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Liquidität und Gold hui, Riester & Co. pfui

20.11.2016  |  Manfred Gburek

Die Aktienbörsen tendieren seitwärts wie schon lange nicht mehr, die Anleihenkurse sind kurzfristig in einen Abwärtsstrudel geraten, Liquidität ist wieder gefragt, die Spekulation mit Immobilien nimmt zu, die Preise von Gold und Silber einschließlich Minenaktien kämpfen nach ihrer fulminanten Erholung im ersten Halbjahr jetzt gegen Baisseattacken, und der Euro dreht gegenüber dem Dollar merklich nach unten.

In dieses verwirrende Bild passt denn auch die Unsicherheit, die von der Regierungsbildung durch Donald Trump in den USA ausgeht. Derweil ist die Liquiditätsquote der Fonds im globalen Durchschnitt erst nach oben geschossen und zuletzt wieder gesunken, was die allgemeine Verunsicherung nicht gerade dämpft.

Dieser gemischte Cocktail lädt zur Risikostreuung ein, auch Diversifikation genannt: Je ein Fünftel in die genannten fünf Anlageklassen investieren (wobei man abhängig von der Entwicklung an den Finanzmärkten Anleihen mit kurzen bis mittleren Laufzeiten und Kontoliquidität als gemeinsame Anlageklasse zusammenfassen kann). Wenn Immobilien für den Fall, dass sie ein Klumpenrisiko bilden würden, nicht infrage kommen - das gilt überwiegend für Vermögen von insgesamt weniger als einer halben Million Euro -, ließe sich demzufolge je ein Drittel in Aktien, in Anleihen einschließlich Liquidität und in Edelmetallen anlegen. So weit die Theorie.

Die Anlagepraxis sieht leider ganz anders aus. Sie erstreckt sich allzu oft von schwindsüchtigen Riester-Verträgen und Kapitallebensversicherungen für kleine Geldbeutel bis zu überteuerten Immobilien für mittlere bis große. Und dann gibt es noch die wachsende Schar von Börsenspielern, denen die Banken einbläuen, mittels Trading (Hin und Her macht Taschen leer) ein Vermögen gewinnen zu können.

Da hält die Technik mit: Ob beim Gang durch die Straßen oder während der Fahrt mit dem ICE, überall tippen die Nutzer sogenannter sozialer Medien auf ihren Smartphones herum, um überwiegend unwichtige Informationen zu erhalten oder auszutauschen und zunehmend auch Kauf- und Verkaufsaufträge für Aktien, Zertifikate oder sonst was aufzugeben. Die Prioritäten erstreckt sich also in einem erschreckenden Ausmaß von langfristigen Finanzprodukten, die unnötig viel Geld verzehren, bis zu verlustreichen kurzfristigen Spielereien an der Börse.

Wie ist dem abzuhelfen? Für die langfristige Geldanlage werden in letzter Zeit immer mehr in ETFs (Exchange Traded Funds) verpackte Indexfonds auf Aktienbasis propagiert, nach dem Motto: Wegen hoher Kosten schneiden die konkurrierenden gemanagten Fonds nur selten besser ab. Das schlägt sich zum Teil auch in der aktuellen Statistik des Fondsverbands BVI nieder. Danach haben Anleger in den ersten neun Monaten dieses Jahres mehr Aktienfondsanteile verkauft als gekauft - Aktien-ETFs inbegriffen. Was ist davon zu halten? Ganz einfach: Egal, ob gemanagt oder ETF, deutsche Anleger sind für Aktienfonds einfach nicht zu begeistern.

Da wir gerade bei der BVI-Statistik sind: In der fraglichen Zeit waren Spezialfonds mit einem Nettozufluss von 65,6 Milliarden Euro die Renner schlechthin. Solche Fonds werden zum Beispiel von Versicherern und Pensionskassen gekauft. Damit brauchen sie eine Umdrehung mehr, um letzten Endes kostentreibend bei Vorsorgesparern zu landen. Wie die Spezialfonds abschneiden, bleibt - anders als bei den Publikumsfonds - für Anleger im Dunkeln.

Wie Sie wahrscheinlich schon ahnen, wende ich mich wieder mal einer von meinen zentralen Thesen zu: Auf kollektive Geldanlagen - Riester-Verträge, Kapitallebensversicherungen, Fonds u.a. - weitgehend verzichten und das Heft soweit wie möglich selbst in der Hand behalten. Nehmen wir als Beispiel die langfristige Aktienanlage. Deren Erfolg hängt vom Börsentrend und von der Aktienauswahl ab. Der Börsentrend lässt sich nur insoweit vorhersagen, als nach allen bisherigen Erfahrungen spätestens in 15 Jahren ein Gewinn herausspringt, sogar wenn man zur ungünstigsten Zeit - auf einem Kursgipfel - in Aktien eingestiegen ist.

Dagegen kann man für die richtige Aktienauswahl selbst eine Menge tun, nämlich gründlich recherchieren. Ich habe mir angewöhnt, vor der Investition in eine bestimmte Aktie Geschäfts- und Quartalsberichte einschließlich Historie zu studieren, die Umsatz- und Gewinnentwicklung, Aktionärsstruktur, die Produkt- oder Dienstleistungspalette, Marktstellung und das Marktumfeld eines Unternehmens zu erkunden, Charts zu verfolgen und einiges mehr. Zugegeben, das alles kostet sehr viel Zeit. Aber Hand aufs Herz:



Ist es auf Dauer nicht ertragreicher, selbst die Initiative zu ergreifen, statt Ihr Geld einem mit hohen Kosten behafteten Kollektiv anzuvertrauen (Bank, Sparkasse, Fonds, Versicherer, Finanzvertrieb), das primär auf den Verkauf von Finanzprodukten getrimmt ist? Ich denke ja.

