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Brien Lundin: Geheimniskrämerei am Goldmarkt - der beste Grund für Käufe!

25.08.2017  |  Chris Martenson

Chris Martenson: Willkommen zum Peak Prosperity Podcast. Mein Name ist Chris Martenson und wir schreiben heute den 3. August 2017. Sie haben das mit Sicherheit schon öfter gehört: Wir erleben derzeit eine völlig außergewöhnliche Phase des Gelddruckens, die in der Geschichte der Menschheit einzigartig ist. Es ist absolut irrsinnig, aber diese Form der Geldpolitik ist heute dennoch weit verbreitet.

Zu den ungelösten Rätseln dieser neuen Ära der Geldschwemme zählt noch immer die Tatsache, dass genau zu dem Zeitpunkt, als die US-Notenbank Federal Reserve die dritte Runde der quantitativen Lockerungen beschloss, ein mehrjähriger Abwärtstrend im Rohstoffsektor begann. Nur zwei Wochen, nachdem die Fed das gigantische, als QE3 bekannte Experiment angekündigt hatte, das monatliche Anleihekäufe in Höhe von 85 Milliarden $ umfassen sollte, setzte der Rückgang der Rohstoffpreise ein. Gleichzeitig rissen die Zentralbanken verschiedener Länder die Welt in den Abgrund der negativen Realzinsen.

Eine solche Marktumgebung hat in der Vergangenheit fast immer zu einem Boom im Rohstoffsektor geführt - aber nicht dieses Mal. Im Verhältnis zu den Aktienkursen sind die Rohstoffpreise derzeit so niedrig wie seit mindestens 1971 nicht mehr (soweit reicht mein Chart zurück). Wie auch immer wir die Diskrepanz zwischen dem Handeln der Notenbanken und der Lage an den Rohstoffmärkten erklären wollen - der Widerspruch ist mittlerweile so stark, dass er auf jeden Fall unsere Aufmerksamkeit verdient.

Aus diesem Grund haben wir heute einen ganz besonderen Gast eingeladen, der schon seit vierzig Jahren in der Investmentbranche tätig ist: Brien Lundin, den Präsidenten und CEO von Jefferson Financial, einem äußerst angesehenem Herausgeber von Marktanalysen und Veranstalter von Konferenzen und anderen Investment-Events. Im Rahmen von Jefferson Financial veröffentlicht Mr. Lundin zudem den Gold Newsletter, einen Grundpfeiler aller Edelmetallanalysten und einen der renommiertesten Börsenbriefe des Sektors.

Brien organisiert darüber hinaus seit mehr als 40 Jahren die New Orleans Investment Conference, die zu den dynamischsten und am besten besuchten Konferenzen unserer Branche zählt. Brien, herzlich willkommen!


Brien Lundin: Danke Chris, ich freue mich hier zu sein.


Chris Martenson: Sie sind ja schon sehr lange im Geschäft und ich möchte Sie gern nach dieser historischen Kluft zwischen den Rohstoff- und den Aktienmärkten fragen, die wir derzeit erleben. Wie würden Sie die aktuelle Lage zum Einstieg beschreiben?

Brien Lundin: Absolut beispiellos. Wir befinden uns hier wirklich auf unbekanntem Terrain. Die Kurse und die relativen Bewertungen haben nie dagewesene Extremwerte erreicht. Alles an den Märkten kehrt immer irgendwann zu seinem Mittelwert zurück, aber bevor das geschieht, wird üblicherweise das andere Extrem erreicht. Die Werte schießen über den Durchschnitt hinaus in die andere Richtung. Wenn man also z. B. das Verhältnis der Aktienkurse gegenüber dem Goldpreis betrachtet, sollte man sich bewusst machen, dass es eines Tages auf ein normales Niveau zurückkehren muss.

Aber bevor das geschieht, wird es einen Extremwert am anderen Ende des Spektrums annehmen und das bedeutet weit niedrigere Aktienkurse und viel höhere Preise für Gold und andere Rohstoffe, insbesondere aber für die monetären Metalle Gold und Silber.


Chris Martenson: Der Chart, den ich hier habe, spiegelt eine wirklich auffällige Situation wieder. Das Verhältnis zwischen dem Rohstoff- und dem Aktiensektor hat in der Vergangenheit bereits zweimal einen Boden ausgebildet, und dabei handelte es sich jedes Mal um beachtliche Wendepunkte. Wenn man einen solchen Chart betrachtet, hat man also nur zwei Optionen: Entweder glaubt man, dass die Aktienkurse weiter steigen und die Rohstoffpreise immer weiter sinken werden, oder man überlegt sich, ob nicht vielleicht ein guter Zeitpunkt gekommen ist, von "Papier" auf reale Dinge umzusteigen, genauer gesagt von Aktien auf Rohstoffinvestments in diesem Fall.

