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Angebot und Nachfrage nach Gold

08.05.2017  |  Dr. Jürgen Müller

Nach aktuellem Bericht des World Gold Council (WGC) [1] betrug die weltweite Nachfrage nach Gold im 1. Quartal 2017 1.034,6 Tonnen. Diese Nachfrage setzte sich wie folgt zusammen.

a) Schmuck: 480,9 Tonnen.

Der Durchschnitt der letzten Jahre liegt bei ca. 600 Tonnen pro Quartal, d.h. der aktuelle Wert liegt 20% unter diesem Durchschnitt:

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Abb. 1: Goldnachfrage der Schmuckindustrie 2012 - heute.
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Q1 2017" [1])


b) Investment: 398,9 Tonnen (Münzen und Barren: 289,8 Tonnen; ETFs & Ähnliches: 109,1 Tonnen).

Die folgende Graphik verdeutlicht, daß die Nachfrage nach Münzen und Barren seit offiziellem Ausbruch der Finanzkrise deutlich zugenommen hat. Betrachtet man die Werte seit 2008, so liegt die aktuelle Zahl von knapp 300 Tonnen im Mittelfeld, wenn man den einen Ausreiser nach oben mit 600 Tonnen im 2. Quartal 2013 vernachläßigt.

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Abb. 2: Goldnachfrage für Münzen und Barren 2000 - heute.
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Q1 2017" [1])


c) Zentralbanken: 76,3 Tonnen.

Hauptkäufer waren Russland (64,9 Tonnen) und Kasachstan (9,6 Tonnen). Kleine Verkäufe tätigten Jordanien, Katar, die Tschechische Republik, Mexiko, die Mongolei und Mosambik. Argentinien und Ungarn verliehen zusammen 10 Tonnen aus ihrem Goldbestand.

Betrachtet man den Zeitraum seit 2011, liegen die aktuellen Käufe der Zentralbanken von netto 76,3 Tonnen eher im unteren Bereich.

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Abb. 3: Goldkäufe der Zentralbanken 2010 - heute.
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Q1 2017" [1])


d) Technologie: 78,5 Tonnen.

Soviel zur Nachfrage. Das Goldangebot auf der anderen Seite kam im 1. Quartal 2017 aus den folgenden Quellen.



Zieht man 15 Tonnen ab, für die die Minen Hedging-Kontrakte bedienten, kommt man auf ein Angebot von 1.032,0 Tonnen, d.h. der Goldmarkt im 1. Quartal war marginal um 2,6 Tonnen im Minus (Nachfrage 1.034,6 Tonnen, Angebot 1.032,0 Tonnen).

Mit 27% war demnach das Recycling von "Altgold" eine extrem wichtige Quelle, um die Nachfrage zu befriedigen.

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Abb. 4: Goldangebot aus dem Recycling 2000 - heute.
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Q1 2017" [1])


Im Durchschnitt der letzten 7 Jahre lag der Wert bei 300 Tonnen je Quartal (schwarze gestrichelte Linie in Abb. 4), d.h. der aktuelle Wert liegt sehr genau auf diesem Durchschnitt. Im Jahresbericht 2016 [2] veröffentlichte das WGC die folgende Graphik, die suggeriert, daß das Angebot an recyceltem Gold eine lineare Funktion des Preises ist.

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Abb. 5: Zusammenhang zwischen Goldrecycling und Goldpreis 1996 - 2016
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Full Year 2016" [2]). Eigene Ergänzungen.




Die Kernaussage dieser Extrapolation ist: Wenn der Goldpreis steigt, steigt auch die Menge an recyceltem Gold welches in den Markt kommt. Ob dies tatsächlich der Wahrheit entspricht, kann jedoch bezweifelt werden, da die Hausse 2000 - 2011 bereits viele Verkaufswillige "aktiviert" haben dürfte und das Angebot an Altgold naturgemäß begrenzt sein muß. Dies indizieren auch die Datenpunkte der Jahre 2013 - 2016, die sich ca. 400 Tonnen unter der schwarz gestrichelt eingezeichneten Ausgleichsgeraden befinden (siehe rote Ergänzungen des Autors in Abb. 5). Mit anderen Worten: Gemäß dieser Theorie hätte das Goldpreisniveau der letzten vier Jahre eigentlich in Summe 1.600 Tonnen mehr an recyceltem Gold in den Markt bringen sollen (400 Tonnen mal 4 Jahre).

