Erst kommt die Krise und danach...?
07.09.2006 | Prof. Dr. Eberhard Hamer
Ein Autorenteam hat im "Mittelstandsinstitut Niedersachsen" schon vor 4 Jahren darüber nachgedacht, ob unsere wirtschaftliche Entwicklung ständig aufwärtsgehen könne oder ob inzwischen so viele Spannungen entstanden sind, daß eine Korrektur drohe. Sie sahen eine große Weltwirtschaftskrise für die Sanierung der Wachstumsbedingungen als unvermeidlich an, denn
- die in den letzten 30 Jahren vervierzigfachte Geldmenge (Gütermenge nur 4*) steht kaum noch im Verhältnis zur Realwirtschaft, bildet also eine Blase, die entweder durch Inflation oder Geldmengenvernichtung (Währungsreform) oder eine Kombination aus beiden aufgelöst werden muß. Finanzwerte haben deshalb den größten Korrekturbedarf.
- Die Notenbanken steuern den drohenden Anleihenzusammenbrüchen durch "Drucken" entgegen und legen damit bereits das Fundament für umfangreiche Inflation. Daraus entsteht ein Wechselspiel zwischen Deflation durch Forderungsausfälle (auch bei Anleihen) und Inflation durch Geldvermehrung, vergleichbar mit einer S-Kurve.
- Turbulenzen auf den Finanzmärkten werden auch auf die Realwirtschaft durchschlagen, so daß wir bei den Insolvenzen auf Rekordniveau bleiben.
- Weil der Korrekturbedarf in den unterschiedlichen Währungsräumen unterschiedlich groß ist, werden die Korrekturen nicht ohne Wechselkursspannungen vonstatten gehen. Diese können auch nur vorübergehend durch Notenbankmanipulationen verzögert, langfristig aber nicht verhindert werden. Die Frage ist, wer bei den Manipulationen am meisten verliert.
- Folge des Realcrashs sind dann zunehmende Arbeitslosigkeit und geringere Verdienste der noch sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dadurch werden wiederum die umlagefinanzierten Sozialsysteme gesprengt, so daß die Renten real erheblich sinken werden und Sozialhilfe wieder zur Notversorgung statt Alternativeinkommen reduziert wird. Verschärft wird dieser Trend durch Abwanderung von Leistungsträgern, die in Deutschland mehr für Leistung bestraft werden als in den meisten anderen Ländern, sowie weitere Immigration von Leistungsnehmern (Sozialimmigration).
In dem Buch "Was passiert, wenn der Crash kommt?" hat das Autorenteam sich aber auch umfangreiche Gedanken gemacht, wie sich jeder einzelne für sich selbst, für sein Unternehmen und für sein Vermögen auf den Crash vorbereiten, den Verlusten des Crashs möglichst ausweichen und durch rechtzeitige Umschichtung der Vermögensanlagen den Crash sogar nutzen kann.
Inzwischen ist die bevorstehende Krise, die Generalbereinigung der Fehlentwicklungen, allseitiges Thema, beschäftigt sich das Mittelstandsinstitut aber bereits wieder mit der Frage, wie es aus der Krise wieder herausgeht und wie sich jeder einzelne von uns darauf vorbereiten könnte, um die Nachkrisenzeit zu bestehen.
Wiederaufschwung oder weiterer Abstieg?
Unstreitig dauert eine Krise nicht ewig; hat sie bisher in der Regel 3 bis 5 Jahre gedauert, ging es dann zumeist wieder aufwärts.
Es ist aber keineswegs sicher, daß es nach dieser Krise wieder aufwärtsgeht, denn in vielen historischen Fällen haben die Länder nicht nur in der Krise ihre Führung verloren, sondern danach auch eine Phase längerer Verarmung erleiden müssen (Rom, Spanien, England, Russland u.a.). Es ist also keineswegs sicher, daß es nach jeder Krise auch wieder aufwärtsgeht.
