Vom Auffinden einer Lagerstätte zur fördernden Mine
07.11.2017 | Dr. Jürgen Müller
Der folgende Aufsatz basiert auf einem Vortrag von Prof. Richard Schodde (MinEX Consulting) auf der China Mining Conference am 23. September 2017 in Tianjin, China. Die Folien des Vortrages stehen öffentlich zur Verfügung [1].
Die Analyse beinhaltet die beiden zentralen Fragen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Fund zu einer Mine wird, und welche Zeit vom Auffinden der Lagerstätte bis zur fördernden Mine vergeht. Die Analyse basiert auf Daten der Jahre 1950 - 2016.
Für Gold, Kupfer, Zinn & Blei, Nickel und Uranoxid wurden für Erzkörper größer als
- 100 kOz Au
- 100kt Cu
- 300kt Zn+Pb
- 10kt Ni
- 5kt U3O8
seit 1950 4.676 Lagerstätten entdeckt. Von diesen Lagerstätten wurden nur 2.120 produzierende Minen, was einer Entwicklungsrate von 45% entspricht. Nimmt man als Basis die Menge des entdeckten Metalls, so wurde aus rund 57% des entdeckten Metalles produzierende Minen, d.h. größere Lagerstätten hatten und haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, eine Mine zu werden. Die Zeit für die Entwicklung der Minen dauerte im Schnitt 12,4 Jahre.
Alle genannten Durchschnittswerte variieren je nach Metall:

Abb. 1: Entwicklungsrate ("Conversion Rate") und durchschnittliche Entwicklungszeit
("Average Delay") für verschiedene Metalle (Quelle: MinEX [1]).
("Average Delay") für verschiedene Metalle (Quelle: MinEX [1]).
Für Gold wurden gemittelt mehr Lagerstätten (1.018 von 1.992) in kürzerer Zeit (10,2 Jahre) entwickelt. Am unteren Ende der Skala wurden bei lateriten Nickellagerstätten mit 32 % die wenigsten Funde in der längsten Zeit (19,5 Jahren) zu fördernden Minen.
Interessant ist die Frage, wie sich die Entwicklungszeit einer Mine über die Jahrzehnte verändert hat. Dieser Zusammenhang wird in Abb. 2 dargestellt.

Abb. 2: Entwicklungszeit einer Mine in Abhängigkeit des Fundjahres (Quelle: [1])
Die Größe der Punkte in Abb. 2 steht im Zusammenhang mit der Größe der Lagerstätte. Drei Punkte fallen in dieser Graphik auf:
a) die maximale Dauer der Entwicklung einer Lagerstätte wurde im Laufe der Jahrzehnte immer kürzer (in Abb "Time frontier", dt. Zeitgrenze). Dies kann zwei Dinge bedeuten: Was heute gefunden wird und wirtschaftlich interessant ist, wird zeitnah entwickelt. Alte Funde die Jahrzehnte zur Entwicklung benötigen, können jedoch auch den Druck der Minenindustrie widerspiegeln, abgebaute Unzen zu ersetzen. Wenn z.B. in 1951 gefundene kleinere Goldlagerstätten 60 Jahre zur Entwicklung benötigten, bedeutet dies, dass deren Entwicklung vielleicht um das Jahr 2000 begann und die Produktion ab 2011 startete. Mit anderen Worten: Die Entwicklung lag 50 Jahre lang auf Eis und wurde erst aktiviert, als sozusagen "Not am Mann" war.
b) tendenziell scheinen im Laufe der Zeit nur noch größere Projekte verwirklicht zu werden, d.h. graphisch gesprochen, werden die Punkte in Abb. 2 von links nach rechts größer.
c) bis ca. 1980 wurden sehr viele Uranlagerstätten entwickelt (rote Punkte), ab Mitte der 1970er Jahre überproportional viele Goldlagerstätten (ocker-farbene Punkte). Für ersteres könnten die Unfälle von Tschernobyl und Fukushima verantwortlich sein (die in 1980 entdeckten Lagerstätten benötigten ca. 30 Jahre bis zur Entwicklung d.h. bis 2010), für letzteres Herr Nixon, der die Konvertibilität von Geld in Gold 1971 vorübergehend aussetze.
Prof. Schodde konstatiert: "Die Entwicklungsrate und die benötigte Zeit sind vom Metall und von der Größe der Lagerstätte beeinflusst. Es scheint jedoch so, dass die Leistungsfähigkeit der Minenindustrie in den letzten Jahren nachgelassen hat, d.h. weniger Entdeckungen werden zu Minen und es braucht mehr Zeit."
Zur Verifikation dieser Thesen addiert Schodde für jedes Jahrzehnt der Entdeckung die Lagerstätten auf, die über die Jahre entwickelt werden.

