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Gordon Chang: Der Kollaps des Papiertigers China und seine Folgen

24.10.2016  |  Mike Gleason

Mike Gleason: Für unser heutiges Interview darf ich den Autor, Anwalt, TV-Kommentator und Kolumnist für Forbes, Gordon Chang bei uns begrüßen. Gordon ist ein häufig gesehener Gast bei Fox News, CNBC und CNN. Er zählt zu den führenden Experten für die chinesische Wirtschaft und Geopolitik und hat diesem Thema ein Buch mit dem Titel "The Coming Collapse of China" ("Der kommende Kollaps Chinas") gewidmet.

Gordon, es ist wirklich eine Ehre, dass Sie heute bei uns zu Gast sind. Willkommen und vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen.


Gordon Chang: Danke. Es ist mir eine Ehre, in Ihrem Podcast zu sein.


Mike Gleason: Bevor wir zu den Details kommen, zuerst ein allgemeiner Überblick. Die chinesische Wirtschaft ist mittlerweile die zweitgrößte der Welt. Das Land meldet seit Jahrzehnten ein Wirtschaftswachstum zwischen 7% und 10% und wir alle haben die Geschichten über den Boom in China gehört. Doch nur sehr wenige Amerikaner waren jemals dort und die meisten wissen wahrscheinlich nicht genau, was im Reich der Mitte vor sich geht.

Die chinesische Regierung ist berüchtigt dafür, dass sie Statistiken schönt und den Informationsfluss kontrolliert, daher kann es für westliche Investoren schwierig sein, die tatsächliche Lage einzuschätzen. Aus diesen Grund sind wir heute auch so gespannt auf Ihre Einblicke. Sie haben sich lange in China aufgehalten, sind chinesischer Abstammung und haben die Wirtschaft des Landes jahrzehntelang studiert. Sie verfügen also über eine einzigartige Sichtweise auf die dortigen Entwicklungen.

Fassen Sie doch zu Beginn einmal zusammen, wie Sie den aktuellen Zustand der chinesischen Volkswirtschaft einschätzen und in welche Richtung sie sich entwickeln könnte. Wie unsere Zuhörer und Leser sich angesichts des erwähnten Buchtitels sicher schon denken können, sind Sie in Bezug auf die Zukunftsaussichten nicht allzu optimistisch.


Gordon Chang: Dem offiziellen staatlichen Statistikamt zufolge wuchs die chinesische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres um 6,7% und im letzten Jahr um 6,9%. Ich denke, dabei handelt es sich um Übertreibungen. Im Märzquartal 2016 betrug das tatsächliche Wachstum vielleicht 3% oder 4%, wenn nicht sogar noch weniger. Wenn man die Daten für 2015 betrachtet, zeichnet sich ein tragisches Bild ab, denn einige der Indikatoren, beispielsweise für den besonders wichtigen Herstellungssektor, zeigen einen Rückgang an. Der Verbrauch ist zwar gestiegen, aber nur ein kleines bisschen.

Der verlässlichste Indikator für die chinesischen Wirtschaftsaktivitäten ist der Stromverbrauch, und der stieg 2015 nur um 0,5% an. China hatte 2015 eine Deflation der Preise zu verzeichnen: Das reale Bruttoinlandsprodukt stieg den Angaben zufolge um 6,9%, das nominale dagegen nur um 6,4%. Das ist wirklich schwer zu vereinbaren mit einen Wirtschaftswachstum im hohen einstelligen Bereich. Ich denke, das China aktuell ein echtes Problem hat, da die Führung des Landes nicht mehr in der Lage ist, Wachstum zu erzeugen. Die Wirtschaftsleistung befindet sich im Abwärtstrend und eines Tages wird das BIP beginnen zu schrumpfen.


