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Wie werden die größte Finanzblase und Anti-Blase der Geschichte enden?

04.05.2017  |  Andrew Hoffman

Bis vor Kurzem war ich noch der Auffassung, dass wir uns an den Finanzmärkten nicht in einer echten Spekulationsblase befinden. Im Gegensatz zu früheren Blasen, wie z. B. in den Jahren 1929, 1987, 2000 und 2008, sind die hohen Kurse derzeit definitiv nicht die Folge einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit. Bislang waren allein die Eingriffe der Regierungen und Zentralbanken für die Hausse verantwortlich, zuerst durch die Rettung der Wall Street und dann durch die offene und verdeckte "Unterstützung" der Kurse an den erwünschten Finanzmärkten, d. h. an den Aktien-, Anleihe- und Immobilienmärkten.

Ungeliebte Märkte wie die Edelmetalle wurden indes nach unten manipuliert. Dank der zugrunde liegenden physischen Natur der Edelmetalle reagieren diese darauf mit einer Kombination aus steigender Nachfrage, sinkender Produktion und schwindenden überirdischen, verfügbaren Reserven. All das geschieht vor dem Hintergrund einer Marktumgebung, die kaum bullischer für Gold und Silber und kaum bearisher für alle anderen Anlageklassen sein könnte.

Die heutige Finanzblase wurde erschaffen wie Frankensteins Monster, in dem Vakuum einer Wirtschaftslage, die an die Zustände der Großen Depression erinnerte. Die letzte Finanzkrise war letztlich der Katalysator, der zum Crash einer ganzen Reihe von Währungen führte, der die Rohstoffpreise in den Keller sinken ließ (mit Ausnahme einer Handvoll haussierender Werte wie den Basismetalle) und der die dramatischsten sozialen Unruhen, politischen Verwerfungen und geopolitischen Spannungen seit Jahrzehnten hervorgerufen hat.

Tatsächlich ist die künstliche erschaffene Finanzblase basierend auf verschiedenen Bewertungsmaßstäben mittlerweile die größte der Geschichte und geht dank dem ununterbrochenen "Zentralbanken-Put" mit einer beispiellosen Risikofreudigkeit der Investoren einher. Die Kurse der Finanzassets haben sich derart von der (kollabierenden) Realwirtschaft entkoppelt, dass die Hedgefonds (oder, wie ich sie vor einigen Jahren nannte, die "Hedge Bombs") nun bereits seit neun Jahren eine schlechtere Performance liefern als der Aktienindex S&P 500 - und zwar eine viel schlechtere Performance.

Daran änderte sich auch im ersten Quartal dieses Jahres nichts, als es genau einem Hedgefonds gelang, den S&P 500 zu übertreffen.

Die Idioten, die das Geld der Anleger verwalten, glauben nur allzu bereitwillig die Propaganda, die von der Wall Street, Washington und den Mainstreammedien über den "Aufschwung der Wirtschaft", die "Trump-Rally" und andere Märchen verbreitet wird. Das hilft, den ansonsten unerklärlichen Anstieg der Aktienkurse zu rechtfertigen. Das Problem ist, dass die Realwirtschaft kaum je in einer schlechteren Verfassung war.

Mit einem nominellen Wachstum von weniger als 2% im Jahr 2016 und 1% im ersten Quartal 2017 ist der "Konjunkturaufschwung" in Wirklichkeit eine Rezession. Statt also einfach die Indices und die wenigen führenden Aktienwerte zu kaufen, die vom Plunge Protection Team unterstützt werden, um die Kursverluste der großen Mehrheit aller Unternehmen zu verschleiern, versuchen die Hedgefonds nach wie vor, sich die besten Aktien herauszupicken und scheitern dabei kläglich. Das äußerst sich in den neuen Negativrekorden beim Alpha, die sie nun Jahr für Jahr aufstellen.