Brien Lundin: Nun, ich sage den Leuten nicht, dass sie sich komplett für das eine oder das andere entscheiden müssen. Ich denke es ist wichtig, das hervorzuheben. Aber sie müssen sich vorbereiten. Sie müssen ihre Investments diversifizieren und ihre Kapitalallokationen anpassen. Ich rate den Anlegern nicht, jede einzelne Aktie zu verkaufen, die sie besitzen.

Wir dürfen z. B. trotz allem nicht unsere Pläne für die Altersvorsorge vernachlässigen. Wir müssen noch immer vernünftig und intelligent vorausplanen, so wie alle anderen auch. Aber es wichtig, richtig positioniert zu sein. Mit Blick auf den Rohstoffsektor sollte man seine Gold- und Silberinvestitionen aufstocken. Die etwas spekulativeren Anleger unter uns können auch die Aktien der Minengesellschaften in Betracht ziehen, die eine Hebelwirkung auf die Edelmetalle bieten.


Chris Martenson: Als Investor sollte man sein Portfolio also möglichst breit streuen und nicht in einem Sektor "all-in" sein. Im Vergleich zu früheren Jahren erleben wir heute recht ungewöhnliche Zeiten für Investoren. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich zum ersten Mal etwas über Portfolios gelernt und mein erstes eigenes Geld investiert habe. Ich habe mich mit Diversifizierung beschäftigt, denn das war natürlich sinnvoll. Man wollte ja nicht nur in US-Aktien investiert sein. Man hat sich ein effizientes Portfolio aus ausländischen Wertpapieren zusammengestellt und vielleicht auch noch gewisse Währungsanlagen oder Anleihen hinzugefügt.

Wenn ich mir die Korrelation zwischen diesen Investments heute anschaue, würde ich es so zusammenfassen: Es gibt keinen Ort, an dem man sicher ist. Alle Papierassets sind gestiegen und werden fast wie ein einziger Markt gehandelt. Brien, ich verfolge das Geschehen an den Aktienmärkten wirklich sehr genau mit, genauer als die meisten Leute das tun oder tun sollten. Wenn Sie mir ein paar Charts ohne die Kopfzeile zeigen würden, einen vom DAX, einen vom CAC, einen vom FTSE, einen vom S&P 500, hätte ich wahrscheinlich wirklich Schwierigkeiten, sie richtig zuzuordnen. Was bedeutet es, in diesen außergewöhnlichen Zeiten Investor zu sein?


Brien Lundin: Die synchrone Hausse der Aktienmärkte rund um den Globus, die Sie gerade angesprochen haben, stimmt fast exakt mit einem ebenfalls einzigartigen Anstieg der Verschuldung und der Liquidität in den Industrienationen überein. Wenn man sich z. B. die Bilanzsumme der Fed und den Aufwärtstrend des S&P 500 seit 2008 ansieht, bemerkt man eine Korrelation von 97%. Ich glaube nicht, dass das Zufall ist. All die monetäre Reflation ist genau in diese Vermögenswerte geflossen.

Sie haben die Zusammenstellung eines effizienten Portfolios angesprochen, das die beste risikoadjustierte Rendite einbringt. Das ist die Basis der modernen Portfoliotheorie und es ist selbst heute noch die Grundlage der meisten roboterhaften Finanzberatungen. Es geht immer darum, den besten Anlagemix mit den je nach Risikobereitschaft besten Erträgen zu finden. All diese Algorithmen sind jedoch rückwärts gerichtet.



Die Zeiten haben sich geändert und wir segeln nun wirklich über unbekannte Gewässer. An den Märkten wurden noch nie zuvor solche Extreme erreicht. Jede an der Vergangenheit orientierte Portfoliostrategie oder -theorie ist schon per Definition nicht in der Lage, die heutige Marktumgebung zu erfassen. Ja, natürlich können Sie noch immer in Aktien und all die andere Finanzassets investieren. Aber Sie sollten unbedingt eines Teil Ihres Kapitals in Form von unkorrelierten Anlagen halten, die im Verhältnis zu den finanziellen Vermögenswerten derzeit bei historischen Tiefstwerten notieren.


Chris Martenson: In Europa sind die Rendite der Junk-Bonds beispielsweise auf Rekordtiefs gefallen, d. h. die Preise für die Ramschanleihen haben Rekordhochs erreicht. Sobald man die Rendite aufgrund des Risikos auch nur ein kleines bisschen abzinst, werden sie negativ. Die nominellen Renditen liegen bei rund 2,4%. Es ist schon erstaunlich, dass Sie bei ähnlichen Renditen die Wahl zwischen europäischen Junk-Bonds und 10-jährigen US-Staatsanleihen haben.

