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Wenn die Zukunft zur Gegenwart wird

18.07.2016  |  John Mauldin

Open in new windowWarum verbringen Investoren so viel Zeit damit, über die Zukunft nachzudenken? Alle Schlüsse, zu denen wir gelangen können, sind notwendigerweise rein spekulativer Art. Niemand hat eine Kristallkugel. Die Befürworter der Markteffizienzhypothese haben recht, wenn sie sagen, dass wir die Zukunft nicht vorhersehen können. Sie liegen jedoch falsch, wenn sie behaupten, dass Prognosen nutzlos seien (und auch mit vielen anderen ihrer Schlussfolgerungen liegen sie ziemlich daneben).

Wir können uns zwar nie zu 100% sicher sein, was die Zukunft bringen wird, doch wir können oft relativ zuverlässige Annahmen treffen. So wie das Universum den bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten folgt, folgt auch die Wirtschaft den Prinzipien menschlichen Handelns. Menschen versuchen, Leid zu vermeiden und Freude zu maximieren. Wenn man vorhersehen kann, auf welche Weise sie das tun, lassen sich die wirtschaftlichen Resultate mit einem hohen Grad an Zuverlässigkeit prognostizieren - wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit. Folglich verbringen wir viel Zeit damit, Zukunftsprognosen für unsere Unternehmen oder Investitionen zu erstellen.

Die größte Herausforderung dabei ist das Timing. Wir wissen, was die Menschen tun werden (oder wir denken zumindest, dass wir es relativ gut einschätzen können) - aber nicht, wann sie es tun werden. Wie viel Leid, Frustration oder Enttäuschung können sie ertragen, bevor sie aufgeben und uns überraschen, indem sie sich für eine völlig andere Richtung entscheiden? Das ist eine zentrale Frage für beide Seiten der Diskussion um den Brexit.

Während im Laufe des letzten Monats alle über den EU-Austritt des Vereinigten Königreiches sprachen, hat die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ihren 86. Jahresbericht vorgelegt. Die BIZ, die ihren Sitz in Basel hat, fungiert als eine Art zentraler Knotenpunk für alle Zentralbanken dieser Welt. Sie wickelt Transaktionen zwischen den Notenbanken und zwischen anderen internationalen Organisationen ab. Sie dient weder Privatpersonen, noch Unternehmen, noch nationalen Regierungen. (Sie dient allerdings sehr wohl als Quelle und Zielscheibe zahlreicher Verschwörungstheorien und gießt mit ihrer legendären Geheimhaltung weiter Öl ins Feuer.)

Positiver eingestellte Beobachter weisen darauf hin, dass die BIZ ökonomische Angelegenheiten viel freimütiger kommentieren kann, als die einzelnen ihr angehörigen Zentralbanken, weil sie vergleichsweise wenig Rücksicht auf politische Befindlichkeiten nehmen muss. Ihre diesbezügliche Offenheit hat in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die BIZ-Berichte die ideale Bettlektüre, wenn man abends Probleme hatte einzuschlafen. Heute verwendet die BIZ die besonnene, wohl überlegte Ausdrucksweise der Zentralbanken, um zu sagen: "Wir denken, dass die Dinge wahrscheinlich entgleisen werden!"

Wenn Zentralbanker wie Janet Yellen oder Mario Draghi etwas sagen, dann müssen wir berücksichtigen, dass sie eine bestimmte geldpolitische Strategie verfolgen. Auch die BIZ hat eine Agenda, doch die Bank ist an keine bestimmte Wirtschaft und keine bestimmte Regierung gebunden. Ihre Analysten konzentrieren sich darauf, wie die Welt im Ganzen funktioniert, und wir sollten ihren Warnungen die nötige Aufmerksamkeit schenken. In diesem Artikel werden wir uns also mit dem Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich auseinandersetzen, analysieren, inwiefern sich die Ansichten der BIZ von der allgemein vorherrschenden Meinung unterscheiden und diskutieren, warum wir alle die Zukunft voller Sorge betrachten.

Wo auch immer ich gerade bin, scheinen alle von dem Gefühl erfüllt zu sein, dass eine tiefgreifende kulturelle Umwälzung bevorsteht. Wohin wir auch blicken, entdecken wir Gründe zur Sorge. Ben Hunt sagt, dass der Umbruch kommen muss, weil das Narrativ versagt, eine Idee auf die wir später noch zurückkommen werden. Neil Howe, auf dessen Arbeiten ich vor einigen Wochen eingegangen bin, ist der Ansicht, dass der Wandel ein natürliches Element eines rund 80 Jahre währenden Zyklus des Generationswechsels darstellt.

Wir haben diesem Modell zufolge das zweifelhafte Glück, nun in die unbeständigste und kritischste Phase dieses Zyklus einzutreten, in der es häufig zur Krise und anschließenden Katharsis kommt. Diese globalen, zyklischen Ereignisse erstrecken sich dabei über Monate und Jahre hinweg. Oder, wie Lenin gesagt haben soll: "Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts geschieht, und Wochen, in denen Jahrzehnte geschehen."

