstens gelernt haben daraus eben diese Eliten in Brüssel. Fast könnte man sagen, sie sind typisch deutsch, das einmal Gedachte dürfe keinesfalls aufgegeben werden.
Nein, die Edelmetall-Preisentwicklung hat ganz andere Hintergründe und da kommen wir schon wieder auf China, Indien und Italien zurück. China hat seine Goldkäufe nach einer einmonatigen Pause aufgenommen; China hat jetzt weitaus über 1.800 Tonnen Gold. Wovon man aber nicht spricht, sind die ungeheuer großen Anschaffungen von Silber in den letzten sechs Monaten durch China und Indien.
Die Einwohner beider Länder sind nämlich wirkliche Kaufleute. Sie kaufen nämlich Edelmetalle nicht nach Emotionen wie wir Europäer und die Amis (wenn´s eng wird, dann schnell zum Goldhändler), sondern nach den günstigeren Einstandskosten. Und wenn die Gold-zu-Silberrelation so um die 80 Plus tänzelt, dann werden die Käufer in Asien wach; beide Länder haben sehr gute Erfahrungen mit Silberwährungen.
Nun ist die o.g. Relation eben durch die verstärkten Käufe auf ca. 68 heruntergekommen (nach meiner Meinung hat diese Relation noch einen weiten Weg nach unten vor sich) und schon werden die manipulierenden Investmentbanken und ihre Entourage nervös. Was macht man da, wenn mehr als 200.000 Kontrakte als Open Interest geführt werden (das sind bei 5.000 Unzen pro Kontrakt ja lockere 1.000.000.000 Unzen Silber, also mehr als eine Jahresproduktion, die hier in Form von Kontrakten bis zur Auflösung der Terminkontrakte bis Ende Dezember 2016 zu regulieren sind, entweder in Geld oder in physische Ware. Eine äußerst interessente Zeit steht uns im zweiten Halbjahr ins Haus.
Nun kommen wir zum Unterschied von Gold und Silber im strategischen Sinne. Und da gibt es zwei nennenswerte Unterschiede. Der eine: Gold muss man nicht brauchen, das bisschen, das industriell gebraucht wird, kann man locker beschaffen und noch viel schlimmer: Die Investment-Banken mit ihren - nennen wir sie einmal nett - "Auftraggebern" - also Politik, Banken und Notenbanken können über die Notenbanken auch genug physisches Gold beschaffen, um den Markt zu beeinflussen, besser gesagt als Gegner von Gold und im Interesse ihres legalen Falschgeldes manipulieren.
Ganz anders ist es beim Silber, wo ja mehr als die Hälfte der Förderung in den industriellen Verbrauch fließt und das geht nur physisch, was man leicht verstehen kann. Die Läger für physisches Silber sind leer und so besteht das Risiko, dass bei einer weiteren Verschlechterung der realen Weltlage die Menschen wieder Geld mit innerem Wert wünschen.
So sind wir wieder bei China und Indien: Beide Länder werten derzeit ihre Währungen ab, um ihren Export zu fördern. Die Einwohner beider Länder müssen also für Importware mehr auf den Tisch legen und sehen die Kaufkraft ihrer Ersparnisse schwinden. Niedrige oder überhaupt keine Zinsen machen das Leben zusätzlich schwerer. Also wird das mittelfristige Sparkapital in Edelmetall, meist in Münzen investiert. Man generiert also wieder eine zusätzliche physische Nachfrage.
Ein Geschäftsfreund aus den USA hat mir einen Link vermittelt, mit dem ich täglich die Veränderungen im Future (also dem Termin-)markt für Gold und Silber verfolgen kann. Es sind unvorstellbar hohe Totalwerte, die da bei den FUTURES, bei den OPEN-INTEREST-Daten und bei CALLS und PUTS offen stehen und seit zwei Monaten immer höhere Werte erreichen. Warum mich das an den Turmbau zu Babel erinnert, kann ich nicht sagen.
Bei Gold weiß ich, dass die Notenbanken und die von ihnen abhängigen Regierungen alles tun werden, um den Feind des ungedeckten Papiergeldes nämlich Gold nicht gewinnen zu lassen, wenn es dann noch vermeidbar wäre. Da bin ich schon vorsichtiger, aber beim Silber da haben sie ihr Pulver verschossen. Die USA haben das aus dem eingezogenen Münzgeld resultierende Silber (es waren Milliarden von Unzen) seit Ende der 60-er Jahre in den Umlauf und in die Industrieverwertung gebracht. China hat seine Silberreserven aus dem alten Münzgold ebenfalls fast vollständig "versilbert", also in Papiergeld gewandelt.
Gehen die Förderungsmengen an Silber im Zusammenhang mit den rückläufigen Produktionsmengen an Kupfer, Zink und Blei (Sie wissen sicher, dass Silber zu mehr als 2/3 als By-Produkt bei der Förderung der Buntmetalle gefördert wird) zurück oder steigt die Nachfrage nach Silber auch als Folge des Trends zur Solarenergie weiter an, dann wird es eng für alle, die auf fallende Silberpreise spekulieren.
Und nun warte ich auf Ihre Frage: Was hat denn Italien mit den Edelmetallen zu tun? Gut, die Schmuckindustrie in Italien besonders die um Arezzo herum ist ein großer Edelmetallverbraucher, aber das wird die Preise nicht arg beeinflussen.
Viel wichtiger ist die Feststellung, dass die großen italienischen Banken so arg in Notlage geraten sind, dass es einem schon geraten erscheint, sein Geld von Milano nach Madrid oder Dublin zu schaffen. Es sollen an die 380 Mrd. € an faulen Krediten bei diesen Instituten hängen und nur von einer vorsichtigen Abschreibung hängt es ab, ob die Institute noch das Überleben schaffen. Wenn ich die Informationen richtig erfasst habe, sollen ja seit Anfang des Jahres Guthaben von mehr als 35 Mrd. € von der am stärksten bedrängten italienischen Bank Monte del Paschi di Siena abgezogen worden sein.