Aber die Anleger sind so verzweifelt, dass sie bereits sind, den 70 Basispunkten hinterherzujagen, die ihnen die Schrottanleihen zusätzlich einbringen. So sind auch die Algorithmen programmiert und so bauen die Leute ihre Portfolios auf. Irgendwie hat sich Annahme eingeschlichen, dass es diesmal wirklich anders ist, dass die Risiken fast vollständig gebannt wurden. Aber ist das tatsächlich der Fall?


Brien Lundin: Das ist so ziemlich das Einzige, was sich heute im Vergleich zu früher nicht geändert hat: Jedes Mal, wenn es an den Finanzmärkten zu großen Umwälzungen kam, glaubten die Leute, dass es diesmal anders sein würde. Und jedes Mal hat sich wieder herausgestellt, dass nichts wirklich anders war. Es gibt immer eine Korrektur. Die Kurse und Kennzahlen kehren immer zu ihrem Mittelwert zurück und schießen dabei, wie gesagt, immer erst einmal darüber hinaus.

Sie haben eine interessante Anmerkung zum Anleihemarkt gemacht. Alan Greenspan hat erst vor wenigen Tagen davor gewarnt, dass sich nicht an den Aktienmärkten eine Spekulationsblase gebildet hat, sondern vielmehr an den Anleihemärkten. Und diese wird letztendlich platzen. Das inhärente Risiko der Anleihen wird vom Markt derzeit nicht eingepreist. Wenn die Blase platzt, wird sie allerdings auch die Aktien mit in die Tiefe reißen.

Es gibt aber noch immer enorme Mengen an Liquidität an den Finanzmärkten, riesige Geldmengen, die in diesem Fall nach einem sicheren Hafen suchen werden. Wir wissen aus Erfahrung, dass ein Teil dieses Kapitals in den Goldmarkt fließt, wenn es zu einer Krise kommt und wenn die Lage an den Aktien- und/oder Anleihemärkten zu unsicher wird.

Es ist noch nicht einmal besonders viel Geld nötig, um den Goldpreis explodieren zu lassen. Im Vergleich zu den gewaltigen Summen, die in Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere investiert wurden, ist der Goldmarkt winzig. Er ist so klein, dass selbst geringe Kapitalallokationen ausreichen würden, um das Edelmetall auf neue Rekordhochs zu katapultieren. Das wird eines Tages passieren, auch wenn nicht ganz klar ist, wann genau es wirklich so weit ist. Eine solche Entwicklung ist letzten Endes jedoch unvermeidlich, so viel steht fest. Die Trends, die wir heute beobachten, lassen sich nicht mehr umkehren.


Chris Martenson: Wir wissen, dass der Gesamtwert der ausstehenden Anleihen weltweit derzeit etwa 215 Billionen $ beträgt, und dass sich der Wert aller Aktien insgesamt auf etwa 75 Billionen $ beläuft. Wenn wir das etwas aufrunden, können wir also sagen, dass der Wert aller ausstehenden Forderungen auf globaler Ebene 300 Billionen $ entspricht. Was schätzen Sie, wie viel von diesen 300 Billionen $ in Gold investiert ist bzw. welchen Anteil Goldinvestitionen an den weltweiten Portfolios haben?

Brien Lundin: Oh, weniger als 1%, denke ich. Ich glaube der Goldmarkt, und insbesondere der Goldaktienmarkt, hat einen Gesamtwert von weniger als 1 Billion $. Das bezieht sich auf das verfügbare Gold. Ein Großteil des physischen Edelmetalls ist für immer weggeschlossen, und damit meine ich nicht die Tresore der Zentralbanken. Wir haben im Laufe der letzten Jahre schließlich erfahren, dass ein Teil der Goldreserven der Notenbanken in Wirklichkeit recht mobil ist und z. B. verliehen wird.

Zahllose Bürger in vielen Ländern der Welt glauben, dass ihre Zentralbank über Goldreserven verfügt, obwohl sie in Wirklichkeit nur Schuldscheine aus Papier besitzt. Doch wie dem auch sei - ein großer Teil des in Privatbesitz befindlichen Goldes wird nie wieder auf den Markt gelangen. Die indischen Frauen werden sich beispielsweise nicht von ihren goldenen Ketten, Ringen und Armreifen trennen. Das macht diesen Markt besonders interessant. Gold ist ein Rohstoff, der nicht im eigentlichen Sinne des Wortes verbraucht wird. Trotzdem besteht immer eine Nachfrage, die das Angebot nicht selten übersteigt.


