Übersehener Preisfaktor am Silbermarkt wird Kursexplosion auslösen
02.08.2016 | Steve St. Angelo
Gegenüber dem Goldkurs wird der Silberpreis in Zukunft förmlich explodieren. Dafür gibt es einen fundamentalen Grund, den Sie als Edelmetallinvestor kennen sollten. Es gibt zwar viele Analysten, die verschiedene Ursachen für die bessere künftige Performance des weißen Metalls nennen, doch ein meiner Meinung nach entscheidender Faktor wird dabei zumeist übersehen.
Es geht um eine Komponente der Angebots- und Nachfragesituation an den Edelmetallmärkten. Auf die entsprechenden Daten bin ich gestoßen, während ich zu einem Artikel mit einem völlig anderen Thema recherchierte. Doch je mehr ich mich damit auseinandersetzte, desto überraschter war ich von den Ergebnissen.
Ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit für SRSrocco Report ist die Analyse von Daten, Statistiken und Informationen unter neuen Gesichtspunkten. Auf diese Weise kann ich interessante Trends und Faktoren ausmachen, die von den meisten Analysten unbemerkt bleiben.
Bevor wir jedoch zum eigentlichen Grund für dafür kommen, dass sich der Silberkurs in Zukunft viel besser entwickeln wird als der Goldpreis, sollten wir einige der zugrunde liegenden Preisfaktoren genauer unter die Lupe nehmen.
Gold- und Silberschmuck: das enorme Ungleichgewicht zwischen Nachfrage und Wiedergewinnung
Den meisten Investoren ist bewusst, dass das Recycling von Altgold und Altsilber dazu beiträgt, die Nachfrage an den Edelmetallmärkten zu decken. Nur wenige kennen jedoch die riesigen Unterschiede zwischen den beiden Edelmetallen in Bezug auf deren Wiedergewinnung aus Schmuck.
Werfen wir zuerst einen Blick auf das Angebot an Silberschmuck zur Wiederverwertung. Nach Angaben des "Silver Scrap Report" von Metals Focus wurden 2015 ungefähr 551 Tonnen (17,1 Mio. Unzen) Silberschmuck recycelt. Das scheint eine große Menge zu sein - bis wir uns vergegenwärtigen, dass sich die Nachfrage nach Silberschmuck im gleichen Zeitraum weltweit auf 7.045 Tonnen (226 Mio. Unzen) belief.
Mit dem Angebot an recyceltem Silberschmuck in Höhe von 551 Tonnen konnten im letzten Jahr also gerade einmal 8% der globalen Nachfrage nach diesem Produkt gedeckt werden. Warum ist der Anteil so gering? Der Grund ist, dass nur wenige sich die Mühe machen, einen Pfandleiher oder Edelmetallhändler aufzusuchen, um ein wenig Silberschmuck für ein paar Dollar zu verkaufen. Es lohnt sich einfach nicht.
Folglich kann nur ein sehr geringer Anteil allen Silberschmucks recycelt werden. Bei Gold sieht das allerdings ganz anders aus. Tatsächlich stammt der Großteil allen weltweit wiedergewonnenen Goldes aus der Aufbereitung von altem Goldschmuck. Es war schwierig, die entsprechenden Daten zu finden, aber der "Silver Scrap Report" von Metals Focus macht eine ungefähre Angabe:
"Das Recycling von Schmuck hat den zweitgeringsten Anteil am Altsilberangebot. Auch im Vergleich zu Gold ist es sehr begrenzt: Gewichtsmäßig wird zwar wahrscheinlich mehr als doppelt viel Silberschmuck wie Goldschmuck produziert, doch es wird weniger als halb so viel Silberschmuck recycelt. Grund für diese bescheidenen Zahlen sind vor allem die geringen Mengen an Altsilber, die von den Besitzern wieder verkauft werden, da der niedrige Silberpreis wenig Anreiz bietet, Schmuckstücke erneut zu veräußern."
Basierend auf den im Jahresbericht des World Gold Council genannten Nachfragetrends und meinen eigenen Berechnungen lag das Angebot an Altgold aus recyceltem Schmuck 2015 bei rund 1.000 Tonnen (32 Mio. Unzen), während sich die gesamte weltweite Nachfrage nach Goldschmuck auf 2.415 Tonnen (78 Mio. Unzen) belief:
Mit dem Angebot an wiederaufbereitetem Goldschmuck ließ sich die globale Nachfrage nach Goldschmuck im vergangenen Jahr also zu 41% decken. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass dieser Anteil fünfmal so hoch war wie im Silbersektor, wo nur 8% der Nachfrage mit recyceltem Silberschmuck befriedigt werden konnten.
Grund dafür ist wie erwähnt, dass man für ein paar Goldringe bereits zwischen 500 $ und 1.000 $ bekommt - der Aufwand lohnt sich für die Besitzer also, während sie für ein paar Stücken Silberschmuck je nach Metallgehalt nur 5-15 $ erhalten.