Beginnen wir mit dem Bericht der BIZ. Das erste Kapitel hat den provokanten Titel "Wenn die Zukunft zur Gegenwart wird". Das ist das Einzige, was wir über die Zukunft mit Sicherheit sagen können: Sie kommt immer, und es ist unsere Aufgabe, sich ihr offen zu stellen.


Riskante Dreierkonstellation

Auf der Strategic Investment Condeference 2015, vor nur etwas mehr als einem Jahr, hatten wir Bill White als Gast, der früher als Chefökonom der BIZ tätig war und heute Vorsitzender des Prüfungsausschusses für Wirtschafts- und Entwicklungsfragen (EDRC) der OECD ist. Ich kenne niemanden, der innerhalb des internationalen Zentralbankengeflechts besser vernetzt ist als er. Im Jahr 2003 drängte er Alan Greenspan bekanntermaßen dazu, die Zinsen anzuheben, damit die US-Notenbank für die nächste Krise einen gewissen Spielraum haben würde - und Bill war überzeugt, dass die innerhalb weniger Jahre kommen würde. Damit lag er völlig richtig. Meiner Einschätzung nach ist Bill verantwortlich für den aktuellen Ton und die aktuelle Richtung der Forschungen und Analysen der BIZ.

Im letzten Jahr sagte Bill, dass die Zentralbanken mit ihrer unbeirrbaren Fokussierung auf die Geldpolitik einen Fehler machten. Er wies völlig zutreffend darauf hin, dass geldpolitische Lösungen nicht geholfen haben und erklärte mit Nachdruck, dass die Ausweitung der aktuellen Maßnahmen auch nicht helfen werde.

Folgendes schrieb ich damals direkt nach der Konferenz:

"Genau darin besteht das Problem einer Geldpolitik, die von der politischen Stimmungslage und den Entscheidungen einer kleinen Gruppe Menschen beeinflusst wird. Sobald eine Rezession ansteht, sehen sich die Leute nach einem Sündenbock um und sie werden auf die Zentralbank zeigen, deren geldpolitischer Kurs nicht so akkommodierend war, wie sie das gewünscht hätten. Sie werden die Zentralbank beschuldigen, statt zu verstehen, dass ein Konjunkturzyklus nun einmal so funktioniert.

Bill White ist mein Lieblingszentralbanker. Die Modelle der Notenbank, so sagte er, sind künstliche Maschinen. Sein bestes Zitat war: 'Darin besteht das Hauptproblem mit den Zentralbanken: Sie denken, sie wüssten, wie die Wirtschaft funktioniert.' Ihre Modelle gehen immer von einer Rückkehr zum Gleichgewicht aus. Doch es gibt kein Gleichgewicht - die Situation ist so, wie sie eben ist. Das Problem an Modellen des wirtschaftlichen Gleichgewichts ist, dass sie die Realität nicht widerspiegeln.

Eine Wirtschaft ist wie das Ökosystem eines Waldes, nicht wie eine Maschine. Wir befinden uns auf einem sehr schlechten Weg. Die Höhe der Schulden ist langfristig nicht tragbar. Betrachten Sie die Situation seit der Finanzkrise von 2008: Die Eurozone ist eine Art verkleinerte Version der globalen Krise. Sparpolitik und regulatorische Einschränkungen sind nicht hilfreich. Als einzige Option bleibt die Geldpolitik, und die führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen."




Wenn wir heute über diese Fragen nachdenken wird klar, dass die Zentralbanker dem Gleichgewicht, welches sie so verzweifelt anstreben, keinen Schritt näher gekommen sind. Sie haben sich sogar noch weiter davon entfernt, indem sie in Japan und Europa negative Zinssätze beschlossen haben. Ich weiß nicht, ob sie sich noch immer auf ihre Modelle berufen, denn ich kann mir kein Modell vorstellen, das uns dorthin führen würde, wohin die Zentralbanken uns gebracht haben. Doch hier stehen wir nun.

Ich möchte keine Namen nennen (denn das würde viel zu lange dauern), aber die Zentralbanker, die die Vorzüge der Negativzinsen anpreisen, schenken den Fakten offenbar einfach keine Beachtung. Winston Churchill hat einmal gesagt: "So schön eine Strategie auch ist - man sollte von Zeit zu Zeit die Resultate überprüfen."

Für Banken und Versicherungsunternehmen sind die Folgen der negativen Zinssätze in Europa katastrophal, ganz zu schweigen von den Konsequenzen für Rentenfonds und Anleger, die in festverzinsliche Wertpapiere investieren. Zur Zeit hält man unbeirrbar an der Auffassung fest, dass privater Konsum und/oder dessen künstliches Austauschen gegen Staatsschulden der Motor der Wirtschaft sind und eine wünschenswerte Inflation erzeugen. Dieses Dogma, zu dessen bekanntesten Vertretern Paul Krugman zählt, wird uns alle noch teuer zu stehen kommen. Das ist die Kernaussage des neuen Jahresberichts der BIZ.

