"So lange die Musik spielt, muss man tanzen..."
10.11.2017 | The Gold Report
Wie Sie mittlerweile alle wissen habe ich nicht die geringste Ahnung von der Blockchain-Technologie, was bedeutet, dass ich keine Bitcoins besitze und ein Unternehmen wie HIVE Blockchain Technologies Ltd. nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würde. Es bedeutet auch, dass ich vor allem von Leuten, die deutlich jünger sind als ich, immer wieder daran erinnert werde, dass es mich (und meine Leser) sehr viel Geld kostet, wenn ich diesen neuen Sektor aufgrund meiner Verankerung in früheren Zeiten vermeide. Wie Sie anhand des folgenden Charts unschwer erkennen können, ist das absolut zutreffend.
Die CME Group, die die Options- und Terminbörse in Chicago betreibt, hat ihre Einstellung zu Bitcoin innerhalb der letzten 48 Stunden grundlegend geändert und begrüßt die Kryptowährung nun mit offenen Armen. Ab spätestens Anfang 2018 bietet sie den Handel mit Bitcoin-Futures an einem "vertrauten Handelsplatz" und mit der Möglichkeit, die Trades per Barzahlung abzuwickeln. Nichts hat mich in den letzten sechs Jahren mehr erstaunt als die folgende Aussage von Terrence Duffy, dem CEO der CME Group:
"Als weltweit größter regulierter Währungsmarkt ist die CME Group der natürliche Handelsplatz für dieses neue Produkt und wird den Investoren Transparenz, Preisfindung und Möglichkeiten zur Risikoübertragung bieten."
"Transparenz"? Die CME erlaubt den JP Morgans dieser Welt den Silbermarkt im Würgegriff zu halten, indem sie die dortigen Vorgänge einfach ignoriert. Ist das etwa Transparenz?
"Preisfindung"? Die Bullionbanken verkaufen mitten in einer Nacht im April 2013 und innerhalb von zehn Minuten 75% der jährlichen Goldproduktion in Form von Papierkontrakten und das ist dann Preisfindung?
"Möglichkeiten zur Risikoübertragung"? Das ist wiederum leicht zu erklären. Die CME ermöglicht es den Kartellmitgliedern, ihre Risiken auf die breite Masse der Anleger zu übertragen. Ist das nicht schön!
Geheime Absprachen und Korruption sind vielleicht zu harsche Worte dafür, aber diese Ankündigung macht erneut deutlich, dass der reale Nutzen und die Echtheit eines Finanzprodukts sowie dessen Risiken für den Durchschnittsinvestor vollkommen irrelevant sind, wenn die Börsenbetreiber glauben, dass sie aus den Gebühren und dem Orderflow Profit schlagen können.
Was hat es nun mit HIVE Blockchain auf sich? Im Junior-Bergbausektor hatten es die Unternehmer schwer, Kapital zu beschaffen, also änderte man den Businessplan und gab sich einen Namen, der einen viel leichteren Zugang zu Finanzmitteln und den Portfolios der typischen Privatanleger ermöglichte. Ich werde nie aufhören darüber zu staunen, wie unglaublich geschickt die Geschäftsleute aus Vancouver sind, wenn es darum geht eine Märchengeschichte - Entschuldigung, ich meine natürlich ein Start-Up - zu vermarkten. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen - Frank Giustra war in den 1980er und 1990er Jahren einer der besten Broker und Promoter und ist das auch heute noch (zumindest letzteres).
Was mich ebenfalls erstaunt, ist die Unbekümmertheit und Leidenschaft, mit der sich die Anleger auf "die nächste große Krypto-Story" stürzen und wie sehr dieses Verhalten an die Tage erinnert, in denen alle auf der Suche nach "dem nächsten Hemlo" oder dem nächsten "Eskay Creek" waren. Auch damals konnte man ganz zu Anfang ein Vermögen machen und es später zehnfach wieder verlieren, während sich die Blender mit den Gewinnen aus dem Staub machten, die sie auf Kosten der von Gier befallenen Anlegerheerscharen erbeutet hatten.
Spricht aus mir nun einfach nur der blanke Neid und die Missgunst eines Analysten, der die Rallys der seltenen Erden 2004-2008, der Lithium-Aktien 2013-2015 und der Cannabis- und Blockchain-Unternehmen 2016-2017 verpasst hat? Ja, definitiv.
Die nächste Grafik von The Visual Capitalist, ein fesselndes Tableau einer vollkommen bankrotten Welt (insbesondere wenn man zusätzlich auch all die nicht gedeckten Sozialleistungen, Gesundheitsausgaben und Fehlbeträge in den Rentenkassen berücksichtigt), bietet eine gewisse Erklärung für die aktuelle Situation an den Märkten.
Die Grafik verdeutlicht, warum Bitcoin und HIVE ihren großen Tag erleben. Die Psyche der Investoren ist von einem pawlowschen Virus ungeahnter Einflusskraft befallen. Auf intellektueller Ebene haben sie sehr wohl verstanden, was wir im Gold-Camp schon seit den 1970ern predigen: Schulden = Währungsentwertung = verminderte Kaufkraft = sinkender Lebensstandard = soziale Unruhen.