Mike Gleason: Die Chinesen haben mit Ländern wie Russland und Brasilien einige große Öl- und Gashandelsabkommen geschlossen und wickeln die Bezahlung in Yuan statt in US-Dollar ab. Außerdem stockt China seine Gold- und Silberreserven weiter auf. Vor dem Beginn des Interviews hatten Sie gesagt, dass China angesichts seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen Währungskrieg nicht einmal in Erwägung ziehen sollte, aber man muss sich fragen, ob das Land nicht trotzdem versucht, den Yuan als Alternative zum US-Dollar zu etablieren. Der Himmel weiß, dass es dazu gute Gelegenheiten geben könnte.

Der Dollar erscheint immer weniger als Bastion der Stärke. Kenneth Austin, ein Ökonom des US-Finanzministeriums, erklärte 2014 in einer Kolumne der New York Times, dass der Status des Dollars als globale Reservewährung eine Bürde ist, die wir uns nicht länger leisten können. Vielleicht wird ein Währungskrieg gar nicht nötig sein und unsere Regierung wird China freiwillig den Vortritt lassen. Wie sehen Sie das, Gordon? Sollten wir erwarten, dass China die Ablösung des Dollars durch den Yuan in naher Zukunft ernsthaft vorantreibt? Der Versuch könnte auch scheitern, aber ist das etwas, das auf der chinesischen Agenda steht?


Gordon Chang: Nun, es ist offensichtlich, dass die Chinesen den Renminbi zur weltweiten Reservewährung machen wollen. Sie würden den Dollar gern beiseite drängen. Das Problem ist allerdings, dass ihre Währung derzeit schwach ist. Donald Trump hat vielleicht recht damit, wenn er ihnen Währungsmanipulation vorwirft, aber sie manipulieren ihren Währungskurs nicht tiefer, um einen einen Exportvorteil zu erlangen. Was wir in der letzten Zeit gesehen haben, insbesondere seit August letzten Jahres, ist, dass sie ihre Währung stützen.

China steht nun vor einem Problem, denn das letzte, was sie im Moment tun sollten, ist den Renminbi zu internationalisieren. Wenn sie das tun, verlieren sie die Kontrolle darüber, und das ist in Anbetracht der wirtschaftlichen Schieflage eindeutig die falsche Strategie. Sie hatten sehr viel Geld, doch sie haben einen großen Teil ihrer Devisenreserven verloren - meiner Ansicht nach viel mehr, als sie zugeben wollen. Die Internationalisierung der Währung ist der falsche Weg für China, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt.


Mike Gleason: Es wird oft darüber geredet, dass die chinesische Kultur stärker zukunftsorientiert sei. Die Chinesen planen für die nächsten Jahrzehnte, nicht für die nächsten Monate oder Jahre. Falls das zutrifft, könnte man annehmen, dass sie einen Vorteil haben und einige der Fallgruben umgehen, in die die Regierungen der westlichen Staaten gestolpert sind. Aber sie scheinen die gleichen Fehler zu machen. Die Märkte sind alles andere als frei.

Erst letzten Sommer hat der Staat versucht den Crash seiner Aktienmärkte zu verhindern, indem er damit drohte jeden zu verhaften, der Aktien verkauft - das exakte Gegenteil von den Bedingungen einer freien Marktwirtschaft. China hat enorme Schulden angesammelt und die engagierte Zentralbank des Landes druckt Geld, monetarisiert Schulden usw. Sind die chinesischen Beamten wirklich besser, was langfristiges Denken und strategische Planungen betrifft?


Gordon Chang: Nein, das denke ich eigentlich nicht. Dagegen spricht vor allem das, was wir ab der zweiten Juliwoche letzten Jahres gesehen haben, als sie begannen die Unterstützungsmaßnahmen für die Aktienmärkte einzuführen. Dann gab es natürlich die noch immer unerklärliche Abwertung des Renminbi ab dem 11. August 2015. Die chinesischen Technokraten machen nicht gerade einen furchterregenden und kompetenten Eindruck.