Im Bericht steht nicht, dass die Weltwirtschaft in schrecklichem Zustand ist. Sicher, das Wachstum ist enttäuschend, aber es könnte viel schlimmer sein. Die Arbeitslosigkeit ist noch immer zu hoch, aber die Situation bessert sich. In den meisten Staaten ist Inflation kein Problem.

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Was der BIZ Sorgen bereitet, sind allerdings die langfristigen Konsequenzen einer "riskanten Dreierkonstellation" aus ungewöhnlich niedrigem Produktivitätswachstum, hartnäckig hohen globalen Schuldenständen und einem äußerst engen wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum. Diese Kombination ist verantwortlich für die anhaltend niedrigen Zinsen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Die ultra-niedrigen, bei Null liegenden oder sogar negativen Zinssätze sind nicht selbst das Problem, sondern ein Symptom der "riskanten Dreierkonstellation". Wir können (und müssen) die Symptome behandeln, aber das wird die Krankheit nicht heilen.

Zinsen sind nicht einfach nur die Kreditkosten für liquide Finanzmittel. Sie sind letztlich der Preis des Geldes und damit der für die Preisbildung wichtigste Mechanismus mit der größten Signalwirkung für die gesamte Wirtschaft. Die Zinssätze verraten uns sehr viel über das Vertrauen sowohl seitens der Kreditgeber als auch seitens der Kreditnehmer - von den Verbrauchern ganz zu schweigen.

Aktuell signalisieren die Zinssätze nichts Gutes. Die BIZ drückt es folgendermaßen aus:

"Der Gegensatz zwischen einem globalen Wachstum, das sich unweit historischer Durchschnittswerte befindet, und Zinssätzen, die derart niedrig sind, ist besonders stark. Er äußert sich auch in Anzeichen von Instabilität an den Finanzmärkten und von Anspannungen an den Devisenmärkten."

Der folgende Chart aus dem Bericht der BIZ ist übrigens schon nicht mehr aktuell. In der letzten Woche ist die Schweizer Zinskurve komplett in den Minusbereich gefallen, selbst für Anleihen mit einer Laufzeit von 50 Jahren.

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Suchtverhalten

Eine Sache, über die wir uns nicht zu wundern brauchen, ist der Einfluss der wachsenden Schuldenlast. Die Welt ist heute so süchtig nach Schulden, wie sie früher süchtig nach dem Öl der OPEC war. Man sollte meinen, dass die Geschwindigkeit, mit der wir uns heute in die Verschuldung stürzen, allmählich sinkt, weil die Regulatoren nach der Krise härter durchgreifen. Weit gefehlt. Mit Ausnahme der privaten Haushalte, deren Schulden in den hoch entwickelten Wirtschaftsräumen seit 2010 minimal gesunken sind, steigt die Gesamtverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt noch immer kontinuierlich weiter an.

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Der rechte Chart zeigt die wachsende globale Verschuldung. Praktisch jeder steht bei irgendjemandem in der Kreide. Werden die privaten Schulden abbezahlt, steigt die Staatsverschuldung. Werden die staatlichen Schulden abgebaut, erhöht sich das Schuldenniveau der Haushalte. So sieht Suchtverhalten aus. Vergessen Sie Schmerzmittel und Heroin - Schulden sind die mit Abstand beliebteste Droge der Welt.

Süchtige, die sich über die Konsequenzen ihres Verhalten Gedanken machen, versuchen von Zeit zu Zeit clean zu werden. Die Folgen dessen sind anfangs keineswegs schön anzusehen. Unsere Politiker, unfähig oder nicht willens den qualvollen Entzug durchzustehen, kommen immer wieder zurück für den nächsten Kick. Und die Dealer sind immer bereit, ihnen noch einen zu geben. Die Dealer sind in diesem Fall die Banken, insbesondere die Zentralbanken.

Die Schuldensucht ist einer der Gründe dafür, dass die Märkte von Zeit zu Zeit panisch werden. Im letzten Jahr hatten alle Angst vor der Wirtschaftslage Chinas. Davor war es Griechenland. Jetzt ist China wieder vom Radar der Marktteilnehmer verschwunden (obwohl die Währung des Landes derzeit stärker sinkt als im letzten Sommer) und wir blicken voller Furcht auf Großbritannien, Deutschland und Italien. Nach Angaben der BIZ führt dieser stetige Wechsel zwischen Gelassenheit und Turbulenzen zu unruhigen Aktienmärkten, höheren Credit Spreads, einem stärkeren Dollarkurs und niedrigeren langfristigen Zinssätzen.