Chris Martenson: Der Goldmarkt ist ein faszinierendes Thema. Ich sage das wirklich nicht gern, aber ich habe versucht, aus ihm schlau zu werden, und es ist mir nicht gelungen. Ich habe mich beispielsweise mit den hervorragenden Analysen von Koos Jansen und dem restlichen Team von BullionStar beschäftigt, das sich durch die Berichte der Shanghai Gold Exchange kämpft und die Mitteilungen der einzelnen Zentralbanken auseinander nimmt und versucht, alle Zahlen aufzuaddieren und Licht ins Dunkel zu bringen.

Ich habe schon früher Witze darüber gemacht, aber ganz ehrlich: Es ist einfacher, die Pläne für den Bau einer Atomrakete im Internet zu finden, als sich über den tatsächlich Zustand des Goldmarktes zu informieren.

Sie beschäftigen sich allerdings schon sehr lange mit diesem Markt. Wie gut ist es Ihnen gelungen, den Durchblick zu behalten oder eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viel Gold geleast wird, wer wie viel besitzt und wo es sich befindet?


Brien Lundin: In den 1990er Jahren haben wie die Analysen eines gewissen Frank Veneroso veröffentlicht, eines brillanten Marktökonomen. Das hat viele weitere Recherchen nach sich gezogen. Wir haben auch ein Buch mit dem Titel "The Gold Book" publiziert, das eine umfassende Analyse aller Zentralbankbestände enthielt und erstmals aufdeckte, dass die Goldreserven verschiedener Notenbanken auf der ganzen Welt zumindest teilweise durch Schuldscheine ersetzt worden waren. Damit haben wir eine regelrechte Lawine losgetreten.

Viele Marktbeobachter begannen daraufhin, sich mit der potentiellen Einflussnahme durch die Zentral- und Bullionbanken und mit der Manipulation des Goldmarktes zu beschäftigen. Das ist ja auch ein spannendes Thema - geheimnisvoll, undurchsichtig, nebulös. Es geht um Informationen, die wir nicht haben sollen. Und wenn gewisse Kreise nicht wollen, dass man etwas erfährt, ist es umso wichtiger, dass man es in Erfahrung bringt.



Über die Analysten von BullionStar, die Sie gerade erwähnt haben, Koos Jansen und Ronan Manly, habe ich übrigens erst in meinem letzten Newsletter geschrieben. Deren Artikel bereiten mir wirklich Kopfschmerzen, wenn ich versuche, mich durch all die Zahlen und Fakten zu arbeiten, die sie vorlegen. Sie leisten wirklich gründliche Arbeit und berücksichtigen Details, die die meisten anderen Analysten gar nicht beachten. Mir brummt der Schädel, wenn ich ihre Berichte lese, um herauszufinden, welchen Weg die Goldströme weltweit nehmen. Aber am Ende gelangen sie immer zu erstaunlichen Antworten.

Koos Jansen hat beispielsweise mit Blick auf die Goldreserven Chinas für eine Sichtweise argumentiert, die ich selbst ebenfalls schon seit Jahren vertrete: Um die Höhe der chinesischen Goldbestände zu bestimmen, dürfen wir nicht nur die offiziellen Reserven der Zentralbank berücksichtigen, die wir ohnehin nur schätzen können. Wir müssen auch den Goldbesitz der Bürger des Landes mit einbeziehen, denn die Regierung rät ihrem Volk schon seit vielen Jahren zum Goldkauf.

Warum? Weil Privatbesitz in China nicht den gleichen Stellenwert hat wie bei uns. Gold im Besitz der chinesischen Bürger zählt de facto zu den Goldreserven der Nation. Nach den Kalkulationen von Koos Jansen belaufen sich die gesamten Goldbestände Chinas, einschließlich des Goldes in Privatbesitz, auf rund 30.000 Tonnen. Das ist eine gewaltige Menge, mehr als jedes andere Land vorweisen kann.

Es gibt am Goldmarkt also zahlreiche Trends und Strömungen, über die nicht berichtet wird, und von denen die meisten Mainstream-Finanzmedien und Investoren nicht die leiseste Ahnung haben. Riesige Goldmengen fließen von West nach Ost. Seit 2013 wurden zahlreiche 400-Unzen-Barren mit Good-Delivery-Standard nach China verschifft. Zuvor werden sie an die Schweizer Scheideanstalten geliefert, eingeschmolzen und zu den 1-kg-Barren gegossen, die am asiatischen Markt beliebt sind. Diese großen 400-Unzen-Barren sind die typische Form, in der die Zentralbanken ihre Goldreserven aufbewahren.