Abb. 3: Kumulierte Zahl aller Entdeckungen, die zu Minen werden (Quelle: MinEX [1]).
Von den in den 1950er Jahren entdeckten Lagerstätten wurden nach 63 Jahren kumuliert 72% fördernde Minen. Abb. 3 zeigt durch die flacher werdenden Kurven deutlich, dass die Geschwindigkeit der Entwicklung extrem nachgelassen hat. Beispiel: Aus den Lagerstätten aus den 1950er Jahren waren nach 20 Jahren ca. 55% zu Minen entwickelt. Aus den Lagerstätten, die zwischen 2000 und 2016 entdeckt wurden, wurden nach 20 Jahren nur noch zu 18% fördernden Minen. Dies ist ein klarer Hinweis darauf, dass die Lagerstätten, die heute noch gefunden werden schlechter im Bezug auf Lage, Infrastruktur, politische Risiken, Größe, Textur der Erze, Tiefe, etc. sind, als in früheren Jahrzehnten.
Weiterhin zeigt die rote Kurve bereits heute eine Sättigungstendenz, was bei Entdeckungen aus früheren Jahrzehnten erst weitaus später der Fall war. Dies bestätigt, dass immer weniger Lagerstätten auch tatsächlich profitable Minen werden können. Dies bestätigt auch, dass unsere Erde ein finiter, endlicher Raum ist, der in seiner geologisch geschichtlichen Entwicklung nicht unbegrenzt Lagerstätten formen konnte. Die betriebswirtschaftlich geprägte Sicht, dass nur der Preis des Metalls steigen müsse, dass wieder mehr gesucht und mehr gefunden würde, erweist sich als falsch.
Der in Abb. 3 gefundene Befund, findet sich auch auf einzelne Metalle heruntergebrochen wieder.

Abb. 4: Kumulierte Zahl der Kupfer-Entdeckungen, die zu Minen werden (Quelle: MinEX [1]).

Abb. 5: Kumulierte Zahl der Gold-Entdeckungen, die zu Minen werden (Quelle: MinEX [1]).
Abb. 4 und 5 zeigen, dass die Entwicklungsrate bei Gold höher ist als bei Kupfer. Dennoch nimmt auch bei Goldlagerstätten die Entwicklungsrate ab, sowohl im Hinblick auf Zahl, als auch Geschwindigkeit.
Bezieht man die Entwicklungsrate nicht auf die Zahl der Lagerstätten, sondern auf den Metallgehalt, ergibt sich für Gold folgendes Bild.

Abb. 6: Kumulierter Metallgehalt der Gold-Entdeckungen, die zu Minen werden (Quelle: MinEX [1]).
In den 1950er Jahren wurden 99% aller entdeckten Unzen ausgebeutet. Prof. Schodde merkt hierzu in der Fußnote der Graphik an, dass hierfür die großen Entdeckungen im südafrikanischen Witwatersrand verantwortlich sind.
Zusammenfassung:
1) Die Entwicklungsrate ("vom Fund zur Mine") variiert je nach Metall und Lagerstättengröße. Größere Lagerstätten haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, ökonomisch abgebaut werden zu können.
2) Die Entwicklungsrate sinkt.
3) MinEx schätzt, dass die Langzeit-Entwicklungsrate in der Anzahl der Lagerstätten zwischen 50 - 70%, und bezogen auf die Metallmenge 60 - 80% sein wird.
4) Für die Lagerstätten, aus denen irgendwann produzierende Minen werden, benötigt dieser Entwicklungsprozess mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.
5) Die Entwicklungszeit ist abhängig vom Metall und ist abhängig vom "Schweinezyklus" bzw. den Metallpreisen. Der historische Mittelwert zur Entwicklung einer Mine über alle betrachteten Metalle hinweg ist 12,4 Jahre.
6) In den letzten Jahren scheint es, als dass die Entwicklungszeit länger wird. MinEx Consulting schätzt, dass die Minenindustrie je nach Metall heute zwischen 15 und 20 Jahren benötigt, um eine Lagerstätte zu entwickeln.
Die von Prof. Schodde empirisch ermittelten Ergebnisse erhärten meiner Meinung nach die Peak-Gold These. Ich sage bewusst "These" und nicht "Theorie". Es ist keine Theorie, dass in der erdgeschichtlichen Entwicklung die geologische Anreicherungen der seltenen Elemente, die zu ökonomischen Lagerstätten führten, begenzt war. Dies ist Fakt. Die Lagerstätten, die heute noch gefunden werden, sind immer unwirtschaftlicher und lohnen dann keiner Ausbeute mehr. Gleichzeitig wird die Entwicklung der Minen immer aufwendiger und teurer.
In Zahlen: Für die Jahre 2000 - 2009 wurde jede geförderte Unze nur noch durch 0,7 Unzen neu entdecktes Gold ersetzt. Im Zeitraum 2010 - 2016 schätzt die Minenindustrie selbst, dass diese Relation weiter dramatisch auf nur noch 0,3 Unzen gesunken ist [2].
Wenn Prof. Schodde konstatiert, dass die Entwicklung zeitlich immer länger dauert, kann dies wirtschaftlich in unserer heutigen Welt nur eines bedeuten: Teurer und aufwendiger. Der Marktpreis der Metalle wird dies zukünftig reflektieren müssen. Die Frage ist nicht "ob", die Frage ist nur "wann".
© Dr. Jürgen Müller
Einkaufsgemeinschaft für Sachwerte GmbH
www.goldsilber.org
Quellen:
[1] Schodde R.C.: "Time delay between discovery and development - is it getting more difficult?" http://www.minexconsulting.com/publications/China%20Mining%20-%20R%20Schodde%20Sept%202017.pdf
[2] Firmenpräsentation Seabridge Gold, Oktober 2017: http://seabridgegold.net/pdf/corp_pres.pdf (Seite 47).