Zinsen, Schulden und falsche Signale

Ich hatte bereits angemerkt, dass Zinssätze eine wichtige Signalfunktion erfüllen. Doch was geschieht, wenn die Signale falsch sind? Dann treffen die Menschen schlechte Entscheidungen. Und seit mindestens sechs Jahren (vielleicht schon länger) sind die Signale wirklich sehr falsch. Die verzerrten Signale haben eine regelrechte Epidemie von unklugen Entscheidungen verursacht. Doch es kommt noch schlimmer: Viele dieser unklugen Entscheidungen wurden von den Zentralbanken getroffen, die die Infektion aufgrund ihrer Größe und ihres Stellenwertes weit verbreiten können.

Was wir in den letzten Jahren erlebt haben, ist die Finanzialisierung der Realwirtschaft. Für Unternehmen besteht nunmehr ein Anreiz, ihre Konkurrenz aufzukaufen, statt zu versuchen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten. Es lohnt sich mittlerweile mehr, die eigenen Aktien mit billigem Geld zurückzukaufen, als in neue Produktionsprozesse zu investieren. Keine dieser beiden Strategien erhöht die Erwerbsquote oder die Produktivität und aus diesem Grund schwächt sich die Konjunktur ab.

Wahrhaft "freie" Märkte existieren nur in der Theorie. Vielleicht würden die Zinsen in einem wirklich freien Markt ein Gleichgewicht herstellen, aber das können wir nicht wissen, da unsere Märkte nicht frei sind. Sie werden bestimmt von einer wirren Mischung aus Marktkräften, politischen Entscheidungen und der Torheit der Menschen.

Der Jahresbericht der BIZ hebt diese Zinsproblematik hervor und argumentiert, dass sie der Schlüssel zu unserem aktuellen Dilemma ist:

"Wichtig ist, dass sämtliche Schätzungen langfristiger Gleichgewichtszinsen, ob es sich nun um kurz- oder langfristige Zinssätze handelt, unweigerlich auf impliziten Annahmen zur Funktionsweise der Wirtschaft basieren. Bei einfachen historischen Durchschnitten wird davon ausgegangen, dass der über den betrachteten Zeitraum vorherrschende Zinssatz der "richtige" ist. Inflationsbasierte Schätzungen gehen davon aus, dass Inflation das entscheidende Signal ist.

Bei auf Indikatoren für den Finanzzyklus basierenden Schätzungen - die für die in diesem Jahresbericht vorgestellten Untersuchungen hauptsächlich verwendet wurden - wird die Annahme zugrunde gelegt, dass es vor allem auf die finanziellen Variablen ankommt. Die Methoden mögen sich darin unterscheiden, inwieweit zugelassen wird, dass die Daten die Ergebnisse beeinflussen, und inwieweit grundsätzliche Einschränkungen gelten - weniger Einschränkungen können die Aussagekraft erhöhen. Doch die Unsicherheit ist in jedem Fall sehr hoch.

Infolgedessen erscheint es unklug, sich bei der Einschätzung von Gleichgewicht und Tragfähigkeit in hohem Maße auf Marktsignale zu verlassen. Es gibt keine Gewähr, dass das Verhalten von Zentralbanken, Regierungen und Marktteilnehmern zusammengenommen über einen bestimmten Zeitraum hinweg Marktzinsen hervorbringt, die sich auf dem richtigen Niveau befinden, d. h. die mit einer nachhaltigen und soliden Wirtschaftsleistung in Einklang stehen (Kapitel II). Und wie kann man angesichts der immensen Ungewissheit denn sicher sein, dass das langfristige Ergebnis auch das erwünschte ist? Können nicht auch Zinssätze, wie jeder andere Vermögenspreis, über sehr lange Zeit verzerrt sein? Die Zeit und die weitere Entwicklung werden es zeigen."


Ich persönlich bin der Ansicht, dass die Zinssätze schon seit geraumer Zeit falsch justiert sind. Wie können zwölf oder 27 Leute, die sich zusammen an einen Tisch setzen um zu entscheiden, welchen Preis der wichtigste Rohstoff der Welt haben soll (also welche Zinsen auf Geld gezahlt werden sollen), überhaupt jemals eine richtige Wahl treffen? Die Belege sprechen dafür, dass sie mit ihren Entscheidungen öfter falsch als richtig liegen.

Was wäre, wenn die Zentralbanken die Zinsen nicht bestimmen würden? Oh Gott, würden die Marktteilnehmer ausrufen, wir hätten unbändige Volatilität und völlige Unsicherheit. Das stimmt, aber die Fehleinschätzungen der Zentralbanken bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklungen und die auf diesen Fehlannahmen beruhenden Zinssätze führen letztlich auch zu Crashs. Am Ende sind die Märkte dadurch volatiler, als sie es wären, wenn die Zentralbanken andere, weniger schwerwiegende Regulierungen vornehmen könnten, aber nicht die Kontrolle über die Zinsen hätten.