Wir erleben also, wie diese Vermögenswerte von West nach Ost fließen und ich denke, das ist die logische Folge der Verschiebung der Wirtschaftsmacht in unserer heutigen Welt.


Chris Martenson: Noch eine Frage zu den Good-Delivery-Barren in 400-Unzen-Stückelung: Haben Sie irgendwelche Gerüchte über die Herkunft dieser Barren gehört? Die Barren verfügen ja alle über eine spezifische Prägung. Wissen Sie, ob irgendjemand versucht hat, den Weg dieser Barren nachzuvollziehen und herauszufinden, woher sie ursprünglich stammen?

Brien Lundin: Den Gerüchten zufolge, die aus den Schweizer Scheideanstalten zu uns dringen, zeigen die Prägungen dieser Good-Delivery-Barren die Kennzeichen der Zentralbanken. Und nicht nur das - die aufgeprägten Jahreszahlen reichen zum Teil immer weiter zurück. Das würde bedeuten, dass sich die Bestände in den Tresoren langsam ihrem Ende zuneigen.

Es ist natürlich sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, solche Gerüchte zu verifizieren. Aber beunruhigend sind sie nichtsdestotrotz, besonders wenn man bedenkt, welchen Widerstand es im Laufe der Jahre gegen eine unabhängige Prüfung der US-Goldbestände in Fort Knox gab. Warum nur? Warum sollte man solchen Gerüchten und Verschwörungstheorien Vorschub leisten, indem man eine Überprüfung der Goldreserven verweigert? Was spricht denn gegen eine Kontrolle? Gibt es vielleicht doch etwas zu verbergen? Als Deutschland beispielsweise seine Goldreserven zurück in eigene Land holen wollte, hieß es zunächst, das würde sieben Jahre dauern. Warum?

Die einfache Antwort darauf wäre: weil das Gold zu dem Zeitpunkt gar nicht vorhanden war. Es hat letztlich doch keine sieben Jahre gedauert; es ist gelungen, das Gold schneller nach Deutschland zurückzutransportieren, aber es handelte sich nicht um die gleichen Barren, die damals in den US-Tresoren eingelagert wurden. Und sie wurden direkt nach ihrer Ankunft in Deutschland eingeschmolzen und zu neuen Barren gegossen. Warum?


Chris Martenson: Warum sollte man das tun?

Brien Lundin: Um die Herkunft zu verschleiern. Weil man nicht zugeben will, dass es sich nicht um die selben Goldreserven handelt, die man ursprünglich zur Verwahrung in die USA geschickt hatte.


Chris Martenson: Sehr interessant. Ein Argument gegen eine Prüfung der in den USA gelagerten Goldreserven war immer der Kostenfaktor. Es wäre angeblich zu teuer. Ich weiß ja nicht, ob das wirklich so ein großer Aufwand wäre. Sicher, jemand müsste sich die Barren tatsächlich ansehen und die Nummern aufschreiben, aber wie viel kann das schon kosten? Und als die Barren dann zurück in Deutschland waren, hieß es "Oh, ja, wir haben sie einschmelzen und neu gießen lassen. Das hast nichts gekostet" - im Ernst?

Brien Lundin: Wenn wir der Steuerbehörde sagen würden, dass es eigentlich viel zu teuer ist nachzuprüfen, wie viel Geld wir verdienen, würden wir im Gefängnis landen. Das ist nur ein weiteres Beispiel für all die Dinge, mit denen die Regierung durchkommt, der Durchschnittsbürger aber nicht.


Chris Martenson: Ja. Koos hat letztens einen sehr umfangreichen, gut recherchierten Artikel über die niederländische Zentralbank geschrieben, weil diese ebenfalls einen Teil ihres Goldes zurückgeführt hat. Er hat gefragt, "Hey, können wir die Liste mit den Nummern der Barren sehen?", und die Zentralbank hat geantwortet, "Oh. Hmm, naja, nein. Das würde hunderttausende Euros kosten."

Koos hat anschließend praktisch bewiesen, dass es eine Liste der Barren geben muss, dass sie alle irgendwo in einer Tabelle aufgeführt sind. Und es kostet keine hunderttausend Euro, diese Liste zu veröffentlichen. Wo ist das Problem? Aber diese Intransparenz ist typisch für den Goldmarkt. Die Verantwortlichen wollen nicht darüber sprechen, zögern alles so lange wie möglich hinaus und sind noch nicht einmal bereit, eine Liste mit den Seriennummern der Goldbarren zu veröffentlichen. Alles in allem steigt hier einfach so viel Rauch auf, dass wahrscheinlich irgendwo auch Feuer ist.




