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Lochmann: "Noch nie waren so viele Fälschungen am Markt!"

23.01.2017  |  Presse

Dominik Lochmann (42), ist mit seiner Firma ESG aus Rheinstetten seit 2008 Mitglied der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft e.V. Die ESG handelt mit Barren und Münzen und recycelt edelmetallhaltige Scheidgüter (Schmelzware) der Dentaltechnik, Galvanik- und Elektroindustrie. Der Jahresumsatz der Firma lag 2016 bei über 250 Mio. Euro. In letzter Zeit beobachtet Lochmann, dass immer mehr gefälschte Münzen und Barren in den Markt gedrückt werden. In dem folgenden Interview geht es um Fälschungen aus unechten Materialien. Das Interview führte Waldemar Meyer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft e.V. (DEG).


DEG: Herr Lochmann, wie stellen Sie bei Ihren Ankäufen fest, ob eine Münze oder ein Barren echt sind?

Lochmann: Die meisten schlechten Fälschungen fallen dem geübten Fachmann sofort ins Auge. So ist es klar, dass ein 170 Gramm schwerer Goldbarren, auf dem 250 Gramm steht, schon mal nicht echt sein kann - ebenso eine Münze, die zwar das wiegt, was sie wiegen soll, dabei aber plötzlich 2 Millimeter dicker ist, als echte Vergleichsmünzen.

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Krügerrand-Echtheitskontrolle


DEG: Sie werden sich bei der Echtheitsprüfung aber doch sicherlich nicht nur auf das Wiegen und Nachmessen verlassen, oder?

Lochmann: Selbstverständlich nicht. Wir bemerken, dass in den letzten Jahren die Fälschungen am Markt immer besser werden. Alleine deshalb muss man Testgeräte zur Hilfe nehmen. Die Oberfläche lässt sich durch eine sogenannte RFA-Analyse zerstörungsfrei prüfen und wenn hier anstelle von Gold schon Messing angezeigt wird, hat man die Fälschung bereits entlarvt.


DEG: Können Sie bitte beschreiben, was eine RFA-Analyse ist?

Lochmann: Das ist eine Analyse mit einem sogenannten Röntgenspektrometer. Sie legen einen Goldbarren oder eine Münze in das Gerät. Die Oberfläche wird dann mit Röntgenstrahlen beschossen und jedes Element reflektiert diese auf einer anderen Wellenlänge. Ein Sensor wertet diese "Echos" aus und der Computer berechnet dann wie viele Anteile von Gold, Silber, oder Kupfer enthalten sind.

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RFA-Analyse im Röntgenspektrometer


DEG: Das ist aber auch weiterhin eine im wahrsten Sinne relativ oberflächliche Art, ein Metall zu analysieren, oder?

Lochmann: Ja, in der Tat. Die RFA misst nur die Oberfläche. Ist diese aber schon mal nicht ok, so hat man die Fälschung bereits erkannt. Die Fälscher werden immer professioneller und so verwenden sie inzwischen sowohl bei Münzen als auch bei Barren bei gut gemachten Fälschungen im Inneren Wolfram. Hierzu benötigt es dann andere Testgeräte, da die Oberfläche tatsächlich mit Gold überzogen ist.

Wolfram hat fast dasselbe spezifische Gewicht wie Gold, und so ist eine Wolframmünze bzw. ein -barren gleich groß wie eine identische Goldmünze bzw. ein Goldbarren. Wird die Wolframfälschung dann noch dick mit echtem Gold beschichtet, so wäre eine reine Überprüfung der Oberfläche nicht mehr ausreichend.

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DEG: Wie stellen Sie fest, ob sich in einer Münze oder einem Barren Wolfram befindet?

Lochmann: Es gibt drei Möglichkeiten, die es relativ leicht machen, das festzustellen: Die Leitfähigkeitsmessung, also, wie gut leitet zum Beispiel eine Münze einen Strom hindurch, Magnetwaagen oder auch Ultraschall. Bei Münzen hilft außerdem auch oft schon ein klassischer Klangtest. Echte Goldmünzen haben beim Anschnipsen einen charakteristischen Klang, welcher eine Wolframfälschung sofort entlarven würde. Die Redewendung "Mit klingender Münze bezahlen" kommt nicht von ungefähr.

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Mit einem solchen Testgerät wird die Leitfähigkeit einer Münze überprüft


DEG: Wann haben Sie in Ihrer Firma zum ersten Mal eine große "Welle" von gefälschten Produkten erlebt, die Ihnen angeboten wurden?