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Doch wie dem auch sei - es scheint, als würden die Massen nun endlich vom Zuschauerraum ins Zentrum des Geschehens drängen. Das Maklerunternehmen Charles Schwab eröffnet seit Neustem so viele Brokerkonten für Privatanleger wie schon seit dem Höhepunkt der Dotcom-Blase nicht mehr. Gleichzeitig gehen verschiedene regionale Immobilienblasen in die parabolische Endphase, obwohl die Verbraucherausgaben auf dem niedrigsten Stand seit 2009 sind, als die Finanzkrise in vollem Gange war. Dies geht einher mit der Zuspitzung der "Einzelhandels-Apokalypse" und einer regelrechten Explosion der Anzahl in Zahlungsverzug geratener Auto- und Studienkreditnehmer.

Die Kreditkartenschulden und die Gesamtverschuldung der privaten Haushalte in den USA haben zudem kürzlich ihr Rekordniveau von Anfang 2008 wieder erreicht, direkt vor dem Beginn der Krise. Zu bedenken ist außerdem, dass die Kosten für die Gesundheitsversorgung sprunghaft steigen, dass die Mieten höher sind als je zuvor, während die Zahl der Hausbesitzer auf den tiefsten Stand seit Jahrzehnten gesunken ist, und dass die finanziellen Rücklagen des Durchschnittsbürgers ein absolutes Tief erreicht haben. Kurz gesagt besteht die sehr reale Möglichkeit, dass sich die Reste des kumulativen amerikanischen Wohlstandes ins Luft auflösen, und zwar in ziemlich kurzer Zeit.



Wir sprechen hier von den am stärksten überbewerteten Finanzassets der Geschichte, und zwar nicht nur in den USA, sondern an allen von den Zentralbanken aufgeblähten globalen Märkten. Die Edelmetallmärkte sind unterdessen historisch unterbewertet - im letzten Jahr nannte ich sie die "größte Anti-Blase der Geschichte".

Die Marktmanipulationen der Regierungen sind so umfassend, aber angesichts der erschreckenden, unumkehrbaren Folgen auch so selbstzerstörerisch geworden, dass ich mich schon fast frage, ob die US-Notenbank Fed die Aktienkurse nicht auch dann zum Steigen und die Edelmetallkurse zum Sinken bringen könnte, wenn sie ein neues Programm ankündigt, bei dem sie alles Gold und Silber der Welt aufkauft in den Dow Jones shortet.

Allein die Tatsache, dass wir über solche Absurditäten Witze machen können, zeigt schon, wie weit sich die Märkte von der wirtschaftlichen Realität entfernt haben. Die Folgen dieser Entwicklung bergen natürlich große Gefahren. Für die Kursbewertungen, die mittlerweile mit der Fieberphase der Dotcom-Blase mithalten können, und für die überschwängliche Stimmung unter den Anlegern gibt es vor dem Hintergrund der schlechten Wirtschaftslage nur einen möglichen Weg - und dieser führt bergab.

Trotz eines drohenden Nuklearkrieges und einer stagnierenden Wirtschaft hat der südkoreanische Aktienindex gestern ein Allzeithoch erreicht. In Italien, wo die größte Fluggesellschaft Alitalia heute Insolvenz anmeldete, liegt der Aktienmarkt gegenüber dem Vorjahr 33% in Plus, obwohl man gerade erst das einsturzgefährdete Bankensystem retten musste und die Regierung abgewählt wurde.

In Griechenland gestaltet sich die Situation ganz ähnlich. Dort hat sich der Aktienmarkt nach den Tiefs vom letzten Jahr wieder um 75% erholt, während die Wirtschaft die schlechteste Entwicklung seit dem ersten Bail-out durch die Troika vor sieben Jahren verzeichnete und das nominelle Bruttoinlandsprodukt gerade einmal auf dem Niveau von 2003 liegt.