Brien Lundin: Definitiv. Es wird wirklich viel Aufwand betrieben, um die Goldbestände zu verschleiern. Alles andere wird bis auf die dritte Nachkommastelle exakt gemeldet und verbucht, aber das Gold wird versteckt. Wir sollen weder erfahren, wie viel eigentlich vorhanden ist, noch wohin es verschifft wird oder an wen es verliehen wird.

Wie Sie vorhin schon erwähnt haben, wurde der Gold Newsletter 1971 ins Leben gerufen, durch meinen Mentor Jim Blanchard. Im gleichen Jahr schloss die US-Regierung auch das Goldfenster und machte es anderen Staaten dadurch unmöglich, ihre Dollarbestände in Gold zu tauschen. Zu diesem Zeitpunkt wurde Jim bewusst, dass wir ohne jede Zurückhaltung Geld drucken konnten. Wir konnten plötzlich so viele Banknoten drucken und Schulden aufnehmen, wie wir wollten. Und bis zur Legalisierung 1974 konnten wir noch nicht einmal legal Gold besitzen, außer in Form von Schmuck oder seltenen Münzen.

Gold stand quasi zusammen mit Plutonium und Heroin auf der Liste der verbotenen Substanzen. Was ist denn so besonders an dem gelben Metall? Man erzählt uns, dass es sich um nichts weiter als ein barbarisches Relikt handelt, dass es für die Gesellschaft keinen Nutzen hat. Wenn das wahr ist, was soll dann all die Geheimniskrämerei? Warum sollten Privatpersonen es nicht besitzen dürfen? Das allein sagt uns eigentlich schon alles, was wir wissen müssen. Wenn wir nichts darüber wissen sollen und es nicht besitzen sollen, ist das vermutlich ein sehr guter Grund, es zu kaufen.


Chris Martenson: Das ist eine gute Zusammenfassung und ich stimme Ihnen da voll und ganz zu, Brien. Wenn es für die Machthabenden nicht von Bedeutung wäre, würde man die Tresore öffnen und ein großes Spektakel aus jedem verkauften Barren machen, der verladen und an einen anderen Ort transportiert wird. Wenn die Goldreserven keine Rolle spielen würden, könnte man sie einfach verkaufen und das Problem hätte sich erledigt.

Es ist wirklich frustrierend, wie intransparent das alles ist. Ich denke, dass ich jeden anderen Aspekt der Staatsfinanzen ziemlich genau kenne. Vielleicht gibt es irgendwo noch eine Black Box, von der ich nichts weiß, aber zumindest kann ich mir auf Staatsebene die Einnahmen und Ausgaben ganz genau ansehen. In Bezug auf die Goldbestände habe ich allerdings keine Ahnung. Ich weiß nicht, wer wie viel besitzt, ob es mit Schulden belastet ist, ob es mehrere Besitzer gibt, ob es verliehen und zurückgeliehen wurde usw. Der gesamte Markt ist ein einziges, undurchsichtiges Chaos.

Aber gleichzeitig kaufen die östlichen Staaten still und leise riesige Goldmengen. Das gilt natürlich für China und Russland, aber auch für die Türkei und die Menschen in Indien. Diese Länder erhöhen ihren Goldbesitz zusehends. Das ist der springende Punkt bei dem Edelmetall: Man kann es nicht drucken. Es muss irgendwo herkommen. Wir wissen, dass zwischen der jährlichen Minenproduktion und der Nachfrage ein Defizit von mindestens 1.000 Tonnen besteht, und dieses Gold muss aus den Tresoren des Westens stammen, falls nicht zufällig Saddam Hussein über große Goldreserven verfügte, die nun ebenfalls auf den Markt geworfen werden.

Ich war jedoch immer der Ansicht, dass eines Tages ein Punkt erreicht sein wird, an dem die Bestände der westlichen Staaten so stark dezimiert sind, dass wir sagen müssen "Stopp, wir können das nicht mehr tun." Sehen Sie das auch so? Wie ließe sich der Abfluss des Goldes beenden? Muss dazu ein Gesetz verabschiedet werden, das den Verkauf illegal macht, oder warten wir, bis der Preis die Sache richtet?


Brien Lundin: Ich denke, am Ende läuft es immer auf den Preis hinaus. Wir werden vermutlich gar nicht merken, wenn die Tresore leer sind. Die Zentralbanken machen schließlich ein großes Geheimnis daraus. Am Ende werden sie nur noch Schuldverschreibungen besitzen, aber kein physisches Gold mehr. Wahrscheinlich wollen sie deshalb nicht, dass jemand die Bestände prüft.