Lochmann: Vor circa 5 Jahren ging es los mit gefälschten Argor / Heraeus Goldbarren. Auch die vermeintlich fälschungssicheren Kinebar Barren waren dabei. Bei diesen wurde einfach eine Hologrammfolie auf die Rückseite der Barrenfälschungen geklebt. Danach kam eine Welle von gefälschten PAMP Barren; und momentan wird der Markt, vor allem via E-Bay mit gefälschten Umicore, Degussa und Perth Mint Barren überflutet. Bei letzteren ist es so, dass die Barren zwar optisch gut aussehen, aber da sie nur aus Messing bestehen, müssten sie eigentlich aufgrund des unterschiedlichen spezifischen Gewichtes sofort auffallen.


DEG: Warum fallen Sie dann vielen Internet-Schnäppchenjägern doch nicht auf?

Lochmann: Weil die Fälscher die Blisterverpackungen fälschen - und zwar so perfekt, dass kein Laie auf die Idee kommen würde, diese zu öffnen und sich den Barren separat anzusehen.

Das Phänomen Wolframfälschungen gibt es bei Barren schon länger, bei Münzen tauchen diese in Wellen vermehrt seit dem Jahre 2014 auf.

Viele Schnäppchenjäger, die meinen, bei E-Bay einen Barren oder eine Münze günstig erworben zu haben, merken erst nach Jahren, dass sie letztendlich dann für ihr gutes Geld doch kein Gold bekommen haben. Übers Internet ordern Ganoven aus China ganze Paletten von optisch perfekten Fälschungen und über E-Bay werden diese dann unters Volk gebracht.

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Beide Barren sind falsch - an den Blisterverpackungen ist dies aber so git, wie nicht zu bemerken.


DEG: Wenn Sie von "Wellen" von Fälschungen sprechen: Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen? Kommt da mindestens einmal die Woche ein Verkäufer mit unechter Ware zu Ihnen in die Firma, beziehungsweise ab wann bekommen Sie persönlich das Gefühl, dass da mal wieder eine regelrechte Fälschungs-"Welle" von einer bestimmten Münz- oder Barrenart auf dem Markt ist?

Lochmann: Meist bekommen wir gefälschte Barren oder Münzen über unseren Postankaufservice eingesendet. Fälschungen gibt es schon immer, aber auffällig ist immer, wenn mehrmals hintereinander aus verschiedenen Ecken Deutschlands identische Fälschungen eingesendet werden. Gibt man den Produktnamen dann bei E-Bay ins Suchfeld ein, erkennt man schnell, warum das so ist. Momentan ist dies zum einen bei geblisterten Perth Mint Barren und bei in Folie eingeschweißten Umicore Barren der Fall.


DEG: Manche sagen ja, dass Münzen fälschungssicherer seien als Barren. Was meinen Sie dazu?

Lochmann: Das ist Blödsinn. Wenn man sieht, mit welcher Liebe zum Detail in China Rolex Uhren, welche aus Hunderten von Teilen bestehen, gefälscht werden, dann ist es für die dortigen "Manufakturen" ein Leichtes, ein einzelnes Metallstück, egal ob eine runde Münze oder einen eckigen Barren, optisch so aussehen zu lassen wie die Originalvorlage.



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Die gefälschte Krügerrand-Münze ist an der äußeren Riffelung zu erkennen.


DEG: Sehen Sie bei Silbermünzen und -barren ähnlich viele Fälschungen, wie beim Gold? Theoretisch müsste ja beim Silber deutlich weniger gefälscht werden, weil einfach das Risiko im Verhältnis zum Ertrag für Kriminelle beim Silber viel höher ist?

Lochmann: Stückzahlenmäßig kommen deutlich mehr Silberfälschungen als Goldfälschungen auf den Markt. Vermutlich aus denselben Gründen wie bei Falschgeld. Die Fälscher hoffen, dass die kleinen Scheine, beziehungsweise in dem Fall Silbermünzen und kleine 1 Unzen Silberbarren, weniger aufwändig überprüft werden als große Scheine beziehungsweise Goldbarren.


DEG: Welche Produkte bereiten Ihnen zurzeit am meisten Bauchschmerzen?

Lochmann: Bauchschmerzen bereitet uns nichts, sorgfältige Prüfung gehört zum Geschäft. Wir bedauern nur immer die Menschen, welche auf Betrüger reingefallen sind.


DEG: Wie sieht es nach Ihrem Eindruck bei den Topsellern unter den Münzen aus, zum Beispiel beim Krügerrand? Sind bei denen auch, proportional zum Umsatz, besonders viele Fälschungen auf dem Markt?