Ich schätze, wir schreiben ihnen mythische Eigenschaften zu, die sie gar nicht besitzen. Wahrscheinlich es wird ihnen letztlich gelingen die Wirtschaft zu stabilisieren, was sie ja bereits versuchen, aber dabei nehmen sie hohe Schulden auf. Es kommt noch immer zu großen Kapitalabflüssen. Obwohl es den Anschein hat, als wäre es ihnen gelungen, die Probleme zumindest einzudämmen, stehen sie einer Reihe von Herausforderungen gegenüber, die sie meiner Ansicht nach nicht bewältigen können.




Mike Gleason: Die Informationen, die die chinesische Regierung veröffentlicht, sind ohne Zweifel stark kontrolliert. Ich glaube, ich habe erst kürzlich davon gehört, dass man in China mit einer Gefängnisstrafe oder zumindest mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen muss, wenn man die Regierungsstatistiken anzweifelt. Das steht in krassem Gegensatz zum Konzept eines freien Marktes. Was denken Sie darüber? Ich weiß, dass das schon seit geraumer Zeit so ist, aber Andersdenkende sind dort nicht gerade geschätzt, oder Gordon?

Gordon Chang: Nein, mit Sicherheit nicht. Laut dem Bericht des Wall Street Journals, auf den Sie sich gerade bezogen haben, versucht man den chinesischen Analysten auf diese Weise ein wenig positive Energie einzuflößen. Wie wir alle wissen, wurden im Juli letzten Jahres zahlreiche Formen des Tradings kriminalisiert. Sie haben viel unternommen, um den Finanzinstitutionen den Verkauf ihrer Assets zu untersagen. Sie versuchen, Marktteilnehmer und Analysten einzuschüchtern - das ist so etwas wie die letzte Zuflucht der Technokraten. Meiner Meinung nach deutet das darauf hin, dass das Ende nah ist. Ihnen gehen einfach die Lösungen aus.

Die Geld- und Währungspolitik hat nicht funktioniert. Die finanziellen Impulse verstärken das Schuldenproblem zusätzlich. Sie probieren all diese Maßnahmen aus, aber die großen Kapitalabflüsse können sie damit nicht stoppen. Diese beliefen sich Bloomberg zufolge in letzten Jahr auf bis zu 1 Billion US-Dollar. Ich glaube, die Technokraten und Führungskräfte sind verzweifelt, wissen nicht mehr, was sie tun sollen, und spielen nur noch auf Zeit. Damit machen sie die Lage nur noch schlimmer.

Im März haben wir einen enormen Anstieg des Kreditvolumens beobachtet, aber auf die Wirtschaft hatte das keinen nennenswerten Effekt. Das ist ein "Dead Panda Bounce". Ich glaube, sie wissen einfach nicht, was sie sonst mit den Leuten machen sollen, denen zum wirtschaftlichen Potential Chinas nichts Positives einfällt, also versucht die Regierung, sie ins Gefängnis zu stecken.


Mike Gleason: Ich bin neugierig: Wie sehen die Chinesen das politische System in Amerika insgesamt und was denken sie über die Regierung von Obama? Und was halten sie Ihrer Ansicht nach von Hillary Clinton und Donald Trump, da einer der beiden Kandidaten in diesem Jahr wohl die Präsidentschaftsnachfolge antreten wird? Wie ist die allgemeine Stimmung in China hinsichtlich der US-Politik?

Gordon Chang: Nun, es gibt sehr viele Chinesen, also gibt es vielleicht keine allgemeine Sichtweise. Die Kommunistische Partei steht allem Amerikanischem natürlich äußerst negativ gegenüber. Von einem autoritären System wie dem chinesischen werden sie nichts Nettes über das US-amerikanische politische System hören. Die chinesischen Menschen haben allerdings großes Interesse an den Vereinigten Staaten und sie haben Mittel und Wege, sich Informationen zu beschaffen.