Erstaunlicherweise wurden heute weitere Finanzhilfen freigegeben, erneut gegen den Willen der griechischen Bürger, die mit "OXI" gegen die damit einhergehenden Sparmaßnahmen gestimmt hatten. Die Bewilligung der Mittel erfolgte unter der absurden Maßgabe, dass die griechische Regierung die Pensionen und andere Staatsausgaben 2019 und 2020 kürzen wird. In Anbetracht der Tatsache, dass auch die bisherigen an die Rettungspakete geknüpften Forderungen nicht erfüllt wurden, ist das mehr als unwahrscheinlich.

Die Staatsverschuldung des Landes hat indes das Rekordniveau von 177% des BIP erreicht, verglichen mit 146% des BIP zum Zeitpunkt des ersten Rettungspakets im Jahr 2010. 200 Milliarden Euro an "außerbilanziellen" Schulden sind dabei noch nicht mit eingerechnet. Der IWF geht davon aus, dass die Schuldenquote künftig noch bis auf fast 300% steigen wird, wenn kein Schuldenschnitt erfolgt. Das wäre natürlich nichts anderes als eine Abschreibung der vergebenen Kredite und würde in der westlichen Hemisphäre zu einer ganzen Kaskade von Staatsbankrotten, Zentralbankpleiten und Geschäftsbankinsolvenzen führen.

Aber machen Sie sich keine Sorgen! Die EZB wird schon bald im Besitz aller griechischen Schuldtitel sein - vorausgesetzt, sie wird nicht in naher Zukunft aufgelöst, weil Marine Le Pen an diesem Wochenende die Präsidentschaftswahl in Frankreich gewinnt. Es kann also praktisch nichts schiefgehen.

Hier in Nordamerika notiert der kanadische Aktienmarkt in der Nähe eines Allzeithoch, während der größte Industriezweig des Landes - die Energiegewinnung - zusammenbricht, der größte Handelspartner USA einen Wirtschaftskrieg erklärt hat und die derzeit hässlichste Immobilienblase der Welt begonnen hat zu platzen, wie der Kollaps des größten Hypothekenfinanzierers des Landes, Home Capital Group, in dieser Woche zeigt.

Selbst in Mexiko verzeichnet der Aktienmarkt Spitzenwerte, obwohl die Rohölproduktion, der bedeutendste Wirtschaftszweig, nicht nur vom niedrigen Preisniveau am Ölmarkt, sondern auch von der katastrophalen Erschöpfung der mexikanischen Ölquellen bedroht ist. Der Peso ist unterdessen auf ein Allzeittief gefallen und Trump hat nicht nur eine drakonische, protektionistische Wirtschaftspolitik, sondern sogar eine Mauer an der Grenze zum südlichen Nachbarn der USA im Sinn.

Schließlich wären da noch die Vereinigten Staaten der Lügen, wo es auch die weltbesten Datenverdreher und Statistikfälscher nicht geschafft haben, den stärksten Konjunkturrückgang und Schuldenzuwachs seit der Finanzkrise zu beschönigen. Das Wirtschaftswachstum der USA liegt gerade so im positiven Bereich, zumindest wenn man den Regierungsberichten Glauben schenken will. Die Wirtschaftsindikatoren und auch die sogenannten weichen Daten zeigen eine negative Entwicklung.

Die Unternehmensgewinne sinken bereits seit sechs Quartalen und wären noch viel schlechter, wenn sich alle Unternehmen an die GAAP-Standards zur Rechnungslegung halten würden. Zudem nimmt die Erwerbsquote beständig ab, zum einen aufgrund der hoffnungslos wettbewerbsunfähigen US-Wirtschaft, zum anderen aufgrund der ebenso hoffnungslos bearishen demografischen Entwicklung. Nicht zu vergessen sind auch die weltweit höchste Staatsverschuldung und die Regierung, die wie alle anderen Regierungen vor ihr daran zu glauben scheint, dass die Lösung des Problems in noch mehr Schulden und noch höheren Haushaltsdefiziten besteht.