Meines Erachtens ist jedoch die folgende Graphik des WGC die interessanteste.

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Abb. 6: Goldförderung und Projektionen 2010 - 2022 von 60 - 65% der weltweiten Goldminen
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Q1 2017" [1]).


Diese Graphik visualisiert, daß die Minenförderung in den kommenden Jahren sinken wird, weil die Explorationstätigkeit der Minenbetreiber in den letzten Jahren stark nachgelassen hatte ("squeezed project pipeline"). In der Projektion "Hohe Wahrscheinlichkeit" (in Abb. 6 dunkelgrün eingezeichnet), wird die Minenförderung bis 2022 um ca. 30% sinken. Bitte beachten Sie, daß die Graphik des WGC nur 60 - 65% der globalen Goldminen abbildet.

Nach Daten des WGC betrug die globale Gesamtförderung von Gold in den letzten beiden Jahren 2015 und 2016 ca. 3.200 Tonnen. Nach Zahlen des amerikanischen USGS 3.100 Tonnen [3]. Nach Vorhersage des WGC könnte demnach die Minenförderung in den kommenden 5 Jahren auf ca. 2.240 Tonnen fallen.

Selbst wenn die Nachfrage in diesem Zeitraum nur konstant bleiben würde, müsste demnach das Goldangebot aus dem Recycling auf über 2.000 Tonnen pro Jahr steigen. Gemäß Abb. 5 würde dies jedoch zumindest einen Goldpreis von 1.700 Dollar je Unze voraussetzen. Wie in Abb. 7 dargestellt dürfte der Mindestpreis von Gold, um diese Menge an Altgold wieder in den Wirtschaftskreislauf zu bekommen, jedoch über der Marke von 2.000 Dollar je Unze liegen.

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Abb. 7: Um 2.000 Tonnen Altgold p.a. zu generieren, müsste der Goldpreis über 2.000 $ steigen.
(Quelle: World Gold Council: "Gold Demand Trends Full Year 2016" [2]). Eigene Ergänzungen.


Gelingt die Befriedigung der Nachfrage aus dem Recycling trotz eines steigenden Goldpreises nicht, kann auch sehr schnell eine Emotionalität des Publikums einsetzen und den Preis weiter antreiben.

Tyler Durden berichtete auf Zerohedge.com im April diesen Jahres, daß Rick Rule (CEO von Sprott Holdings) ihm in einem Interview gesagt hatte, daß derzeit in den USA Goldanlagen (Münzen, Barren, ETFs, Minenaktien) nur 0,3 % des gesamten Anlageuniversums einnehmen. Im Hochpunkt 1981 wären es hingegen 8% gewesen, d.h. 26x mehr. Der Durchschnitt der letzten drei Dekaden läge bei 1,5%, d.h. 5x höher als aktuell. Rule nimmt daher an, daß alleine die Rückkehr nur zum langjährigen Mittelwert von 1,5% - Zitat - "dramatische" Auswirkungen auf die Nachfrage hätte [4].

Erstes Zwischenfazit: Die Goldförderung wird laut WGC in den kommenden Jahren tendenziell fallen. Bleibt die Nachfrage trotz sinkender Förderung konstant, kann nur ein steigender Goldpreis die Lücke schließen: a) würde dadurch wieder mehr recyceltes Gold in den Markt kommen und b) würden die Minen dadurch wieder mehr in die Exploration und Entwicklung neuer Lagerstätten investieren.

Die Vorhersagen des renommierten World Gold Councils decken sich mit meinen Berechnungen des Peak-Gold-Szenarios, welches ich seit 2012 schon mehrfach publiziert habe.

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Abb. 8: Goldförderung 1850 - 2016 mit verschiedenen Projektionen für die Zukunft.
(Quelle: Dr. Jürgen Müller: "Modellierung der globalen Goldproduktion durch Anwendung der Hubbert'schen Peak-Oil Methodik", Dissertation an der Universität Würzburg, 2012, zu beziehen über den Autor [5]).


