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Helikoptergeld, Gold und die Märkte

23.07.2016  |  Clive Maund

Nach dem Brexit-Referendum haben die Märkte eine erstaunliche Kehrtwende gemacht. Das Ergebnis der Abstimmung hat keineswegs zum prophezeiten Chaos geführt - die Märkte sind im Gegenteil spielend leicht damit fertig geworden und steigen jetzt in Erwartung des "Helikoptergeldes". Unter Helikoptergeld versteht man praktisch unbegrenzte globale Liquidität mit der eine Liquiditätskrise verhindert werden soll, damit man das Spiel so lange wie möglich fortsetzen kann. Das ist die nächste und letzte Phase im großen Finale der Fiatwährungen.

Der Ausgangspunkt dieser Geldpolitik ist Japan, aber sie wird schon bald auf die ganze Welt übergreifen. Rechtliche Einschränkungen können einfach übergangen werden. Wenn es Gesetze gibt, die derartige Maßnahmen verbieten, dann können diese geändert werden.

Angesichts der globalen Schuldenstruktur könnte jede ernste Liquiditätsklemme rasch zu einer katastrophalen deflationären Implosion führen. Das muss um jeden Preis verhindert werden. Helikoptergeld dient den Interessen der Eliten auf verschiedenen Wegen: Sie können an der Macht bleiben, die Kontrolle so lange wie möglich behalten und die niedrigen Zinssätze und Carry Trades nutzen, um ihr Vermögen weiter zu erhöhen.

Die Rechnung dafür zahlt unterdessen der normale Bürger, dessen Lebensstandard und -qualität sich zusehends verschlechtert, weil die Inflationsrate steigt, die Löhne jedoch nicht Schritt halten. Selbstverständlich wird es keine Aussichten auf eine Normalisierung der Zinssätze mehr geben - bevor es dazu kommen kann, werden wir uns in einem hyperinflationären Feuersturm wiederfinden.

Aus der Perspektive eines Investors wirkt Helikoptergeld wie "eine steigende Flut, die alle Boote anhebt". Die Kurse der meisten Investments werden weiter ansteigen, insbesondere die Kurse der Assets, die gute Kapitalerträge abwerfen. Die Aussicht auf einen enormen, globalen Geldsegen frisch gedruckter Banknoten hat in den letzten Wochen den Umschwung an den Aktienmärkten ausgelöst und den Dow Jones und den S&P 500 auf neue Hochs katapultiert. Ein Grund für die neuen Rekorde der US-amerikanischen Aktienindices war auch die Kapitalflucht aus Europa. Der Kontinent wird von so ernsten Problemen geplagt, dass die europäischen Märkte verglichen mit den amerikanischen nur eine schwache Rally verzeichneten.

Die neue Aufwärtsbewegung an den US-Börsen scheint jedoch der Beginn eines längeren Aufschwungs zu sein, welcher von der Flut des neu geschaffenen Geldes verursacht wird. Damit sich dieser Trend fortsetzen kann, müssen jedoch insbesondere die Probleme im europäischen Bankensektor eingedämmt werden, denn falls die Banken zusammenbrechen und sich die Krise auf andere Staaten überträgt, könnten wir schon bald in ein mit 2008 vergleichbares Erlebnis haben. Die Lösung besteht also darin, den Banken Europas so viel Liquidität zur Verfügung zu stellen, wie nötig ist, um einen Kollaps abzuwenden. Möglicherweise wird das jedoch nicht gelingen.

Werfen wir einen Blick auf die Charts. In den 5-Jahrecharts des Dow Jones und des S&P 500 können wir die dramatische Wende nach dem Brexit und den anschließenden Anstieg auf neue Hochs gut erkennen. Das bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass an den Märkten alles in Butter ist. Auch nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Bear Stearns 2007-2008 wurden neue Kursrekorde verzeichnet, doch der Crash folgte letztlich trotzdem.