Sie wissen, wie man über sie sogenannte Große Firewall klettert. Es gibt zu jeder Zeit lebhafte Diskussionen über die politischen Entwicklungen in den USA. Im Moment spricht man, wie Sie angedeutet haben, vor allem über Hillary Clinton und Donald Trump, und es scheint, als wären die Chinesen in der Frage, wen von beiden sie als nächsten Präsidenten bevorzugen würde, ziemlich gleichmäßig auf beide Lager verteilt.

Donald Trump hat in China zahlreiche Kritiker, wie man das erwarten würde, aber auch viele Unterstützer. Anfang 2008 fuhr ich mit meiner Frau in die Heimatstadt meines Vaters, weil ich wissen wollte, wie die Chinesen zu den Olympischen Spielen stehen. Aber darüber wollten sie mit uns gar nicht sprechen, sondern verspotteten diese stattdessen als "Regierungsspiele", was mich wirklich überrascht hat.

Sie wollten viel lieber über John McCain und Obama reden, und, was besonders überraschend war, darüber, wie das Prinzip der "Balance of Power", des Gleichgewichts der Kräfte, in der Verfassung der USA funktioniert. Die Menschen dort interessieren sich also wirklich für die Vereinigten Staaten als alternatives Model zum chinesischen System. Die Kommunistische Partei würde das natürlich niemals befürworten, aber ich denke, dass sich die Menschen dennoch ein größeres Mitspracherecht wünschen, und dass sie bereit sind, von anderen zu lernen. Das ist ein wichtiges Anzeichen für eine lebendige, dynamische Gesellschaft.


Mike Gleason: Die chinesische Regierung scheint ihre Bürger zum Kauf von Gold und Silber als persönliche Absicherung zu ermuntern. Findet das in der Bevölkerung Anklang? Kaufen Privatpersonen Edelmetalle, weil eine allgemeine gesellschaftliche Affinität für Gold und Silber besteht, oder richten sie sich nach den Hinweisen der Regierung? Wie schätzen Sie das ein?

Gordon Chang: Ja, ich denke die Chinesen kaufen durchaus Edelmetalle, vor allem Gold. Allerdings nicht, weil die Regierung sie dazu anhält. Meiner Ansicht nach tun sie das, weil es hinsichtlich der Währung, der Wirtschaft und auch aufgrund von Anzeichen für Konflikte innerhalb des politischen Systems viele Bedenken gibt. Also kaufen die Leute Gold. Das ist in Grunde genommen eine unproblematische Form der Kapitalflucht, denn die Chinesen können beispielsweise nicht einfach ein Unternehmen in einer Steueroase wie Panama gründen. Der Kauf von Hard Asstes ist dagegen eine Möglichkeit, wie sie ihr Vermögen schützen können, also kaufen sie Gold.

Die Chinesen haben natürlich schon seit Jahrhunderten eine gewisse Affinität für Gold, aber ich schätze, dass die Nachfrage heute viel höher ist. In China werden wirklich große Mengen Gold gekauft. Einen Teil davon erwirbt die Zentralbank, aber ein großer Teil des Goldes wird meiner Meinung nach auch von Einzelpersonen aufgekauft, die sich Sorgen darüber machen, in welche Richtung sich die Wirtschaft und das ganze Land entwickeln.


Mike Gleason: Sollten wir den Berichten der Chinesischen Volksbank über ihre Goldkäufe Glauben schenken, Gordon? Und wenn nicht, sind die offiziellen Zahlen Ihrer Ansicht nach dann eher übertrieben oder untertrieben? Wie stehen Sie zu den chinesischen Goldreserven und den Angaben, die das Land offiziell gegenüber dem Rest der Welt macht?

