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Gold & Silber 2017: Trends, Faktoren und Prognosen

07.01.2017  |  Lawrence Williams

Gold verhält sich wie immer ein wenig unberechenbar. Die Kursentwicklung im Jahr 2016 hing sehr stark von der Performance Ihrer lokalen Währung gegenüber dem US-Dollar ab. Selbst gemessen in US-Dollar hing der Schlusskurs zum Jahresende von Ort und Zeit ab: In Shanghai, London und New York waren die Preisunterschiede gravierend. Der letzte Referenzpreis der Shanghai Gold Exchange (SGE) wurde mit 1.185 USD bestimmt, das letzte Preisfixing des Jahres 2016 am Londoner Goldmarkt legte den Preis bei 1.159 USD fest und der letzte Spotpreis in New York lag betrug 1.151 USD.

Wir können die Kursentwicklung an der Shanghaier Edelmetallbörse nicht für den gesamten Zeitraum des Jahres 2016 mit den anderen Handelsplätzen vergleichen, weil die SGE erst im April einen eigenen Benchmark-Preis einführte. In London hat Gold gegenüber dem Schlusskurs von 2015 im letzten Jahr jedoch 9,1% zugelegt, während es gemäß den New Yorker Preisen 8,5% im Plus lag. Andererseits ist der Goldpreis in russischen Rubel im Laufe des Jahres um 10,6% gefallen, weil der Rubel gegenüber dem US-Dollar wieder an Wert gewonnen hat, nachdem er 2014/2015 stark eingebrochen war. In britischen Pfund ist der Preis 2016 wiederum um ganze 22,5% gestiegen - das war der Brexit-Effekt!

Was die Medien betrifft scheint jedoch nur der Goldpreis in Dollar von Bedeutung zu sein, daher wollen wir nun einen Blick auf die Aussichten werfen, die sich für Gold und die anderen Edelmetalle im vor uns liegenden Jahr in der amerikanischen Währung ergeben.

Die globale geopolitische Situation und der Zustand der Weltwirtschaft wirken sich selbstverständlich auch auf den Goldpreis in US-Dollar aus. Letztlich werden es jedoch höchstwahrscheinlich die Lage der Vereinigten Staaten selbst und die Folgen der vom künftigen Präsidenten Trump verfolgten Politik sein, die sich als wichtigste Preisfaktoren für den Goldmarkt erweisen. Sollte sich Trump während seiner Amtszeit ähnlich unberechenbar verhalten, wie sich das während der Wahlkampagne angedeutet hat, könnten wir die eine oder andere bedeutende Umwälzung in der bisherigen Innen- und Außenpolitik erleben.

Trumps wirtschaftspolitische Pläne haben an der Wall Street großen Zuspruch gefunden, werden in dieser Form aber wahrscheinlich nicht funktionieren - wenn überhaupt, dann zumindest nicht einmal annähernd so schnell, wie die Öffentlichkeit das erwartet.

All das könnte zu einer Umkehr des scheinbar unaufhaltsamen Anstiegs der allgemeinen Aktienmärkte führen und die US-Notenbank Federal Reserve hinsichtlich ihrer Zinspolitik zu einer Kehrtwende veranlassen. Beides würde dem Goldpreis wahrscheinlich starken Auftrieb geben. In Anbetracht der Tatsache, dass die Aktien wohl überkauft sind und die Unternehmensgewinne die hohen derzeitigen Kurse in den meisten Fällen nicht zu rechtfertigen scheinen, könnte es tatsächlich zu einem Börsencrash kommen. Eines Tages wird die Spekulationsblase am Aktienmarkt mit Sicherheit platzen.

Manche "Experten" sagen einen Einbruch von epischen Ausmaßen und Kursverluste von 80% vorher. Das liegt zwar durchaus im Bereich des Möglichen, doch wenn uns eine größere Korrektur bevorsteht, dann rechnen wir damit, dass diese sich eher im Bereich von etwa 50% bewegen wird. Ein solches Szenario wäre mit dem Crash von 2008/2009 vergleichbar, als der Dow Jones zwischenzeitlich rund 55% im Minus lag.

