Wie saisonale Intraday-Charts die Gold-Manipulationen nachwiesen
16.01.2017 | Dimitri Speck
Deutsche Bank Trader: “Du sagtest gerade, Du hast zum Fixing verkauft.” Antwort UBS Trader: “Ja, wir haben es gut niedergeknüppelt.”
Die Deutsche Bank ist weltweit in über 7000 Prozesse verwickelt. In zweien davon hat sie Vergleichen zugestimmt, wofür sie zweistellige Millionen US-Dollar-Beträge zu zahlen bereit ist. Damit hat sie Klagen wegen der Manipulation der Preise von Gold und Silber beigelegt. Die Verfahren gegen andere Finanzinstitute laufen noch.
Neben der Deutschen Bank sind weitere Banken in News York angeklagt, die Edelmetallpreise zu manipulieren. Dabei arbeiten die Kläger anfangs mangels ausreichender direkter Information von den Beteiligten mit statistischen Belegen. Dabei spielen durchschnittliche Intraday-Charts eine maßgebliche Rolle. Wie kam es dazu?
Durchschnittliche Intraday-Charts können Manipulationen aufdecken
Im Jahr 2002 hatte ich die Idee, einen durchschnittlichen Intraday-Chart zur Untersuchung der Goldpreismanipulation zu erzeugen. Dazu benutzte ich minütliche Intraday-Kurse des Goldpreises über 5 Jahre und errechnet die durchschnittlichen Erträge abhängig von der Tageszeit.
Nachfolgend sehen Sie den Chart von damals. Er zeigt den durchschnittlichen Intraday-Verlauf des Goldpreises vom August 1998 bis Juli 2003. Die horizontale Skala weist die Uhrzeit, die vertikale das durchschnittliche Preisniveau aus. Der Chart zeigt Ihnen also den typischen Intraday-Verlauf des Goldpreises, ermittelt über mehr als tausend Tage und mehr als eine Million Einzelkurse. Er ist somit von hoher statistischer Aussagekraft.
Gold, durchschnittlicher Intraday-Verlauf, 8/1998 bis 5/2002
Quelle: Dimitri Speck
Wie Sie sehen, fiel der Goldpreis typischerweise in den ersten beiden New Yorker Handelsstunden und insbesondere zum Fixing um 10 Uhr New Yorker Zeit. Eine solche regelmäßig auftretende Anomalie ist zu Zeiten, an denen Referenzkurse festgestellt werden, ein starkes Indiz für eine Manipulation des Preises. Sie erlangt dann Beweiskraft, wenn andere Gründe wie statistische Ausreißer ausgeschlossen werden können. Anscheinend drückten einige Marktteilnehmer den Preis, beispielsweise um über an den Referenzkurs gebundene Folgegeschäfte Gewinne zu erzielen.
Der Chart ließ erstmals eine Manipulation des Goldpreises zum Fixing erkennen. Ich publizierte ihn unter anderem im Internet, wo Sie ihn noch heute finden können, z.B. hier.
Später machte ich Untersuchungen des Silber und des Platin-Preises. Die Ergebnisse waren ebenfalls, dass der Preis zum Fixing manipuliert wird. 2010 fasste ich dann die spannende Geschichte der Manipulation in meinem Bestseller Geheime Goldpolitik (Finanzbuchverlag) zusammen, der 2013 auf Englisch unter dem Titel "The Gold Cartel" (Palgrave Macmillan) erschien.
Diese Studien erzielten große Anerkennung in Fachkreisen, bleiben jedoch ohne erkennbare rechtliche oder politische Folgen. Die Aufsichtsbehörden konnten hingegen keine Manipulation nachweisen.
Libor-"Jägerin" Rosa Abrantes-Metz schaltet sich ein
Die Situation änderte sich im Dezember 2013, als Rosa Abrantes-Metz in einem Bloomberg-Beitrag das Thema der Goldpreismanipulation unter Verwendung meiner durchschnittlichen Intraday-Charts aufgriff.
Abrantes-Metz hatte wesentlich zur Aufdeckung der Manipulation des Zinssatzes Libor beigetragen. Damit war die Existenz systematischer Manipulationen selbst großer Märkte einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.
Seitdem geht es Schlag auf Schlag. Die Fixings wurden durch modernere Verfahren ersetzt - und mehrere Klagen wurden eingereicht, in denen die von mir entwickelte Methode des durchschnittlichen Intraday-Verlaufs zum Nachweis von Preismanipulationen angewendet wird.
Mit Erfolg, wie der Vergleich der Deutschen Bank zeigt. Als Teil des Vergleichs wurde dabei vereinbart, geschäftsinterne Kommunikation zur Verfügung zu stellen - 350.000 Seiten hat die Bank bisher zur Verfügung gestellt, mit denen weitere Banken belangt werden sollen.
Damit werden die bisherigen statistischen Beweise durch direkte Beweise ergänzt. Die ersten veröffentlichen Text-Auszüge bestätigen, dass es Manipulationen gegeben hat.
Gold: Verdacht auf Manipulation besteht weiter
Doch wie sieht es heute aus? Was mich 2002 noch Wochen an Arbeit gekostet hat, kann ich heute dank der sowohl in Bloomberg als auch in Thomson Reuters verfügbaren Applikation Seasonax in Sekundenschnelle erzeugen: Durchschnittliche Intraday-Charts. Der nächste zeigt Ihnen den durchschnittlichen Intraday-Verlauf des Goldpreises des vergangenen halben Jahres bis Mitte Dezember.
Gold, durchschnittlicher Intraday-Verlauf, 6/2016 - 12/2016

Quelle: Seasonax
Wie Sie sehen, gibt es keine Auffälligkeiten mehr zur Zeit des mittlerweile erneuerten Fixings um 10 Uhr New Yorker Zeit. Die Zeit der Fixing-Manipulation ist anscheinend vorbei!
Allerdings geht es noch im frühen Handel in New York auffällig bergab - ein Kursverhalten, das an die Zeit nach dem Beginn der Goldmanipulationen am 5. August 1993 erinnert.
Fazit
Seit mehr als 23 Jahren wird der Goldpreis systematisch manipuliert. Vermutlich handelt es sich um eine Rekordzeit für einen angeblich freien Markt. Angestoßen wurde die Manipulation von der US-Zentralbank, die damals die Inflationserwartungen senken und das Vertrauen und die Währungen anheben wollte. Bereits im Jahr 1995 brachte das Forbes-Magazin einen ersten Hinweis, 1998 wurde die Vereinigung Gata zur Aufklärung der Manipulation gegründet, und seit der Jahrtausendwende gibt es statistische Beweise für die Preismanipulationen - darunter meinen für die zum Fixing.
Die Fixing-Manipulation steht denn auch im Mittelpunkt der bisherigen Klagen. Durch den Vergleich der Deutschen Bank und der Übergabe von Dokumenten wird nun eine weitergehende Untersuchung möglich. Es ist dabei zu wünschen, dass in den kommenden Jahren die Goldpreismanipulation von allen Beteiligten eingestanden wird - auch von den staatlichen.
© Dimitri Speck
www.seasonax.com
Dimitri Speck, Gründer von Seasonax und Autor des Buches "Geheime Goldpolitik" erschienen im FinanzBuch Verlag