Ob es aufwärts- oder weiter abwärtsgeht, hängt von mehreren Krisenbedingungen ab:
- 1. Je radikaler die falschen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in einer Krise korrigiert werden, desto sicherer kann man mit einem Wiederaufschwung rechnen. Versuchen sich die Länder aber mit Halbkorrekturen durchzumogeln, bleiben viele Krisenbedingungen erhalten und hindern einen nachhaltigen Wiederaufstieg.
- 2. Diese Konsequenz gilt auch politisch. Nur wenn die alten feudalistischen Macht- und Herrschaftsstrukturen in der Krise aufgebrochen werden, kann sich neue Freiheit für neue, nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Dynamik ergeben.
Beispiel: In Deutschland werden die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen von einem Kartell der sechshundert Kammern, Gewerkschaften und Verbände beherrscht (Korporatives System). Diese mächtige Lobbytruppe verhindert zu Lasten der Bürger jeden Einschnitt in die Privilegien ihrer Klientel und kann damit jede Wiederaufschwungsdynamik blockieren. - 3. Gleiches gilt international. Solange zwei Hochfinanzgruppen über die ihr gehörende mächtigste Bank der Welt (FED) das Geld der Welt beherrschen und die damit geschaffenen Monopole über die Ressourcen und wichtigsten Wirtschaftsbereiche der Welt in der Hand halten, werden sie eine wirkliche Wiedererholung der Weltwirtschaft so lange und so stark blockieren, wie sie nicht wiederum ausschließlich zu ihren Gunsten manipulierbar ist.
- 4. Meist findet eine neue politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Dynamik auch erst unter einer neuen Idee, einer neuen Vision der Völker statt. Solange jedenfalls die derzeitig gesellschaftlich vorherrschenden Ideen der Egoistengesellschaft, der Ausbeutung der Gesellschaft durch jeden einzelnen (Umverteilung), des Vorrangs nur materiellen Erfolgs und Wohlstandes sowie der Herrschaft des Monopolkapitalismus über Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bestehen bleiben, wird es zu einer neuen gemeinschaftlichen Anstrengung, zu neuen gemeinschaftlichen Zielen und anderen als nur wirtschaftlichen Ideen nicht kommen, bleibt also ein echter Wiederaufschwung unwahrscheinlich.
Es ist also keineswegs sicher, daß es nach der kommenden Krise weltweit oder national zu einem Wiederaufschwung kommt. Der Verfall in der Krise könnte sich auch nach der Krise ideell, gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch fortsetzen und zu einer langfristigen weiteren Verarmung Deutschlands, Europas oder Teilen der Welt führen.
Internationale Bedingungen für den Wiederaufstieg nach einer Krise
Geht man davon aus, daß bisher in der Geschichte jeder Wiederaufstieg nach einer Krise durch wiedergewonnenen echten Wettbewerb erreicht worden ist, müssen in der Krise vor allem die Feudalstrukturen aufgebrochen werden. Solche internationalen Feudalstrukturen sind:
1. Das private Geldsystem der Hochfinanz
Es ist unstreitig, daß in den vergangenen Jahrhunderten die Staaten ihre Zentralbanken immer zu ihren politischen Zwecken mißbraucht haben, also das Geldsystem der Politik untergeordnet hatten. Den Schaden hatten diejenigen, welche an die Werthaltigkeit des Geldes geglaubt haben.
Ein privates Geldmonopol und eine private Zentralbank sind aber noch mißbrauchsgefährdeter als staatliche. Insofern darf die FED nicht private Zentralbank der beiden Hochfinanzgruppen bleiben, sondern muß verstaatlicht oder internationalisiert werden, und dürfen auch die anderen Zentralbanken, in denen sich die Hochfinanz eingenistet hat, diesen privaten Mißbrauchsansatz nicht behalten. Wir brauchen also Zentralbanken und Währungssysteme, die nicht von Privaten und nicht von Staaten mißbraucht werden können, die also gleichsam eine völlig unabhängige und neutrale "vierte Gewalt" sind, nur dem Geldwert verpflichtet, wie früher die Deutsche Bundesbank, deren Unabhängigkeit auf dem Altar Europas geopfert worden ist.