Sollte es an den Aktienmärkten erneut zu einem derartigen Kurssturz kommen, könnte der Goldpreis wie schon im Jahr 2008 zunächst ebenfalls mit in die Tiefe gerissen werden, weil sich die Fonds und Großinvestoren verzweifelt um Liquidität bemühen. Ein Absinken auf unter 1.000 USD wäre in diesem Fall nicht ausgeschlossen, doch wie schon während der Finanzkrise würde sich das Edelmetall wahrscheinlich viel schneller erholen als die Aktienkurse. Anschließend würde sich Gold über einen längeren Zeitraum hinweg sehr stark entwickeln, denn seine Rolle als sicherer Hafen würde dann wieder in den Vordergrund rücken. Wo der Goldpreis 2017 schließt, könnte daher vor allem vom Zeitpunkt eines solchen Crashs abhängen.

Wenn die Aktien nicht einbrechen, aber ca. 10-15% korrigieren, wäre im Laufe des Jahres ein Anstieg bis auf 1.400 USD möglich. Sollte es an den Börsen schon früh im Jahr zu einem heftigen Kurssturz kommen, würde Gold wahrscheinlich ebenfalls auf 1.400 USD klettern und könnte 2018 anschließend weitere Gewinne verzeichnen. In dem Fall, dass ein Marktcrash erst im letzten Quartal 2017 seinen Höhepunkt erreicht, würde der Goldkurs zum Jahresende womöglich deutlich schwächer schließen - für 2018 wäre aber dennoch mit einer Rally zu rechnen.

In Bezug auf die US-Außenpolitik scheint eine Annäherung an Russland und Präsident Putin wahrscheinlich, falls der Kongress dies zulässt. Die Nominierung des ExxonMobil-Managers Rex Tillerson zum Außenminister deutet fraglos auf einen Wandel der russisch-amerikanischen Beziehungen hin. Allerdings hat der Kongress noch die Möglichkeit, Tillerson abzulehnen.

Trump versucht hier womöglich, sich ein Beispiel an Ronald Reagan zu nehmen, dessen gutes Verhältnis zu Michail Gorbatschow damals zum Ende des Rüstungswettlaufs, zur Perestroika und im Grunde genommen zum Ende der Pattsituation zwischen den beiden Supermächten geführt hat. Diese Eiszeit scheint unter den aktuellen Regierungen allerdings eine Renaissance zu erleben. Während Trump also möglicherweise eine weniger feindselige Beziehung zu Russland anstrebt, scheint er gleichzeitig jedoch Probleme mit der dritten heutigen Großmacht zu schüren - China.



Die innen- und außenpolitischen Ungewissheiten könnten der entscheidende Faktor für die Wiederbelebung des Goldpreises im Jahr 2017 sein. Diese Entwicklung hat unter Umständen bereits 2016 begonnen, doch die starken Eingriffe in den Finanzsektor haben Mitte des Jahres dafür gesorgt, dass die Goldhausse im Keim erstickt wurde. Trotz allem verzeichnete der Goldkurs ein Jahresplus von rund 8% und Silber schnitt mit einem Preisanstieg von 15% sogar noch besser ab.

Direkt nach dem Unabhängigkeitstag in den USA hatten die Edelmetalle noch 25% bzw. 45% im Plus gelegen. Dann kehrte sich der Trend jedoch um und die Zuflüsse in den weltweit größten Gold-ETF verwandelten sich in Abflüsse. (Im Dezember 2016 habe ich einen Artikel zu diesem Thema verfasst, der das Phänomen beleuchtet, dass wichtige US-Feiertage oft einen ausschlaggebenden Einfluss auf den Edelmetallsektor zu haben scheinen und offenbar häufig zur völligen Umkehr der Marktstimmung führen.)

All die politische und wirtschaftliche Unsicherheit, die nun vor uns liegt, wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach vor allem auf den US-Dollar auswirken. Der befindet sich derzeit auf einem Höhenflug, welcher zum Teil der Zinserhöhung um 25 Basispunkte durch die Fed und der Aussicht auf zwei bis drei weitere solcher Anhebungen im Laufe dieses Jahres geschuldet ist.

Sie werden sich aber vielleicht daran erinnern, dass die Federal Reserve 2016 das Gleiche versprochen hatte - ohne ihren Worten Taten folgen zu lassen. Womöglich werden wir ein Déjà-vu erleben. Wir wagen zu bezweifeln, dass die Fed die Geldpolitik weiter straffen wird, bevor sie die ersten Auswirkungen von Trumps Präsidentschaft auf das Sentiment an den Märkten abschätzen kann.