Wir können an dieser Stelle eine Analogie zur Forstverwaltung ziehen. Durch das Verhindern von kleinen Waldbränden werden hier erst die Bedingungen geschaffen, die große, katastrophale Brände begünstigen, welche anschließend extrem schwer unter Kontrolle zu bringen sind. Wir haben herausgefunden, dass es tatsächlich besser ist, kleine Feuer zuzulassen, um wirklich große Waldbrände zu vermeiden. Leider kommt dieser aufgeklärte Ansatz für einen Großteil unserer Wälder zu spät, die sich an vielen Orten in zugewucherte Zunderbüchsen verwandelt haben. Die Geldpolitik der Zentralbanken hat die gleiche Wirkung: Sie unterdrückt kleinere Korrekturen, welche eine wirtschaftliche Feuersbrunst jedoch verhindern würden.

Für den ein oder anderen ist es womöglich nicht leicht, das zuzugeben, aber denken Sie darüber nach. Können Aktienkurse irrational hoch steigen oder absurd tief fallen? Natürlich. Korrigieren sie anschließend wieder? Selbstverständlich tun sie das. Wir haben das alle erlebt und können zahlreiche Beispiele aus der Geschichte der Märkte anführen. Warum sollte es im Fall der Zinssätze anders sein?

Wir - alle von uns - haben ein wirtschaftliches und politisches System aufgebaut, das Verschuldung fördert und subventioniert. Es überrascht nicht, dass wir ein Zuviel an Schulden geschaffen haben. Ironischerweise bestrafen mehr und mehr Länder heutzutage die Sparer und deren Einkommen - und sorgen sich dann darum, dass die Einkommen nicht stark genug steigen. Mittlerweile sollte das Konzept eigentlich bekannt sein: Wenn man einen Rohstoff (wie z. B. Schulden) subventioniert und den Preis unter den eigentlichen Marktpreis senkt, dann wird man zu viel davon haben.



Kredite sind zukünftiger Konsum, der in die Gegenwart geholt wurde. Wenn die Schulden erst einmal aufgenommen wurden, kann der Verbrauch, der dadurch ins Jetzt verlegt wurde, nicht mehr in der Zukunft stattfinden. Es sollte daher wirklich keine Überraschung sein, dass Wachstum und Einkommen ab einem gewissen Schuldenstand zu sinken beginnen. Genau das beobachten wir in der realen Welt, auch wenn die Verfechter des vorherrschenden ökonomischen Paradigmas (Keynesianismus) noch immer in ihre schöne Theorie verliebt sind.

Es gibt praktisch zwei Arten von Schulden: Kredite, die verwendet wurden, um etwas Produktives zu erwerben (z. B. Werkzeuge für einen Tischler oder eine neue Fertigungsanlage für ein Unternehmen) und Kredite, die für Konsum verwendet wurden.

Wir vergessen dabei, dass Verschuldung zu Konsumzwecken kein neues Angebot generiert - sie holt das Angebot stattdessen nur von der Zukunft in die Gegenwart. Das Problem ist, dass das nicht ewig funktioniert. Wenn wir unsere Nachfrage und unseren Konsum zeitlich vorziehen, werden wir später weniger konsumieren. Die BIZ schreibt, dass diese "intertemporalen Zielkonflikte" schließlich unseren Handlungsspielraum einschränken werden. Und mit "schließlich" meint sie "jetzt".


Schießt die Fed mit Platzpatronen?

Wie oben erwähnt befindet sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in der einzigartigen Position, der Stabilität der Weltwirtschaft im Allgemeinen und gleichzeitig auch den einzelnen Zentralbanken zu dienen. Sie kann die Notenbanken daher offener kritisieren als Politiker, Banker oder Unternehmen das können. In ihren öffentlichen Dokumenten übt die BIZ oft sanfte Kritik, doch ich habe mich schon immer gefragt, was sich hinter verschlossenen Türen abspielt. Vertrauenswürdige Quellen haben mir berichtet, dass die Diskussionen dann ziemlich hitzig und unverblümt werden, insbesondere bei den monatlichen Sitzungen der internationalen Zentralbanker. Der aktuelle Jahresbericht verschärft auch die öffentliche Kritik der BIZ deutlich.

Die Geldpolitik muss derzeit eine Last tragen, für die sie nicht geschaffen wurde. In der Krise war eine starke Reaktion der Zentralbanken notwendig und angemessen, schreibt die BIZ in ihrem Bericht, doch die anschließende Verlängerung der Maßnahmen war nicht zweckdienlich. Sich so lange auf die außergewöhnliche Geldpolitik zu verlassen, birgt das Risiko, dass der Rest von uns das Vertrauen in die Entscheidungsträger verliert. Die BIZ macht dazu folgende ominöse Anmerkung:

"Unterdessen hat die Abhängigkeit der Finanzmärkte von der Unterstützung der Zentralbanken immer mehr zugenommen, und der wirtschaftspolitische Handlungsspielraum hat sich verkleinert. Wenn diese Situation so lange anhält, dass schließlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik erschüttert ist, hätte dies womöglich schwerwiegende Folgen für die Finanzmärkte und die Wirtschaft. Während der Marktturbulenzen im Februar gab es erste Anzeichen dafür, dass genau das passiert. Dies gibt Anlass zur Sorge."