Ohne daß dem Monopolkapital die Zentralbanken und Währungen aus der Hand gerissen werden, wird es eine Sanierung des Weltfinanzsystems nicht geben. Die nächste Weltwirtschaftskrise muß also vor allem die monopolkapitalistischen Finanztäter dieser Krise bestrafen und entmachten.
2. Die Hochfinanzgruppen des FED-Systems
Die beiden Hochfinanzgruppen des FED-Systems haben mit hemmungslos gedrucktem Privatgeld die Rohstoffe der Welt aufgekauft und Monopole geschaffen, mit denen sie die gesamte Weltbevölkerung zu Monopolrenten für sich abzocken. Solange solche Monopole bestehen, besteht tödliche Gefahr für alle Produzenten und Verbraucher, welche auf Ressourcen wie Erze, Energie, Wasser, Saatgut o.a. angewiesen sind. Zweite Bedingung für eine Erholung der Weltwirtschaft ist also die Zerschlagung der globalen Monopole.
3. Die Korrektur der Globalisierung
Es war ein Irrtum zu glauben, daß Wohlstand in einem Land oder einer Region erhalten werden könnte, wenn man diese Region in Zwangskonkurrenz mit Billiglohn- und Staatshandelsländern betreibt. Wer die europäischen Löhne auf chinesisches Niveau globalisieren will, vernichtet auch den Wohlstand Europas wie in China. Wir brauchen also wieder eine Zollpolitik, die unterschiedliche Produktions- und Lebensbedingungen an den Grenzen der Räume korrigiert, die also die fehlenden Sozialabgaben chinesischer Produkte durch Zölle ausgleicht, um unsere Sozialabgaben und Sozialleistungen überhaupt erhalten zu können. Chancengleicher Wettbewerb ist das Grundprinzip der Marktwirtschaft, nicht liberalistischer Wettbewerb.
Nationale Bedingungen für eine Wiedererholung nach dem Crash
4. Machtergreifung
Es war ein Fehler, daß wir die Machtergreifung der Wirtschaft über die Politik durch das Kartell der Verbände geduldet haben. Die Wirtschaft darf nicht Sinn unseres Lebens, sondern nur Teilbereich unserer Gesellschaft bleiben. Ihre Macht muß also politisch gezähmt werden. Dazu müßten sämtliche Zwangsverbände und Verbandsprivilegien beendet werden und müßten vor allem Macht und politischer Einfluß der Konzerne unter Strafe gestellt werden.
Wir brauchen wieder ein Wettbewerbssystem,
- welches allen gleiche Chancen und Rechte gibt,
- welches nicht den Konzernen Vorzugsrabatte erlaubt, um den Mittelstand damit auszubooten,
- welches nicht Kapitalgesellschaften günstiger besteuert als Personalunternehmen,
- welches nicht die für Kapitalgesellschaften richtigen Gewerkschafts- und Betriebsverfassungsrechte
- wahllos auch mittelständischen Unternehmen überstülpt,
- welches nicht die lohnsparsamen Produktionen der Konzerne mit den lohnintensiven mittelständischen Betrieben zu Flächentarifen zwingt
- und welches nicht mehr den marktmächtigen Kapitalgesellschaften erlaubt, mittelständische Konkurrenten oder Lieferanten zu diskriminieren, also mit unlauterem Wettbewerb zu schädigen. Solche Forderungen sind nur in einer Krise möglich, wenn die Macht der Wirtschaft und des Kapitals ohnehin in Verruf und zur Disposition steht.