Aber Sie haben in Bezug auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage einen interessanten Punkt angesprochen. Wir haben das Fördermaximum im Goldbergbau nun endlich erreicht. Es wurde schon seit Jahren erwartet und vorhergesagt, und nun ist es wirklich so weit. Die gesamte Produktionsleistung der weltweiten Goldminen hat ihren Höchststand überschritten und sinkt nun wieder. Gleichzeitig ist die Nachfrage in Asien sprunghaft angestiegen, insbesondere in China. Koos hat wirklich gute Arbeit geleistet.

Er war praktisch der Einzige, der herausgefunden hat, dass die physischen Auslieferungen der Shanghai Gold Exchange der einzige brauchbare Näherungswert für die tatsächliche Goldnachfrage in China sind. Dank seiner Recherchen wissen wir, dass die Nachfrage allein China in den letzten Jahren schon fast der weltweiten Minenproduktion entsprach. Wenn man dazu noch die indische Nachfrage addiert, liegt der Wert bereits über der globalen Fördermenge. Allein diese beiden Staaten kaufen hunderte Tonnen mehr Gold, als jedes Jahr gewonnen wird.

All dieses Gold kommt natürlich irgendwo her. Mittlerweile ist ein gewaltiger Strom entstanden, der aus den Tresoren des Westens durch die Scheideanstalten der Schweiz nach Asien fließt.


Chris Martenson: Ja. Ich beobachte diesen Trend auch schon seit einer ganzen Weile und denke immer wieder, dass das eines Tages Folgen haben muss. Bislang ist jedoch nichts zu erkennen.

Aber was ist mit Silber? Sie haben das Fördermaximum bei Gold erwähnt, doch wie steht es um den Silberbergbau? Vor zwei Jahren war ich in Peru und habe mit dem CEO eines großen Silberunternehmens gesprochen. Dessen Produktionskosten beliefen sich damals, alle Posten mit eingerechnet, auf etwa 17 $ je Unze. Die Einnahmen dieses Unternehmens und vieler anderer Minengesellschaften im Silbersektor liegen beim aktuellen Preisniveau unter den Produktionskosten (All-In Sustaining Costs). Wie schätzen Sie die Lage am Silbermarkt kurz- und langfristig ein?


Brien Lundin: Zunächst möchte ich betonen, dass Silber ein monetäres Metall ist. Investoren, die in diesem Sektor neu sind, sind oft verwirrt, weil sie hören, dass Silber aufgrund seiner industriellen Anwendungsmöglichkeiten besser sei als Gold. Wenn Silber allein auf Grundlage dieser Funktionen bewertet würde, läge sein Preis bei 5-7 $ je Unze, nicht bei 16-17 $. Der Aufschlag beruht allein auf den monetären Eigenschaften des Metalls.



Wenn Sie nicht glauben, dass die gigantischen Schuldenberge, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten angehäuft wurden, jemals zurückgezahlt werden können, und wenn Sie sich der enormen Geldmengen bewusst sind, die neu geschöpft wurden, dann ist die logische Schlussfolgerung daraus, dass der US-Dollar und andere Fiatwährungen abgewertet werden müssen. Das wiederum wird unweigerlich zum Anstieg der Goldpreise führen.

Und wenn Sie glauben, dass Gold steigen wird, sollten Sie auch in Silber investieren, weil der Silberpreis immer schneller nach oben klettert als der Goldpreis. Silber verhält sich wie ein Optionsschein auf Gold, es ist volatiler. Das bedeutet, dass es bei einem Abwärtstrend auch schneller und tiefer fällt als Gold. Doch wenn der Goldpreis steigt, werden die Kursgewinne bei Silber noch größer sein. Es gibt viele Möglichkeiten, in Silber zu investieren, beispielsweise die Minengesellschaften, die Sie erwähnt haben.

Beim derzeitigen Kursniveau schreiben manche von ihnen vielleicht rote Zahlen, aber schon ein geringer Anstieg des Silberpreises wird einen enormen Einfluss auf ihr Betriebsergebnis haben. Die Unternehmen, die ganz knapp an der Gewinnschwelle operieren, können bei steigenden Edelmetallkursen eine fantastische Hebelwirkung bieten.


Chris Martenson: Ja, und darauf warten wir alle schon lange. Seit 2011, um genau zu sein. Haben die Kurse den Boden endlich gebildet? Wann wird es für Gold und Silber wieder aufwärts gehen?

Brien Lundin: Die Bodenbildung ist tatsächlich schon abgeschlossen. Das war Ende Dezember 2015. 2016 hatten wir eine wirklich starke Rally, doch dann haben die Kurse ein Hoch erreicht und nach der Wahl von Donald Trump sind sie regelrecht abgestürzt. Ende Dezember, Anfang Januar ging es dann allerdings erneut bergauf. Die Tiefs liegen hinter uns und ein neuer Aufwärtstrend hat begonnen, aber dieser schreitet in diesem Jahr nur stockend voran. Mal stagniert das Kursniveau, dann geht es zwei Schritte vorwärts, dann wieder einen zurück.

