Rückt der Goldstandard unter Trump in greifbare Nähe?
21.11.2016 | Presse anonym
Ungeachtet der kurzfristigen Preisschwankungen am Goldmarkt, die auf den Wahlsieg Donald Trumps folgten, gibt es eine Reihe von Vorteilen, die sich für das gelbe Metall auf lange Sicht aus Trumps Präsidentschaft ergeben könnten.
Der potentielle langfristige Nutzen für Gold beruht auf der Affinität Trumps zum Goldstandard als Teil der Währungssystems der Vereinigten Staaten. Ein Goldstandard ist einer allgemeinen Definition zufolge ein Währungssystem, welches Gold als Geldeinheit verwendet und die Währung des jeweiligen Wirtschaftsraumes daran bindet. Wenn der Goldstandard in verschiedenen Ländern angewandt wird, können die Währungen dieser Staaten in Gold ausgedrückt werden, d. h. auch die Wechselkurse zwischen den Währungen werden mit Hilfe von Gold definiert.
Donald Trump steht diesem Konzept bekanntermaßen wohlwollend gegenüber und bewertet sogar die Aussicht auf eine etwaige Einführung des Goldstandards zur Stabilisierung und Erhaltung des Dollarwertes positiv. Die erste Äußerung, die der künftige US-Präsident in der jüngeren Vergangenheit zum Goldstandard machte, stammt aus einem Interview mit WMUR-TV aus New Hampshire, das am 31. März 2015 in der Rubrik "Conversation with the Candidate" veröffentlicht wurde. Darin antwortete Trump auf eine Frage aus dem Publikum:
Frage: "Können Sie sich ein Szenario vorstellen, bei dem dieses Land zum einem Goldstandard zurückkehrt?"
Trump: "Auf gewisse Weise mag ich den Goldstandard und es gibt einiges, das für ihn spricht, aber man müsste zur richtigen Zeit zurückkehren. Wir hatten früher ein sehr stabiles Land, weil es auf einem Goldstandard basierte. Jetzt haben wir das nicht mehr. Dieses Konzept hat etwas sehr Schönes. Die Umsetzung wäre im Augenblick sehr schwierig und eines der Probleme ist, dass wir das Gold nicht haben. Das Gold befindet sich anderswo."
Die Niederschrift des Interviews kann auf einer archivierten Webseite von WTAE-TV, dem Schwesterkanal von WMUR nachgelesen werden.
Es ist ein wenig seltsam, dass Donald Trump denkt, die USA verfügten nicht über das nötige Gold. Vielleicht hat er aber auch Informationen über die Goldbestände in Fort Knox und die Reserven des Finanzministeriums, die nicht öffentlich gemacht wurden.
Nach den Kommentaren vom März 2015 äußerte sich Trump in einem kurzen Videointerview mit dem Magazin GQ vom November 2015 erneut zum Thema Goldstandard:
"Den Goldstandard zurückzubringen wäre sehr schwierig, aber Mensch, wäre das wundervoll. Dann hätten wir einen Standard, den wir unserem Geld zugrundelegen könnten."
Einige der Wirtschaftsberater Donald Trumps haben ebenfalls bemerkenswerte Ansichten zu Gold und zur möglichen Verwendung des Edelmetalls innerhalb des US-amerikanischen Währungssystems. Im August dieses Jahres äußerte sich Dr. Judy Shelton, die zu Trumps Beraterteam für wirtschaftliche Angelegenheiten gehört, in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes folgendermaßen auf eine Frage nach ihrer Meinung zu auf Gold beruhenden Währungssystemen:
Forbes: "Sie haben in der Vergangenheit über die Rückkehr zu einer Art Gold-basiertem Währungssystem geschrieben. Ist das etwas, das die USA im Alleingang tun könnten, oder müssten wir Verhandlungen mit anderen Staaten einberufen und sie mit an Board holen?"
Shelton: "Manche Menschen mögen die Einbindung von Gold [in das System] als Rückschritt betrachten, doch ich sehe darin einen gut durchdachten, zukunftsorientierten Ansatz, denn Gold ist neutral und universell.
Gold ist ein weithin akzeptierter Ersatz für Geld, der Zeit und Grenzen überschreitet. Wenn Sie sich die Devisenbestände der meisten einflussreichen Länder ansehen, werden Sie feststellen, dass diese einen großen Teil ihrer Reserven in Form von Gold halten. Ich will in diese Tatsache nicht zu viel hineininterpretieren, aber es beweist zumindest, dass Gold kein barbarisches Relikt ist."
Shelton sprach auch die Möglichkeit einer Tagung im Stile der Bretton-Woods-Konferenz an:
"Ich wäre einer neuen Bretton-Woods-Konferenz gegenüber nicht abgeneigt, und wenn sie in Mar-a-Lago stattfindet, wäre mir das auch recht."
Auf der Bretton-Woods-Konferenz 1944 in New Hampshire planten die vertretenen Staaten die Einführung eines durch Gold gedeckten Systems mit festen Wechselkursen, bei dem der Wert des US-Dollars an Gold gebunden war, während die anderen involvierten Währungen an den Dollar gekoppelt wurden. Mar-a-Lago ist ein Hotel und Club in Palm Beach, Florida, der sich im Besitz von Donald Trump befindet.
John Paulson, der Gründer und Leiter des bekannten und erfolgreichen Hedgefonds Paulson & Co Inc., zählt ebenfalls zu Trumps Wirtschaftsberatern. Paulson ist unter anderem für die Investitionen seines Fonds in Gold bekannt. Paulson & Co ist derzeit beispielsweise der fünftgrößte institutionelle Investor in den Gold-ETF SDPR Gold Trust (GLD). Die Berufung Paulsons in den Beraterstab des künftigen US-Präsidenten könnte dessen Standpunkt zu Gold als Teil des Währungssystems zusätzlich stärken.