Die Sitzungen des Offenmarktausschusses der Notenbank sind für den 31. Januar - 1. Februar, 14.-15. März, 2.-3. Mai, 13.-14. Juni, 25.-26. Juli, 19.-20. September, 31. Oktober - 1. November und 12.-13. Dezember anberaumt. Wir gehen daher davon aus, dass der US-Leitzins frühestens bei dem Treffen im Mai oder im Juni ein weiteres Mal erhöht wird - es sei denn, es kommt zu einer (unserer Ansicht nach völlig ungerechtfertigten) starken Hausse an den Aktienmärkten unmittelbar nach Trumps Amtseinführung. Wenn die angeblich unternehmensfreundlichen Initiativen des designierten Präsidenten im Kongress jedoch auf ernsthaften Widerstand stoßen, könnte der Dollarkurs darunter leiden.

Es besteht jedenfalls kaum Zweifel darüber, dass die Performance des US-Dollars für den Goldpreis von großer Bedeutung ist. Die Aussichten auf einen Handelskrieg mit China und das Aufkündigen einiger anderer Handelsabkommen, das Trump offenbar plant, könnten die amerikanische Währung destabilisieren. Davon abgesehen ist ein weiterer Anstieg des Dollarkurses unter Umständen gar nicht im Interesse der USA. Der Dollarindex (DXY) notiert derzeit deutlich über 103 Punkten und hat damit ein neues Hoch erreicht, nachdem er sich 2016 zwischen 91 und 103 Punkten bewegt hatte.

Das könnte die zinspolitische Haltung der Fed ebenfalls beeinflussen. Ein starker Dollar mindert die Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporte (aus diesem Grund ist auch ein großer Teil der Fertigungsindustrie ins Ausland abgewandert) und macht Importe günstiger. Fortgesetzte Kursgewinne wären folglich ein weiterer Rückschlag für den Versuch, eine ausgeglichenere Leistungsbilanz zu erzielen. Wir vermuten daher, dass die Fed im Laufe des Jahres insgeheim Schritte unternehmen wird, um den Dollarindex auf ein Niveau von etwa 95 Punkten zu senken. Dies spricht gegen eine weitere Anhebung des Zinsniveaus, würde sich aber positiv auf den Goldpreis auswirken.

Zu Beginn des neuen Jahres öffnete Gold zwar zunächst im Plus, verlor anschließend aber rasch an Boden und fiel in Europa unter die Schlüsselmarke von 1.150 $. Doch auch 2016 begann der Goldkurs zunächst schwach, nur um kurz darauf sprunghaft anzusteigen. Wird sich das in diesem Jahr wiederholen?

Wenn sich unsere Annahmen als korrekt erweisen und es am Goldmarkt zu ähnlichen Entwicklungen wie 2016 kommt, bedeutet das gleichzeitig, dass der Silberkurs noch höhere Gewinne verzeichnen wird. Das Gold/Silber-Verhältnis ist von etwa 66 beim Hoch des Silberpreises gegen Mitte des Jahres 2016 wieder auf über 72 gestiegen (zu Jahresbeginn hatte es bei 80 gelegen und war zwischenzeitlich auf knapp 84 angestiegen).

Wir denken jedoch, dass das Verhältnis wieder auf 65 fallen könnte, wenn sich der Goldkurs gut entwickelt, da Silber in einem solchen Szenario meist eine noch bessere Performance zeigt. Wenn Gold die 1.400-$-Linie erreicht, könnte der Silberpreis auf über 21 USD steigen. Damit wäre er noch immer weit entfernt von seinem Hoch bei knapp 50 USD, das 2011 vor dem starken Rückgang der Kurse verzeichnet wurde.

Im vor uns liegenden Jahr rechnen wir im Allgemeinen mit einer positiven Entwicklung des Goldpreises und mit einer vielleicht noch besseren Performance des Silberkurses. Wenn sich die Prognosen der zahlreichen Unheilspropheten jedoch bewahrheiten und es zu einem Börsencrash kommt (die Ungewissheit im Zusammenhang mit der Präsidentschaft Trumps erhöht womöglich die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios), dann könnten auch Gold und Silber stark unter dem finanziellen Fall-out leiden. Tröstlich daran ist immerhin, dass der Einbruch wohl nicht so stark ausgeprägt wäre wie bei den Aktien, und dass die anschließende Erholung viel schneller verlaufen dürfte.


© Lawrence Williams


Dieser Artikel wurde am 4. Januar 2016 auf www.lawrieongold.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.