5. Die Leistungsgesellschaft
Wer eine neue Leistungsgesellschaft will, muß den derzeitigen Sozialwiderspruch beenden, daß wir mehr Leistungsnehmer als Leistungsträger in unserem Volke haben und die Leistungsträger selbst weniger von ihrer Leistung übrigbehalten, als sie davon abgeben müssen. Mehr Leistungsbereitschaft und mehr Leistungsträger bekommt man nur, wenn man den Leistungsträgern von ihrer Leistung mehr läßt. Dazu müssen wir die Fremdausnutzung der Leistungsträger und unserer Sozialsysteme beenden
- durch Schließung der offenen Sozialsysteme vor Zuwanderung in die Sozialsysteme,
- durch Entzug aller Sozialleistungen für Millionen von Menschen, die nie selbst zu diesem Sozialsystem beigetragen haben,
- durch Beendigung der Massenmißbräuche des Sozialsystems durch Sozialschmarotzer, denen es nicht um Hilfe, sondern um Ausnutzung der Sozialsysteme geht,
- durch Drittelung der Sozialfunktionärsschicht, die als unproduktive Drohnen von der sozialen Umverteilung leben, oder
- durch Beendigung des Generationenbetruges, daß diejenigen, die nicht gespart und keine Kinder haben, auf Kosten der Eltern und der Sparer im Alter mit Doppelrenten unterhalten werden sollen. Allein diese Korrekturen würden jährlich nicht nur die Neuverschuldung von ca. 40 Mrd. Euro entbehrlich machen, sondern sogar eine Entschuldung ermöglichen, weil die Ersparnisse aus mehr Sozialgerechtigkeit auf über 100 Mrd. Euro geschätzt werden.
6. Abschütteln der Tributpflicht
Nicht nur die inländische Umverteilung muß reduziert werden, sondern auch die internationale. Es kann nicht so bleiben, daß sich Deutschland langfristig immer mehr verschuldet, aber aus diesen Schulden nicht nur die höchsten und sogar wachsenden EU-Beiträge, UNO-Beiträge und Hauptbeiträge in anderen internationalen Organisationen bis hin zu den Kriegsbeiträgen für NATO und USA zahlt. Auch hierin liegt eine Ersparnis in Höhe unserer jährlichen Zusatzverschuldung. Wer eben nicht zahlen kann, muß sich weigern zu zahlen, statt dies aus Schulden zu tun. Dies wäre auch ein heilsamer Zwang für die Empfängerländer, mehr eigene Anstrengung zu leisten, als auf deutsche Zahlungen zu warten. Ob aber eine Regierung gegenüber der „einzigen Weltmacht“ die Kraft aufbringt, solche Reduzierungen der deutschen Tribute durchzusetzen, wird spannend, kann aber nur in der Krise gelingen.
7. Gesellschaftliches Umdenken
Wollen wir wieder eine Leistungsgemeinschaft werden, müssen wir nicht nur die Leistungsträger fördern, sondern auch wieder Gemeinschaft werden. Dies setzt voraus, daß wir alle Immigranten, die sich uns nicht angleichen, sondern uns zu fremden Religionen, fremden Kulturen und fremden Gebräuchen zwingen wollen, wieder exportieren. Solidarität gibt es nur in einer Gemeinschaft. Wer nicht die Gemeinschaft will, kann auch keine Solidarität beanspruchen, sondern muß in sein Heimatland zurückkehren.
8. Die Marktmacht
Um auch national jede Marktmacht und jede dadurch mögliche Diskriminierung auszuschließen, sollten wir ein Anti-Diskriminierungsgesetz verabschieden, welches jede Diskriminierung bei den Einkaufs- und Verkaufsbedingungen unter Strafe und Schadensersatzhaftung verbietet, welches also jeden Marktteilnehmer zwingt, alle seine Kunden und Lieferanten gleich zu behandeln. Nur so können die Macht der Großnachfrage und der unlautere Wettbewerb der Konzerne mit Rabatten statt mit Wirtschaftsleistung unterbunden werden. Nur so wird unsere Marktwirtschaft wieder chancengleich, gerecht und mittelstandsfreundlich.
Was können wir selbst für einen neuen Aufschwung tun?