Nebenbei bemerkt hat Donald Trump in dem Interview mit WMUR-TV vom März 2015 auch seine Meinung zu einer Bilanzprüfung der US-Notenbank Federal Reserve geäußert. Es wird interessant sein zu sehen, ob er seinen Standpunkt auch nach dem Antritt des Präsidentenamtes beibehält:
Frage: "Ich habe eine Frage zur Federal Reserve. Würden Sie an der Notenbank etwas ändern und wenn ja, was? Denken Sie, dass die Federal Reserve einer regelmäßigen Bilanzprüfung unterzogen werden sollte?"
Trump: "Ja, absolut. Ich denke, man kann sie [die Notenbank] haben oder auch nicht. Viele Leute finden sie gut, auch viele Konservative. Sie denken, dass so die Zinsen und andere Dinge angepasst werden können. Ich bin allerdings kein Fan. Ich bin kein großer Fan. Aber sie sollte definitiv geprüft werden."
Keynes, Greenspan und Bernanke
Wann immer der Goldstandard thematisiert wird - und auch, als Trump das Konzept im letzten Jahr erwähnte - wird von einem Teil der Finanzmedien unweigerlich das alte, falsche Zitat des Ökonomen John Maynard Keynes hervorgeholt und die Kommentatoren schreiben, Keynes hätte Gold als barbarisches Relikt bezeichnet. Selbst Dr. Shelton scheint ihn falsch zu zitieren.
Keynes hat allerdings nie gesagt, dass das Edelmetall selbst ein barbarisches Relikt ist. In Kapitel 4 seines 1924 erschienenen Buches "A Tract on Monetary Reform" schreibt er: "Der Goldstandard ist bereits ein barbarisches Relikt." Dabei diskutierte er speziell das Für und Wider einer Rückkehr Großbritanniens zu einem Gold-basierten Währungssystem. Das Vereinigte Königreich führte den Goldstandard 1925 wieder ein, entgegen dem Rat von Keynes.
Keynes bezog sich dabei wohl auf die Entscheidung einiger Staaten, nach dem Ersten Weltkrieg erneut einen Goldstandard zu etablieren. Selbst wenn er mit seinen Ausführungen nur den klassischen Goldstandard meinte, der zwischen 1821 und 1914 gültig war, war Keynes persönlich ganz einfach davon überzeugt, dass ein solches System das in seinen Augen "moderne" Wirtschaftsgeflecht zu stark einschränken würde. Keynes trat damals im Grunde genommen für eine Abwertung der Währung ein, auch wenn er andere Worte verwendete. Wenn wir nun 100 Jahre in die Zukunft springen ist es offensichtlich, dass die Fiatwährungen seitdem stark an Kaufkraft verloren haben und sich ihr Wert gegenüber der Zeit des Goldstandards drastisch verringert hat.
Zeitgenössische Unterstützungsbekundungen für den Goldstandard sind in Wirklichkeit gar nicht so selten und die Idee ist bei Weitem nicht so absurd und radikal, wie manch einer behaupten mag. Zudem beschränkt sich diese Sichtweise keineswegs nur auf Donald Trump und sein Team. Das Konzept eines Gold-gedeckten Währungssystems wird auch von seriösen und zum Mainstream zählenden Ökonomen und Geldexperten diskutiert und zum Teil auch befürwortet. Alan Greenspan, ein früherer Vorsitzender der Federal Reserve, kommentierte den Goldstandard im Juni dieses Jahres in einem Interview mit Bloomberg, in dem es um die Folgen des EU-Austritt Großbritanniens ging, beispielsweise wie folgt:
"Wenn wir zum Goldstandard zurückkehren und dabei die Struktur übernehmen würden, die er bis etwa 1913 hatte, wäre das in Ordnung. Vergessen Sie nicht, dass die Vereinigten Staaten in der Zeit zwischen 1870 und 1913 in wirtschaftlicher Hinsicht eine ihrer aggressivsten Wachstumsphasen erlebten. Das war auch das goldene Zeitalter des Goldstandards."
Selbst der ehemalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke, der Gold immer widerwillig, aber zumindest teilweise zu befürworten schien, sagte in seiner Rede "Money, Gold, and the Great Depression" im März 2004 Folgendes:
"Von etwa 1870 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 schien der Goldstandard ein äußerst erfolgreiches System zu sein. Während der sogenannten klassischen Periode des Goldstandards verzeichneten der internationale Handel und die Kapitalflüsse ein bemerkenswertes Wachstum und die Zentralbanken konnten relativ problemlos sicherstellen, dass ihre Währungen den gesetzlichen Wert behielten. Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurde der Goldstandard jedoch vorübergehend aufgegeben, weil der Handel und die internationalen Kapitalflüsse durch den Krieg beeinträchtigt wurden, und weil die Staaten eine größere finanzielle Flexibilität benötigten, um ihre Kriegsanstrengungen zu finanzieren."
Mit Trump an der Spitze des Weißen Hauses liegt es nun nicht mehr im Bereich des Unmöglichen, dass die Optionen zur Einbindung von Gold in das US-Währungssystem in den kommenden vier Jahren ausgelotet werden. Wer weiß, womöglich konsultieren Trump und seine Berater sogar Greenspan und Bernanke - aber wahrscheinlich nur, wenn Trump von einer Prüfung der US-Notenbank absieht.
© Torgny Persson
Der Artikel wurde am 9. November 2106 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und in Auszügen exklusiv für GoldSeiten übersetzt.