Anders gesagt: Was geschieht, wenn die Banken, die Investoren und die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Fed, die EZB, die Bank of England und die Bank of Japan verlieren? Die BIZ spricht nicht von den üblichen Nörgeleien, in die wir alle hin und wieder verfallen. Alle schimpfen auf die Fed, ob die Zeiten nun gerade gut oder schlecht sind. Doch unter unserer chronischen Unzufriedenheit bewahren wir dennoch eine Art fundamentales Vertrauen, dass die Zentralbanken einspringen und eine Katastrophe abwenden werden. Was, wenn das nicht stimmt? Wenn die Notenbanken wirklich keine Munition mehr haben? So ziemlich jeder, der mit der Federal Reserve assoziiert ist, wird Ihnen allerdings sagen, dass sie durchaus noch über Optionen und Instrumente verfügt.

Worüber ich mir Sorgen mache, ist, ob sie auch tatsächlich noch scharfe Munition hat? Ich fürchte wirklich, dass die Fed in Zukunft mit Platzpatronen schießen wird und sich die erwarteten wirtschaftlichen Folgen einfach nicht einstellen. Die Ironie dabei ist, dass die Zentralbanker den Abzug wie Schauspieler in einem zweitklassigen Actionfilm einfach weiter ziehen und mit Platzpatronen feuern werden. Sie scheinen zu glauben, dass ihr Wirtschaftsfilm nach dem Schnitt glaubhafter wirken würde.

Wir können nur hoffen, dass wir die Antwort auf diese Frage nicht herausfinden müssen. Die BIZ hat uns jedenfalls einen ziemlich deutlichen Hinweis gegeben. Mit dem Satz "dies gibt Anlass zur Sorge" hat sie bestätigt, dass unsere Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Zentralbankmaßnahmen durchaus gerechtfertigt sind.

Nachdem die BIZ unsere Sorgen über die Geld- und Wirtschaftspolitik verstärkt hat, macht sie einige Vorschläge. Sie unterteilt ihre Ideen dabei in drei Bereiche: Aufsichtspolitik, Fiskalpolitik und Geldpolitik.

Mit "Aufsichtspolitik" meint die BIZ die Bankenregulierung und die Eigenkapitalanforderungen. Seit der letzten Krise hat sich an dieser Front einiges geändert. Das Basel-III-Regelwerk zwingt die Banken, zur Absicherung ihrer Risiken mehr Eigenkapital vorzuhalten. Diese Regelung hat vielen Tradern zufolge den Effekt, dass die Liquidität an den Anleihemärkten drastisch gesunken ist.

Das gesteht die BIZ zu, doch sie kontert mit einem Argument, dass ich zuvor noch nie gehört habe: Vor der Krise sei der Preis für Liquidität viel zu niedrig angesetzt gewesen. Die Liquiditätsgeber wurden für ihre Leistungen nicht ausreichend entlohnt und verschwanden, als sie am Nötigsten gebraucht wurden. An diesem Punkt mussten die Zentralbanken und Regierungen einspringen und ihre Rolle übernehmen.

Um die Entstehung einer solchen Dynamik in Zukunft zu vermeiden, sollte es der BIZ zufolge nicht mehr zur gewohnheitsmäßigen Unterbewertung von Liquidität kommen. Wir sollten die Market Maker in guten Zeiten angemessen bezahlen, damit sie im Notfall für uns da sind.

"Die beste strukturelle Maßnahme gegen eine solche Schönwetter-Liquidität und ihr schädliches Potenzial ist, die Illusion permanent verfügbarer Marktliquidität nicht aufkommen zu lassen und die Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten zu stärken. Höhere Eigenkapital- und Liquiditätsstandards sind nicht Teil des Problems, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Lösung. Besser gewappnete Finanzintermediäre sorgen für robustere Marktliquidität."

Ich vermute stark, dass diese Formulierungen in Wirklichkeit verschleierte Kritik am Hochfrequenzhandel mittels Algorithmen sind. Der Hochfrequenzhandel schafft die Illusion von Liquidität. Je nachdem, wen Sie fragen und wie Sie es messen, macht diese Art des Tradings 70% oder mehr des gesamten Marktvolumens aus. Wenn wir wirklich Liquidität brauchen, wird dieser Handel jedoch sofort aufhören. Dass der Hochfrequenzhandel Liquidität bereitstellen würde, ist ein Märchen, dass die Börsen und Fonds, die entsprechende Algorithmen verwenden, der Öffentlichkeit erzählen. Hochfrequenzhandel ist genau das, was die BIZ meint, wenn sie von der "Illusion permanent verfügbarer Marktliquidität" spricht.