Lochmann: Es gibt Krügerrand Fälschungen, auch optisch gut gemachte, aber im Verhältnis zu den Gesamtstückzahlen tauchen hier Fälschungen zum Glück doch eher selten auf. Häufiger sind gefälschte Silber Pandas und Silber Maple Leaf Münzen.


DEG: Nun waren ja die Prägeanstalten in den letzten Jahren durchaus innovativ. Es gab immer wieder neue Erfindungen, um die Fälschungssicherheit zu erhöhen, so zum Beispiel die Hologramme auf den Kinebars. Welches dieser neuen Sicherheitsmerkmale hat Sie als Aufkäufer in der Praxis am meisten überzeugt?

Lochmann: Ehrlich gesagt ist dies jeweils nur ein Hase-Igel Spiel. Jedes Fälschungssicherheitsmerkmal lässt sich nachahmen, und wer sich dann nur noch darauf verlässt, macht es den Fälschern sogar noch einfacher. Das Metall an sich lässt sich ja bekanntlich nicht fälschen, und so schauen wir bei uns im Hause irgendwelche speziellen Sicherheitsmerkmale oder Zertifikate gar nicht erst an, sondern überprüfen Barren und Münzen mit metallurgischen Testmethoden und gesundem Menschenverstand.

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DEG: Wie sieht es Ihrer Erfahrung nach bei Schmuck aus? Wie genau kann man sich als Schmuckkäufer auf die eingravierten Stempel verlassen?

Lochmann: Bei Schmuck sieht es ähnlich aus wie bei Barren und Münzen. Der hohe Wert lockt Betrüger auf den Plan, und so gibt es ganze Banden, welche mit gut gefälschten Schmuckstücken, meist Ketten oder Ringen aus Messing oder Wolfram, welche eine Goldpunzierung haben und teilweise auch mit echtem Gold beschichtet wurden, über die Lande ziehen und diese als "Notverkäufe" versuchen, an den Mann zu bringen. Wer den Begriff 'Autobahngold' googelt, wird hier schnell fündig.


DEG: Wie kann der normale Privatmensch sich davor schützen, gefälschte Ware einzukaufen?

Lochmann: Zunächst sollte jedem klar sein, dass kein Mensch Gold oder Silber unter Wert verkaufen muss. Entsprechend kann man bei E-Bay auch keine Schnäppchen bei Barren oder Münzen machen und Edelmetalle unter dem Börsenwert kaufen, also unter dem Wert, für den professionelle Händler die Produkte ankaufen würden - zumal die Verkäufer ja an E-Bay vom Erlös ja auch noch Gebühren bezahlen müssen. Wer sich nicht auskennt, der sollte somit lieber zu einem seriösen Händler, einer Bank oder Sparkasse gehen, um seine Edelmetallinvestments zu tätigen.


DEG: Gibt es auch günstige Prüfgeräte, die sich ein Privatmensch kaufen kann, um damit Ware auf Echtheit hin zu prüfen?

Lochmann: Es gibt verschiedene Prüfgeräte, welche auch schon für dreistellige Beträge erhältlich sind; eines alleine nutzt einem aber meist wenig. Eine Eigenschaft lässt sich immer leicht fälschen, man sollte somit immer mindestens zwei Testmethoden anwenden, um auf Nummer sicher gehen zu können. Auch gilt es teilweise unterschiedliche Geräte einzusetzen bei kleineren oder größeren Barren und Münzen. Eine Übersicht von verschiedenen Testmethoden findet man am Beispiel der Krügerrand Goldmünze in folgendem YouTube Video:

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DEG: Vielen Dank für das Interview.


© Waldemar Meyer


Das Interview führte Waldemar Meyer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft e.V. (DEG). Die DEG verfügt über einen breiten Kreis unterschiedlichster Mitglieder, sowohl Privatpersonen wie auch Firmen, die teilweise über jahrzehntelange Erfahrung an den Edelmetallmärkten verfügen. In unregelmäßigen Abständen bittet die DEG ausgewählte Mitglieder zum Interview und möchte so interessierte Anleger am großen Erfahrungsschatz ihrer Mitglieder teilhaben lassen.

Die Äußerungen in diesem Interview stellen ausschließlich die Meinung des Interviewpartners dar. Sie geben nicht notwendigerweise die Meinung der DEG wieder. Alle Angaben ohne Gewähr. Die Bilderrechte mit Copyright liegen bei Herrn Dominik Lochmann.