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Die Märkte wollen im Grunde genommen korrigieren, wollen eine Baisse beginnen. Doch die Machthabenden ziehen mit ihrer verantwortungslosen und letztlich selbstmörderischen Orgie des Gelddruckens alle Register, um genau das zu verhindern. Was bedeutet es schon, wenn die Märkte innerhalb der nächsten drei Jahre ihr Kursniveau vervierfachen, unser Geld aber nur noch ein Fünftel der aktuellen Kaufkraft hat?

Aus rein zyklischer Sicht können wir im nächsten Langzeit-Chart sehen, dass die Aktienmärkte bereit sind für einen ausgeprägten Bärenmarkt. Falls die Probleme im europäischen Bankensektor nicht unter Kontrolle gebracht werden, könnte es trotz allem dazu kommen, aber die Eliten sind entschlossen, das Spiel bis zum bitteren Ende fortzusetzen, auch wenn sie dazu auf Helikoptergeld zurückgreifen müssen.

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Die Charts des Value Line Composite Index, der sich aus 1.700 gleichgewichteten Aktien zusammensetzt und den US-Aktienmarkt besser repräsentiert, sehen auf den ersten Blick im Vergleich zum Dow Jones und zum S&P 500 eher schwach aus. Bei genauerer Betrachtung sehen wir jedoch, dass der Value Line womöglich einen Boden in Form eines umgekehrten Schulter-Kopf-Schulter-Musters bildet. Vor allem im 2-Jahrechart ist das gut zu erkennen. Wenn das stimmt, dann ist künftig mit einer starken Rally zu rechnen.

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Die Rally an den Aktienmärkten hat uns kalt erwischt. Aktuell ist es wahrscheinlich ratsam, alle Short-Positionen an den allgemeinen Aktienmärkten abzustoßen.

Kommen wir nun zum vielleicht wichtigsten Punkt überhaupt. In unseren letzten Updates zum Gold- und Silbermarkt wiesen wir darauf hin, dass die Marktpositionierungen an der New Yorker COMEX den Daten der COT-Berichte zufolge beängstigende Extreme angenommen haben. Wenn die Helikopter tatsächlich abheben und Geld auf die Erde niederregnen lassen - und das wird immer wahrscheinlicher - dann werden die Investoren schnell wieder in den Risiko-Modus umschalten.

Die Gold- und Silbermärkte werden in diesem Fall vorerst wieder zum Nebenschauplatz, bis die Inflation schließlich wirklich zum Tragen kommt. Dann werden diejenigen, die einen Goldpreis von 10.000 $ je Unze prophezeien, ihren großen Tag haben. Und dieser Tag ist näher als viele glauben.

Die Helikopter lassen bereits ihre Motoren warmlaufen. In meinem letzten Artikel zum Goldmarkt hob ich die Gefahr hervor, vor der die jüngsten COT-Daten warnten, doch dafür hatte manch einer nur Verachtung übrig. Hier ein Beispiel aus der E-Mail eines Vertreters der "Diesmal-ist-es-anders"-Schule:

"Die COT-Daten sind nicht bearish, sondern verzweifelt. Die bisherige Strategie funktioniert nicht mehr. Warum sollten sie [die Commercials] ihre Shorts weiter erhöhen, wenn ihnen das Wasser schon bis über den Kopf steht? Sie können die Luft nicht ewig anhalten. Sie können die chinesische Goldbörse nicht kontrollieren. Genau das ist der Punkt. Wenn der Kurs auf über 1.400 $ steigt und sie noch immer short sind, heißt es 'Game Over'. Und das verdienen sie auch, sie scheffeln all das Geld auf Kosten der Steuerzahler..."

Nun, wir werden sehen. Ich hingehen würde allerdings argumentieren, dass der Goldkurs durchaus wieder nach unten gedrückt werden kann, wenn die Marktteilnehmer dank des Einsatzes der Helikopterflotte wieder deutlich risikofreudiger werden - zumindest solange, bis die Inflationsrate in Vorbereitung auf die nun unvermeidliche Hyperinflation zu steigen beginnt.


© Clive Maund
www.clivemaund.com


Der Artikel wurde am 14.07.16 auf www.clivemaund.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.