Ich frage mich, ob wir die spezielle Rolle, die die NYSE traditionell für den Handel der meisten börsennotierten Aktien hatte, vermissen werden. Die New Yorker Börse hat ihre Ausrichtung fast völlig geändert und glaubt, sie könne den Verlust der Fairness und des Marktgleichgewichts durch Volumen kompensieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das funktioniert hat.



Im Hinblick auf die Fiskalpolitik schreibt die BIZ, dass wir überdenken sollten, wie wir das Länderrisiko bewerten. Weil die Staaten - zumindest die, die eine eigene Währung haben - immer "Geld drucken" können, gehen Investoren davon aus, dass das Kreditrisiko gering bis nicht vorhanden ist. Das ist jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall. Fragen Sie jemanden, der vor ein paar Jahren in argentinische Staatsanleihen investiert hat, und er wird es Ihnen erklären.

Wenn die Regierungen das Kreditrisiko durch Geldschöpfung verringern, wird das im Normalfall durch einen Anstieg des Inflationsrisikos und folglich des Zinsänderungs- und Marktrisikos aufgewogen. Wir können uns das Risiko als Flüssigkeit vorstellen. Wir können es von einer Flasche in eine andere füllen, wir können es aufteilen oder einfrieren, aber wir können es nicht verschwinden lassen. Selbst wenn wir es in den Abfluss schütten, übertragen wir es damit nur auf jemand anderen.

Wenn die Aufsichts- und Fiskalpolitik gut organisiert und durchdacht wäre, bräuchten wir uns nicht so sehr auf die Zentralbanken zu verlassen. Das bedeutet nicht, dass die Zentralbanken passiv sein sollten. Die BIZ plädiert ausdrücklich dafür, dass der Geldpolitik eine wichtige Rolle zukommt. Diese Rolle sollte ihrer Ansicht nach jedoch anders gestaltet sein als zur Zeit.

Ein Vorschlag der BIZ ist es, sich weniger auf bestimmte Inflationsziele zu konzentrieren. Die hartnäckig niedrige Inflationsrate war der Grund dafür, dass seit 2008 eine lockere Geldpolitik verfolgt wird. Im Nachhinein betrachtet wäre es vielleicht besser gewesen, die Zinssätze wieder auf "normale" Werte anzuheben (wo auch immer die liegen), bevor die Inflation wieder ein "normales" Niveau erreicht hat (was auch immer das ist).

Schwer zu sagen, ob dieser Ansatz in der Praxis funktioniert hätte. 2011 hatte die US-Wirtschaft die Rezession hinter sich gelassen und an den Aktienmärkten lief es gut, aber die Arbeitslosigkeit war noch immer konstant hoch. Da sie die Zinsen nicht noch weiter senken konnte, startete die Federal Reserve ihre quantitativen Lockerungen, mit denen sie die Geldmenge erhöhte. Die EZB verfolgt derzeit eine ähnliche, aber noch aggressivere Strategie.

Die unannehmbar hohe Arbeitslosigkeit diente der Fed drei oder vier Jahre lang als Ausrede. Als die Arbeitslosigkeit schließlich wieder etwa im "Normalbereich" lag, weigerte sie sich einfach, den Leitzins zu erhöhen. Die Notenbank sorgte sich mehr um die Aktienmärkte, als um die Ungleichgewichte, die sie schuf. Sie läuft Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, und das wäre schlecht für uns alle.

In jedem Fall, so die BIZ, "sind Maßnahmen erforderlich, die wir nicht wieder bereuen, wenn die Zukunft zur Gegenwart wird."


Das Scheitern des Narrativs

Mein Freund Ben Hunt schreibt sehr sorgfältig durchdachte Newsletter. Ich werde seine Ansichten hier zusammenfassen - vielleicht, weil sie meine eigene Meinung bestätigen.

Ben spricht über die Macht des "Common Narrative", einer Art gemeinsamen, sinnstiftenden Erzählung, die alle Dinge umfasst, die wir kennen und glauben. Diese beinhaltet zu einem großen Teil das, was wir über unsere Länder und Religionen gelernt haben, als wir aufwuchsen. Die Narrative (und davon gibt es mehr als nur eine Handvoll) formen unsere Vorurteile und unser Handeln. Das ist nicht notwendigerweise schlecht, denn oft fördern die Narrative positives soziales Verhalten.

Konkret diskutiert Ben das die Zentralbanken betreffende Narrativ. Wir tendieren oft dazu, ihnen eine große Macht zur Lenkung der Märkte zuzuschreiben, insbesondere durch ihre quantitativen Lockerungen und ihre Fähigkeit, die Zinsen zu senken oder anzuheben. Wir sind an einen Punkt gelangt, an dem wir glauben, dass die Federal Reserve tatsächlich einen Mehrwert schafft, der über das von den Unternehmen erwirtschaftete Einkommen hinausgeht.