Gordon Chang: Die Chinesische Volksbank hat sehr lange behauptet, dass es bei den Goldbeständen des Landes keine Veränderung gab. Dann hat sie vor etwa einem Jahr plötzlich diesen enormen Anstieg gemeldet. Die Berichterstattung ist also offensichtlich ungenau und unzuverlässig. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich habe das Gefühl, dass die Regierung ihre Goldkäufe untertreibt. Ich kann Ihnen dafür keine Belege anbieten - meine Einschätzung beruht ganz einfach auf dem Eindruck, den ich vom politischen Kurs der Regierung habe. Zu welchen Zweck das geschieht, weiß ich nicht.



Die Leute sprechen darüber, dass der Renminbi eines Tages mit Gold gedeckt werden könnte. Ich glaube nicht, dass das wirklich zur Debatte steht, aber als der Goldpreis fiel, haben die Chinesen dennoch eine Kaufgelegenheit erkannt und ihre Goldreserven deutlich erhöht. Wir können davon ausgehen, dass das auch in Zukunft so sein wird, wenn der Goldpreis nachgibt. Unter dem Goldpreis befindet sich also praktisch ein chinesisches Auffangnetz, insbesondere aufgrund der Käufe der Zentralbank. Aber wie gesagt, auch chinesische Privatpersonen werden an den Goldmarkt strömen, wenn sie sehen, dass des gelbe Metall günstig zu haben ist.


Mike Gleason: Mit der Eröffnung der Edelmetallbörse Shanghai Gold and Silber Exchange wurde eine Alternative zur New Yorker COMEX und anderen westlichen Handelsplätzen geschaffen. Letzteren wird oft vorgeworfen, dass sie viel zu stark auf Fremdfinanzierung beruhen würden, und dass die Großbanken, von denen einige in letzter Zeit Preismanipulationen eingestanden haben, zu große Kontrolle über die Märkte hätten. Investoren sollten allerdings nicht leichtsinnig davon ausgehen, dass die Shanghai Exchange nicht ihre eigenen Probleme haben wird.

Welche Folgen werden sich aus der Eröffnung der neuen Börse Ihrer Ansicht nach für die Edelmetallmärkte ergeben und was könnte die chinesische Regierung dazu bewogen haben, diesen konkurrierenden Handelsplatz einzurichten?


Gordon Chang: Ich denke, die Entscheidung für die Eröffnung der Shanghai Exchange hängt mit den Punkten zusammen, die wir vorhin bereits diskutiert haben, d. h. es handelt sich um einen allgemeinen Versuch den Renminbi zu internationalisieren und den Einfluss Chinas auf die Märkte auszuweiten. Ich bin mir wie gesagt nicht sicher, wie lange die Regierung diese Initiative weiter vorantreiben kann, weil sie ernste Probleme mit ihrer eigenen Wirtschaft hat, aber wie Sie schon sagen - die Chinesen sind langfristig denkende Strategen, also versuchen sie es trotzdem.

Meiner Meinung nach ist aktuell wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt dafür, daher nimmt die Volatilität des Währungskurses und der Märkte auch zu. Strategisch gesehen war die Entscheidung also möglicherweise gut, taktisch gesehen kam sie allerdings exakt zur falschen Zeit.


Mike Gleason: Was ist die wichtigste Erkenntnis oder Schlussfolgerung aus all dem, Gordon? Ich weiß, dass Sie nicht nur den Zusammenbruch der chinesischen Wirtschaft und der derzeitigen Lebensweise der Chinesen, sondern einen wirklich gewaltigen Kollaps erwarten. China zählt heute zu den wichtigsten Akteuren der Weltwirtschaft, aber wenn die Blase auf eine so zerstörerische Weise platzt, wie Sie erwarten, mit welchen Folgen wäre dann zu rechnen? Und - was für unsere Leser und Zuhörer noch wichtiger ist - wie würde sich ein solcher Kollaps auf die westliche Welt und die globalen Finanzmärkte auswirken?