(Hinweis: Aus der Studie von Metal Focus geht hervor, dass das Angebot an altem Silberschmuck mit 551 Tonnen weniger als halb so groß war, wie das Angebot an altem Goldschmuck. Der World Gold Council schreibt jedoch, dass sich das Altgoldangebot insgesamt auf 1.093 Tonnen belief. Die Hälfte davon wären 546,5 Tonnen, etwas weniger als die von Metals Focus berichtete Zahl. Allerdings stammt ein Teil des weltweit verfügbaren Altgoldes nicht aus Schmuck, sondern aus wiederaufbereitetem Elektroschrott und alten Münzen und Barren.
Deshalb musste ich an dieser Stelle leider auf eine Schätzung zurückgreifen und habe die Menge des aus Schmuck recycelten Goldes im obenstehenden Chart mit 1.000 Tonen angegeben. Dazu kommt noch, dass verschiedene offizielle Quellen oft unterschiedliche Zahlen nennen, daher ist es schwer, die exakten Werte zu ermitteln. Wichtig ist allerdings, dass wir uns auf den allgemeinen Trend konzentrieren, und uns nicht unnötig mit der Genauigkeit der Zahlen aufhalten.)
Jetzt da wir wissen, wie unausgeglichen das Verhältnis von Nachfrage und Altsilberangebot im Schmucksektor ist - insbesondere im Vergleich zu Gold - wollen wir einen weiteren Aspekt betrachten.
Silber in der Industrie: kaum Recycling
Unter Edelmetallinvestoren hört man oft, dass 50% allen weltweit nachgefragten Silbers für immer verloren gehen, weil der Silberbedarf der Industrie sehr hoch ist. Die tatsächliche Ziffer könnte jedoch noch viel höher liegen. Dazu werden wir gleich kommen, doch zunächst sollten wir uns ansehen, wie gering der Anteil des für industrielle Anwendungen benötigten Silber ist, der jährlich wiedergewonnen wird:
Nach Angaben der "World Silver Survey 2016" und dem "Silver Scrap Report" von Metals Focus wurden im letzten Jahr 3.266 Tonnen (105 Mio. Unzen) Altsilber aus der Industrie wiedergewonnen. Die industrielle Nachfrage nach dem weißen Metall belief sich demgegenüber weltweit auf enorme 18.311 Tonnen (598 Mio. Unzen). Das bedeutet, dass die Nachfrage der Industrie 2015 nur zu 18% mit recyceltem Silber gedeckt werden konnte.
Nun verstehen wir langsam, wie gering der Anteil des wiederaufbereiteten Altsilbers in der Industrie und im Schmucksektor ist. Doch warten Sie, bis Sie das Gesamtbild sehen...
So viel Silber geht jedes Jahr unwiederbringlich verloren
Wenn wir das globale Altsilberangebot im Verhältnis zur Gesamtnachfrage mit der Situation am Goldmarkt vergleichen, sind die Werte wie Tag und Nacht. 2015 wurden auf der ganzen Welt 4.665 Tonnen Silber recycelt, während die Nachfrage erstaunliche 36.423 Tonnen betrug. Die Menge des verfügbaren Altsilbers entsprach also nur 13% des insgesamt benötigten Silbers. Das ist deutlich weniger als die Zahl von 50%, die in Investorenkreisen immer wieder zu hören ist.
Es stimmt natürlich, dass die Nachfrage nach physischen Silberinvestments einen signifikanten Anteil am Gesamtmarkt hat. Doch ein Großteil dieses in Form von Münzen und Barren verkauften Silbers wird nie recycelt werden. Das lässt sich auch an den Verkaufszahlen der offiziellen Silbermünzen ablesen: Investoren fragten letztes Jahr 134 Millionen Unzen (4,168 Tonnen) Silber in Form von Anlagemünzen nach. Ein Teil der Münzen und Barren wird selbstverständlich eines Tages wieder verkauft, doch bezogen auf das gesamte Angebot an Altsilber macht das den geringsten Anteil aus.
Nach Angaben von Metals Focus wurden 2015 nur 6 Millionen Unzen (186 Tonnen) an Silbermünzen wiedergewonnen. Der Großteil davon waren europäische Gedenkmünzen, die bereits vor Jahren geprägt worden waren, sich jedoch nicht gut verkauft hatten.
Wie gestaltet sich die Situation im Vergleich dazu am Goldmarkt? Das Angebot an Altgold betrug 2015 1.093 Tonnen, während sich die weltweite Goldnachfrage auf 4.253 Tonnen belief:
Wie wir sehen, wurden mit der Wiedergewinnung von Altgold 26% der globalen Goldnachfrage gedeckt. Damit ist der Anteil ist doppelt so hoch wie am Silbermarkt, wo im letzten Jahr nur 13% der Nachfrage durch Recycling gedeckt werden konnten. Diese Zahlen spiegeln die tatsächliche Situation allerdings noch nicht in ausreichendem Maße wider.