In letzter Zeit, auch neulich auf der Edelmetall- und Rohstoffmesse, haben Anleger mich auf inflationsindexierte Bundesanleihen als Liquiditäts-Alternative zum Geld auf dem Konto angesprochen. Diese Anleihen gehören zur Gruppe der Linker, wie man sie kurz und knapp nennt. Da ihre Kurse, anders als Geld auf dem Konto, je nach Anleihenlaufzeit mehr oder weniger schwanken, gehe ich im Folgenden näher auf sie ein.

Die Kurse traditioneller, nicht inflationsindexierter Bundesanleihen sind zuletzt kräftig gefallen. Dabei haben sie die Kurse der Linker-Bundesanleihen mitgerissen. Warum ist das im Zuge der zurzeit steigenden Inflationsrate (im Euroraum aktuell 0,5 Prozent), die den Linkern von einer bestimmten Höhe an zugute kommen müsste, überhaupt möglich?

Erstens, weil die vergleichsweise niedrigen Zinsen der Linker mit zunehmenden Laufzeiten - ähnlich wie bei allen anderen Anleihen - zu heftigen Kursschwankungen führen. Zweitens, weil die Inflationsrate noch nicht hoch genug ist, um diesen Effekt zu kompensieren oder sogar ins Gegenteil zu verkehren. Und drittens, weil Linker komplexe Gebilde sind, auf deren Kurse neben Fakten - wie beispielsweise Laufzeiten, Nominal- und Realzinsen - auch Erwartungen der Anleger einwirken.

Sind die Erwartungen zu hochgesteckt oder ist die Inflationsrate noch nicht hoch genug, führt dies zu vorübergehenden Kursrückgängen. Doch im Gegensatz zu Anleihen ohne Schutz vor Inflation spricht für Linker, dass sie über ihren relativ geringen Nominalzins hinaus einen - mit der Inflation schwankenden - Realzins haben. Er wirkt sich im Vergleich zu sonstigen Anleihen umso günstiger aus, je höher die Inflation steigt. Der Realzins gilt sowohl für die laufende Verzinsung als auch für spätere Gewinnmitnahmen und für die Linker-Rückzahlung, sodass am Ende ein gehöriges Sümmchen zustande kommen kann.

Insofern ist der jüngste Kursrückgang der Linker eine gute Gelegenheit, sie als Liquiditätsersatz - besonders für Beträge ab 100.000 pro Kunde und Bank - zu kaufen oder nachzukaufen (bei Beträgen darunter gilt bekanntlich der gesetzliche Anlegerschutz). Die Kurse schwanken umso stärker, je länger die Laufzeit ist (s.o.). Am besten, Sie sehen sich erst einmal die betreffenden Charts im Internet an, zum Beispiel bei comdirect.de. Wertpapier-Kennnummern: 103052 (Fälligkeit im Jahr 2020), 103054 (Fälligkeit 2023), 103056 (Fälligkeit 2026), 103055 (Fälligkeit 2030) und 103057 (Fälligkeit 2046).

Der hier zuerst genannte Linker mit Fälligkeit im Jahr 2020 hatte bisher eine moderate Schwankungshöhe von maximal etwa 10 Prozentpunkten, der zuletzt genannte dagegen eine von insgesamt nahezu 30 Prozentpunkten. Entsprechend sind die Kurschancen und -risiken während der Laufzeit. Das ist beim Timing zu beachten. Für den Fall, dass Sie Ihren Liquiditätsanteil in Form von Linkern - sozusagen als eiserne Barreserve - bis zu deren Fälligkeit durchhalten wollen, empfehlen sich eher die mittleren Laufzeiten mit Fälligkeit im Jahr 2023 bzw. 2026. Wollen Sie die Barreserve dagegen in absehbarer Zeit anzapfen, dürften Sie mit der Fälligkeit im Jahr 2020 besser bedient sein.

Zu guter Letzt: Die derzeit wackeligen Börsen mit Seitwärtsdrall und zum Teil - überwiegend in vielen Schwellenländern - Abwärtstendenz sprechen außer für Gold und Silber auch für einen relativ hohen Liquiditätsanteil an Ihrem Gesamtportfolio. Und bis Sie später groß in Aktien einsteigen, können Sie ja schon mal auf die Suche nach interessant erscheinenden begeben.

Um nochmals auf die Internetseite comdirect.de zurückzukommen: Wenn Sie dort in der Rubrik Kurssuche den Namen einer Aktie oder deren Wertpapier-Kennummer eingeben, bekommen Sie auch die Rubrik Firmenporträt zu sehen. Klicken Sie darauf, und Ihnen offenbart sich neben einer kurzen Beschreibung der betreffenden Firma deren Internetseite einschließlich Emailadresse. Darüber können Sie dann erste Nachforschungen anstellen. Ich empfehle Ihnen, besonders auf Neben- und Spezialwerte zu achten, deren Kurschancen in der Regel besonders hoch sind.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.