So wichtig die Korrekturen im internationalen und nationalen Bereich sind: Sie werden wirkungslos bleiben, wenn die Menschen sich weiter weigern, Leistungsträger zu sein, Familienverantwortung zu tragen und wenn sie sich nur egozentrisch selbst verwirklichen, nur ihre Lust befriedigen und ohne Zukunftsverantwortung nur in den Tag hineinleben wollen. Ohne Änderung der Mentalität wird in den dekadenten westlichen Gesellschaften ein neuer Aufschwung unmöglich sein. Wir brauchen also auch für jeden einzelnen drastische Korrekturen bei sich selbst, bei seinem Verhalten, bei seiner Mentalität und auch bei seinen Lebensregeln:
1. Wofür leben?
Nachdem das Bodenpersonal unseres lieben Gottes statt Glauben den Sozialismus verkündet und letzterer sich als große Irrlehre erwiesen hat, haben die Kirchen ihre Glaubwürdigkeit verloren, ist Europa mehrheitlich nicht mehr christlich.
Aber auch der Sozialismus hat sich als Unheilslehre zur Knechtung der Menschen erwiesen, ist gescheitert und hat diejenigen, die an ihn glaubten, enttäuscht.
Längst wird auch Nationalismus nicht mehr als Solidaritätsanspruch akzeptiert. Der Nationalstaat, der seinen Leistungsträgern immer höhere Belastungen zumutet, wird nicht mehr als ausgleichende Gerechtigkeit, sondern als Räuber ohne Moral empfunden. Der Nationalstaat ist so lange diffamiert worden, daß er heute seine Bindungskraft verloren hat.
Wo keine moralische Solidaritätsbasis mehr akzeptiert wird, ist auch jede Umverteilung unmoralisch, wird das Zusammenleben nicht mehr als Gemeinschaft, sondern als „Raubtierkäfig“ empfunden. Wir brauchen also eine neue moralische Grundlage für eine neue Gemeinschaft, um miteinander wieder mit neuen Ideen, neuen ethischen Grundsätzen und neuen Aufgaben eine neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft zu gewinnen.
Wo diese neuen Leitideen für den künftigen Aufschwung liegen, ist noch unentschieden. Sicher gehört aber die Familie als wesentliche Kernzelle jeder Gemeinschaft dazu. Erst aus ihr können sich Verwandtschaft, Region, Volk und Zusammenarbeit unter den Völkern entwickeln.
Wirtschaftlich dürfte die von der Mittelstandsökonomie entwickelte "personale Wirtschaft" der Personalunternehmen einen Ausweg aus den von Funktionären beherrschten sozialistischen Staatsunternehmen oder den menschenverachtenden Kapitalgesellschaften der Kapitalisten bieten. Der Mensch muß auch in der Wirtschaft wieder nicht nur als Konsument, sondern auch mit seiner Leistung ins Zentrum gerückt werden. Die Wirtschaft muß dem Menschen statt dem Kapital oder den Funktionären dienen. Hier hat die Mittelstandsökonomie bereits tragfähige Grundsätze entwickelt (vgl. vom Verf. "Was ist ein Unternehmer?", Mittelstandsinstitut Niedersachsen, oder ders. "Das mittelständische Unternehmen").
2. Nach welchen Regeln leben?
Ein neuer Aufschwung wird sich erst einstellen, wenn die Lebensregeln nicht nur von uns selbst, sondern auch für uns selbst wieder so geändert werden, daß man nicht tatenlos auf die Fürsorge der Sozialfunktionäre und anderer Fleißiger warten darf, sondern selbst für sein Schicksal verantwortlich ist. Wer eben nicht arbeiten will, muß hungern, kann nicht mit dem Hinweis auf seinen Hunger auf dem Rücken anderer leben wollen. Und wer zu uns ins Sozialsystem einreisen will, muß von Wohltaten ausgeschlossen bleiben, kann nicht eine Solidargemeinschaft anzapfen, zu der er nie selbst etwas geleistet hat. Und wer nur weniger oder schlechter arbeiten kann oder will, kann auch nur so viel verlangen, wie seine Arbeit wert ist, nicht aber Mindestlöhne oder Zuschüsse auf Kosten der anderen. Und wer nicht selbst für sein Alter anspart und durch eigene Kinder vorsorgt, kann nicht sein eigenes Alter auf den Schultern fremder Kinder ablasten dürfen. Das Unheil der sozialistischen Umverteilung mit Armeen von feudalistischen Umverteilungsfunktionären muß ersatzlos gestrichen werden. Der Mensch muß zunächst und zuerst und zumeist für sich selbst verantwortlich sein, auch wenn dies in Einzelfällen Härte bedeutet.