- Goldnachfrage - Angebot an Altgold = 3.160 Tonnen
- Silbernachfrage - Angebot an Altsilber = 31.718 Tonnen
Wenn wir die Differenz zwischen den beiden Zahlen betrachten, stellen wir fest, dass die Silbernachfrage, die nicht durch Recycling gedeckt werden kann, zehnmal höher ist als die entsprechende Goldnachfrage. So gesehen steht dem Markt aus dieser Quelle also verhältnismäßig viel weniger Silber zur Verfügung als Gold.
Zudem können wir davon ausgehen, dass der Großteil allen Goldschmucks und aller Münzen und Barren bei den aktuellen Preisen theoretisch an den Markt gelangen könnte. Wir müssen jedoch annehmen, dass sich Recycling und Wiederverkauf bei in der Industrie verwendetem Silber und bei Silberschmuck in den meisten Fällen nicht lohnen. Dieses Silber ist auf ewig verloren - es sei denn, der Preis steigt auf mindestens 200-300 $.
Wenn die Menschen eines Tages endlich aufwachen und erkennen, dass sie in Papierassets investiert haben, die in Zukunft wertlos sein werden, wird es zu einem wilden Ansturm auf die Edelmetallmärkte kommen, der den Silberpreis viel stärker in die Höhe schießen lässt als den Goldpreis. Wie die Charts zeigen, wird im Verhältnis zur Gesamtnachfrage viel mehr Gold wiederaufbereitet als Silber.
Das bedeutet wiederum, dass weit mehr als 50% des weltweit nachgefragten Silbers jährlich verloren gehen. Den statistischen Daten zufolge konnten 2015 sogar nur 13% der Gesamtnachfrage durch Recycling-Silber gedeckt werden, während der Anteil der Wiedergewinnung am Goldmarkt immerhin 26% betrug. 87% der weltweiten Silbernachfrage mussten dagegen aus anderen Quellen gedeckt werden.
Im Jahr 2011 stieg das Angebot an Altsilber infolge des höheren durchschnittlichen Silberpreises, welcher damals bei 35 $ lag. Doch obwohl in jenem Jahr 6.430 Tonnen (206 Mio. Unzen) Altsilber am Markt zur Verfügung standen, entsprach diese Menge nur 20% der weltweiten Nachfrage. Ich zitiere hier die Zahl, die im "Silver Scrap Report" von Metals Focus genannt wird, und nicht die Angaben der "World Silver Survey", weil die Analysten von Metals Focus diesen Faktor viel eingehender untersucht haben und herausfanden, dass der Markt das tatsächliche Altsilberangebot mehrere Jahre lang zu hoch eingeschätzt hatte. Dieses Thema werde ich schon bald in einem gesonderten Artikel beleuchten.
Doch wie dem auch sei - selbst als der Silberpreis mit 35 $ im Schnitt deutlich höher lag als heute, konnten nur 20% der Nachfrage mit Hilfe von Recycling gedeckt werden. Das bedeutet, dass 80% des 2011 insgesamt benötigten Silbers für den Markt verloren waren - nicht 50%, wie oft behauptet.
Wenn wir darüber hinaus addieren, wie viel Silberschmuck jedes Jahr innerhalb des letzten Jahrzehnts produziert wurde, dann erhalten wir eine Gesamtmenge von 60.500 Tonnen bzw. 1,95 Milliarden Unzen. Nehmen wir an, dass 10% dieses Schmucks wiederaufbereitet wurden (2015 waren es 8%). In den Jahren seit 2006 konnten dann insgesamt nur 6.050 Tonnen Silber aus Schmuck wiedergewonnen werden. Das bedeutet gleichzeitig, dass in den letzten zehn Jahren 54.500 Tonnen bzw. 1,75 Milliarden Unzen Silber verloren gingen. Dieser Silberschmuck wird erst dann wieder als Altsilber auf den Markt gelangen, wenn der Preis des weißen Metalls deutlich gestiegen ist.
Für Edelmetallinvestoren ist es wichtig zu verstehen, dass der Großteil allen weltweit geförderten Silbers erst dann wieder verfügbar sein wird, wenn der Preis enorm steigt. Doch wenn es soweit ist, wird selbst das neu dazukommende Angebot an Altsilber keinen Unterschied mehr machen - es wird dennoch zu wenig Silber geben, um die Nachfrage zu decken, sobald die Mainstream-Investoren ihre wertlosen Papierassets abstoßen und stattdessen physische Edelmetalle kaufen wollen.
© Steve St. Angelo
(SRSrocco)
Dieser Artikel wurde am 14. Juli 2016 auf www.srsroccoreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.