Es wird zunehmend zum Problem (zumindest meiner Ansicht nach), dass die Investoren sich mehr und mehr auf die permanente Unterstützung der Märkte durch die Zentralbanken verlassen, statt nach dem alten Vorbild von Benjamin Graham und David Dodd eine traditionelle, wertorientierte Anlagestrategie zu verfolgen. Wenn genug von uns dieses Narrativ glauben, wird es zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Ben schreibt dazu:

"Wie das Narrativ um diese Ereignisse geformt und umgeformt wird, beschäftigt mich wirklich sehr, denn es wird den Ausgang jeder Wahl und den Kurs jedes Marktes auf dieser Erde bestimmen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich schockiert bin von der sinkenden Halbwertszeit der Narrative, die den Status Quo schützen, und von der Unfähigkeit der großen Institutionen, Geldgeber, Medien und Akademiker, ein effektives Narrativ zu finden, das den Staat schützt – obwohl die Konkurrenz zum größten Teil aus Clowns besteht. Den Narrativen des Status Quo ist eine Art fatale Ermüdung zu eigen, ein an Marie Antoinette erinnernder Weltüberdruss, und noch auf dem Weg zur Guillotine seufzen sie und beschweren sich über diese verdammten Bauern...

Warum sind die Narrative, die den Status Quo bewahren, so arg ins Wanken geraten? Ich denke der Grund dafür ist, dass es den wirtschaftlichen und politischen Institutionen der herrschenden Ordnung, allen voran den Zentralbanken, nicht gelungen ist, die Einkommen zu schützen. Sie haben das Einkommens- und Vermögensgefälle verstärkt, bis zur Grenze der Belastbarkeit. Sie haben eine große Wette abgeschlossen: Wir werden die Banken mit frisch gedrucktem Geld retten, um massive Verluste im Finanzsektor zu verhindern; wir werden die Aktienmärkte aufblähen, damit sich die die privaten Haushalte reicher fühlen; und wir werden den Unternehmen und Regierungen gigantische Geldmengen zur Verfügung stellen, damit sie wirklich günstige Kredite aufnehmen können [...]"

Das Ergebnis dessen sollte sein, dass alle vier Hauptsektoren der Weltwirtschaft - die privaten Haushalte, die Unternehmen, die Regierungen und die Finanzinstitutionen - mehr konsumieren, mehr investieren und niemals zusammenbrechen. Das hätte dann wiederum einen positiven, sich selbst erhaltenden Kreislauf aus Risikobereitschaft, realem Wachstum und der Schaffung realer Vermögenswerte hervorbringen sollen.

Wir alle wissen, was geschah, als das Narrativ der Immobilienpreise und Subprime-Hypotheken im Jahr 2008 in sich zusammenfiel. Man muss kein Historiker sein, um auf Anhieb verschiedene Beispiel für das Scheitern von Narrativen liefern zu können. Krieg in Europa ist unmöglich, hieß es noch 1913. Und vor Kurzem war undenkbar, dass die Briten für den Austritt aus der EU stimmen würden.

Die Zentralbanken haben die Grenzen ihrer Glaubwürdigkeit weltweit ausgereizt. Ich mache mir wirklich Sorgen, was geschehen wird, wenn die nächste Rezession beginnt und allen bewusst wird, dass die Federal Reserve, die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan nur mit Platzpatronen schießen, und dass der Kaiser gar keine Kleider hat. Die Frustration der Klasse der Schutzlosen über die scheinbare Gleichgültigkeit der Geschützten nimmt zu und wird sich weiter verstärken, wenn die Einkommen im Zuge einer Rezession erneut über längere Zeit sinken. Angesichts dieser gesellschaftlichen Entwicklungen und der allgemeinen Stimmung in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt ist das Maß an Unsicherheit im Hinblick auf die Zukunft heute wahrscheinlich höher als je zuvor in meinem Leben.

Der nächste Abschwung, wann immer er auch kommt, wird zu einer völlig neuen Art von globaler Krise führen, die die Erfahrungen aller heute lebenden Menschen übersteigt. Natürlich wird es das eine oder andere geben, das an frühere Geschehnisse erinnert, aber ich schätze wir werden zurückblicken müssen bis in die 1930er Jahre, um eine Zeit zu finden, die von sozialen Umwälzungen vergleichbaren Ausmaßes geprägt war.

Investoren werden eine neue Strategie zur Verwaltung und Strukturierung ihres Portfolios benötigen. Wenn Sie nur Long-Positionen halten, sollte Sie Ihren Ansatz wirklich überdenken, insbesondere wenn Sie über 50 sind. Ich weiß, dass das keine leichten Erwägungen sind, denn die Federal Reserve und die EZB haben normale Investitionen in festverzinsliche Wertpapiere nutzlos gemacht. Doch der Weg entlang der Risikokurve in Richtung höherer Erträge birgt heute zahlreiche Gefahren.


© John Mauldin
www.mauldineconomics.com


Dieser Artikel wurde am 10. Juli 2016 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.