In früheren Zeiten waren Familie und Verwandtschaft immer die großen Sicherungsanker gegen die Wechselfälle des Lebens. Wer nicht allein stand, hatte Hilfe. Egoistische Singles haben dagegen keinen Anspruch auf Hilfe, weil sie bisher Familiengemeinschaft abgelehnt haben. Umgekehrt wird für viele Menschen die Familie wieder einen neuen Lebenssinn bekommen, wenn durch die Krise die Not wächst, der Familienverband sich auch als Hilfsgemeinschaft bewährt und wenn auch in der Gesellschaft die Familie wieder ihren zentralen Anerkennungsplatz gewinnt.
Das zeigt sich am Beispiel der Mütter. Solange nach sozialistischem Vorbild nur die Arbeiterin am Band Rente bekam und als "Selbstverwirklichung" anerkannt wurde, waren die Mütter diskriminiert. Dabei sind sie es, die viel größere Opfer bringen, eine viel größere gesellschaftliche Leistung zeigen und letztlich durch gute Kindererziehung die Zukunft der Gesellschaft bestimmen. Emanzen sind Drohnen der Gesellschaft, die Mütter dagegen ihre eigentlichen Träger.
Auch wirtschaftlich brauchen wir andere Lebensregeln. Oben wurde schon gesagt, daß die Produktion nicht dem Staat und seinen Funktionären und auch nicht den Kapitalisten und den Kapitalgesellschaften zugute kommen darf, sondern den Menschen, wie dies in der personalen Wirtschaft des Mittelstandes millionenfach immer noch vorexerziert wird. Die einseitige Bevorzugung von kollektiven sozialistischen Institutionen und Kapitalgesellschaften war eine Fehlentwicklung, für die wir gebüßt haben. Beide kollektiven Unternehmensformen haben nur Randbedeutung. Sie dürfen nicht mehr zur Richtschnur unserer wirtschaftlichen Regeln werden.
Solche Änderung muß sich politisch fortsetzen. Es darf nicht mehr die Politik zugunsten der Funktionäre oder der Kapitalisten geben, wie sie zur Zeit international und national vorherrscht. Die Politiker müssen wieder vom Volk statt von den Gaben der Gewerkschaften und Konzerne abhängig werden. Es muß wieder Souveränität von unten nach oben delegiert werden statt der zentralen Herrschaft der Hochfinanz oder der internationalen Organisationen über die EU in die Staaten hinein. Wenn über 80% der Regulierungen durch das EU-Politbüro zentral auf die deutsche Regulierung niederprasseln, kann von Demokratie keine Rede mehr sein, brauchen wir ein totales Umschwenken, um die Freiheit der Bürger gegen die Machtansprüche der nationalen und internationalen Zentralisierer zu verteidigen. Auch im politischen Bereich muß also von den Funktionären wieder auf die Menschen zurückbezogen und die Demokratie zurückgewonnen werden.
Die vorstehenden Grundsätze sind nur Anfangsideen eines Projekts des Mittelstandsinstituts Niedersachsen, welches sich im Anschluss an das Crash-Buch mit den Fragen auseinandersetzen will, "Was kommt danach?", welches also die Voraussetzungen, Bedingungen und Möglichkeiten eines gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Wiederaufstiegs nach der Krise bearbeiten will. Das Thema ist spannend, aber auch notwendig. Das Wirtschaftswunder wäre z.B. nicht möglich gewesen, wenn nicht eine kleine Gruppe von Professoren schon während des Krieges und vor dem Zusammenbruch ein neues Konzept der Marktwirtschaft entworfen hätte. Es erscheint deshalb auch jetzt höchste Zeit, ein neues Konzept einer Wiedergesundung nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas zu entwerfen. Sie werden in einem Jahr davon lesen.
© Prof. Dr. Eberhard Harrer und Dipl. Kfm. Eike Hamer
aus "Vertrauliche Mitteilungen", Extrablatt 1/2006, Juli 2006