Warum Silber viel höhere Gewinne verspricht als Gold
16.02.2017 | Steve St. Angelo
Wenn die Papiermärkte eines Tages endlich zusammenbrechen, wird es bei Silber zu viel größeren Preisanstiegen kommen als bei Gold. Warum ist das so? Die Fundamentaldaten zeigen, dass die Investitionsnachfrage das Silberangebot weit mehr unter Druck setzt als das Goldangebot.
Es gibt drei entscheidende Gründe dafür, dass sich der Silberpreis besser entwickeln wird als der Goldpreis, wenn die übermäßig aufgeblähten Papiermärkte unter dem Gewicht der gigantischen Schulden und des maßlosen Derivatehandels schließlich kollabieren. Zahlreiche Edelmetallinvestoren sind frustriert, weil es der Federal Reserve und den anderen Zentralbanken weltweit noch immer gelingt, die Finanzmärkte künstlich zu stützen. Doch je länger sie den Tag der Abrechnung hinauszögern, desto heftiger wird der Crash.
Den ersten Grund für die künftige Outperformance von Silber habe ich in meinem kürzlich veröffentlichten Artikel "Kritische Abhängigkeit von Silberimporten - Angebot bei Finanzcrash in Gefahr" diskutiert:
Wie der Chart zeigt, sind die Vereinigten Staaten stark von Silberimporten abhängig: 72% des insgesamt benötigten Silbers muss aus anderen Ländern eingeführt werden, verglichen mit 36% des Kupferbedarfs. Die Abhängigkeit von Silbereinfuhren ist damit fast doppelt so hoch wie die Abhängigkeit von aus anderen Ländern zugekauftem Kupfer. Bei Gold sieht die Lage dagegen ganz anders aus: Hier verzeichnen die USA einen Überschuss und zählen zu den Netto-Exporteuren. Die exportierte Goldmenge entspricht schätzungsweise 48% des im Land nachgefragten Goldes.
Der zweite Grund für den stärkeren Anstieg des Silberpreises in Zukunft sind die Investoren, die in den letzten Jahren insgesamt viel mehr physisches Silber als physisches Gold gekauft haben.
Zwischen 2010 und 2016 haben Anleger alles in allem 1.505 Millionen Unzen Silber in Form von Münzen und Barren erworben, aber nur 284 Millionen Unzen Gold. Die Edelmetallinvestoren haben also in den letzten sieben Jahren fünfmal mehr Silberunzen als Goldunzen gekauft.
Natürlich war der Marktwert der physischen Goldinvestments in dieser Zeit deutlich höher als der Wert der Silberanlagen, doch die enorme Nachfrage nach Münzen und Barren hatte am Silbermarkt viel stärkere Auswirkungen als am Goldmarkt.
Das bringt mich zum dritten Grund. Infolge der extrem hohen Nachfrage nach Silbermünzen und -barren seit 2010 entstand am Silbermarkt ein Netto-Defizit von 801 Millionen Unzen. Die physischen Goldinvestments von 284 Millionen Unzen hatten allerdings keine vergleichbare Wirkung auf den Goldmarkt. Nach Angaben des World Gold Council entstand dort in diesem Zeitraum sogar ein leichter Netto-Überschuss in Höhe von 7,5 Millionen Unzen:
Es ist zwar möglich, dass der World Gold Council die physische Goldnachfrage in China sowie deren Auswirkungen auf den jährlichen Überschuss bzw. die jährliche Fehlmenge am Goldmarkt unterschätzt. Doch der Überschuss von 7,5 Millionen Unzen innerhalb der letzten sieben Jahre entspricht nur 3% der 284 Millionen Unzen Gold, die in dieser Zeit insgesamt zu Anlagezwecken gekauft wurden. Zum Vergleich: Das Netto-Defizit am Silbermarkt entspricht mit 801 Millionen Unzen mehr als 50% der Gesamtnachfrage nach Silbermünzen und -barren.
Die Nachfrage nach physischen Silberinvestitionen setzt den Silbermarkt daher viel stärker unter Druck, als das bei Gold der Fall ist. Bislang konnte das jährliche Defizit zwar mit Hilfe alter Münzen und großer Barren ausgeglichen werden, die in den 1990er Jahren insbesondere von den Zentralbanken verkauft worden waren, doch auch dieses Angebot ist begrenzt.
Den Daten zufolge, die das Analystenteam von GFMS Thomson Reuters zusammengetragen hat, haben die Investoren in den fünf Jahren zwischen 1995 und 1999 auf Nettobasis 580 Millionen Unzen Silber auf den Markt geworfen. Vergleichen Sie das jetzt mit den letzten fünf Jahren (2012-2016), in denen die Anleger weltweit 1.152 Millionen bzw. 1,15 Milliarden Unzen netto gekauft haben!
Hier ist der entscheidende Punkt: Zwischen 1985 und 2007 war die Nettonachfrage nach Silbermünzen und -barren insgesamt negativ und lag bei -95 Millionen Unzen. Das bedeutet, dass die Investoren in diesen 23 Jahren unterm Strich 95 Millionen Unzen mehr verkauft als gekauft haben. Zwischen 2008 und 2016 überstiegen die Silberkäufe die Verkäufe dagegen um 1.785 Millionen Unzen.
Am Silbermarkt hat sich eine enorme Trendwende vollzogen. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 kaufen die Anleger nach wie vor Rekordmengen an physischem Silber. Das hat den Markt stark unter Druck gesetzt und dazu geführt, dass seit 2008 ein Netto-Defizit von mehr als 1.155 Millionen Unzen aufgelaufen ist.
Derzeit wird die Fehlmenge am Silbermarkt noch mit alten Lagerbeständen ausgeglichen, doch dieses Angebot ist nicht unbegrenzt. Zudem sind die Tage der Trump-Rally an den Aktienmärkten offenbar gezählt. Als die Börsenkurse Anfang 2016 das letzte Mal stark einbrachen und der Dow Jones 2.000 Punkte verlor, strömten die Investoren in Scharen an die Gold- und Silbermärkte.
Alles in allem lässt sich also feststellen, dass die Fundamentaldaten am Silbermarkt aus den drei genannten Gründen die Voraussetzungen für eine viel stärkere Preisexplosion als am Goldmarkt schaffen. Der Zeitpunkt dieser Ereignisse ist schwer vorherzusagen, denn es ist unmöglich zu erkennen, wann genau die Federal Reserve in den USA und die anderen Notenbanken weltweit die Kontrolle über ihre massiven Eingriffe in das Marktgeschehen verlieren werden. Meine Recherchen und Analysen sollen jedoch keinen kurzfristigen Ausblick zum Edelmetallsektor geben, sondern vielmehr die fundamentalen Gegebenheiten erläutern, die mittel- oder langfristig die Oberhand behalten werden.
Investitionen in physisches Gold und Silber sollten genauso behandelt werden, wie die monatliche Rate, die Sparer in ihre private Altersvorsorge oder ihr Rentenkonto einzahlen. Der Unterschied ist allerdings, dass Edelmetallinvestoren im Gegensatz zu anderen Anlegern anstelle von Papierassets und digitalen Zahlen physische Wertgegenstände kaufen. Das eine sind Schuldscheine, das andere ist echtes Vermögen.
Wenn Sie vor dem großen finalen Crash von digitalen und papiernen Schuldverschreibungen auf physisches Gold und Silber umsteigen, werden sich Ihnen in Zukunft viel bessere Möglichkeiten bieten.
© Steve St. Angelo
(SRSrocco)
Dieser Artikel wurde am 06. Februar 2017 auf srsroccoreport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.