Gleichzeitig will uns die Notenbank, die sich bei ihren Entscheidungen angeblich nur an den Wirtschaftsdaten orientiert, glauben machen, dass sie in absehbarer Zukunft eine weitere Straffung der Geldpolitik plant. Dabei wurde erst letzten Monat der schlechteste Arbeitsmarktbericht seit Jahren veröffentlicht und der Lieblingsinflationsindikator der Fed, die (manipulierte) Kernrate der privaten Konsumausgaben (PCE), ist vor Kurzem unter das willkürlich festgelegte Ziel von 2% gefallen ist. Im Ernst? Auch wenn es sich ohnehin nur um eine winzige, zaghafte Zinsanhebung handeln würde - sollen wir das wirklich glauben?

Mark St. Cyr hätte die "größte Finanzblase der Geschichte" kaum besser in Perspektive rücken können, als er gestern die folgenden Fragen stellte:


Anders gesagt haben die Machthabenden ein Marktgefüge wie aus der Welt von "Alice im Wunderland" geschaffen, das jeder Logik zuwiderläuft und nur durch wahnwitzige, unablässige Manipulationen erhalten werden kann. Letzten Monat hieß es noch, der Goldpreis fiele aufgrund des steigenden US-Dollar-Index, obwohl dieser, wie ich in früheren Artikeln berichtete, keinerlei Verbindung zu Gold aufweist.

Heute befindet sich der Dollar infolge der allgemeinen Erleichterung über die gesunken Gewinnchancen von Marine Le Pen im freien Fall, doch der Goldpreis gibt dennoch nach, diesmal angeblich weil sich die Wirtschaftslage "verbessert" und die Zinsen "steigen". In Wirklichkeit schaffte es das Wirtschaftswachstum der USA im ersten Quartal 2017 jedoch nur knapp in den positiven Bereich und die Zinsen liegen keineswegs über dem Niveau der letzten drei Monate. Ganz zu schweigen von den erschreckenden geopolitischen Spannungen und den zahllosen anderen kurzfristigen Risikofaktoren.

Die Attacke auf die Edelmetallkurse gestern um 12:00 Uhr wurde ernsthaft damit begründet, dass der US-Finanzminister Steve Mnuchin davon sprach, die Regierung würde die Ausgabe von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 50 Jahren in Erwägung ziehen. Nur wenige Stunden zuvor waren die neusten Wirtschaftsdaten veröffentlicht worden, wobei sowohl die harten als auch die "weichen" Daten hinter den Erwartungen zurückblieben. Heute waren es dagegen die Verkaufszahlen der Autoindustrie, die für große Enttäuschung sorgten. Wie kann irgendetwas davon bitteschön negativ für die Edelmetalle sein?

Gold notiert trotz allem noch immer über seinem 200-wöchigen gleitenden Durchschnitt, der derzeit bei 1.239 $ je Unze liegt und um den das Kartell nun schon seit einem Monat mit aller Macht kämpft. Silber ist dagegen stärker überverkauft als bei der Bodenbildung im Dezember 2015. Unterdessen haben die Commercials an der Terminbörse COMEX letzte Woche damit begonnen, ihre Short-Positionen in Rekordhöhe einzudecken. Alles in allem sind die Fundamentaldaten von Angebot und Nachfrage am Markt mit der größten "Anti-Blase" der Geschichte bullischer denn je insbesondere vor dem Hintergrund des unaufhörlichen Gelddruckens durch die Notenbanken.

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Nur Sie selbst können entscheiden, ob die größten Finanzblasen der Geschichte angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung Ihrer Meinung nach Bestand haben können. Und umgekehrt, ob die riesige "Anti-Blase" am Edelmetallmarkt in Anbetracht der bullischen Fundamentaldaten weiterhin existieren kann. Ich persönlich werde mich an das halten, was uns die Geschichte, die Logik und die Vernunft lehren: Die Tatsache, dass es nie einen angemesseneren Zeitpunkt gab, um die besten und über Jahrtausende hinweg erprobten Mittel zur finanziellen Absicherung günstig zu kaufen - physisches Gold und Silber.


© Andrew Hoffman
http://blog.milesfranklin.com


Der Artikel wurde am 2. Mai 2017 auf www.milesfranklin.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.