Aufgrund des sinkenden Goldpreises seit 2011 waren viele Minen gezwungen, ihre besten und ergiebigsten Minen auszubeuten um wirtschaftlich zu überleben. In der Folge stieg die globale Goldförderung daher sehr schnell von ca. 2.300 Tonnen auf über 3.000 Tonnen pro Jahr an. Wie Abb. 8 zeigt, ist dies jedoch kein neues Phänomen. Die idealisierte Förderkurve (in Abb. 8 grau eingezeichnet) wurde immer wieder zyklisch entweder unter- oder überboten. Das WGC sagt nun also für die kommenden fünf Jahre voraus, daß die Förderkurve wieder mit einer Größenordnung von ca. 2.240 Tonnen p.a. in den grünen Trendkanal zurückkommen wird.

Ich bin davon überzeugt, daß wir in den kommenden Jahren sehen werden, daß auch eine noch so große Explorationstätigkeiten der Minenfirmen die geförderten Goldunzen nicht mehr vollständig ersetzen können wird. Die globale Minenförderung wird daher früher oder später unwiderbringlich zu fallen beginnen. Schon der letzte Explorationszyklus, der Anfang des Jahrtausends einsetzte, förderte keine großen neuen Lagerstätten zutage. Im folgenden gebe ich einen Auszug aus meiner Doktorarbeit [5] wider, der diesen Tatbestand beschreibt und belegt.



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Abb. 3.12: Inflationsbereinigte globale Explorationsausgaben (blaue Kurve, linke Skala) und Goldfunde (schwarze Kurve, rechte Skala) für den Zeitraum 1950 - 2008;
nach McKeith (2009), Datenquelle MinEX Consulting und Metals Economic Group.


Dieser Chart kann in vier zeitliche Abschnitte bzw. Phasen unterteilt werden. Die Zeit bis 1972 ist geprägt von sehr niedrigen Explorationsaufwendungen und zwischen ca. 50 und 9.300 t extrem stark schwankenden Goldfunden. Aufgrund dieser Schwankung und der konstant niedrigen Explorationstätigkeit kann daher von mehr oder minder zufälligen Funden leicht zugänglicher Lagerstätten in dieser Zeit ausgegangen werden.

Vermutlich wirkte sich die absolute Marktdominanz der steuerlich begünstigten südafrikanischen Goldminenindustrie in dieser Zeit auch negativ auf die Investitionsentscheidungen in der restlichen Welt aus. In Summe wurden zwischen 1950 und 1972 ca. 47.000 t Gold entdeckt, d. h. im Mittel ca. 2.040 t pro Jahr. Zum Vergleich: Die Produktion in diesem Zeitraum betrug im Mittel nur 1.200 t pro Jahr, d. h. die Reserven konnten trotz niedriger Explorationsausgaben im Mittel pro Jahr um 840 t ausgeweitet werden.

Mit der Lösung des Dollars vom Gold setzte in den Jahren 1972 bis 1988 eine exponentiell wachsende Explorationstätigkeit ein, die insgesamt Goldfunde von ca. 59.100 t erbrachte (3.476 t pro Jahr) und die den aktuellen 4. Unterzyklus der Goldproduktion begründete. Wiederum zum Vergleich: Die Produktion in dieser Phase lag im Mittel bei 1.375 t pro Jahr, d. h. auch in dieser Phase konnten die Reserven ausgeweitet werden.

Von 1988 bis 2002 ist eine dritte Phase zu erkennen, in der die Explorationsausgaben auf hohem Niveau zwischen 1,0 und 4,5 Mrd. US-Dollar stark schwankten und die Goldfunde sich tendenziell diesen Schwankungen anpassten, d. h. positiv korrelierten. In dieser Zeit wurden 46.650 t neu entdeckt, d. h. im Schnitt 3.110 t pro Jahr. Die Produktion lag im Mittel bei 2.320 t pro Jahr. Demnach konnten auch in diesen ersten drei Phasen die Ressourcen kontinuierlich aufgebaut werden, da im Schnitt immer mehr Unzen gefunden, als abgebaut wurden.

Erst die Jahre seit 2002 sind dadurch gekennzeichnet, daß ein steigender Goldpreis die Explorationstätigkeit zwar stark erhöhte, trotzdem jedoch erstmalig in der Geschichte immer weniger Unzen neu entdeckt werden konnten. Im Schnitt wurden nur mehr 1.230 t Gold pro Jahr entdeckt, während 2.480 t pro Jahr abgebaut wurden.