Meiner Meinung nach spielen geopolitische Sorgen dabei eine große Rolle. Man kann von Donald Trump halten, was man will, aber Fakt ist, dass er weltweit mehr Unsicherheit und Besorgnis hervorgerufen hat.

Diese geopolitischen Entwicklungen treffen normalerweise auf den Goldmarkt wie Wellen auf einen Strand. Sie bauen sich auf, brechen, und dann kehrt die Normalität zurück. Mit der Trump-Regierung scheint jedoch eine steigende Flut der Ängste die Märkte zu überschwemmen. Mir gefällt das eigentlich nicht als Antriebskraft für den Goldpreis, denn meist werden Befürchtungen dieser Art wieder zerstreut.

Der wichtigste Preisfaktor für Gold und Silber ist allerdings die Geld- und Währungspolitik. Sie ist der Auslöser, der die langanhaltenden Bullenmärkte hervorbringt, die äußerst gewinnbringend sein können. Ich denke, dass diese Faktoren nach wie vor eine große Rolle spielen, aber in diesem Jahr waren die geopolitischen Entwicklungen zu einem großen Teil für das Auf und Ab der Preise verantwortlich.


Chris Martenson: Ein wichtiger Faktor war auch der deutliche Rückgang des Dollars, der ja zum Teil ebenfalls geopolitisch und vielleicht sogar geldpolitisch bedingt ist. Für mich war es dennoch etwas überraschend zu sehen, dass der Dollar sinkt, obwohl die Federal Reserve versichert, dass das Zinsniveau in den USA noch immer besser ist als an den anderen Schlüsselmärkten. Das hätte die Währung normalerweise stützen sollen, aber der Kurs hat nachgegeben - ein wenig verwirrend.

Brien Lundin: Das ist es, allerdings werden die Märkte heute von spekulativen Trades und von Wetten auf ein bestimmtes Motiv beherrscht. Bei Gerüchten wird gekauft, bei Fakten verkauft. Sobald das, worauf die Trader gesetzt hatten, tatsächlich geschieht, stellen sie ihre Positionen glatt, d. h. sie handeln entgegengesetzt. Viele Marktteilnehmer hatten Long-Positionen auf den US-Dollar, als klar wurde, dass die Fed die Zinsen künftig wieder anheben würde. Als sie dann tatsächlich damit begann, verkauften sie den Dollar wieder und lösten so den Abwärtstrend aus.

Das Gleiche ist im Grunde genommen mit Gold während QE3, der dritten Runde der quantitativen Lockerungen, passiert. Das war 2011 und markierte des Höhepunkt des Preiszyklus am Goldmarkt. Damals verkündete die Fed, dass sie die Anleihekäufe so lange fortsetzen würde wie nötig, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Als die Trader darüber nachdachten, wurde ihnen klar, dass die nächste große Ankündigung der US-Notenbank das Ende der quantitativen Lockerungen und eine Reduzierung der Anleihekäufe beinhalten würde.

Bei diesen Neuigkeiten begannen sie also, Gold zu verkaufen und leiteten damit den langen Abwärtstrend ein. Diese Trader, die die spekulativen Kapitalflüsse lenken, haben einen Großteil der wertorientierten Investmentanalyse praktisch einfach zum Fenster hinausgeworfen. Es geht jetzt vielmehr um die tägliche Marktstimmung und das Verhalten der Hedgefonds. Das bestimmt, in welche Richtung sich ein Markt auf Tages-, Wochen- oder Monatsbasis entwickelt.


Chris Martenson: Ja, das ist wahr. Okay, Brien, sagen Sie unseren Zuhörern zum Schluss doch bitte noch, wo sie Ihre Analysen lesen und Ihren Newsletter bestellen können.

Brien Lundin: Gern. Der Newsletter ist leicht zu finden, besuchen Sie einfach goldnewsletter.com. Die Webseite unserer jährlichen Investmentkonferenz ist neworleansconference.com. Das ist wirklich ein Top-Event, das die besten Investoren der ganzen Welt anzieht.


Chris Martenson: Fantastisch. Brien, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen und all die nützlichen Informationen mit uns geteilt haben. Ich freue mich schon, Sie im Oktober auf der Konferenz wiederzutreffen.

Brien Lundin: Ich mich auch. Vielen Dank, Chris.


© Chris Martenson
Peak Prosperity


Der Artikel wurde am 14. August 2017 auf www.peakprosperity.com veröffentlicht und in Auszügen exklusiv für GoldSeiten übersetzt.