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Charles Hugh Smith: Was wird die Mutter aller Spekulationsblasen zum Platzen bringen?

15.11.2017  |  Presse anonym

Wenn ein Problem durch die Erschaffung von 1 Billion Dollar aus dem Nichts und den Kauf verschiedener Vermögenswerte mit dem neuen Geld gelöst werden kann, dann werden die Zentralbanken das Problem auch auf diese Weise lösen - nichts leichter als das. Das ist die Lehre, die wir aus den letzten acht Jahren ziehen können. Wenn ein Problem durch Gelddrucken und Assetkäufe gelöst werden kann, werden die Notenbanken sich darum kümmern.

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Die Kurse am Aktienmarkt fallen? Schöpfen Sie einfach neues Geld und kaufen Sie die Indexfonds. Problem gelöst! Der Abwärtstrend der Märkte kehrt sich um und eine Kurserholung setzt ein, denn die Zentralbanken "halten den Anlegern den Rücken frei".

Die hohen Zinssätze bremsen die Kreditvergabe und das Wirtschaftswachstum? Drucken Sie ein paar Billionen frische Währungseinheiten und kaufen Sie so viele Staatsanleihen, dass die Zinsen auf fast 0% fallen!

Es ist niemand mehr übrig, der es sich noch leisten kann, die neuen, überteuerten Wohnungen zu kaufen, deren Bau zum chinesischen Wirtschaftswunder beitrug? Schöpfen Sie neues Geld und leihen Sie es den lokalen Behörden, damit diese die leerstehenden Immobilien aufkaufen können!

Die Beschäftigungsquote stagniert, die Preise fallen? Drucken Sie eine Billion neue Banknoten, kaufen Sie dafür Staatsanleihen und finanzieren Sie anschließend Infrastrukturprojekte wie Brücken ins Nirgendwo!

Und so weiter... Alle Probleme, die sich mit der Schaffung von ein paar Billionen Dollar aus dem Nichts und dem Kauf diverser Finanzassets lösen lassen, werden auch gelöst. Dieser Mechanismus ist wie ein Perpetuum mobile. Für die Geldmenge, die zu Zinsen von knapp über 0% neu geschöpft werden kann, gibt es keine Obergrenze, denn alle Zinszahlungen können mit neu gedrucktem Geld finanziert werden. Und es kommt noch besser: Die Zentralbank kann mit dem frisch gedruckten Geld Staatsanleihen kaufen, die Einkommen generieren, welches wiederum verwendet wird, um weitere Anleihen vom Finanzministerium zu erwerben - ein monetäres Perpetuum mobile!

Die Strategie, Billionen neue Währungseinheiten zu schaffen und damit Vermögenswerte im Wert von Billionen Dollars zu kaufen, hat zur Entstehung einer gigantischen Finanzblase geführt. Diese umfasst alle Märkte, die von den Zentralbanken und ihren Helfern gestützt wurden. Viele Beobachter überlegen nun, was diese Blase platzen lassen könnte - falls es überhaupt einen möglichen Auslöser gibt.

Das führt uns zu einer interessanten Frage: Welche Probleme können denn nicht durch das Drucken von noch ein paar Billionen Dollar und den Kauf weiterer Finanzwerte gelöst werden?


Welche Probleme lassen sich durch Gelddrucken nicht lösen?

Die letzten acht Jahre haben die beruhigende Illusion entstehen lassen, dass praktisch alle Krisen des modernen, globalisierten, zentralisierten, schuldenbasierten, kartellgesteuerten Kapitalismus in all seinen Ausprägungen (chinesisch, japanisch, europäisch, amerikanisch etc.) durch hinreichende Ausweitungen der Geldmenge überwunden werden können ("whatever it takes"), wenn das neue Geld zum Kauf finanzieller Vermögenswerte oder zur Kreditvergabe genutzt wird.

Es gibt jedoch eine Reihe struktureller Probleme, die auf diese Weise nicht in den Griff zu bekommen sind. Manche davon sind primär wirtschaftlicher Natur, andere fallen eher in den politisch-gesellschaftlichen Bereich, aber alle betreffen das gesamte System, nicht nur die Finanzwelt.


Inflation

Man erzählt uns, dass es praktisch keine Inflation, d. h. keinen Kaufkraftverlust der Währungen gibt, und dass die Notenbanker darüber weltweit sehr betrübt sind. Sie brauchen nämlich dringend Inflation, um das Lohnniveau zu erhöhen und die finanzielle Belastung der Kreditnehmer zu verringern.