In der Zyklik der in Abbildung 3.12 dargestellten Explorationsausgaben spiegelt sich auch die weltwirtschaftliche Gesamtsituation sowie der Goldpreis wider. So fielen die Minen-Investitionen in der Zeit der "dotcom-Aktienblase" von über 4 auf ca. 1 Milliarden US-Dollar, um sich anschließend im Zuge des steigenden Goldpreises ab 2002 wieder auf ca. 4,5 Milliarden US-Dollar zu vervierfachen. Aufgrund der sich entwickelnden Weltwirtschaftskrise seit dem Bankrott von Lehman Brothers im Herbst 2008 fallen die Investitionen nun wieder ab, da weniger Risikokapital zur Verfügung steht (Hinweis: In Abb. 3.12 ist dieser Trend noch nicht sichtbar).

Bildet man aus diesen Zahlen den Quotienten "Goldfunde pro Explorationsausgaben", so ergibt sich der in Abbildung 3.13 dargestellte Graph:

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Abb. 3.13: Explorationsausgaben pro gefundener Unze für 1950 - 2008 in halblogarithmischer Darstellung; Datenquelle: MinEX Consulting und Metals Economic Group.


Durch die halblogarithmische Darstellung wird ersichtlich, daß die Explorationskosten pro Unze in der Tendenz bereits seit 1950 exponentiell gestiegen sind (siehe eingezeichnete charttechnische Unterstützungslinie, d. h. die Verbindung der Tiefpunkte). Ebenfalls ist zu bemerken, daß das Finden einer Unze bis in das 20. Jahrhundert hinein noch nie teurer als 30 US-Dollar war (obere Widerstandslinie).

Erst im Jahr 2003 wurde diese historische Linie nach oben durchbrochen. In den Jahren 2007 und 2008 wurden trotz extrem hoher Aufwendungen vergleichsweise nur sehr wenige neue Unzen entdeckt, sodaß die Kurve in diesen Jahren extrem stark steigt und mit 1.000 $/Uz. sehr nahe am derzeitigten Marktniveau von Gold liegt. Die folgende Tabelle zeigt das jeweils über eine Dekade gemittelte Verhältnis von gefundenen Unzen (gemessen in US-Dollar) zu Explorationsausgaben in US-Dollar.

Tab. 3.2: Dekadenweises Verhältnis von Ertrag zu Aufwand bei der Goldexploration; Datenquelle: McKeith (2009b), Folie 12.

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Soweit der Auszug aus meiner Dissertation.


Fazit:

In den kommenden Jahren sollte die Waage aus Angebot und Nachfrage im Goldmarkt mehr und mehr aus dem Gleichgewicht geraten. Beginnt dieser Prozeß, sollte er sich aufgrund menschlicher Emotionalität selbst verstärken. Die Modellierung des Goldpreises für die kommende Jahre, welche Gary Christenson und ich in unserem Buch "Gold 10.000 Dollar?" [6] publiziert haben, erscheint auch unter diesem Hintergrund veritabel und lehrreich zu sein.

Es erscheint empfehlenswert, sich vor der kommenden Emotionalität des Publikums positioniert zu haben. Über unserer Einkaufsgemeinschaft beziehen Sie Edelmetalle zu Herstellerpreisen, welche sicher in der Schweiz verwahrt werden.


© Dr. Jürgen Müller
Einkaufsgemeinschaft für Sachwerte GmbH
www.goldsilber.org



Referenzen:

[1] http://www.gold.org/download/file/5627/gdt-q1-2017.pdf
[2] http://www.gold.org/download/file/5463/gdt-fy-2016.pdf
[3] https://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/commodity/gold/mcs-2017-gold.pdf
[4] http://www.zerohedge.com/news/2017-04-17/asias-richest-man-aggressively-adding-direct-exposure-gold
[5] Dr. Jürgen Müller: "Modellierung der globalen Goldproduktion durch Anwendung der Hubbert'schen Peak-Oil Methodik", Dissertation an der Universität Würzburg, 2012 (auch über den BoD-Verlag oder Amazon verfügbar z.B. https://www.bod.de/buchshop/modellierung-der-globalen-goldproduktion-durch-anwendung-der-hubbertschen-peak-oil-methodik-juergen-mueller-9783844818130).
[6] http://www.goldseiten.de/shop/427--Gold~-10000-Dollar.html


Hinweis Redaktion: Im Mai 2016 ist das neue Buch von Dr. Jürgen Müller und Gary Christenson "Gold: 10.000 Dollar? Was eine neue Modellrechnung über die Zukunft des Goldpreises sagt" erschienen.