Lassen Sie mich als Kritiker des EU-RO-Verbundsystems dazu zynisch folgend kommentieren.
1) Ach ja, daher hat man die Bildung eines Bankensicherungsfonds für alle 28 (27, wenn es die Tommies noch rechtzeitig rausschaffen) EU-Länder (Merke: Nicht die Euro-Länder, sondern die EU-Länder) herbeigezwungen.
2) Fein, dann werden ja auch die wieder aufgefüllten privaten Bankensicherungsfonds in Deutschland (die anderen haben ja kaum große Guthaben gesammelt) in Anspruch genommen. Hat denn der Aderlass durch die deutsche Niederlassung von Lehman Brothers nicht gereicht?
3) Ich hörte, dass die EZB schon wieder Hilfe geleistet hat, und zwar in Form von ELA-Mitteln (wieder so ein Reptilienfonds, über dessen Ausreichungen die erforderlichen Informationen immer noch fehlen. Der ELA (Emergency Liquidity A.- also der EZB-Topf für Notfinanzierungen) braucht für die Zahlungen keine großen Formalien und hat schon große Beträge zur Verfügung gestellt.
4) Der größte Hammer - verzeihen Sie mir diesen burschikosen Ausdruck - ist, wie wir es aus der Griechenland-Pleite kennen, den meisten von uns unbekannt. Dazu einige erklärenden Worte.
Nehmen wir an, Sie gehören zu den vielen Reichen in Italien. Sie wissen, dass auch Ihre Regierung die Bail-In-Gesetze zuletzt auf Druck der EU ratifizierte. Sie wissen also genau, dass wenn die uralte Dame Monte del Paschi in die Knie geht, auch Ihr Guthaben mit zur Sanierung herangezogen wird. Was machen Sie als intelligenter Mensch? Sie fahren nach Lugano oder München (und nicht erst zum Oktoberfest am italienischen Tag), eröffnen ein Bankkonto dort und transferieren Ihr Geld dahin.
Und wenn dies schon jetzt nicht möglich ist, dann werden Sie es in kleineren Beträgen - so wie früher, als es für Italiener verboten war, Banknoten von mehr als 20.000 Lire ins Ausland zu bringen (da scheint es ein Vorteil des Alters zu sein, denn ich kenne die ganzen Aktivitäten aus dieser Zeit als Banker sehr persönlich) - in stabilere Länder der Euro-Zone bringen.
Und nun kommt der richtige Hammer: Also bei der EZB wird ein Transfer von I nach D dazu führen, dass die Banca d´Italia mit dem Transferbetrag belastet und die Bundesbank mit den gleichen Betrag erkannt (also vergütet) wird. Folgen: Der Negativ-Verrechnungs-Saldo der Banca d´ Italia steigt weiter immens an und der Forderungs-Verrechnungssaldo der Bundesbank steigt im gleichen Maße.
Unser italienischer intelligenter Freund kann jetzt frei über seine Euros in unserem Land verfügen, die Bundesbank hat einen riesigen Forderungssaldo gegen die EZB, die aber nicht in Währung leisten kann, weil dazu müssten ja die Schuldnerländer aus dem TARGET-2-Progrmam ihre Negativsalden abbauen (wer glaubt denn noch an den Klapperstroch?). Gleichzeitig werden von der EZB ELA-Hilfskredite an die italienischen Banken ausgereicht, für die die Bundesbank wieder mit knapp 27% mithaftet. Und kommt die EZB in Untiefen, wird die Bundesbank eine Kapitalerhöhungsqoute von mindestens 27% schultern dürfen.
Um es mit Wilhelm Busch zu sagen (aus "Plisch und Plum"): "Höchst fatal", bemerkte Schlich (dessen Vorname Anton war), "aber diesmal auch für mich". Wir sind das A. Schlich-Land in der EU. Denn wenn in Italien der Transferweg geschlossen werden sollte, dann wird den Reichen und Vermögenden dieses Landes auch nichts anderes übrig bleiben, als in Arezzo anzutreten und um Gold und Silber zu bitten. Denn eines steht fest, diesen Devisenbringer wird die italienische Regierung sicherlich nicht stilllegen.
Und zu Ihrer Beruhigung: Unser italienischer Freund wird die Chance haben, sein Guthaben dann in Arezzo in Silber oder Gold umzuwandeln, es sei denn, es gäbe eine totale Kapitalverkehrskontrolle. Nun denn, dann hat er es halt in Deutschland, allerdings ohne Sanierungszugriff wie in Bella Italia. Und wir haben seine Hausbank mit unseren Mitteln mitgerettet, die Bundesbank hat daraus eine Forderung gegen die EZB. Das nenne ich Solidarität. Der EU und ihrer Umverteilungsinstitutionen sei Dank dafür.
Und nun - lieber Leser - wissen Sie, was Italien mit China und Indien gemein hat oder haben wird und warum sich dies auf die Edelmetallpreise auswirken wird.
Und wenn Sie glauben, dass es nach Zypern, Spanien und Slowenien keine weiteren Inanspruchnahmen von Bankkunden bei Bankensanierungen geben wird, träumen Sie bitte ungestört weiter. Bis zum bitteren Aufwachen ist Träumen immer noch die schönere Alternative zum Wissen und zum dabei empfundenen Zorn und Stress.
Sie können jederzeit mit mir Kontakt über wthlz2@gmx.de aufnehmen, falls Sie Fragen oder Anregungen haben wollten.
© Dr. Dietmar Siebholz
wthlz2@gmx.de