Nehmen wir zum Zwecke eines Gedankenexperiments einmal an, dass es den Zentralbanken gelingt, die heiß ersehnte Inflation herbeizuführen, aber dass die Teuerungsrate höher ist als die angestrebten 2% im Jahr. Sobald alle eine höhere Inflationsrate erwarten und diese in der gesamten Wertschöpfungskette einkalkuliert wird, lässt sie sich nicht wieder senken - schon gar nicht durch das Drucken einer weiteren Billion und den Kauf von noch mehr Aktien, Anleihen, leeren Wohnungen etc.

Stattdessen führt die Inflation der Assetpreise, die durch die endlosen Käufe der Zentralbanken hervorgerufen wurde, nun auch zu Inflation in der Realwirtschaft. Schließlich werden nicht mehr Güter hergestellt und Dienstleistungen erbracht, nur weil zahlreiche neu gedruckte Währungseinheiten im Umlauf sind. Es steigt lediglich die Gesamtgeldmenge, die weltweit auf der Jagd nach spekulativen Renditen ist.



Es mehren sich zudem die Stimmen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen fordern. Die Zentralbanken werden zunehmend unter Druck geraten, mehr Währungseinheiten zu schöpfen, um damit das Grundeinkommen und verwandte Projekte - besser bekannt als Helikoptergeld - zu finanzieren. Schließlich ist es letztlich das Geld der Zentralbanken, mit dem die Staatsausgaben finanziert werden, wenn die Regierung wieder einmal ihren Haushalt überzieht, weil sie der Wirtschaft Finanzspritzen verpasst.

Helikoptergeld kann zahlreiche unterschiedliche Formen annehmen: Schuldenschnitte, negative Steuersätze (d. h. Steuererleichterungen für diejenigen, die keine Einkommenssteuer zahlen müssen) und Barauszahlungen wie das universelle Grundeinkommen. In jedem Fall führt Helikoptergeld nicht zur Erhöhung des Angebots an Gütern und Dienstleistungen. Erhöht wird nur die Geldmenge, die insgesamt zu Konsumzwecken zur Verfügung steht.

Bei handelbaren Gütern, d. h. bei Produkten, die prinzipiell überall hergestellt und in alle Welt verschifft werden können, mag China also in der Lage sein, Deflation zu exportieren. Für nicht handelbare Güter und Dienstleistungen wie z. B. die Serviceleistungen lokaler Behörden, Wohnraum, frische Lebensmittel, Fastfood, Gesundheitsversorgung, Frisöre, Bildung usw. - d. h. für den überwiegenden Teil der Realwirtschaft - steigen die Preise jedoch sprunghaft an, da die Geldmenge schneller wächst als das Angebot.

Aus diesem Grund ist die Inflation in bestimmten Bereichen der Wirtschaft (die oft vom öffentlichen Sektor bzw. von der Regierung beherrscht, finanziert oder kontrolliert werden) bereits äußerst stark ausgeprägt. Bei handelbaren Gütern wie Fernsehern, Software etc. herrschen dagegen zum Teil noch deflationäre Trends vor. Ein großer Teil der realen Inflation in verschiedenen Sektoren, z. B. im Gesundheitswesen, ist zudem unsichtbar für Mitglieder der "geschützten" Gesellschaftsschichten, weil sie von Arbeitgebern und der Regierung abgefangen wird.

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Darüber hinaus wird die tatsächliche Inflation durch hedonische Berechnungsmethoden und Substituierungen verzerrt. Mit solchen Tricks lässt sich die offizielle Inflationsrate senken, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die durchschnittlichen Autopreise beispielsweise substantiell gestiegen sind - auch wenn von offizieller Seite behauptet wird, das Preisniveau wäre seit Jahren stabil geblieben.

Wenn der politische Druck auf die Zentralbanken zur Finanzierung von "QE für das Volk", "QE für die Mittelschicht" etc. zunimmt - d. h. wenn Helikoptergeld in der einen oder anderen Form gefordert wird - könnten Finanzspritzen für die Realwirtschaft dazu führen, dass die tatsächliche Inflation nicht mehr zu leugnen ist. Und wenn kein Zweifel mehr daran besteht, dass die Inflationsrate bei 5-7% liegt, wer wird dann noch negativ verzinste Anleihen oder Anleihen mit einer Rendite von 1% kaufen?