Gordon Chang: Im August letzten Jahres haben wir beispielsweise erlebt, wie eigentlich unwichtige Nachrichten zur chinesischen Wirtschaft, genauer gesagt die Ergebnisse einer privaten Erhebung zum Herstellungssektor, beim Dow Jones innerhalb von sechs Handelstagen zu einem Wertverlust von 2,1 Billionen Dollar führten. Sie können sich also in etwa vorstellen, wie es aussehen würde, wenn ein großer Crash in China das globale Finanzsystem und die Weltwirtschaft überrollt. China ist in Wirklichkeit nicht ganz so wichtig für die Welt, wie die meisten glauben, aber da es als so groß und bedeutend angesehen wird, wird es nichtsdestotrotz fast alles andere mit in den Abgrund reißen.

Das Wichtigste ist meiner Ansicht nach zu verstehen, welche Rolle China für die Weltwirtschaft spielt, damit wir vorbereitet sind, wenn es soweit ist. Wir wissen beispielsweise, dass der chinesische Schuldenberg mindestens viermal schneller wächst als das nominelle Bruttoinlandsprodukt - und in Wirklichkeit wahrscheinlich noch deutlich schneller als das. Das ist in keiner Weise nachhaltig. Es wird zwangsläufig eine Krise geben. Wir wissen nicht, wann das geschieht, aber eines Tages wird China nicht mehr das sein, was es heute ist.


Mike Gleason: Wie steht es um die Zukunft der Kommunistischem Partei Chinas? Ich glaube, ich habe irgendwo gelesen, dass Sie in Zukunft Massenaufstände usw. erwarten. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Gordon Chang: Ich denke nicht, dass die Kommunistische Partei die kommende Wirtschaftskrise überleben wird, da sie in den letzten 35 Jahren hauptsächlich durch die kontinuierliche Erhöhung des gesellschaftlichen Wohlstands legitimiert wurde. Ohne diesen Erfolg wird es für die Partei schwer werden. Im Moment scheinen die chinesischen Technokraten in dieser Hinsicht keine besonders gute Arbeit zu leisten. Wir erleben Auseinandersetzungen zwischen Xi Jinping, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei bzw. dem Staatsoberhaupt, und dem Ministerpräsidenten Li Keqiang, der so etwas wie der Oberbefehlshaber über die Wirtschaft sein sollte.

Das ist meiner Einschätzung nach ein Anzeichen dafür, wie sich die Dinge entwickeln könnten, wenn es in der Wirtschaft weiter bergab geht, was unvermeidlich ist. Die chinesischen Technokraten können die Gesetze der Ökonomie vielleicht vorläufig aussetzen, aber nicht abschaffen. Gewisse Anpassungen werden daher notwendig sein. Angesichts der riesigen Ungleichgewichte in China werden diese Anpassungen tiefgreifend und umfassend sein müssen und aus diesem Grund glaube ich nicht an das Überleben der Kommunistischen Partei in der nächsten Krise.


Mike Gleason: Es wird auf jeden Fall spannend sein, die weiteren Entwicklungen zu verfolgen. China bekommt, wie Sie schon sagten, viel internationale Aufmerksamkeit und falls die Wirtschaft des Landes tatsächlich in sich zusammenfällt, würde das sicherlich Schockwellen rund um den gesamten Globus senden.

Gordon, das war ein wirklich faszinierendes Gespräch. Wir haben die Entwicklungen und Ereignisse in China in letzter Zeit oft thematisiert und es war großartig, sie mit einem Experten wie Ihnen diskutieren zu können. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Buch und würden uns freuen, Sie in Zukunft erneut als Gast für ein Interview begrüßen zu dürfen. Nochmals vielen Dank und ein wunderbares Wochenende!


Gordon Chang: Vielen Dank Michael.


© Mike Gleason
Money Metals Exchange


Der Artikel wurde am 14. Oktober 2016 auf www.moneymetals.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.