Im Rahmen des "neuen Normalzustands" sollen wir jedoch glauben, dass alles in bester Ordnung sei, weil es an den Börsen aufwärts geht, weil die Gold- und Silberpreise mit dieser Performance nicht einmal ansatzweise mithalten können und weil die Kryptowährungen und die Marihuana-Aktien kometenhaft in die Höhe schießen. Wir sollen das offenbar allgemein akzeptierte Mantra "alles ist in Ordnung" nachbeten und bei jedem Kursrücksetzer kaufen. Es ist allerdings keineswegs alles in Ordnung, und wie die Grafik zeigt, sind die großen USA der größte Übeltäter im globalen Schuldenirrsinn.
Die Investoren verstehen das heutzutage durchaus. Sie wissen, dass es sich um ein weltweites Ponzi-System handelt. Gleichzeitig ist ihnen aber auch bewusst, dass der Tag der Abrechnung für das erdrückende Schuldenniveau dank politischer Abstimmung auf höchster Ebene immer weiter in die Zukunft verschoben wird. Warum also Sorgen machen? "So lange die Musik spielt, muss man aufstehen und tanzen", wie Chuck Prince 2007 so redegewandt sagte. Genau das tun sie auch, während Blockchain, Lithium und Cannabis die Märkte beherrschen und Gold und Silber praktisch unsichtbar sind.
Der Short Report der TSX Venture Exchange illustriert die aktuelle Situation auf anschauliche Weise: Nicht eines der nordamerikanischen Gold- und Silberunternehmen ist hier zu finden und angeführt wird die Liste von keinem anderen Unternehmen als HIVE.

Bei HIVE wurden 15,9% aller ausgegebenen Anteile geshortet, und als die Momentum-Trader (einschließlich der Algorithmen) alle mit einstiegen, war der Tisch gedeckt für einen massiven Short-Squeeze. Im Rahmen dieser Rally hat sich der Kurs zunächst verdoppelt, bevor dann am Freitagmittag die Umkehr erfolgte. Anschließend kam es zu panischen Abverkäufen, denn die Short-Seller gaben sich alle Mühe, im Chart ein Outside Reversal und einen anschließenden Crash herbeizuführen.
Die Achterbahnfahrt am Freitag kulminierte in einem Intraday-Hoch von 6,75 $, wurde durch ein Handelstopp kurzzeitig unterbrochen und durch eine Pressemitteilung vervollständigt. In dieser wurde die Beendigung eines "Pooling Agreement" und die Freigabe von 24 Millionen Aktien aus dem Besitz von Insidern zur Bereitstellung von "Marktliquidität" bekanntgegeben. (D. h. die Insider konnten dieses Kursniveau kaum glauben und wollten ein bisschen "Liquidität" zu ihrem eigenen Nettovermögen hinzufügen.)

Der Commitments of Traders Report war ebenso wie die Preisentwicklung im Gold- und Silbersektor in der letzten Woche völlig ereignislos. Ich will nicht klingen wie die sprichwörtliche Schallplatte mit Sprung, aber der Wettbewerb um Orders ist an den Aktienmärkten derzeit hart und nicht alles macht aus technischer Sicht einen guten Eindruck. Der Russel 2000 ist beispielsweise gerade an seinem Allzeithoch bei 1.515,94 Punkten von Anfang Oktober gescheitert.
Meine Leser haben es jedoch satt, immer wieder von den "bösen Bankstern", den "korrupten Tradern" und den "Interventionen" zu hören, denn wenn ich Tag und Nacht nach Beweisen für die Verkommenheit der Märkte suche, verdienen weder Sie noch ich etwas daran. Das meiste Feedback bekomme ich tatsächlich für Trading-Ideen beim JNUG (Direxion Daily Junior Gold Miners Bull 3X ETF), UVXY (ProShares Trust Ultra VIX Short-Term Futures ETF) oder bei Gold und Silber, weil sich damit zumindest (meistens) etwas anfangen lässt.
Ich weiß, dass viele von Ihnen derzeit ziemlich betrübt sind. Sie haben Angst, Ihrer Frau Ihre monatliche Tradingbilanz zu zeigen und im Country Club können Sie sich auch nicht mehr blicken lassen, nachdem Sie im August angetrunken damit prahlten, wie Sie Bitcoin bei 5.000 $ shorten. Als wäre das nicht schon schlimm genug, haben Sie mit Ihrem Chef auch noch gewettet, dass die Aktienkurse im Oktober crashen werden, und jetzt schulden Sie ihm ein Abendessen im schickesten Restaurant der Stadt.
Der Höhepunkt all dessen ist, dass Ihr mittelmäßig begabter Schwager, der in Rexdale mit Gebrauchtwagen handelt, die Aktien dieses einen Cannabis-Unternehmens für 0,05 $ gekauft und für 13,50 $ wieder verkauft hat. Jetzt bietet er seiner Schwester (Ihrer Frau) und Ihren Kindern einen All-Inklusive-Urlaub auf Barbados an - unter der Bedingung, dass Sie zu Hause bleiben und sich um den Hund kümmern.
Ich kann Sie verstehen. Die Zeiten sind hart für alle, die wirklich an Gold und Silber glauben. Doch die Finanzgeschichte ist voller Episoden, die zeigen, wie das alles enden wird. Ich schreibe jetzt keinen Mist wie "die Märkte können sich länger irrational verhalten als wir erwarten...", sondern möchte einfach nur sagen: Gold und Silber sind im Verhältnis zu allen anderen Anlageklassen extrem günstig und werden schon bald ihre Sternstunden erleben.
© Michael Ballanger
The Gold Report
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Dieser Artikel wurde am 06. November 2017 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.