Ein weiterer potentieller Katalysator für höhere Inflation, der zumeist außer Acht gelassen wird, wäre die globale Knappheit eines entscheidenden Rohstoffs wie Öl, Getreide, Trinkwasser etc. Die Weltwirtschaft hat sich an die ständige Verfügbarkeit billiger Rohstoffe gewöhnt, doch die Geschichte lehrt uns, dass permanente Verfügbarkeit und niedrige Preise kein Dauerzustand sind. Da essentielle Rohstoffe Auswirkungen auf jedes einzelne Glied der globalen Wertschöpfungskette haben, würden Preisanstiege aufgrund von Knappheiten oder Versorgungsengpässen schnell zu weitreichender Inflation führen.

Inflation ist ein Problem, das sich nicht durch Gelddrucken lösen lässt. Ganz im Gegenteil: durch die Neuschöpfung und Verteilung von ein oder zwei zusätzlichen Billionen Dollar würde es sich sogar verschlimmern.




Soziale Spannungen aufgrund des zunehmenden Wohlstandsgefälles

Der Starinvestor Ray Dalio hat kürzlich einen Kommentar verfasst, in dem er das Auseinanderdriften der wohlhabenden Eliten und der unteren 90% der Bevölkerung als "wichtigstes wirtschaftliches, politisches und gesellschaftliches Problem unserer Zeit" bezeichnet. Viele Blogger der alternativen Finanzmedien beschäftigen sich schon seit Jahren mit diesem Thema; auch ich selbst habe schon Dutzende Essays dazu geschrieben (zuletzt den Artikel "The Fading Scent of the American Dream").

Der nächste Chart illustriert eine unangenehme Wahrheit: Das Gelddrucken und die Assetkäufe der Zentralbanken haben diejenigen reicher gemacht, die ohnehin bereits an der Spitze der Vermögens- und Machtpyramide standen. Zu den obersten 10% ist nur ein geringer Teil des neuen Vermögens durchgesickert, während die Geldpolitik den unteren 90% sogar schadete.

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Das Resultat dieser Politik der "Finanzspritzen für die Reichsten" kann unterschiedliche gesellschaftliche Konsequenzen haben. Zum einen könnte der politische Druck auf die Zentralbanken wachsen und diese zwingen ihren Kurs zu ändern oder ihre Großzügigkeit gegenüber Banken und Finanziers einzuschränken.

Verschiedene Initiativen, die die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens oder anderer Vermögensumverteilungen fordern, könnten künftig zum Mainstream werden. Derartige Entwicklungen werden den Inflationsdruck, der sich bereits in der Realwirtschaft anstaut, weiter verstärken.


Die Fragmentierung der Eliten

Ich habe schon oft auf die Arbeit des Historikers Michael Grant hingewiesen, der die tiefgreifende politische Spaltung der herrschenden Klasse als einen der Hauptgründe für den Zerfall des Römischen Reiches identifiziert hat. Grant beschreibt diese Dynamik in seinem hervorragenden Buch "The Fall of the Roman Empire", welches ich sehr empfehlen kann.

Auch wir können heute eine ähnliche gesellschaftliche Zersplitterung beobachten, die sich auf verschiedene Weise manifestiert:



Auch in diesem Zusammenhang würde der Kauf weiterer Assets im Wert von Billionen Dollar das Problem zusätzlich verschärfen, denn von einer solchen Strategie profitiert lediglich die Finanzelite - auf Kosten aller anderen Gesellschaftsschichten.


Das Platzen aller Blasen


Das Gelddrucken und die Assetkäufe der Zentralbanken werden die oben genannten Probleme nicht lösen. Im Gegenteil: Sie verstärken gesellschaftliche Dynamiken, die den Status Quo untergraben, statt ihn zu stützen.

Wenn auch der Mainstream die Politik der Notenbanken zunehmend als Ursache des steigenden Einkommens- und Wohlstandsgefälles wahrnimmt, werden die Maßnahmen der Zentralbanken, die zur Entstehung von Spekulations- und Kreditblasen führen, entweder eingeschränkt oder gänzlich beendet. An diesem Punkt werden alle Blasen platzen.


© Charles Hugh Smith
PeakProsperity


Der Artikel wurde am 28. Oktober 2017 auf www.peakprosperity.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.